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Mr. Loverman
Roman
von Bernardine Evaristo
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Erscheinungstermin 18.02.2023 | Archivierungsdatum N/A

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Zum Inhalt
»Evaristo schreibt über das moderne Großbritannien wie keine Zweite.« The Guardian
In diesem Roman zeigt Bernardine Evaristo einmal mehr, warum sie zu den wichtigsten Stimmen der britischen Gegenwartsliteratur zählt. Ihr unverwechselbarer Schreibstil, ihr trockener Humor, ihr scharfsinniger Blick auf das Zusammenspiel zwischenmenschlicher Beziehungen und gesellschaftlicher Ansprüche – all das verbindet sich in Mr. Loverman zu einem unvergleichlichen Streifzug durch die Caribbean Community in England.
Barrington Jedidiah Walker, geboren und aufgewachsen in Antigua, liebt seine Retro-Anzüge und hat zu jeder Gelegenheit das passende Shakespeare-Zitat parat. Mit seiner Frau Carmel führt er ein beschauliches Leben in Hackney: zwei erwachsene Kinder, ein heimeliges Haus, Ruhestand. Doch unter der perfekten Oberfläche führt Barry ein Doppelleben. Seit Kindertagen liebt er seinen Freund Morris, der wie er als junger Mann nach England ausgewandert ist – und Morris liebt ihn. Die tief religiöse und von ihrer Ehe bitter enttäuschte Carmel ahnt, dass ihr Mann sie betrügt, allerdings hat sie keine Ahnung, mit wem. Während sich die Ehe der beiden auf den unvermeidlichen Abgrund zubewegt, entscheidet Barry, dass er endlich offen mit Morris zusammenleben will. Aber ist das möglich, nach all den Jahren des verborgenen Daseins? Mr. Loverman entlarvt die Irrtümer, denen wir in unserem Leben unterliegen. Mit welchen Konsequenzen müssen wir rechnen, wenn wir uns treu bleiben wollen? Und was, wenn die Angst vor diesen Konsequenzen einfach zu groß ist?
»Wer Evaristos Bücher noch nicht kennt, sollte das unbedingt ändern – sie schreibt über das moderne Großbritannien wie keine Zweite.« The Guardian
»Eine brillante und – wie Mr. Barrington Walker, Esq. selbst zugegeben haben könnte – ausgesprochen kluge Charakterstudie des modernen London.« Independent on Sunday
»Das Schreckgespenst Homosexualität hat eine lange Tradition auf den Westindischen Inseln - Bernardine Evaristo widmet sich jedem Aspekt davon. Ein zarter, zukunftsweisender Roman.« The Spectator
»Ein tiefgründiger, humorvoller und vor allem anrührender Roman. Evaristo erzählt uns von Lebenswelten, die wir zu kennen glauben, und räumt mit unseren Vorstellungen auf.« Independent
»Ein wunderschön geschriebenes Buch, über das hinterher mit jedem reden möchte, den man kennt.« Bloggers Recommend
»Evaristo erzählt mit genauem, auch gnadenlosen Blick, pointiert und ironisch von den Dingen, die zu lange im Schatten standen und bis heute stehen.« ttt
»Evaristo schreibt über das moderne Großbritannien wie keine Zweite.« The Guardian
In diesem Roman zeigt Bernardine Evaristo einmal mehr, warum sie zu den wichtigsten Stimmen der britischen...
Verfügbare Ausgaben
AUSGABE | Anderes Format |
ISBN | 9783608504897 |
PREIS | 25,00 € (EUR) |
SEITEN | 336 |
Auf NetGalley verfügbar
Rezensionen der NetGalley-Mitglieder

Bernardine Evaristo - Mr. Loverman
Meinung
Barry Walker ist eine geniale Kreation, abwechselnd liebenswert und wütend machend.
Er ist keinesfalls ein herkömmlicher Held.,
Schon zu Beginn des Buches erfahren wir, dass er zwar seit 50 Jahren verheiratet ist und zwei erwachsene Töchter hat, dass aber seine wahre erste Liebe ein Mann ist, Morris,
Das Buch zeigt, was passiert, nachdem Morris ihn auffordert, ehrlich zu seiner Frau zu sein und die Scheidung einzureichen, und ist voll von Humor und unerwarteten Perspektiven.
Der Autorin gelingt es, dem Buch ein Happy End zu geben, ohne es zu kompliziert oder zu sentimental zu gestalten, und es ist ein Vergnügen, das Buch zu lesen.
Äußerst empfehlenswert.

