Die Möglichkeit von Glück

Roman

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Erscheinungstermin 18.03.2023 | Archivierungsdatum 26.10.2023

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Zum Inhalt

»So mitreißend, feinsinnig und schonungslos, dass es mich einfach nicht loslässt.« Alena Schröder, Autorin von »Junge Frau am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid«

In der DDR geboren, im wiedervereinigten Deutschland aufgewachsen. Als die Mauer fällt, ist Stine gerade einmal drei Jahre alt. Doch die Familie ist tief verstrickt. In ein System, von dem sie nicht lassen kann, und in den Glauben, das richtige Leben gelebt zu haben. Bestechend klar und kühn erzählt Anne Rabe von einer Generation, deren Herkunft eine Leerstelle ist.

Stine kommt Mitte der 80er Jahre in einer Kleinstadt an der ostdeutschen Ostsee zur Welt. Sie ist ein Kind der Wende. Um den Systemwechsel in der DDR zu begreifen, ist sie zu jung, doch die vielschichtigen ideologischen Prägungen ihrer Familie schreiben sich in die heranwachsende Generation fort. Während ihre Verwandten die untergegangene Welt hinter einem undurchdringlichen Schweigen verstecken, brechen bei Stine Fragen auf, die sich nicht länger verdrängen lassen. Anne Rabe hat ein ebenso hellsichtiges wie aufwühlendes Buch von literarischer Wucht geschrieben. Sie geht den Verwundungen einer Generation nach, die zwischen Diktatur und Demokratie aufgewachsen ist, und fragt nach den Ursprüngen von Rassismus und Gewalt.

»Eine junge Frau will die Gewalt verstehen, die ihre Familiengeschichte durchdringt – und entlarvt dabei die brutale Selbstlüge einer ganzen Elterngeneration. Wie Anne Rabe eine eigene Sprache für diese Sprachlosigkeit findet – das ist ganz große Kunst.« Alena Schröder

»So mitreißend, feinsinnig und schonungslos, dass es mich einfach nicht loslässt.« Alena Schröder, Autorin von »Junge Frau am Fenster stehend, Abendlicht, blaues Kleid«

In der DDR geboren, im...


Verfügbare Ausgaben

AUSGABE Anderes Format
ISBN 9783608984637
PREIS 24,00 € (EUR)
SEITEN 384

Auf NetGalley verfügbar

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Rezensionen der NetGalley-Mitglieder

Als Stines Großvater Georg Bahrlow stirbt, bereut sie, dass sie ihn kurz vor seinem Tod nicht mehr besucht hatte. Außer zu ihrem jüngeren Bruder hat sie keinen Kontakt mehr zu ihrer Familie und wird sich nun bewusst, wie wenig sie über ihren Opa mütterlicherseits weiß. Als Stine bei ihren Recherchen bei Behörden zunächst erfolglos blieb, fragte ich mich, was Großvater Georg seit 1941 getan und erlebt hatte, bevor er 1961 seine Eva heiratete und mit ihr zwei Töchter bekam. Eine Lücke von 20 Jahren klang verdächtig danach, dass seine Biografie „bearbeitet“ wurde – aber zu welchem Zweck? Dass es von einem 1923 geborenen Mann kein Foto in Uniform, keine Erzählungen über Kriegsverletzungen oder Gefangenschaft geben sollte, erschien mir schwer zu glauben. Die Icherzählerin ist jedoch kurz vor der deutschen Wiedervereinigung in der DDR geboren und als Nachwendekind aufgewachsen. Die Auseinandersetzung mit Nationalsozialismus, Antisemitismus und Rassismus wurde in der DDR als rein westdeutsche Angelegenheit angesehen; Wegsehen, Schweigen und Leugnen hatten sich seit der Nazizeit als Überlebenstaktik bewährt.

In Rückblenden setzt sich Stine zunächst mit ihrer Kindheit auseinander und ihrer Mutter, deren Berufsstand der Pädagogin/Fürsorgerin im Jugendamt Zwangsadoptionen und die Zwangsarbeit Jugendlicher in „Jugendwerkhöfen“ zu verantworten hatte. Kinder mussten satt, sauber und brav sein, Babys wurden im 4-Stunden-Rhythmus versorgt und dazwischen ließ man sie schreien, um sie nicht „zu verwöhnen“. Zu Stines schlimmsten Kindheitserinnerungen gehörte, dass sie zum Mittagsschlaf gezwungen wurde („dass du ja nicht das Zimmer verlässt!“), während in einem anderen Zimmer der kleine Tim schrie, bis die 4 Stunden vorbei waren, nach denen er laut Plan wieder aus dem Bett genommen werden durfte. Miterlebte Gewalttaten können stärker traumatisieren als selbst erlittene. Diese Ereignisse der 80er des vorigen Jahrhunderts bilden das Gedankengut der Johanna Haarer (erschienen 1934) ab, DAS Fundament nationalsozialistischer Ideologie, das bis in die 80er Jahre auch im Westen in vielen Bücherschränken zu finden war. Man warf nichts weg, das äußerlich noch wie neu wirkt …

2006, als Stine ungeplant schwanger wird, ist ihre Mutter Monika noch immer überzeugt davon, dass es Stines Bruder Tim „geholfen“ habe, dass man ihn als Baby schreien ließ. Dass ihre Mutter in der Sozialpädagogen-Szene der DDR bestens vernetzt ist, war Stine schon früh klar. Mit welch harten Bandagen Monika nun zu kämpfen bereit ist, lässt sie jedoch sprachlos zurück. Spätestens in dieser Szene fallen die abwesenden Väter auf. Von Stines Vater ist kaum die Rede und auch vom Vater ihres Kindes hört man nicht, dass er seine Schwiegermutter in spe rauswirft und für Frau und Kind eintritt. Als Stine ihre Kindheit noch einmal durchlebt hat, kann sie endlich die Biografie ihres Großvaters niederschreiben, über die hier nichts verraten werden soll.

