60 Kilo Sonnenschein

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Erscheinungstermin 14.10.2020 | Archivierungsdatum 23.12.2020

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Zum Inhalt

Ausgezeichnet mit dem Isländischen Literaturpreis für den besten Roman des Jahres Das Erwachen der Moderne im tiefen Schnee Islands. Der große Roman von einem der originellsten Autoren des Landes. So schräg und humorvoll, wie man es von Hallgrímur Helgason kennt, so literarisch und episch wie nie. 60 Kilo Sonnenschein ist die Geschichte von Gestur, einem unehelichen Bauernsohn aus dem fiktiven isländischen Dorf Segulfjörður. Während er bei immer neuen Ziehvätern heranwächst, schließlich selbst Vater wird, erwacht auch das moderne Island. Große Fischfänger steuern eines Tages den Hafen an, bringen Exotisches und Fremdes aus dem Umland und der weiten Welt. Mit den Waren kommen auch neue Werte, neue Moden und Gefühle ins kalte und tief verschneite Segulfjörður. Humorvoll, turbulent und mit unvergesslichen Figuren erzählt Hallgrímur Helgason vom Weg Islands in die Moderne. Stimmen zum Buch: »Die Figuren, die Helgason sich ausdenkt, sind eine rare Pracht. Seiner krachend absurden Phantasie verfällt man sofort.« Spiegel Online   »Hier kriegt man diese gute alte Leselust. Man verliert sich ganz in der wunderbaren Welt der Fiktion. Ich hatte Tränen in den Augen.« Sigurður Valgeirsson, Kiljan – Isändische TV-Sendung   »…für Schriftsteller scheint als Regel zu gelten: je langweiliger ihre Werke, desto spannender ihr Privatleben - wenn diese Sentenz stimmt, muss Hallgrímur Helgasons Privatleben sehr öde sein.« Stuttgarter Zeitung

Ausgezeichnet mit dem Isländischen Literaturpreis für den besten Roman des Jahres Das Erwachen der Moderne im tiefen Schnee Islands. Der große Roman von einem der originellsten Autoren des Landes...


Verfügbare Ausgaben

AUSGABE Anderes Format
ISBN 9783608504514
PREIS 25,00 € (EUR)
SEITEN 400

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Rezensionen der NetGalley-Mitglieder

Nicht umsonst ist dieses Buch mit dem isländischen Literaturpreis ausgezeichnet: Hallgrimur Helgason beschreibt in gewohnter Manier das alltägliche Leben in Island. Der Leser lebt in seinen Erzählungen mit und erfährt die Entwicklung vom fiktiven Bauerndorf zu einem modernen Ort am Hafen. Absolut lesenswert.

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Winner of the Icelandic Literary Prize for Fiction 2018
Hallgrímur Helgason tells the story of the arrival of modernity in Iceland by offering us a postmodern pageturner with a distinct saga feel - what more could you ask for? We accompany a little boy born ca. 1890 in the remote (fictional) village of Segulfjörður through his childhood and teenage years and from this main narrative thread, Helgsason extrapolates: We hear about the local farmers and priests, the knitting women and poor fishermen, the vagabonds, the maids, servants and farmhands who live in de facto serfdom, we learn about customs, status, the organization of trade and the justice system and life in relentless, icy surroundings. Our protagonist Gestur (the name means guest - you'll soon see why) loses his mother and sister as a toddler, his father dies soon after while trying to support himself and his son in the dangerous business of shark fishing. After a longer stint with a rich trader, he ends up in a poor village where he comes of age, and while he himself changes, the world around him changes as well.

In 1262, Iceland became Norwegian, and in 1380, Norway became Danish - it took until 1904 until Danmark granted the island autonomy, and the colonial rule plays an important rule in the story. When Nowegian fishermen arrive in the little fjord with their modern ship, they (with the help of a local politician) make contracts to start their herring business and employ the local population to gut and salt the fishes, which factually introduces the money-based economy (before that, people were exchanging goods and services which gave the local traders with access to overseas goods significant power considering the tough natural surroundings). Helgason shows the local population meeting the new ways with different attitudes, portraying the little village as a laboratory for the effects of change at the turn of the century.

While the hardships and the dire poverty of people are shown in brutal directness, Helgason always maintains his edgy, often satirical tone when he talks about the trials and tribulations, but also the quirks of the local population who of course consists of people like us: They want to belong, love, be safe, be happy, and constantly wonder what to do in order to achieve these goals. Frequently, those without power and influence are held down by the way society is organized, and Helgasons readers have to deal with the fact that some of the most sympathetic characters meet terrible destinies (and ends). The local priest plays a special role though: While modernity knocks at the door, he collects and archives Icelandic folks songs, honoring Iceland's ancient cultural heritage and using it to strengthen the people around him. This kind of music is the treasure of the common, lowly people who struggle to survive: After a vagabond sings a song, he explains that it's the tune of the abandoned children of Iceland.