Lebendig und authentisch;
Für mich war es das erste Buch dieser Autorin und ich bin begeistert. Die Sprache hat eine sehr große Bandbreite und Lebendigkeit und hat mich ab der ersten Seite gefangen gehalten. Karibischer Flair gepaart mit Humor, Lebensweisheit und viel Allgemeinwissen kommen sofort rüber und man fühlt sich in das Leben der Hauptfiguren hineinversetzt. Die Geschichte wird größtenteils aus der Sicht Barrys erzählt, ein Teil davon auch aus der Sicht seiner Frau Carmel und mit ihren Gedanken verändert sich der Schreibstil, was sich ganz natürlich liest. Barrys Leben und Lebensgeheimnis werden nach und nach erzählt und durch die Perspektivwechsel wird klar, welche Chancen er und Carmel im Leben vergeben haben. Man kann beider Gefühle nachvollziehen und freut sich mit ihnen über positive Entwicklungen und Barrys spätes Coming-out. Barry ist einfach ein sympathischer, cooler, älterer Herr, der auf Mode aus den 1950ern steht. Ich würde sehr gerne eine Fortsetzung von dieser Geschichte lesen. Ein Kompliment an die Übersetzerin, denn die Arbeit kann durch den teilweise sehr speziellen Wortschatz nicht einfach gewesen sein und der Roman wurde toll übersetzt und der karibische Einschlag gut transportiert!

Einfach nur köstlich! Was habe ich mich gut unterhalten mit dieser herrlich unsympathischen Hauptfigur Barry - alt, karibischer Abstammung, homosexuell und Vater zweier Kinder. Jetzt - mit Anfang siebzig - beschließt er, seine Frau Carmel (tiefreligiös und verbittert) zu verlassen und sich endlich zu outen. Aber das ist leichter gesagt als getan. Wunderbare Dialoge - gibt es schon eine Theaterfassung dazu? Und trotzdem mit Tiefgang, eine herrliche Kombination. Absolute Empfehlung.

Wirklich eine köstliche Lektüre!
Barry Walker ist ein verheirateter Mann in den Siebzigern mit zwei erwachsenen Kindern und schwul. Glücklich ist er nicht an der Seite seiner Frau Carmel, sondern mit seinem langjährigen Freund Morris und gezwungenermaßen soll jetzt endlich auch seine Frau davon erfahren....
Von Anfang an überzeugt der Roman mit seinem Witz, Esprit und der vielen sprachlichen Schlagabtausche. Besonders die Hauptfigur Barry hat es mir angetan. Seine stilechte Garderobe und seine Art sich auszudrücken. Evaristo ist es gelungen, durch den karibischen Background der Figuren, dem Roman einen einzigartigen Flair zu verschaffen. Dazu kommt Barrys Homosexualität und sein fortgeschrittene Alter. Der Roman wird dadurch lustig, skurril, schlagfertig und trotzdem auch ein wenig nachdenklich.
Nach zwei Romane der Autorin auf englisch, ist das mein erster in deutscher Übersetzung und der Humor und die Sprache wurden sehr gut übertragen. Ich hatte nicht das Gefühl, dass etwas von der Message des Buches verloren gegangen ist - Kompliment an die Übersetzerin.
Auf jeden Fall eine Empfehlung!

Kann man mit Mitte siebzig noch einmal neu beginnen? Oder verbringt man seine letzten Jahre eben doch so, wie man sich recht oder schlecht eingerichtet hat, im behaglichen Heim, den menschlichen Fallstricken möglichst ausweichend, mit denselben Lügen und Heimlichkeiten wie in den letzten fünfzig Jahren davor? Aber erträgt man das noch einen Tag länger? Bricht man doch noch aus, räumt auf, lebt offen seine Liebe? Bringt das dann auch die erhoffte Freiheit mit sich? Oder wird man auch im Jahr 2010 noch wegen seines Schwulseins zum sozial Geächteten, weil man sein Leben weitgehend in derselben Londoner Blase karibischer Immigrant*innen verbracht hat? Und was werden die erwachsenen Töchter dazu sagen? Diese Fragen - und noch viele mehr - stellt sich der gewitzte Rentner Barry angesichts seines eskalierenden Ehedesasters mit Carmel.
In ihm hat Bernardine Evaristo einen grandiosen Protagonisten erschaffen; ich wollte ihn abwechselnd knuddeln, auslachen oder an die Wand klatschen. Doch auch die anderen Figuren standen ihm an Vielschichtigkeit und Ambivalenz nicht nach. Konnte man anfangs noch den Kopf über Barrys Frau Carmel schütteln, wurde schnell klar, wie und warum sich das fröhliche junge Mädchen zu diesem Drachen wandeln konnte und wie sehr Barrys Lebenslüge seine Familie und die Entwicklungen seiner Töchter und seines Enkels beeinflusst hat, die sich auf sehr unterschiedliche Weise durchs Leben wursteln und ihre eigene Sicht auf das Leben der (Groß-)Elterngeneration haben. Doch nicht nur Barry pflegt seine Heimlichkeiten; auch Carmel und ihr Freundinnenkreis sind nicht immer das, als was sie gern erscheinen wollen, nämlich gute christliche Frauen ohne Fehl und Tadel. Daran hindern sie nicht nur ihre teils bitteren familiären Hintergründe, geprägt von generationenlangen prekären Lebensumständen und der „Pigmenthierarchie“ der karibischen Inseln, sondern auch die dennoch verblüffend steifen moralischen Zeigefinger.
Mehr möchte ich über den Inhalt des Romans, seine vielen liebenswerten Figuren und die oft überraschenden Wendungen an dieser Stelle nicht verraten.
In ihrer gewohnt frisch-frech-sarkastischen Schreibe hat Evaristo mir wieder über viele Stunden einen Lesegenuss verschafft, der Spaß gemacht, aber auch Mitgefühl und Trauer ausgelöst hat, mich schmunzeln ließ und das Lachen dann doch auch regelmäßig schon im Hals abwürgte. Die Übersetzerin Tanja Handels hat in der Wiedergabe der verschiedenen Akzente, Soziolekte und sonstigen individuellen Sprechweisen der Figuren tolle Arbeit geleistet!
Das Buch ist schon jetzt ein Jahreshighlight für mich! Ich freue mich, dass es nach den Erfolgen der Autorin mit "Mädchen, Frau etc." und "Manifesto" nun nach zehn Jahren noch den deutschen Buchmarkt erreicht hat, und danke dem Verlag herzlich für das Rezensionsexemplar.