Anne Rabes Roman lehnt sich nach ihrer Aussage an eine reale Biografie an. Den Focus auf die Fehler einer Einzelperson (hier Stines Mutter) finde ich grundsätzlich unglücklich, weil er zum erneuten Relativieren verleiten könnte („es hat uns doch nicht geschadet“). Vom Einzelschicksal einer Familie, in der Eltern und Großeltern linientreue Stützen des Systems waren, zieht Rabe souverän einen Bogen über die Tradition des Wegsehens und Leugnens seit der Nazizeit bis zur Nachwendegesellschaft der Nullerjahre. Die Zahl der Gewalttaten an Kindern (auch durch andere Kinder als Täter) sei nach der Wende auf das Vierfache gestiegen, so Anne Rabe. Ihrer Liste der kaltschnäuzigsten Gewalttaten an Kindern in Ostdeutschland ist wiederum eng mit dem Leugnen verknüpft und dem Abschieben der Verantwortung auf Systemfeinde.

„Die Möglichkeit von Glück“ ist zwar harter, unbequemer Tobak und durch die Rückblenden nicht einfach zu lesen. Als Enkelin einer DDR-Großmutter und Tochter einer Mutter, die nach Johanna Haarer ausgebildet wurde, wage ich das Urteil: ein wichtiges, exzellentes Buch.

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Offen und ehrlich;
Inhaltlich hat mir das Buch sehr gut gefallen. Die Erzählerin macht sich auf die Suche nach den Geheimnisse der Eltern und Großeltern und versucht, die Geschichten, die man ihr immer erzählt hat auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Die Prägung durch Eltern und Umfeld in der DDR wird offen und schonungslos aufgedeckt und der Kampf um Freiheit von den Vorstellungen anderer ist nachvollziehbar. Die Charaktere sind gut geschildert und ich fand sie alle glaubwürdig und realistisch. Es wird versucht, möglichst viele Details auch über die Großeltern zu bekommen und man stellt sich unwillkürlich die Frage, was man seine eigenen Großeltern alles hätte fragen können und nicht getan hat. Die Erzählung ist nicht chronologisch, es gibt immer mal schwer einzuordnende Rückblenden, weshalb ich einen kleinen Abzug mache. Die Struktur im Buch ist mir etwas zu chaotisch und hätte übersichtlicher sein können, um dem Leser das Verständnis zu erleichtern. Nichtsdestotrotz ist es ein sehr lesenswertes, hochinteressantes Buch.

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Hoffnung auf Glück

Die Möglichkeit von Glück ist ein Roman von Anne Rabe der es in sich hat.
Die Protagonistin Stine ist im Alter der Autorin.Sie sind in der DDR geboren und dann kam die Wende.
Stine hat nur noch wenig Kontakt mit ihrer Familie, sie hat ihre eigene kleine Familie, der es besser gehen soll, als ihr.

Immer wieder kommen Details ihrer Kindheit ans Licht. Da wurde abgehärtet bis zu Misshandlung.
Stine erforscht die Vergangenheit ihrer Eltern und Großeltern. Da keiner viel gesagt hat forscht sie in Archiven.
So erfahren wir von der Erschaffung der DDR, in der ihre Großeltern mitwirkten. Am Schlimmsten fand ich ihre Mutter.
Es war ein erschütternder Bericht und ich hoffe das Stine und ihre Familie jetzt glücklich werden.

Das Buch ist esrchüttert und begeistert.

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Die Protagonistin Stine wird 1986 in einem kleinen Ort an der Ostsee in der DDR geboren. Ihre Eltern und Großeltern sind überzeugte Sozialisten. Stine wächst im wiedervereinigten Deutschland auf, doch die sozialistische Ideologie ist noch vielerorts spürbar. Stines Lebensgeschichte hat mich sehr bewegt, insbesondere ihre harte und von Gewalt geprägte Kindheit. Die "Erziehungsmethoden" ihrer Mutter waren schockierend und umso befremdlicher, da sie Erzieherin in einem Kinderheim war.

Als Stines Großvater Paul stirbt, der nie viel aus seinem Leben erzählt hat, macht sie sich über das Bundesarchiv und andere Stellen auf Spurensuche. Stine möchte mehr über ihre Familie wissen, ihre Großeltern und Eltern, die nie über Vergangenes gesprochen haben, verstehen und darüber letzlich auch zu sich selbst finden. Die Jugend der Großeltern im Dritten Reich, ihre Kriegserlebnisse und das Schweigen darüber, der Aufbau der DDR und der Glaube an ein besseres Deutschland wirken bis in Stines Generation hinein. Hinzu kommen die Unsicherheiten der Nachwendezeit. Stines Gedanken hierzu und ihre innere Zerrissenheit sind sehr eindrücklich beschrieben und ich konnte mich sehr gut in sie hineinversetzen.