As the title (English: "60 Kilos of Sunshine") suggests, the motif of sunshine appears again and again, representing the metaphorical and actual ray of hope the characters see. This is a moving, funny and insightful text, and while the thing is a real brick, I kept turning the pages. No wonder Helgason won the most important literary award in Iceland. And btw: It's interesting to compare this to The Fish Can Sing, the novel about the arrival of modernity in Iceland by the great Halldór Laxness.

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Island – geprägt von bitterer Armut früherer Generationen, starken Stürmen und Vulkanausbrüchen, gebeutelt von der noch nicht lange zurück liegenden Finanzkrise, kann eigentlich nur Autoren hervorbringen, die es lieben, sich mit düsteren Geschichten und ebenso düsteren Kriminalfällen zu beschäftigen. So dachte ich bisher, doch Hallgrímur Helgason hat mich eines Besseren belehrt.

Gleich zu Beginn lässt er einen zukünftigen Witwer über die Schneedecke eines zugeschneiten Fjordtals wandern, auf der Suche nach seinem Hof, der irgendwo unter dem Schnee sein muss, es ist Weihnachten, es ist bitterkalt und wir vermuten schon beim Lesen, dass es nicht gut ausgehen kann für die Bewohner des Hofes; da spricht er uns direkt an und nennt uns „Büchermenschen, die die Dinge aus gehöriger Entfernung verfolgen, von der vollkommenen Stille des Lesens umgeben, die um das Bettzeug herrscht…“ und unterstellt uns, dass wir die Verzweiflung anderer im Schein der Nachttischlampe genießen. Das ist das erste Mal, dass er sich ein wenig über uns Leser lustig macht und in der Folge tut er das auch mit seinen Figuren, ja mit allen Isländern. Trotzdem nimmt man es ihm nicht übel, denn das ist nur eine Seite seiner Sicht auf sein Volk.
Sehr anschaulich berichtet er von den Bewohnern des kleinen fiktiven Dorfes Segulfjörður, die Anfang des letzten Jahrhunderts in bitterer Armut leben mussten. Er schildert sie mit all ihren traurigen Lebensumständen, aus denen sie sich selbst nicht befreien können und obwohl er sich auch hier ein wenig über ihre Hilflosigkeit lustig macht, so merkt man ihm an, dass er seine Figuren mag.

Wenn die Kurzbeschreibung besagt, dass es in diesem Buch um Gestur geht, der Junge, dessen Vater ihn als einzigen Überlebenden des zugeschneiten Hofes findet, so verfolgen wir nicht nur den weiteren Weg Gesturs, sondern lernen nach und nach alle Bewohner des kleinen Ortes kennen. Dabei wird immer deutlicher, dass wir es mit einer Art isländischen Schelmenroman zu tun haben, dessen Autor es fantastisch versteht, von einer ungewöhnlichen Figur zur nächsten zu springen. Mit einer schier unendlichen Lust am Fabulieren widmet er sich jedem einzelnen Schicksal und lässt trotz der eigentlich düsteren Szenerie immer wieder einen eigenwilligen Humor durchscheinen, der sofort alle Düsterkeit vertreibt.:

„Nicht viele Völker auf dieser Erdhalbkugel erlaubten sich, nur in Nachtkleidern herumzulaufen, und Besucher aus dem Ausland hatten öfter Probleme mit diesem Harngelben Anblick, da es weniger Waschtage gab, als Tage, an denen mal etwas nachtröpfelte.“

Dies Buch ist eindeutig mein Jahreshighlight 2020. Es lies mich lachen, immer wieder staunen, hat mich fasziniert und ich konnte nicht genug bekommen von der großen Erzählkunst und Freude des Autors an seinen Figuren und seiner Geschichte.

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Bislang für mich das beste Buch des Herbstes. Schon lange habe ich bei der Lektüre so viel gelacht. Großartige Sprache, manchmal etwas derb, dann wieder knochentrocken, und dann wieder so zartfühlend. Überraschende Wendungen, so dass man unbedingt dabei bleibt.

Wirklich großartig!

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Ein überraschend humorvoller Roman mit vielen Wendungen. Der Schreibstil ist detailreich und ausgeschmückt, die Charaktere erfrischend komisch und schräg. Ein wahres Highlight, das ich jedem ans Herz legen möchte. Dieser Autor hat zu Recht den isländischen Literaturpreis gewonnen.