Lebenserinnerung
Mr. Loverman, ist der dritte Roman der Schriftstellerin Bernardine Evaristo, den ich gelesen habe.
Die Autorin schreibt rasant und mit Witz.
In diesem Roman geht es um einen Familienvater Barrington. Seine Frau Carmel glaubt er gehe fremd, aber gegen seinen Freund Morris kommt sie nicht an.
Die erwachsenen Töchter wissen es, auch ohne das er sich geoutet hat.
Die Autorin lässt Barringtons Leben aufdröseln und auch das Carmels.
Beide sind nicht glücklich, da wäre Ehrlichkeit besser gewesen.
Der Roman lässt sich gut lesen. Wenn man erst in der Geschichte drin ist, ist man begeistert.
Die Autorin macht das richtig ansprechend. Der Roman ist wieder etwas Besonderes.

Barrington J. Walker, Einwanderer aus Antigua, pensionierter Ford-Arbeiter und Vater zweier erwachsener Töchter, steht unter Druck. Sein verleugneter Gefährte Morris C. de la Roux, seit ihrer Jugend Barrys einzige Liebe, will endlich klare Verhältnisse und mit seinem Liebsten zusammenleben. Er fürchtet, wenn Barry sich gegenüber seiner Frau jetzt nicht outet, müssen sie den Traum vom späten Glück begraben. Barry hält sich mit über 70 körperlich und geistig fit, aber seine Knie machen beim Tanzen längst nicht mehr mit. Barrys Ausweichen scheint ein besonderer Fall von später Identitätskrise zu sein, in der er sich als Vater, Ehemann, Liebhaber und Großvater in Frage stellt.
Die Männer hatten sich von ihrer Auswanderung nach London größere Anonymität als in ihrer karibischen Heimat versprochen. Doch die geballte Macht der Frauen aus St. John’s/Antigua in Carmels Pfingstgemeinde hat das unmöglich gemacht. Rückblenden aus der Gegenwart zeigen in 10-Jahres-Schritten, dass für Barry eine Trennung von Carmel nicht so einfach sein wird, wie Morris sie sich vorstellt. Wir erleben ihn in einer besonderen Beziehung zu seinen Töchtern, die er während Carmels postpartalen Depressionen gemeinsam mit einer Frau aus der Gemeinde aufzog, als Förderer seines Enkels Daniel, der für eine Bewerbung in Harvard paukt – und als Opfer von Spott und homophober Gewalt. Barry ist ein Mann der doppelten Verneinung: ein karibischer Mann konnte zu seiner Zeit nicht „keine Familie“ gründen und als Schwuler karibischer Herkunft kann er aus Angst vor Gewalt seiner Ansicht nicht nicht in einer heterosexuellen Ehe leben.
Barry und Morris geben mit ihrem trockenen Humor und ihrem Bashing der Kolonialmacht ein grandioses Paar ab. Lästern gegen das Queen’s English ist die eine Sache; aber der Kolonialmacht die Schuld daran zuzuschieben, dass karibische Männer unzuverlässig sind, ist schon ein starkes Stück. Über die Geschichte lebenslanger Liebe zweier Männer jenseits der 70 hinaus gibt Bernardine Evaristo Einblick in Mutter-Töchter- und Vater-Töchter-Beziehungen der karibischen Community Londons, betrachtet spöttisch die zweite Generation von Feministinnen, die in der Praxis gern das Hotel- und Taxi-Unternehmen Mama ausnutzen, und zeigt mit Daniel die Enkelgeneration jener Einwanderer, die sich ein Leben lang für ihre Familie abrackerten. So nimmt Donna die Finanzierung von Daniels Schulbesuch gern an, führt jedoch beständig Guerillakrieg gegen das Patois und den karibischen Einfluss ihres Vaters …
Durch die Geschichte der Familien Walker und de la Roux bin ich beim Lesen nur so hindurch geflogen. Am Rande wahrnehmen konnte ich dabei Evaristos atemlosen Stil ohne Punkt und Komma, den wir inzwischen aus "Mädchen, Frau etc." kennen. Etwas zu grotesk finde ich das Sightseeing in der Schwulenszene der Stadt unter Maxines Führung. Zwar schließt es den Kreis zu Barry und Morris, die als Einwanderer behandelt wurden, als könnten sie kaum Lesen und Schreiben – aber sollte Maxine nicht längst wissen, dass sie alte Herren besser nicht unterschätzen sollte?