Die Autorin springt häufig zwischen verschiedenen Zeit- und Handlungsebenen her, war den Lesefluss leider etwas behindert. Allerdings spiegelt dieses Hin und Her Stines Gedankenwelt sehr gut wider.

Aufgrund der detaillierten Schilderungen von Stines Recherche zu Opa Paul in diversen Archiven und der Ich-Perspektive liest sich der Roman wie eine Autobiographie, ist aber fiktiv. Es wäre in einem Nachwort interessant gewesen zu erfahren, ob hier reale Biographien zugrunde lagen.

Fazit: Ein lesenswerter und bewegender Roman!

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Wer mit diesem Buch einen in sich geschlossenen Roman erwartet, mit Spannungsbogen und in sich schlüssigem Ende, wird enttäuscht. Stattdessen taucht der Leser in die aufgewühlte Seele der Autorin, die so viele Fakten wie mögich zusammenträgt; aus der nationalsozialistischen Vergangenheit, der DDR- Vergangenheit und den Geschehnissen nach der Wende, sowohl von bekannten Fakten, aus dem Geschichtsunterricht und den Medien bekannt, als auch aus ihrer akribischen Recherche in den freigegeben Stasi-Akten ihrer Famiien. Dort tun sich viele Ungereimtheiten auf. Rabes Schreibstil verrät sehr unmittelbar dem Leser Wut und Ratlosgkeit. Es bleiben offene Fragen im Raum.
Anne Rabe ist im Jahr 1986 geboren und somit so gut wie ein Nachwendekind. Sehr eindringlich, aufrüttelnd und überzeugend macht sie durch ihre eigene Familiengeschichte dem Leser sehr ungeschminkt deutlich, wie weit der Weg noch ist, damit Ost- und Westdeutschland zusammenwachsen kann. Wie tief die Wunden in jedem Lebenslauf durch zwei Diktaturen noch sind und auch noch an eine Generation weitergegeben werden, für die vermeintlich die Möglichkeit zum Glück zum Greifen nah erscheint.

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Stine ist ein paar Jahre vor dem Ende der DDR geboren und wächst in den 90er Jahren in einem kleinen Ort in Ostdeutschland heran. Ihre Familie ist kein sicherer Ort für Stine und ihren Bruder: Ihre Mutter, selbst Mitarbeiterin beim Jugendamt und u. a. für Zwangsarbeit Jugendlicher in „Jugendwerkhöfen“ zur DDR-Zeiten verantwortlich, misshandelt beide Kinder körperlich und emotional. Erst Jahre später als sie Kinder hat gelingt es Stine den Kontakt zu den Eltern abzubrechen. Der Tod ihrer Großeltern ist dann für Stine ein Wendepunkt und sie beginnt der Familiengeschichte bzw. der Geschichte ihres Opas nachzuspüren. Dieser hat nicht nur das 3. Reich erlebt, sondern auch die komplette DDR-Zeit und die Wende. Trotzdem stößt sie immer wieder auf Leerstellen und Lücken. Es ergibt sich kein ganzes Bild, sondern eines in dem diverse Puzzleteile fehlen.

Anne Rabe zeichnet nach wie es in einer Familie ist, die zwei totalitäre Systeme durchlebt hat, die traumatisiert ist, aber weder das Vokabular noch die Möglichkeiten hat dies aufzuarbeiten, sondern das Trauma nur an die nächste Generation weiterreichen kann.

Dieses Buch hat mich sehr aufgewühlt und deshalb sitze ich auch schon seit ich Anfang März an der Rezension. Mir fehlen die Worte, für das was dieses Buch in mir ausgelöst hat, denn schon lange hat mich ein Buch emotional nicht mehr so überrollt wie dies hier. Es ist stark, traurig und ehrlich.

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Familiengeschichte

Autorin:
“Die Möglichkeit von Glück" ist der Debütroman von Anne Rabe. Davor hat sie Drehbücher geschrieben und war als Autorin Teil der Kultserie »Warten auf’n Bus«. Zudem ist sie seit ein paar Jahren Vortragende zur Vergangenheitsbewältigung in Ostdeutschland.

Cover:
Ein Foto, das man mehrere Jahre im Geldbeutel mitgetragen hat. Ein Moment von glücklichen Zeiten und Unbeschwertheit. Eine eigentlich unbedeutende Kindheitserinnerung auf der Schaukel und doch so wertvoll.

Inhalt:
Wir begleiten Stine, die Mitte der 80er Jahre in einer Kleinstadt an der ostdeutschen Ostsee zur Welt kommt. Sie erlebt eine kurze, aber doch sehr prägende Kindheit in der DDR. Irgendwann hat Stine Fragen. Fragen zur Vergangenheit, über ihre Familie und deren Geheimnisse.

Rezension:
Als erstes hat mich an dem Buch bzw. dessen Inhalt angezogen, dass auch ich Mitte der 80er in der DDR geboren wurde. Selbst wenn ich mich kaum daran erinnern kann, ist da doch immer die Frage, wie es war. Wie war es, in einem Land geboren zu werden, das es so in der Art bald nicht mehr geben sollte. Ein Stück in der Kindheit, welches irgendwie anders verlief. Schon die ersten Zeilen des Buches haben mich sehr mitgenommen und ich habe mich direkt zurück versetzt gefühlt. Ich habe mir tatsächlich auch den erwähnten Kurzfilm angesehen, einfach weil ich wissen wollte, was für ein Gefühl er auslöst.