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Helgasons Buch "60 Kilo Sonnenschein" hat mich mit seiner derb-poetischen Sprache und einem schwer festzulegenden Handlungsstrang sowohl gefordert als auch sehr zum Nachdenken angeregt. Island wird wie ein absolutes Extrem beschrieben: Schneemassen die ganze Höfe einschneien können, das wohl sehr häufige Phänomen der Kindsaussetzung und die schiere Unmöglichkeit der sowohl sozialen als auch lokalen Mobiliät innerhalb der isländischen Gesellschaft zu Beginn des 20. Jahrhunderts zeichnen ein Bild in dem wenig Hoffnung und Gestaltungsfreiheit für den Einzelnen existiert.
Nichtsdestotrotz gibt es immer wieder Elemente der Hoffnung: der Bau eines Landungsstegs als Tor zur Welt, die Sammlung isländischen Liedguts durch den lokalen Pfarrer oder die Ankunft der norwegischen Heringsfischer die durch ihre Abgaben Arbeit, Freiheit und Bildung ermöglichen.
Helgason schreibt abwechselnd aus der Perspektive verschiedener Bewohner eines fiktiven Dorfes in einem Fjord im Norden Islands und dadurch werden auf faszinierende Art und Weise verschiedene Ansichten in dieser kleinen Welt deutlich. Auch wenn der Junge Gestur immer wieder auftaucht, würde ich nicht sagen, dass das Buch seine Geschichte erzählt. Vielmehr stellen alle Charaktere am Ende ein Mosaik an Lebensrealitäten dar, die sich doch sehr unterscheiden - trotz der Eintönigkeit die auf den ersten Blick in dieser Gegend vorherrscht.
Ich empfand, dass die Spannungskurve im letzten Drittel des Buches leider etwas abgenommen hat und das Ende kam für mich sehr abrupt. Ich hätte mir eine deutlichere Entscheidung des Autors für einen gewissen Handlungsstrang gewünscht. So schwankte es meiner Ansicht nach immer zwischen Gestur und den restlichen Fjordbewohnern hin und her. Allerdings ermöglicht diese Uneindeutigkeit auch das Nachdenken über viele offen gelassene Fragen.
Dieses Buch ist auf jeden Fall für alle Menschen empfehlenswert, die einen eigenen Blick auf Island gewinnen möchten und sich auf Ungewohntes einlassen können - ich persönlich habe sehr viel über das Land und seine Bedingungen gelernt. Und bis jetzt denke ich über den Titel nach - was meinte Helgason mit "60 Kilo Sonnenschein"? Für mich wird der Bezug leider nicht klar.
Trotz meiner Kritik war das Lesen dieses Buches ein außergewöhnliches Erlebnis und wird mich definitv noch lange begleiten.

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Dieser Roman hat mich besonders mit seinem ausdrucksstarken, fantasievollen Stil begeistert, der poetisch und humorvoll zugleich ist. Die Figuren werden mit ihren Eigenarten sprachlich genau charakterisiert, sodass sie förmlich von der Seite zu springen scheinen. Das Buch ist nicht gerade kurz, um es mal vorsichtig zu formulieren, aber die bewegte Lebensgeschichte des isländischen Bauernsohns Gestur und seiner Dorf-Nachbar:innen hat mich trotzdem mühelos gefangengehalten. Ein tolles und mitreißendes Leseerlebnis!

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Das Buch 60 Kilo Sonnenschein von Hallgrimur Helgason ist so beeindruckend, dass es mir kaum möglich ist eine dem Buch gerechtwerdende Rezension zu schreiben.

Die Sprache ist dermaßen detailreicht und bildgewaltig, wie ich es selten bei Literatur erlebt habe. Ich wurde in ein hartes und für die Menschen entbehrungsreiches Island entführt.
Weihnachten Ende des 1800 Jahrhunderts, Eilifur will zurück nach Hause, wenn er es doch nur finden könnte unter der unbarmherzigen Schneeschicht. Seine schlimmsten Befürchtungen bewahrheiten sich, als er sich durch die Schneemassen gebuddelt hat und ich als Leser ahne da schon, dies wird kein leichter Roman.
Der Autor schafft es die Menschen im Dorf Segulfjörður mit all ihren Eigenheiten vor dem Auge des Leser leben und herumlaufen zu lassen. Trotz der wirklich, an unseren Verhältnissen gemessen, dramatischen und einfachen Lebensverhältnissen strahlt die Geschichte um Gestur(Elifurs Sohn) eine unbändige Hoffnung auf eine gute Zukunft aus. Die Dicke des Buches sollte niemanden abschrecken, die Seiten und mit ihnen die Jahre flogen nur so dahin. Dies gelingt dem Autor durch die humorvollen Einlagen, welche die Düsternis Islands etwas besänftigen kann.