Der Schreibstil von Bernardine Evaristo ist einmalig. Die Rückblenden auf Carmels Leben haben mir gut gefallen, hier war der Stil wie bei Evaristos Buch "Mädchen, Frau etc.", das mochte ich. Barry, eine "karibische Schwuppe", vielleicht zu klischeehaft, aber trotzdem grandios. Seine misogynen Ansichten waren schwer zu ertragen, gut, dass es immer Charaktere gab, die ihn zurechtwiesen. Seine Entwicklung vom unsicheren Mann, der nicht zu seiner Sexualität und seinem Liebhaber steht, zu einem selbstsicheren, glücklicheren Mann, der sich seine Homosexualität eingesteht und offen seine Liebe zu "seinem Morris" zeigt, war so wunderbar und gefühlvoll.

Ich mochte Bernardine Evaristos Roman "Frau, Mädchen etc." sehr, sodass ich mich auf "Mr. Loverman" gefreut habe. Die Hauptfigur ist der 74jährige Barry Walker, aus Antigua nach England ausgewandert, der seit 50 Jahren verheiratet ist und zwei erwachsene Töchter hat, aber mit einem Jugendfreund eine durchgehende homosexuelle Beziehung lebt. Seine Figur ist meist konservativ, frauen- und sogar "schwulen"feindlich gezeichnet, auch wenn er manchmal in seiner Kritik humorvoll herüberkommt. Zwischen seinen Berichten gibt es kurze Einsprengsel, in denen seine Frau Carmel über ihr Leben berichtet. Die meiste Zeit über kommen die Figuren und ihre Beziehungen unglücklich herüber, sodass das Ende etwas seltsam und unwahrscheinlich erscheint. Auch war die norddeutsche Sprache in der Übersetzung gewöhungsbedürftig. Trotzdem lesenswert, wenn auch vielleicht besser auf Englisch.
Danke an den Verlag und Netgalley für ein Rezensions-Ebook im Gegenzug für eine ehrliche Rezension.

Bernardine Evaristos "Mr Loverman" hat mich gleich auf mehreren Ebenen beeindruckt: mit Charme und Esprit wird hier aus einer männlichen Perspektive erzählt- und das von einer feministischen Autorin. Das fand ich richtig interessant und gelungen! Manchmal mag ich männliche Perspektiven nämlich gar nicht so gern.
Weiterhin hat Evaristo verschiedene Zeitebenen zusammen gebracht, was weder verwirrend, noch unterbrechend wirkt. Im Gegenteil- es ist immer genau richtig plaziert und bringt Dynamik und Hintergrundinformationen in den Text.
Ebenso gibt es eine Du-Perspektive, die die Frau des 'Loverman' anspricht. Abwechslung bringend war so ein genauerer Blick auf die weibliche Seite der Ehe möglich, wenn auch ohne Innenperspektive- die ich mir manchmal gewünscht hätte. Denn die Ehe zwischen Barry und seiner Frau ist hier das Fundament, von dem jeder irgendwie weiß, dass es eine Farce darstellt, was aber aus unterschiedlichen Gründen erst viele Jahrzehnte später auf den Tisch kommt.
Evaristo entwirft hier das Porträt einer Ehe und Familie, bestehend aus dem Ehemann, seiner Frau und zwei Kindern. Das Paar ist eingewandert - aus der Karibik nach England. Es geht ihnen finanziell nicht schlecht. Und dennoch hadern sie beide mit dem Leben, denn beide sind nicht aufrichtig. Das Schweigen steht zwischen ihnen. Neben viel zu vielen Worten und Handlungen, die verletzen. Selbst die Kinder sind zerrissen.
Bernadine Evaristo ist es gelungen sehr feinfühlig zu erzählen. Sie hat ihren Protagonisten hervorragend herausgearbeitet, man nimmt ihm diese leicht verschrobene, liebevolle Machoart ab. Ich konnte mich sehr für ihn erwärmen. Man merkt außerdem dass die Autorin im LGBTQ-Bereich zu Hause ist- sie erzählt sehr aufrichtig und nachvollziehbar. Besonders mochte ich den charmanten, witzigen Unterton, von welchem der Roman einiges zu bieten hat. Ein-zweimal empfand ich ein paar Längen, aber es kann ja nicht jedes Buch von der ersten bis zur letzten Seiten durchgehend mitnehmen.
Eine weitere warmherzige Empfehlung Evaristos Literatur!