Die Kapitel, die nur mit Zahlen überschrieben sind, sind meist kurz und übersichtlich. Wie auch der Sprachstil selbst. Kurze, aber prägnante Sätze. Oft kühl, obwohl so viel Gefühl zwischen den Zeilen geschrieben steht. Das Verhältnis ihrer Familie zu ihr und untereinander. Das Versprechen an sich selbst, es mal anders zu machen. Ab und an war der Wechsel zwischen heute und dem “damals” recht schnell und man muss sich beim Lesen darauf einlassen, doch hat es mich nach einer kurzen Weile nicht mehr gestört. Ich konnte nicht aufhören zu lesen und in diese bekannte und dennoch gleichzeitig so fremde Welt einzutauchen. Für mich definitiv ein Highlight.

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Der Autorin ist ein sehr persönliches Buch, das mit der politischen Entwicklung in der DDR ganz eng verknüpft ist, gelungen. Die Ich-Erzählerinnen Stine, wird 1986 in der DDR geboren. Sie beschreibt die Erziehungsmethoden ihrer Eltern: Kleinkinder ließ man schreien und gab ihnen keine Geborgenheit. In der Geburtsklinik wurden die Babys ins Schwesternzimmer gelegt, getrennt von den jungen Müttern, Kreißende durften nicht schreien vor Schmerzen. Stines Mutter gibt das Kind zu den Großeltern, wenn es krank ist, denn sie durfte und wollte nicht bei der Arbeit fehlen. Stine hatte ein sehr gutes Verhältnis zu ihrem Großvater und sagte ihm dass es ihr sehr schlecht ginge, sie dachte sie würde sterben. Daraufhin äußerte ihr Großvater, dass ihre Mutter es diesmal übertrieben habe und es besser gewesen wäre wenn sie ihr Kind selbst gesund gepflegt hätte. Außerdem berichtet die Autoren darüber, dass die Mutter bei kleinen Verstößen ihre Kinder schlug, ihnen Kopfnüsse gab diese auch sehr schmerzten. Sie wurde viel geschlagen. All diese Dinge zeigen eine Herzlosigkeit und Kälte in den Familien. Ich selbst habe in dieser Zeit gelebt und kann aus eigenem Erleben einige dieser Situationen Wiedererkennung. Zu ihrem Großvater Paul hatte Stine ein herzliches Verhältnis. Er war in russischer Gefangenschaft und war ein standhafter Kommunist in der DDR. Nach der Wende erforscht Tina die Stasi-Akte Iris Trues Vater und ihre Eltern. Es wird sehr anschaulich nach der Wende erforscht Tina die ihres Großvaters und ihrer Eltern. Es wird sehr anschaulich beschrieben , wie fanatisch der Großvater war. Stine selbst hatte sich gleich nach dem Abitur von ihrer Familie getrennt, sie zog nach Berlin und hat bis zum Schluss keinen Kontakt zu ihrer Mutter gehabt. Es ist eine Familiengeschichte, wie es wahrscheinlich viele gibt, bei der es nun darum geht, die Vergangenheit zu verstehen und zu verzeihen. Stine schämt sich wegen der Stasi- Machenschaften, speziell im Stasi-Gefängnis in Hohenschönhausen. Es ist eine Geschichte die sehr offen geschrieben ist und helfen kann, die Vergangenheit ein zu verstehen und zu verarbeiten. Dieses ist ein wichtiges Buch für die deutsch deutsche Geschichte. Ich empfehle es jeden, es zu lesen.

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Mein Herz ♥️ 🥹♥️

PS: Ich bin kein deutscher Muttersprachler, falls ich Fehler gemacht habe, tut es mir leid.

Wenn Sie ein berührendes Buch lesen möchten, ist dieses Buch genau das Richtige für Sie!

Es hat mir viel Spaß gemacht, dieses Buch zu lesen! Der Hauptgrund dafür ist der Klang. Trotz der überwiegend düsteren Geschichten ist die Lektüre des Buches nicht deprimierend. Doch die unzusammenhängende Struktur irritierte mich immer mehr. Individuelle Erfahrungen, essayistische Gedanken und Erinnerungen bilden das Buch. Diese sind häufig unvorhersehbar und lax. Zuerst habe ich es sogar geliebt. Aus Puzzleteilen eine Geschichte zu machen, kann äußerst unterhaltsam sein.

Die Sprache dieses Buches ist einer Vielzahl interessanter Themen zu verdanken. Stine, die Ich-Erzählerin, wurde in der DDR geboren und wuchs nach der Wiedervereinigung auf. Ihre unterdrückerische Mutter war eine Gouvernante. Sie besiegte sowohl Stine als auch ihren Bruder Tim. Auf Lob wurde verzichtet, da es die Schüler davon abhalten würde, sich noch mehr anzustrengen. Großvater Paul war ein leuchtender Punkt in Stines Kindheit. „Wir sind mit einem Ziel aus dem Krieg hervorgegangen, Stinchen: nie wieder Faschismus!“ er sagt. Allerdings zeichnet die Forschung ein viel gemischteres Bild. Die Grundlagen reichen vom Zweiten Weltkrieg bis zum Kampf gegen die Ukraine. Das ist etwas übertrieben. Der wesentliche Kern, der Kampf mit der DDR, verschwimmt.

Ich bin dem Verlag und NetGalley.de sehr dankbar, dass sie mir eine Abschrift für eine ehrliche Rezension zugesandt haben.