Dieses Buch zählt zu meinen Jahreshghlights 2020.

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"60 Kilo Sonnenschein" von Hallgrimur Helgason wurde mit dem Isländischen Literaturpreis für den besten Roman des Jahres ausgezeichnet. Bewusst habe ich von dem Autor noch nie etwas gelesen, habe aber inzwischen gesehen, dass er auch der Autor von "101 Reykjavik" ist, einem Roman der mir zumindest durch die sehr erfolgreiche Verfilmung bekannt ist.

"60 Kilo Sonnenschein" spielt im Island der Jahrhundertwende, und zwar grob im Zeitraum von ca. 1895 bis 1905. Am Anfang des Buches kämpft sich ein Vater durch Schneemassen von einem Handelsausflug nach Hause zu seiner kargen Eigenheim in einem abgelegenen Fjord , nur um festzustellen, dass sein Haus, seine Frau, seine Kinder und seine Kuh inzwischen unter einer Lawine begraben wurden. Lebend freischaufeln kann er leider nur seine Kuh, sowie seinen kleinen Sohn Gestur. Frau und Tochter haben das Unglück nicht überlebt. Schon bei dem Versuch die Leichen zu bergen und zur Kirche der kleinen Siedlung zu transportieren wird die Stärke des Romans sichtbar, denn so tragisch die Geschehnisse, so skurril und humorvoll die Charaktere des Buches und die Beschreibung der Ereignisse.

Nach diesem tragischen Start ins Leben darf der Leser die weitere Geschichte des kleinen Gestur mitverfolgen, der zunächst seinen Vater verliert, nach wenigen Jahren von seinem ersten Ziehvater unfreiwillig verstoßen wird und danach zurück am Ursprungsfjord landet, wo er von einem alten Freund seines Vaters weiter aufgezogen wird. Immer auf der Suche nach einer Heimat und einem Platz im unwirtlichen und altmodischen Island der Jahrhundertwende. Zusammen mit Gestur und den anderen Dorfbewohnern (die man über den Verlauf des Buches immer besser kennen lernt) lernt der Leser wie die Isländer in einer unwirtlichen Landschaft, von Naturkatastrophen gebeutelt ganz langsam in einem neuem moderneren Jahrhundert ankommen, wie die Norweger statt dem bisher verbreiteten gefährlichen Walfang die für Isländer völlig unsinnige Heringsfischerei sowie moderne Handelsmethoden ins Land bringen, wie eine ganze Kirche weggeweht wird, wie viele Menschen ihr Leben an die unwirtliche Natur und gelegentlich auch durch einen Mord verlieren.

Das Erzähltempo des Buches ist dabei eher langsam, die Sprache altmodisch (allerdings nicht ohne einige Anspielungen an das moderne Leben), humorvoll, derb und ironisch. Mich erinnerte das Buch vom Stil her etwas an einen Charles Dickens Roman, bloß mit mehr Humor. Hallgrimur Helgasons Blick auf die Isländer und ihre Mentalität ist dabei von recht viel Spott geprägt, der aber immer liebevoll ist. In einer anderen Rezension habe ich gelesen, dass der Roman am Ehesten als tragischkomischer Schelmenroman zu beschreiben ist und diese Formulierung trifft es wirklich gut.
Für mich ein sehr besonderes Leseerlebnis im Jahr 2020.