Leichtfüßig erzählte Dramedy über fünfzig Jahre Ehe von Carmel und Barry
Barrington Jedidiah Walker zieht trotz seines hohen Alters des Nachts noch um die Häuser und durch die Clubs in London. Dort trifft er sich mit seinem besten Freund und Liebhaber Morris Courtney de la Roux. Schon als Barry seine Frau Carmel vor ihrer Auswanderung nach England geheiratet hat, hat er Morris auf Antigua kennen und lieben gelernt. Barrys strenggläubige Frau hält ihm seine fortwährende Untreue vor, derer sie ihn allerdings nie zu überführen vermochte. Denn Carmel ist überzeugt davon, dass Barry sie mit anderen Frauen betrügt. Der schon lang schwelende Konflikt eskaliert, als Carmels kranker Vater im Sterben liegt und sie in die Heimat fliegen will, um sich nach dreißig Jahren Funkstille von ihm zu verabschieden. Denn da beschließt Barry sich von ihr zu trennen.
Mr. Loverman wird abwechslungsreich von Bernardine Evaristo aus verschiedenen Perspektiven auf mehr als einer Zeitebene erzählt. In der Gegenwart, mit der London im Jahre 2010 gemeint ist, werden die Ereignisse aus Sicht von Barry geschildert, der da bereits 74 Jahre alt ist. Die Vergangenheit, die im Jahr 1960 beginnt, in dem Barry und Carmel geheiratet haben, um dann in Zeitsprüngen von mehr als zehn Jahren fortgeführt zu werden, ist aus Sicht von Barrys Frau Carmel beschrieben.
Dabei habe ich Barry als Lebemann, der stets zu einem Scherz aufgelegt ist und seine Umgebung mit seinem Humor unterhält, als interessantere Figur empfunden. Barry hat seine Arbeit bei Ford wegen seiner Kollegen und der Tätigkeit mit den Händen geliebt, ist aber über sein Investment in Immobilien, die er günstig gekauft, renoviert und dann vermietet hat, zu Geld gekommen. Trotz seiner heiteren, lässigen Art trägt er aufgrund seiner ein ganzes Leben lang währenden Liebe zu Morris einen tiefen Konflikt in sich.
Barrys Frau Carmel wird dagegen von der Autorin in älteren Jahren als streng gläubige Kirchgängerin eingeführt, um sie im Anschluss daran als junges, naives Mädchen vorzustellen, das sie gewesen ist, als sie Barry geheiratet hat. Als stärker hätte ich diese Figur empfunden, wenn ich sie so hätte kennenlernen dürfen, wie Barry sich gern an sie erinnert. Als in der Frauenbewegung Engagierte der ersten Generation, die sich politisch für Bergarbeiterstreiks und die nukleare Abrüstung interessiert und nach ihrem Studium beim Wohnungsamt Karriere gemacht hat, bis sie als Bereichsleiterin für zweitausend Immobilien verantwortlich gewesen ist.
Dennoch haben mich am Anfang von Mr. Loverman die Kapitel, die die Sicht der jungen Carmel vor exotischer Kulisse in der Karibik beschreiben, eher überzeugt. Das liegt in deren besonderer Erzählweise begründet, die mir auch aus anderen Romanen von Bernardine Evaristo bekannt ist. Diese ist von einem eigenwilligen Rhythmus geprägt und mutet fast ein wenig poetisch an.
An Barry hat mich schnell sein Humor gestört, von dem seine Gedankengänge triefen. Dazu zählt etwa das "(Be-dauer-licher-weise.)", das als Running gag gedacht ist, mir aber bald auf die Nerven gegangen ist. Dass Barry nach außen hin den Clown spielt, der alles mit Humor nimmt und zudem versucht angespannte Situationen durch Scherze aufzulockern, ist mir ja noch eingeleuchtet. Hingegen hätte ich mir gewünscht, dass in den aus seiner Sicht geschilderten Kapiteln, in denen ich eigentlich ganz nah dran an seinen Zweifeln, Sorgen und Ängsten hätte sein sollen, diese doch stärker zum Tragen gekommen wären. Ein Beispiel dafür sind die einfühlsamen Szenen, in denen sich Barry an seinen großen Bruder erinnert. Doch indem solche Momente viel zu rar gesät sind, ist bei mir der Eindruck entstanden, dass Barry nichts ernst nehmen kann. Das nimmt dann dem Drama in seinem Leben die Wirkung und lässt seine Schwierigkeit sich zu einer Entscheidung durchzuringen, ob er wirklich zu seiner wahren Liebe Morris stehen und seine Frau Carmel verlassen soll, unglaubwürdig wirken.
Gelungen finde ich die zahlreichen Nebenfiguren, obwohl diese in ihren kurzen Auftritten ziemlich überzeichnet sind. Dazu zählen beispielsweise Carmels Freundinnen Miss Merty, die die Anführerin der Truppe ist, die früher so schöne Miss Drusilla, die zu eigenartigen gedanklichen Ergüssen neigende Miss Asseleitha und die konfliktscheue Miss Candaisy. Auch Barry sind Carmels Freundinnen, die in 2010 ebenso treue Kirchgängerinnen wie seine Frau sind, noch aus ihrer Jugend in St. John’s bekannt. Carmel und ihre Freundinnen treffen nebst Carmels Tochter Donna, die immer Partei für ihre Mutter ergreift, und deren Sohn Daniel, dem Barry die teure Privatschulausbildung finanziert, bei einem legendären Sonntagsessen auf Barry und Morris. Der bei Tisch eskalierende Konflikt, in den die Autorin die eingangs so harmlose Unterhaltung ausarten lässt, ist großes Kino auch wegen der dabei unerwartet gezogenen Fronten und überraschenden Abgänge.
Als gelungen habe ich zudem die Auftritte von Barrys jüngerer Tochter Maxine empfunden so wie deren Aufeinandertreffen mit Barry und Morris in einem Coffeeshop. Denn die als Stylistin tätige Maxine, die seit bereits elf Jahren 29 ist, fühlt sich nun zu Höherem berufen und möchte sich als Modedesignerin versuchen.
Da die Beschreibung der schwierigen Beziehung von Carmel und Barry in ihren dramatischen Momenten - wie etwa der Schilderung von Carmels postnataler Depression nach Maxines Geburt - weit stärker ist, hätte ich mir gewünscht, dass sich der Humor in diesem Roman auf seine skurrilen Nebenfiguren beschränkt. Auch hätte mich neben der Perspektive von Carmel und Barry die Sichtweise von Morris interessiert, der trotz Barrys starker Gefühle für ihn und seines ungewöhnlichen Werdegangs als Jugendmeister im Boxen, ehemaliger Stipendiat und Mathematik-Student neben extravaganten Figuren wie Miss Merty oder Maxine blass geblieben ist.