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Der Titel ist inhaltlich unglaublich kompakt. Es geht sowohl um eine Familiengeschichte als auch um die Beziehung der Erzählerin zu den unterschiedlichen Familienmitgliedern. Alles vor dem Hintergrund einer ostdeutschen Familiengeschichte der ehemaligen DDR, teilweise geht es auch weiter zurück zu den Weltkriegen. Die Erzählerin hadert stark mit einigen Mitgliedern ihrer Familie und empfindet sie, so wie heute gesagt wird, als toxisch, aus unterschiedlichen Gründen. Die Erzählung packte mich beim Lesen und ich konnte mich was die emotionalen Passen anbetrifft oft selbst wiedererkennen. Deutlich werden die Verhaltensweisen der Personen offengelegt und betrachtet was das mit der Erzählerin macht. Es kommen zudem Familiengeheimnisse ans Tageslicht, Dinge die totgeschwiegen wurden. So hält sich die Spannung. Ein Buch, das zumindest in meinem Fall, noch lange nachwirkt und zum Nachdenken über eigene familiäre Strukturen anregt.

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"Alle Familien haben solche Geschichten. Gemeinsame Erlebnisse, die eine Familie zu einer Familie machen (...) Diese Geschichten, an die man denkt, wenn man an Zuhause denkt. Was Tim und ich uns erzählen, wenn wir über unsere Kindheit sprechen, sind Geschichten davon, wie wir gelernt haben, still zu sein."

Mit "Die Möglichkeit von Glück " hat eine Rabe einen klugen und humorvollen Roman geschrieben.

Die Erzählerin Stine berichtet vom Aufwachsen im Nachwende-Osten. Ihre Familiengeschichte ist geprägt von Gewalt, die sie zu verstehen versucht. Dabei setzt sie sich mit wagen Aussagen der Generation ihrer Eltern und Großeltern auseinander. Dabei stößt sie auf Schweigen und Lügen.

Die Aufarbeitung des Nationalsozialismus und des Zeiten Weltkrieges setzte sehr zögerlich ein. Eine ganze Generation hüllte sich in Schweigen, während die DDR als "per se antifaschistischer Staat" jede Verantwortung für die NS-Verbrechen ablehnte.

In Rückblenden setzt sich Stine zunächst mit ihrer Kindheit auseinander. Dabei schildert die Autorin in klaren Worten die schwierigen Familienverhältnisse und benennt deutlich Szenen von alltäglicher Gewalt, wie beispielsweise dass Stine und ihr Bruder in viel zu heißes Badewasser gezwungen werden oder dass die Mutter die Tochter bei einem Fehlverhalten mit tagelangem Schweigen straft.

Um die Gegenwart verstehen zu können, versucht die Erzählerin die Vergangenheit ihrer Familienmitglieder aufzuarbeiten. Insbesondere die Biografie ihres Großvaters ist dabei eine Herausforderung - durch akribische Recherche gelingt ihr schließlich Licht ins Dunkel zu bringen.

"Die Möglichkeit von Glück" verbindet Eigenschaften eines Familienromans mit den Eckdaten der deutschen Vergangenheit in der ehemaligen DDR. Rabe setzt in ihrem Buch ein Zeichen zum Aufarbeiten und zur Bewältigung der eigenen Vergangenheit und hinterfragt gleichzeitig kritisch den Umgang deutscher Erinnerungskultur in der eigenen Familie.

Das Buch ist ein sehr intensives Leseerlebnis gewesen. Von mir gibt es eine Leseempfehlung für eine Autorin, die mit ihrem Buch eine erstaunliche Beobachtungsgabe beweist.

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Verblendung und Folgen
Anne Rabe trifft mich mit ihrem Buch „Die Möglichkeit von Glück“ mitten ins Herz. Ihre Heldin Stine hat nicht wirklich mit mir etwas gemein, im Alter sind wir über zehn Jahre auseinander und auch in der Familienstruktur gibt es keine Übereinstimmungen. Dennoch knipst mich die Geschichte an. Ich frage mich, warum dies so ist? Und kann es mir nur so erklären, dass ich mich von diesem Blick der Mehrheit auf den Osten nicht getroffen/nicht wahrgenommen fühle. Dass mich dieser Blick auf die Zonen-Gabis wütend macht! Dass ich Hoffnungen in genau solche Bücher lege, dass der Osten und seine Bevölkerung endlich wahrheitsgetreuer wahrgenommen werden, dass diese Bücher viele Leser finden, wahrgenommen werden, ein Nachdenken entsteht, Veränderung zugelassen wird.



Denn genau solche Bücher wie „Die Möglichkeit von Glück“ vermitteln sehr anschaulich, was manche Geschehnisse mit den Menschen gemacht haben. Und dazu musste man nicht nur in der Familie mit der Engstirnigkeit und der Verblendung mancher Zeitgenossen konfrontiert werden. Obwohl dies natürlich besonders schlimm ist, denn hier fehlt ja der Rückzugsort für die Betroffenen. Aber dieses Verblendeten gab es ja überall, und die gefährlichen Verblendeten saßen an mächtigen Stellen, konnten in das Leben der Einzelnen eingreifen. Und dies verändert, lässt die Menschen vorsichtiger und obrichkeitshöriger werden. Genauso ist aber auch eine Wut auf ein System entstanden und diese Wütenden hofften auf einen Umbruch, den es zwar gab, aber der schlussendlich anders als gedacht verlief und damit wieder eine Wut erzeugte. Eine Wut und ein Misstrauen, welche heute noch zu spüren sind, aber leider werden von vielen die falschen Schlüsse aus diesen Gefühlen gezogen und damit eine Gefahr beschworen. Und dagegen muss man vorgehen, aber nicht mit Bezeichnungen oder Schubladendenken. Sondern mit Information und Verständnis. Denn alle sollten sich darüber im Klaren sein, dass eine weitere Ignoranz schlimme Folgen für unsere Demokratie und damit Folgen für unser freies Leben und Denken haben wird.