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Als der Papa vom kleinen Gestur von seinem Weizenmehl-Einkaufstrip zurückkehrt, muss er feststellen, dass das ganze Dorf und auch sein bescheidener Hof unter einer gewaltigen Schneemasse begraben liegen. Seine Frau und Tochter sterben, aber Gestur und die Kuh überleben. So beginnt der Roman, der uns mit in einen isländischen Fjord zu Beginn des 20. Jahrhunderts nimmt, und ganz ähnlich – nämlich mit viel Schnee – wird der Roman auch enden. Die kleine Ansiedlung in der kalten Einöde erlebt so Einiges im Laufe der Geschichte: Trunksüchtige Pfarrer, von denen einer bei einer Beerdigung durch einen Sturz ins offene Grab stirbt; habgierige Kaufmänner und pfiffige Norweger, wobei letztere beim Hering- und Walfang ersteren oftmals eine lange Nase drehen; dickköpfige Isländer, die sich nachts an den gefangenen Walen gerne mal eine Flosse abschneiden; eine Kirche, die bei einem Sturm wegfliegt und im Meer versinkt; schlüpfrige Gedichte, die zur Zeugung unehelicher Kinder führen; und natürlich ganz viel Wetter, vornehmlich kaltes Wetter.
Dass Hallgrímur Helgason der Meister des schelmischen, aber nichtsdestotrotz auch tiefgründigen Erzählens ist, hat er schon mit seinen zahlreichen anderen Romanen bewiesen. In diesem Werk nähert er sich nun einem eigentlich recht ernstem Thema, nämlich dem harten und oftmals nicht sehr erfolgreichen Überleben der verarmten isländischen Landbevölkerung. Ohne Kitsch, dafür mit viel Humor, schildert er die dramatischen Zustände der Menschen und es gelingt ihm trotz der horrenden Umstände immer das zutiefst Menschliche hervorzuheben und uns mit einem Augenzwinkern zu zeigen: Der Mensch hat sich nicht viel verändert – die Technik nachts alle Einwohner_innen einer Hütte an eine Schnur zu binden, um sie in einer nächtlichen Lawine schneller wiederzufinden, Gott sei Dank schon.

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Zeitreise : zurück ins ausgehende 19. Jahrhundert.
Ortswechsel: auf geht‘s in den kleinen fiktiver Ort Segulfjörður in Island.

Elifur, ein armer Kleinbauer mit einer Kuh und drei Lämmern, ist seit sechs Jahren verheiratet und lebt mit seiner Frau und seinen beiden kleinen Kindern in einer Kate.

Das Weihnachtsfest steht bevor und um es kulinarisch mit Mehlkuchen zu verfeinern, macht er sich auf den beschwerlichen Weg durch Kälte, Eis und Schnee, um Weizen zu besorgen.

Es gelingt ihm, ein Tauschgeschäft mit einem Kaufmann und Reeder auszuhandeln:
Drei Kilogramm Weizen gegen 99 Forellen, die Elifur im Frühling liefern soll.

Dem Weihnachtsfest steht nichts mehr entgegen... könnte man meinen. Ist aber nicht so, denn daheim erwartet ihn eine Katastrophe!
Das immense Gewicht des Schnees hat seine Kate zum Einstürzen gebracht und nur sein zweijähriger Sohn Gestur ist mit dem Leben davongekommen.

Um seinem Sohn ein besseres Leben zu ermöglichen und wahrscheinlich auch, um die Katastrophe aus der Distanz besser verdauen zu können, plant Elifur, mit Gestur in die USA auszuwandern. Genau rechtzeitig verkauft ein Agent Tickets für Auswandererschiffe und Elifur ergreift diese Möglichkeit.

Bereits auf dem Weg dorthin, aber noch ganz zu Beginn, fordert sein Tauschpartner die 99 Forellen ein und Vater und Sohn werden mithilfe des Bezirksrichters und des Dorfpolizisten an der Überfahrt gehindert.
Elifur muss seine Schuld auf einem Haifangschiff abarbeiten und sein Sohn kommt als Pflegekind unter.

Im Verlauf begleiten wir Gestur auf seinen Lebensweg und lernen wir peu à peu sämtliche z. T. recht ungewöhnlichen Dorfbewohner und deren Schicksale kennen.

Das Leben und seine Katastrophen nehmen ihren Lauf. Veränderungen und Entwicklungen finden statt und die Moderne hält, ausgehend z. B. von im Hafen ankommenden Schiffen, Einzug.

Es ist mehr als interessant, in diese karge und abgelegene Region Islands einzutauchen und mit den harten Lebensumständen, den z. T. skurrilen Personen, der unfassbaren Armut, dem teilweise überwältigenden Unwissen und den gesellschaftlichen Veränderungen der damaligen Zeit konfrontiert zu werden.

Hallgrímur Helgason ist ein begnadeter Geschichtenerzähler mit einer überbordenden Fantasie. Man spürt beim Lesen seine Lust am Fabulieren und kann sich gut vorstellen, dass er sich manchmal ein schelmisches Augenzwinkern nicht verkneifen kann.

Es sind harte und düstere Lebensumstände, über die er schreibt, aber dieser tragikomische Roman ist keineswegs deprimierend, weil Helgason ihn mit Humor, schrägen Personen und manchmal fast absurden Situationen anreichert.