Mein erstes Buch von Frau Evaristo und es hat mich restlos begeistert. So viel Witz, Sarkasmus, teils schwarzer Humor, aber auch Liebe, Ernsthaftigkeit und Traurigkeit. Ist man zunächst voll auf Barrys Seite und schmunzelt bzw. lacht über seine unverfrorenen Beschreibungen über seine Ehefrau (und deren Freundinnen), wird einem im Laufe des Buches klar, dass Carmel durchaus jedes Recht hat, so zu sein wie sie ist. Bzw. man versteht warum sie so "herzlos" und "biestig" wurde, sich nicht mehr um sich und ihr Äußeres kümmerte. Und sie tut einem Leid. Durchaus ein sehr berührendes Buch, das ich jedem ans Herz legen kann. Eine wunderbare Erzählsprache und Charaktere, so wunderbar ausgearbeitet und jeder mit seinen ganz eigenen Fehlern, Vorurteilen, Problemen aber auch liebenswerten Seiten. Das Buch zeigt einem wunderbar, dass man niemals vorschnell über jemanden urteilen sollte, wenn man nicht dessen Leben kennt. Und wie gut einem die richtigen Menschen im Leben tun können :)

Eine geheime Liebe und große Entscheidungen…
Nachdem ich ihren großartigen Roman „Mädchen, Frau etc.“ und ihre Autobiografie „Manifesto“ gelesen habe, war ich sehr gespannt auf den neuen Roman von Bernardine Evaristo. „“Mr. Loverman“ erschien im englischen Original bereits im Jahr 2013 und wurde nun im Tropen Verlag erstmals auf Deutsch veröffentlicht.
Hauptfigur ist der vierundsiebzigjährige Barrington „Barry“ Walker, der seit fünfzig Jahren mit seiner Frau Carmel verheiratet ist, zwei erwachsene Töchter hat und in einem großen Haus in Hackney lebt. Das von außen harmonisch wirkende Leben hat allerdings tiefe Risse: Carmel ist unglücklich und vermutet, dass Barry sie betrügt, da er oft abends lange um die Häuser zieht, meistens mit seinem langjährigen Freund Morris. Doch Carmel ahnt nicht die ganze Wahrheit: Barry liebt Morris und Morris liebt Barry – und das schon seit ihrer frühen Jugend. Beide sind sie in den frühen 1960er Jahren von der karibischen Insel Antigua nach England ausgewandert und haben ihr Familienleben gelebt. Offen zu ihrer Liebe zu stehen war damals unmöglich. Doch nun, da Barrys Ehe zerrütteter den je ist, denkt er an ein gemeinsames Leben mit Morris – offen und ohne Versteckspiel. Doch was passiert, wenn er sein lang gehütetes Geheimnis lüftet? Die Angst vor den Konsequenzen ist groß…
„So, wie ich das seh, hab ich grundsätzlich drei Möglichkeiten. Den Status quo beibehalten. Mich von Carmel scheiden lassen und allein leben. Mich von Carmel scheiden lassen und mit Morris zusammenziehen.
Ja, Morris, ich bin ein Angsthase. (…) Erst, wenn man drauf und dran ist, sich in die Konfliktzone zu begeben, merkt man doch, wie eingekesselt man in seiner sogenannten Komfortzone ist.“ – Seite 178, eBook
Die Handlung beginnt in der Gegenwart, am 01. Mai 2010 und wechselt regelmäßig zu Rückblicken in die Vergangenheit, angefangen ab dem Jahr 1960, in dem Carmel und Barry heiraten und kurz darauf von Antigua nach England auswanderten. Besonders sind hier die zwei verschiedenen Schreibstile: Die Gegenwart ist in der Ich-Perspektive aus Barrys Sicht geschrieben – hier bekommt man einen sehr guten und detailreichen Einblick in Barrys Leben, seine Ansichten und auch zu seiner innigen Freundschaft zu Morris. Mal ironisch, locker und mit etwas Humor, dann wieder tiefgründig, bewegend, ernst und nachdenklich – besonders wenn es um seine Liebe Morris geht, merkt Barry, wie sehr ihn die Heimlichtuerei belastet.
Nach und nach lernt man die Familie, die Traditionen und die Beziehung zu den Verwandten besser kennen – auch in das frühere Leben in der entfernten Heimat bekommen wir einen Einblick.
Der zweite Blickwinkel, der im Jahr 1960 beginnt, hat einen komplett anderen Schreibstil: Hier steht Carmels Leben und deren Träume, Erlebnisse und ihre Sicht auf die Ehe mit Barry im Mittelpunkt. Gleichzeitig detailreich, aber ohne viel drum (ohne Anführungszeichen und Punkte am Satzende - ähnlich wie in „Mädchen, Frau etc.“) zeichnet sich eine andere Sicht auf die Ehe.