Anne Rabe und auch andere Autoren, ich denke da besonders an Franziska Hauser und Elke Lorenz, klären mit ihren Büchern auf, lassen Blicke in ein geschlossenes System zu. Blicke, die ein sensibles Denken ermöglichen, Blicke, die informieren und erklären, Blicke, in denen die Zonen-Gabi ein anderes Gesicht bekommt. Blicke, die sehr wichtig sind, die eine besondere Aufmerksamkeit bekommen sollten!

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Den vielen Büchern mit putziger DDR-Nostalgie und der Kernaussage „War alles nicht so schlimm, wir hatten doch auch ein schönes Leben!“ stellt Anne Rabe eine andere Erzählung gegenüber – eine von den Menschen, die auf verschiedene Weise Täter*innen waren, und denen, die darunter zutiefst gelitten haben. Und hier geht es nicht um prominente Bürgerrechtler*innen, sondern die „ganz normalen“ Leute in der DDR, sogar die Spät- oder Nachgeborenen, deren Leben auch nach der Wende von einem Unrechtssystem mit seinen Strukturen geprägt wurde. Dabei greift die Autorin auf eigene Erfahrungen zurück, verarbeitet aber auch die Biografien von Freund*innen und Bekannten. Die Genrebezeichnung „Roman“ trifft das Ergebnis daher m.E. nur bedingt – es ist eine Mischung aus Autofiktion und Sachbuch.


Darin verbindet die Autorin die Perspektiven verschiedener Generationen: Es kommen die um die Wende herum geborene Tochter Stine und ihre teils anders, teils genauso geprägte Mutter Monika mit ihren Kindheitserfahrungen zu Wort; der Monika-Strang verliert sich dann jedoch mit dem Älterwerden von Stine, wobei mit zahlreichen Zeitsprüngen und Rückblenden gearbeitet wird. Anderen Familienmitgliedern wird aus der Perspektive von Stine nachgespürt: Was steckt hinter dem häufigen Schweigen, den Lücken und Widersprüchen in den Erzählungen der Großelternpaare, Tanten usw.? Warum sind manche Themen tabu, über andere werden Lügengeschichten erzählt? Worin bestand wirklich die Rolle dieser Menschen während der NS-Zeit und in der DDR?


Dass zwischen diesen beiden historischen Epochen kein so radikaler Bruch stand, wie die Leitbilder der DDR gern verkündeten, sondern aufgrund des verordneten Schweigens statt einer ehrlichen Aufarbeitung vielmehr eine ungute Kontinuität an Gewaltstrukturen, Lieblosigkeit und menschenverachtenden gesellschaftlichen Zielen bestand, denen auch die eigenen Kinder sich zu fügen hatten, zeigt die Autorin an vielen Beispielen der nationalsozialistischen wie sozialistischen Erziehung der Kinder und Jugendlichen und des Umgangs mit Erwachsenen. Körperliche und emotionale Gewalt in der Familie und von Seiten des Staates, Missachtung von Bedürfnissen und die daraus erwachsene offene wie unterschwellige Angst und Entfremdung in den Familien wie in der Gesellschaft führten zu Brüchen in jeder Generation.


Vor allem die Diskrepanz zwischen der Selbstdarstellung der DDR als einer Gesellschaft, die von Menschlichkeit und Solidarität mit den Schwachen getragen war, und der Wirklichkeit einer Diktatur, die in Gefängnissen und Jugendwerkhöfen schlimmste Gräuel verübte und – nicht anders als die Vorgängerdiktatur – Menschen ihr Menschsein raubte, wird von der Autorin sehr deutlich herausgestellt. Anders als bei der häufig erfolgten Verniedlichung der sozialistischen Rituale werden diese klar als eine Art Ersatzreligion und Bestandteil der sozialistischen Umdeutung von Geschichte und Kultur gezeigt: die Namensweihe als Ersatztaufe (die jedoch wenig etabliert war), dann aber die Pionierzeit und Jugendweihe als unumgängliche Notwendigkeiten, als immer wieder abzuleistendes lautes Bekenntnis zum Glauben an den Sozialismus, wenn man vom System in Ruhe gelassen werden und ein halbwegs friedliches, wenn auch völlig angepasstes Leben führen wollte. Mitglieder der Jungen Gemeinde, die sich diesem Druck widersetzten, durften weder Abitur machen noch studieren. Es war schlimm, sich in diesem Zusammenhang noch einmal klarzumachen, dass die Bonzen der DDR nach der Wende die besten beruflichen Chancen hatten, während die schlechter ausgebildeten Widerständler*innen, also diejenigen, denen die Wende zu verdanken war, wirtschaftlich oft unter die Räder kamen.