Es ist ein turbulentes und faszinierendes Werk, das mich in seiner epischer Breite und mit seiner literarischen Sprache fasziniert hat.
Mit treffenden und zum Teil drastischen Bildern beschreibt er schroffe Landschaften und vom Leben gebeutelte Menschen.

„60 Kilo Sonnenschein“ hat mir vergnügliche Lesestunden beschert und wurde, meine ich, aus gutem Grund mit einem isländischen Literaturpreis ausgezeichnet. Ob er der beste isländische Roman des Jahres ist, kann ich freilich nicht beurteilen.

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Lesenswert
Der isländische Schriftsteller Hallgrimur Helgason schreibt über die isländische Mentalität und die Wetterbedingungen. Seine Figuren sind immer etwas bizzar.

60 Kilo Sonnenschein führt uns in die Armut Islands. Es ist die Geschichte Gesturs, der als Kleinkind seine Eltern verlor, das ist ergreifend. Aber der Autor zeigt auch andere Figuren, deren Leben er mit besonderer Sprache erklärt. Da wird es auch manchmal etwas witzig.
Nebenbei bekommt man Einblick in den Haifang und was man von ihnen braucht. Der arme Fischerort entwickelt sich .

Der Autor schreibt sehr literarisch, der Roman liest sich darum nicht ganz so leicht. Man muss dran bleiben. Aber es lohnt sich.
Unbedingt lesenswert.

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Eilifur Gudmundson stapft nach einem heftigen Schneesturm um 1900 in diese absurde Geschichte hinein. Der bitterarme Kätner wollte zu Weihnachten etwas Weizen eintauschen und war dafür tagelang in Schnee und Eis unterwegs. Doch weil das Handelsschiff noch nicht eingetroffen war, sah es im Kaufladen mau aus. Eilifur lässt sich auf ein sonderbares Tauschgeschäft ein, das Kilogramm Mehl gegen 33 Forellen, zahlbar im nächsten Frühling. Während der Schacherei um noch ungefangene Forellen scheint der Mehlpreis ständig zu steigen. Beim Lesen befürchtete ich deshalb, dass die Dinge im fiktiven Segulfjörður ins Absurde kippen werden. Eilifur findet bei seiner Rückkehr Frau und Tochter tot unter den Schneemassen, nur der zweijährige Sohn Gestur hat in den Trümmern der Kate überlebt. Alles für ein paar Handvoll Getreide. Eilifur, früher Ruderer eines Fischerbootes, ist noch immer arm wie eine Kirchenmaus und nirgends willkommen, obwohl er stets kräftig mit anpackt. Nur der kleine Gestur scheint es mit seiner Adoption durch Kaufmann Kopp zunächst glücklich getroffen zu haben, jedoch nur so lange, bis er wortlos weiter auf einen Bauernhof gegeben wird.

Alles Positive scheint zunächst von ausländischen Schiffen in den Fjord zu kommen, die Gebühren für das Anlegen zahlen. Ein Agent verkauft Tickets für Auswandererschiffe in die USA und entvölkert damit offenbar ganze Landstriche Islands. Frischen Wind bringt ein junger Pfarrer – man hatte ihn ahnungslos in einem dunklen Fjord ausgesetzt - der sich nicht nur für das Volksliedgut interessiert, sondern vor allen anderen die Vorteile der Moderne erkennt. Auch wenn man hier niemanden ernstnimmt, der nicht körperlich arbeitet, handelt Sera Àrni für die Fjordbewohner eine staatliche Finanzierung des Schiffsanlegers aus, der schließlich Beginn blühender Geschäfte mit ausländischen Schiffen sein wird. Weil der Prophet im eigenen Land noch nie etwas galt, wird Pfarrer Àrni nicht durch seine Geschäftstüchtigkeit zum Star der Gemeinde, sondern weil er auf seinen Seelsorger-Wegen stets Fruchtblasenhäute mitbringt für die Fensteröffnungen der Grassoden-Häuser.

Gerade weil die Geschichte meine Zweifel weckte, warum dieses Dorf überhaupt einen Pfarrer benötigt und keinen Schreiner oder Brunnenbauer, hat mich Árnis Raffinesse erheitert. Amüsieren kann ebenso die Rolle der Pfarrersfrauen, die sich durch ihre Eheschließung ein Leben in einem vergleichsweise komfortablen Steinhaus sicherten. Nach dem zu erwartenden Tod des Gatten durch übermäßiges Trinken lagen vor einer Pfarrerswitwe viele finanziell abgesicherte Jahre im Obergeschoss des Pfarrhauses, in dieser Geschichte Madamenhaus genannt