Beide so unterschiedlichen Schreibstile und Blickwinkel ergänzen sich perfekt und ergeben ein komplettes und übersichtliches Bild der Hauptfiguren, die sehr gut ausgearbeitet sind – sowohl Carmel als auch Morris und Barry haben ganz eigene Vorstellungen vom perfekten Leben und auch ihren ganz eigenen Stil:
„Während wir durch die Bond Street schreiten, ziehn wir neugierige Blicke auf uns, ich möchte sogar sagen, bewundernde Blicke. Morris und ich tragen die klassischen Fünfziger-Jahre-Anzüge, die Levinsky für uns schneidert, und die durch und durch englischen Brogues, die ich bei Foster & Son in der Jermyn Street von Hand fertigen lass.“ – Seite 87, eBook
Das Buch ist auf eine besondere Weise fesselnd und sehr interessant zu verfolgen. Mal taucht in einem eher ernsten Moment auch ein Funken Humor auf. Barry hat seine ganz eigene Art, die Sorgen zu betrachten:
„Das ist zwar jetzt der Moment für mich, mit Carmel zu reden, aber ob’s klug ist, wo wir beide so aufgebracht sind? Außerdem fühl ich mich nach vier, fünf oder vielleicht auch sechs Guinness irgendwie bisschen wacklig. Ehebeendingunsgespräche muss man stocknüchtern führen und weit genug weg von der Schublade mit den Küchenmessern.“ – Seite 70, eBook
…dann wird aber klar, dass die Konsequenzen weitreichend sind – für alle. Wie wird es ausgehen? Es gibt einige Überraschungen und Wendungen.
Mein Fazit: Wieder ein beeindruckendes Buch von Bernardine Evaristo: Tiefgründig, bewegend und mit toll ausgearbeiteten Figuren. Neben nachdenklichen und ernsten Momenten blitzt auch immer wieder etwas Humor auf, besonders Barrys Persönlichkeit ist sehr interessant. Der Schreibstil ist großartig und perfekt auf die jeweiligen Charaktere abgestimmt. Zum Ende hin verbinden sich die beiden Blickwinkel zu einem Gesamtbild – sehr lesenswert!

Einfach wunderbar, wie Evaristo die tragikomische Figur Barry beschreibt, einen verheirateten Mann in den Siebzigern, der erst im Herbst seines Lebens zu seiner Homosexualität steht. Die Geschichte als solche ist eigentlich eher tragisch als wirklich komisch, wird von der Autorin aber mit hoher Empathie für alle Beteiligten beschrieben. Ein moderner Gesellschaftsroman, so bunt wie das Leben!

Im heutigen London spielt der neue Roman von Bernardine Evaristo.
Barry ist unglücklich verheiratet - und das seit 50 Jahren! Es war wohl keine so gut Idee, damals das hübsche Mädchen Carmel zu ehelichen. Denn verliebt ist Barry eigentlich seit er ein Teenager ist ... in Morris. Und Morris in ihn. Sie alle haben Antigua verlassen, um im heutigen London zu leben.
Und nun ist es Zeit, denn Barry und Morris wollen gern fest zusammen leben. Dazu müsste er sich endlich outen.
Großartige Story mit einem sehr überraschenden Ende, an welchem Ehefrau Carmel nicht ganz unbeteiligt ist. Sehr gern gelesen, mitgefühlt und mitgelacht.

Mit lakonischem Humor, viel Wortwitz und Ironie lässt Bernardine Evaristo ihren Protagonisten seine bewegte, berührende und zuweilen auch traurige Lebensgeschichte erzählen.
Außergewöhnlich, großartig, ....einfach toll!

Bernadine Evaristo schreibt diesmal aus der Perspektive eines Mannes: Barry Walker lebt seit Jahrzehnten in London, eingewandert aus Antigua zusammen mit seiner Frau Carmel.
Die Ehe der beiden ist leider ein einziges Trauerspiel - und war es eigentlich von Beginn an, denn Barrys wahre Liebe ist sein Freund Morris. Und während Carmel denkt, dass ihr Mann sie permanent mit anderen Frauen betrügt, beteuert Barry, nie mit einer anderen Frau als Carmel geschlafen zu haben - was die Sache nicht besser macht, denn treu ist Barry nun wahrlich nicht gewesen. Nun sind beide Töchter längst erwachsen und aus dem Haus, und endlich erwägt Barry ernsthaft, Farbe zu bekennen und sich von seiner Frau scheiden zu lassen, um mit Morris zusammenzuziehen.
Doch auch Carmel ist nicht ohne Rafinesse, wie wir später erfahren werden.
Evaristos Humor ist wieder extrem erfrischend, Barry hält nichts von political correctness, was das Buch zu einem echten Lesevergnügen macht!