Ich könnte noch viele der im Buch aufgegriffenen Themen kommentieren oder vertiefen – die mit der Wende einhergehenden biografischen Brüche, die gespaltenen Familien, die zerbrochenen Freundschaften, das Wertevakuum und die Gewalt der Neunziger, die Rolle der veränderten Konsummöglichkeiten… Es bleibt bei meinem Fazit, dass die Autorin auf gelungene Weise zeigt, wie die fehlende Aufarbeitung von Geschichte – sei es auf individueller oder gesamtgesellschaftlicher Ebene – nicht nur Leerstellen produziert, sondern Risse und schließlich Klüfte, die sowohl Einzelpersonen als auch Familien und Gesellschaften zerbrechen lassen können. Aus meiner Sicht, da ich das Ganze ebenfalls persönlich erlebt habe, eine schwierige und traurige Lektüre, aber ein wichtiges Buch, dem ich noch viel Aufmerksamkeit wünsche.


„Wie soll eine Welt ohne Vergangenheit eine Zukunft haben?“
(Seite 215 im eBook)



Ich danke dem Verlag herzlich für das Rezensionsexemplar.


(EDIT: Leider verschwinden beim Absenden der Rezension die Zeilen- und Absatzumbrüche, was die Lesbarkeit dann sehr erschwert.)

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“ Wie soll eine Welt ohne Vergangenheit eine Zukunft haben?“

Vor einigen Jahren grub Ines Geipel in Umkämpfte Zone nach dem Verdrängten und Verschwiegenen in der Geschichte Ostdeutschlands zwischen Nationalsozialismus und Nachwendezeit – ein schmerzhaftes, sehr persönliches, oftmals erschreckendes Buch.


Anne Rabe: Die Möglichkeit von Glück. Klett-Cotta 2023
In diesem Jahr nun erschien im gleichen Verlag, bei Klett-Cotta, ein Roman, in dem erneut eine Autorin die eigene (ostdeutsche) Familiengeschichte schonungslos unter die Lupe nimmt. Anne Rabe ist eine Generation jünger als Geipel, sie hat die DDR persönlich kaum erlebt, war dafür aber mittendrin in den „Baseballschlägerjahren“, in denen rechte Gewalt in Ostdeutschland fast als normal galt. In Die Möglichkeit von Glück, einem Buch, das sich wenig um seine Genrebezeichnung „Roman“ kümmert, lässt sie ihre Ich-Erzählerin Stine die Geschichte ihrer Familie erforschen. Eingebettet in die politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen bezeichnet Stine diese Geschichte als eine „Kette unglücklicher Umstände“. Angetrieben aber wird sie von der Hoffnung, dass ein glückliches Leben möglich ist.

Im Moment des Mauerfalls, so erinnert sich die Erzählerin, zeigte sich so eine „Möglichkeit von Glück“. Doch die mangelnde Bereitschaft, sich mit der Vergangenheit und der eigenen Rolle im untergegangenen Unrechtsstaat auseinanderzusetzen, stehen dem Glück im Weg. Schlagersüßtafel und Nudossi, Sandmännchen und Hausgemeinschaft: keinen Moment kommt in Rabes Buch so etwas wie „Ostalgie“ auf. Die Autorin hat keinen Anlass, sich an der pastellfarbenen Verklärung der Vergangenheit zu beteiligen, ganz im Gegenteil: Allein schon der Umgang mit Kindern und Jugendlichen in der DDR verbietet jegliche Sehnsucht. Rabe beschreibt eine lieblose, triste Welt, in der körperliche und seelische Misshandlung von Kindern nicht nur in Familien sondern auch in staatlichen Einrichtungen als probates Erziehungsmittel galt.

“Was Tim und ich uns erzählen, wenn wir über unsere Kindheit sprechen, sind Geschichten davon, wie wir gelernt haben, still zu sein.“

Aber halt: da ist ihr Großvater, der gutmütige, geliebte Opa Paul. Bei ihm sind sie als Kinder gern, ihn wird die Jugendliche bis zu seinem Tod gern besuchen. Er sagt, „ er habe im Krieg zum Glück niemanden erschießen müssen und dass es doch das gute Recht eines jeden Landes sei, die eigene Grenze zu verteidigen. Die Menschen, die man an der Mauer erschossen habe, die wussten doch, was ihnen drohte.“ Da ist er, der Riss, der sich durch die Geschichte ihrer Familie zieht; das Unausgesprochene, das Unverständliche. Stine gräbt sich durch die Archive, fährt zurück in ihre Heimatstadt (die sie „gleich am Tag nach der Abiturzeugnisausgabe“ verlassen hat), sie sucht Kontakt zu alten Schulfreund*innen. Sie möchte verstehen, woher die Gewalt und die Härte in ihrer Familie stammt – und auch, wie „Ostalgie“, sich verstärkender Rechtsextremismus und Demokratiefeindlichkeit in den neuen Bundesländern zusammenhängen.

“Wir haben uns an das Schweigen um uns herum gewöhnt und an die Geschichten, die wir nicht verstanden haben. Wir wussten, wann wir besser nicht nachfragten, auch wenn hinten und vorne nichts stimmte. Wir merkten es gar nicht.“

Stine fragt nach. Stück für Stück fügen sich die Puzzleteile zu einer verwirrenden Geschichte zusammen, in der Opa Paul eine zweifelhafte Rolle spielt, Kinder zu früh sterben oder mit ihren Fragen allein gelassen werden, während die Eltern die selbst erfahrene Lieblosigkeit weitergeben. In den Baseballschlägerjahren kurz nach der Wiedervereinigung tauchen die Jugendlichen von Stines Generation in ein Wechselbad aus Perspektivlosigkeit, Saufexzessen und roher Gewalt. Nichts davon wünscht sie sich für ihre eigenen Kinder, die sie vor ihren Großeltern beschützen zu müssen glaubt. Für sie sucht Stine nach der „Möglichkeit von Glück“. Doch das Glück der Zukunft ist nicht zu haben ohne eine Aufarbeitung des Vergangenen.