Hallgrímur Helgason erzählt von starken Frauen, traditionsbewussten Männern, Kindern, die wie Gepäckstücke weitergegeben werden, von unvorstellbarer Armut, Unwissenheit und der zweischneidigen Beziehung der Isländer zu Norwegen. Mancher Isländer mag Norwegen als Kolonialmacht empfunden haben – und dann besaßen die Norweger noch die Frechheit, geschickte Tischler zu sein und wasserdichte Schuhe zu besitzen! Mit überbordender Fantasie präsentiert Helgason seinen Lesern die Begegnung einer kargen, abgelegenen Gegend Islands mit der Moderne. Der Einstieg in die Geschichte wirkt durch die zahlreichen Personen-, Schiffs- und Landschafts-Namen durchaus komplex. Doch Helgason als genialer Geschichtenerzähler weiß, dass gute Geschichten bis heute eine wichtige Tauschwährung sind. In Segulfjörður erwarb sich Ruhm, wer an langen Winterabenden aus menschliche Schwächen unvergessliche Anekdoten zaubern konnte. Wer einen Schaden erlitt oder sich blamierte, sorgte wenigstens für den Spaß der anderen und lebte in ihren Erzählungen weiter. Ist das nicht heute noch immer so?

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Hallgrímur Helgason - 60 Kilo Sonnenschein

Zum Inhalt

ie Geschichte von Gestur, einem unehelichen Bauernsohn aus dem fiktiven isländischen Dorf Segulfjörður. Während er bei immer neuen Ziehvätern heranwächst, schließlich selbst Vater wird, erwacht auch das moderne Island. Große Fischfänger steuern eines Tages den Hafen an, bringen Exotisches und Fremdes aus dem Umland und der weiten Welt.

Meinung

Dieses Buch ist eine gute Lektüre! Ich wollte Hallgrímurs Bücher bisher nicht gern lesen, aber ich bin völlig fasziniert von diesem Buch. Die Wortpräsentation, die Sprache, der Humor sind absolut großartig, die Charaktererstellung, die Handlung und die Art und Weise, wie der Autor neue Wörter und Orte kreiert, einfach toll

Fazit

Hallgrímur hat ein Meisterwerk geschrieben
Es ist ein Loblied auf Fortschritt und Liberalismus - eine Ermutigung, den Sonnenschein hereinzulassen.
Sehr gern empfehle ich dieses Buch weiter

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Schon mit den ersten Sätzen hat mich dieser Roman gepackt: witzig, schräg und wunderbar erzählt.
Die Bildsprache ist super dosiert und nimmt den Leser mit auf die Reise der Protagonisten. Es hat echt Spaß gemacht unterwegs zu lesen.
Sehr empfehlenswert für Leser, die gern in andere Welten eintauchen und beim Lesen schmunzeln möchten.

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Die Geschichte von Gestur und dem Erwachen des modernen Islands.
Es ist ein wunderbar erzähltes Buch, ich war vollkommen gefesselt und die Beschreibungen haben mich
mitten in die Geschichte gezogen. Die zum Teil skurrilen Personen sind witzig,
Ein rundherum tolles Buch .

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Erfrischend komisch und schräg und dabei unglaublich bildgewaltig!

„60 Kilo Sonnenschein“ von Hallgrimur Helgason ist im Jahr 2020 im Tropen Verlag erschienen. Der Roman umfasst in der gebundenen Ausgabe 576 Seiten. Das Buch wurde ausgezeichnet mit dem isländischen Literaturpreis für den besten Roman des Jahres.

Im Zentrum der Geschichte steht zunächst die Person Eilifur. Dieser hat eine Familie mit zwei Kindern zu versorgen und lebt in äußerst ärmlichen Verhältnissen in einer kleinen Hütte in einsamen Island zur Zeit des Überganges vom 19. auf das 20. Jahrhundert. Um seiner Familie eine Freude zu Weihnachten zu machen, möchte er etwas Weizen besorgen. Nach seiner Rückkehr findet er jedoch nur noch seinen Sohn Gestur lebend vor. Der Leser darf nun das weitere Leben des Gestur mitverfolgen und lernt vielfältige teilweise sehr skurrile Personen kennen, die alle im kargen Island leben und den schwierigen Umständen dort trotzen.

Halligrimur Helgason erzählt die Geschichte von Eilifur und Gestur in einem langsamen Tempo mit einem ganz eigenen Humor, teilweise etwas derb, manchmal auch etwas auf die Spitze getrieben, aber auch ganz zart und feinfühlig und vor allem bildgewaltig. Mir persönlich hat dies sehr gut gefallen und ich habe die Geschichte gerne gelesen. Oft habe ich mich selbst beim Schmunzeln ertappt.
Sehr fasziniert hat es mich, wie der Autor es schafft, den Leser in die naturgewaltige Welt Islands zur damaligen Zeit eintauchen zu lassen.