Barrington, ein fescher Mittsiebiziger und vor Jahrzehnten von der Karibikinsel Antigua, nach Großbritannien eingewandert, hat bereits in der Jugend seine eine, große Liebe gefunden. Und es ist nicht Carmel, mit der er seit über 50 Jahren verheiratet ist und mit der er zwei Töchter hat. Denn Morris, die große Konstante in seinem Leben, ist ein Mann - und die karibische Diaspora ist auch fern der Heimat ausgesprochen homophob.In ihrem Buch "Mr Loverman" beschreibt Bernardine Evaristo diese große, lebenslange Liebe, die ein halbes Jahrhundert lang und länger nur im Verborgenen stattfinden darf.
Barry ist nicht der Einzige, der unter der Situation leidet. Carmel, die sich als 16-jährige in Barry verliebte, hadert mit dem Ehemann, der sie, wie sie überzeugt ist, mit anderen Frauen betrügt. Dabei ist sie die erste und einzige Frau, mit der Barry jemals Sex hatte. Mit der Treue zu Morris hat er es trotz aller Liebe in jüngeren Jahren nicht zu genau genommen, zu sehr lockten die Möglichkeiten der Cruising im Park, bis er bei einer homophoben Attacke Angst bekam, sein Doppelleben könne auffliegen.
Es ist eine tragikomische, mitunter melancholische Liebesgeschichte voll großer Gefühle - positiven wie negativen - die Evaristo hier erzählt. So lange schon hofft Morris, dasss Barry sich endlich zu ihm bekennt. Morris´ eigene Ehefrau hat sich scheiden lassen und ist empört nach Antigua zurückgekehrt, als sie die beiden Männer einmal in flagranti überraschte. Die "Schande" empfand sie allerdigs als so groß, dass sie niemals den Grund für die Trennung bekannt gab.
Als Carmel zu ihrem im Sterben liegenden Vater nach Antigua reist, hofft Barry, nun sei vielleicht der Moment gekommen, sie um Scheidung zu bitten. Die beiden Töchter sind schließlich längst erwachsen. Dass er mit Carmel zusammen bleiben würde, bis die Töchter aus dem Haus wären, hatte für Barry stets festgestanden. Er wollte keiner jener abwesenden westindischen Väter sein.
Ohnehin geht Evaristo immer wieder auf die Probleme der karibischen Community ein - abwesende Väter, fehlende männliche Leitbilder, junge Männer, die in Kriminalität, Drogen und Gewalt abzurutschen drohen, aber auch politisch-feministisches Bewusstsein emanzipierter schwarzer Frauen und das Bemühen, nicht Teil der Negativ-Statistik zu werden.
Besser spät als nie? Barry muss sich Gedanken über ein Coming Out machen. Dabei sind nicht alle in seiner Umgebung so ahnungslos, wie er glaubt und hofft. Auch Carmels Sicht auf die verquere Familiensituation wird geschildert, und so bigott-fromm und monsterhaft sie auch von Barry gezeichnet wird, so wird doch deutlich, dass seine Lebenslüge auch sie um ein Leben brachte, das anders hätte verlaufen können. So manches Familiengeheimnis wird im Laufe dieses sowohl unterhaltsamen wie nachdenklichen Romans ans Licht gefördert. Die bei all ihren Fehlern liebenswert-charmanten Charaktere tragen dazu bei, dass man dieses Buch nicht aus der Hand legen will.

Roman mit Kopfkino-Potential über ein in jeder Hinsicht verspätetes Coming Out, Barry alias Loverman pfeift auf Politcal Correctness und laviert sich mehr oder minder schlecht durch sein zerbröckelndes Familienleben und macht dadurch alles noch schlimmer. Mit britischem Humor, an vielen Stellen großartig anrührend geschrieben. Der erste (und nicht der letzte) Roman von Evaristo, den ich gelesen habe. An einigen Stellen wird es mir fast zu kitschig, aber das passt zu der Person von Barry .

Ich mag den Stil und die aufrüttelnde Art der Autorin sehr! Auch in diesem Buch schafft sie es auf faszinierende Art und Weise, die Zwiespältigkeit unserer Gesellschaft anschaulich und überzeugend darzustellen. Dabei bleibt sie wertungsfrei und genau das macht für meine Begriffe einen Großteil des Charmes aus.
Auf zwei Zeitebenen erzählt Barrington Jedidiah Walker sein Leben, besser seine beiden Leben!
Erschreckend und hoffnungsvoll zugleich legt Bernardine Evaristo wie in ihren anderen Bücher den Finger in die Wunde...