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Wahrscheinlich kann nur ein isländischer Autor die Dunkelheit und Kälte dieser Jahreszeit so prächtig in beglückende Momente voll innerem Sonnenschein verwandeln. Die Mutter und Schwester des kleinen Gestur kommen ums Leben, als ihre kleine Hütte unter Schneemassen zusammenfällt. In den nächsten Jahren wird er von Pflegevater zu Pflegevater gereicht und mit zwölf Jahren hat er schon weit mehr erlebt, als er sollte. Aber sein Leben ändert sich immer aufs Neue, während sich Anfang des 20. Jahrhunderts auch Island durch den enormen Fischhandel auf den Weg in die Moderne macht. Ein Buch vollgepackt mit bärtigen Männern, betrunkenen Priestern und zerschellenden Haifangschiffen. Sprachgewaltig, humorvoll und wunderbar schräg beschert uns Hallgrímur Helgason die perfekte Unterhaltung für lange Winterleseabende.

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Ein historischer Roman, der einen wirklich in seinen Bann zieht, weil er voller dunkler Geschichten, magisch-phantastischer Einfälle, skurrilen Passagen und prall-saftigen Schilderungen früherer Lebensumstände steckt.
Tragisch, aber durchaus auch mit humorvollen Episoden, verläuft das Leben des Bauernsohns Gestur an einem nordisländischen Fjord an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Bei einem schrecklichen Schneesturm kommen Mutter und Schwester um, wenig später stirbt auch der Vater. Von Ziehvater zu Ziehvater wird Gestur weitergereicht bis er mit knapp 15 selbst die Verantwortung für ein Findelkind übernehmen wird.
Parallel dazu erleben wir, wie Island innerhalb weniger Jahre vom absolut rückständigen, bitterarmen Bauernland dank der Heringsfischerei und der damit verbundenen Industrialisierung in die Moderne katapultiert wird.
Ein besonderer Roman eines besonderen Autors

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Hlynur, der sich bei Mutti einen Lenz machende Anti-Held in Hallgrimur Helgasons erstem erfolgreichen Roman „101 Reykjavik“ hätte vermutlich keine Stunde im Leben Eilifur Guðmundssons überlebt. Dabei liegen gerade mal 150 Jahre zwischen dem verwöhnten Slackerdasein in Islands Hauptstadt und dem Kätnerelend in dessen ärmlichen Hütte, in einem gottverlassenen Fjord am Ende der Welt, wo Eilifur zu Beginn von Helgasons neuem Roman erst einmal seine Familie aus dem Schnee ausbuddeln muss. Um drei Kilo Mehl zu Weihnachten zu besorgen, war er ausgezogen. Geblieben ist ihm nach diesem unseligen Shoppingtrip nur noch sein zweijähriger Sohn Gestur - und eine jämmerliche Kuh.
Willkommen im fulminant niederschmetternden (und ebenso erhebenden) Epos, in dem der mittlerweile 62-jährige Isländer die grimmige Vergangenheit des heute so beliebten Touristenziels ins Visier nimmt, wo „der Tod hinter jedem Hügel“ lauerte, Menschen mit Haaren auf dem Kopf seit jeher mit Skepsis begegnet und eine besondere Schneeart mit dem schönen Namen „Nachtschimmel“ bedacht wurde.
Wie die erst spät besiedelte Insel den Schritt vom archaischen Hai-Fang hin zu einem schwunghaften Heringshandel machte, diese Zeit beschwört Helgason mit großer Geste und in dramatischen Ereignissen. Dabei waren eher die Norweger die Macher, welche die Isländer ans Licht der Moderne zerrten, meint der Autor, der selbstkritisch über die seinen urteilt, welche selbst als Kirchgänger einen bei der Messe eingeschlafenen Pastor dem Schlummer überlassen: „Wenige Nationen brachten größere Feiglinge hervor als die Isländer, und nie legten sie diesen menschlichen Zug stärker an den Tag, als wenn sich irgendein hohes Tier flachlegte.“
Literarisch, komisch, derb und dann wieder feinfühlig: Wie in einem schockgefrosteten Pendant zu Marquez’ „100 Jahre Einsamkeit“ stellt Helgason erzählerisch prall realistische Härte neben fantastische Ereignisse – nur eben nicht im tropischen Kolumbien, sondern im von Fjorden durchzogenen Norden.

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