Auf gewisse Weise aber ist dieser Roman auch ein Dokument des Scheiterns. Viele Fragen bleiben offen, viele Geheimnisse werden nicht gelüftet. Die klare Antwort findet sich nicht, die Geschichte lässt sich nicht fertig schreiben. Es ist eine Menge an unglücklichem Leben, das Stine auf ihrer Recherche sammelt. Und es ist Rabes große Leistung, dass dieser Berg die Möglichkeit von Glück nicht unter sich begräbt.

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Nicht umsonst landete "Die Möglichkeit von Glück" auf der Longlist zum Deutschen Buchpreis. Auf der sprachlichen ebene ist es mit Sicherheit kein Einfaches Buch, aber wenn man sich der Herausforderung stellt hat man einen hohen "Lesegewinn". In ihrem Roman stellt Anne Rabe den Mikrokosmos Familie und den Makrokosmos DDR/Wende gegenüber. Die manchmal sprunghaften Wechsel verdeutlichen, dass es nicht einfach ist dies zu trennen und man manchmal einfach springen muss, um zu verstehen. Tolles Buch

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Vergangenheitsbewältigung

Anne Rabe hat einen Roman geschrieben, in dem sie der Vergangenheit ihrer Familie auf den Grund zu gehen versucht. Seit Stine, die Erzählerin, ebenso alt wie die Autorin, selbst Kinder hat, meidet sie den Kontakt zur eigenen Mutter immer mehr. Zu grausam waren deren Erziehungsmethoden. Sie selbst will es (wie die meisten Mütter) besser machen.
„Ich denke an das kleine Mädchen, das ich war und das sich immer falsch gefühlt hat, zu Hause, in der Schule und bei den Familien meiner Freunde. Ich wollte so gern dazugehören, aber ich hatte keine Chance. Ich ahnte nichts von dem, was die Leute in mir sahen.“
Geboren drei Jahre nach dem Mauerfall, war Stine schon alt genug, um die Veränderungen zu fühlen, die ihren Eltern und Großeltern zu schaffen machten und sie verunsicherten. Die Angst vor den staatlichen Organisationen war so tief in sie eingedrungen, dass sie ihr Leben auch in der Freiheit noch danach richteten. Um ihre Kinder bloß nicht zu verziehen, legte Stines Mutter eine Strenge an den Tag, die auch Grausamkeiten nicht ausschloss. Sie führte all das weiter, was ihr schon vorgelebt worden war.
Dieser teilweise verstörende Roman, der sehr authentisch wirkt, ist an vielen Stellen eher eine biografische Bestandsaufnahme. Die Autorin fragt, wo diese Art zu Leben herkommt und schaut genau auf die Prägungen der vorangegangenen Generationen. In inverser Schrift hält sie zusätzliche, erläuternde Gedanken fest. Sie greift das Schweigen auf, das alles Negative auszublenden versucht. Und fragt: „Wie soll eine Welt ohne Vergangenheit eine Zukunft haben?“
„Unser Geschichtsunterricht endete am 7. Oktober 1949 – Gründung der DDR, der Deutschen Demokratischen Republik. Als wäre da endlich alles vorbei gewesen.“
Opa Paul passte sich an, vergaß die Vergangenheit, die noch in ihm steckte – egal ob nach der Hitlerzeit oder nach der Wende. Wegen des absolvierten Studiums (als Dank für ein systemtreues Leben?) waren die Chancen wieder die Füße auf den Boden zu bekommen größer als bei anderen.
„Opa Paul hat viele Leben geführt. Das Leben im Lumpenproletariat der Weimarer Republik, das Leben als Kanonenfutter, das Leben al Propagandist der SED und zum Schluss das Betrogenen. Was waren diese Leben wert? Diese Leben, von denen er nicht sprechen konnte, weil er sie immer wieder verstecken und überschreiben musste.“

Mich hat das Buch über eine lange Strecke sehr angesprochen. Ich erfuhr einiges, was mir als im Osten lebender Wessi neu war. Die aus dem Dritten Reich übriggebliebenen Erziehungsmethoden gab es allerdings im Westen auch (noch). Die „Erbschuld“ lässt sich also nicht leugnen.
Gegen Ende hat mich Autorin verloren. Da wurden mir ihre Gedanken zu fremd.
Trotzdem ist das ein Buch, dessen Lektüre sich lohnt und zum Nachdenken anregt.

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Fesselnde Familiengeschichte. Kritische Auseinandersetzung mit Altlasten aus der Nazizeit und der DDR Zeit. Aufarbeitung der Kindheit der Autorin. Ich habe den Atem anhalten müssen, so klar war die Beschreibung der Kindheit der Autorin.

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Der Roman von Anne Rabe „die Möglichkeit von Glück“ erzählt die Geschichte von Stine, die 1986 noch in den letzten Jahren der DDR geboren wurde.
In diesem Buch macht sich die erwachsene Stine auf die Suche nach den Geschichten ihrer Familie. Im Fokus steht dafür ihr Großvater und seine Verwicklungen in der Nazizeit, aber umso mehr nach Kriegsende auf der Seite DDR.
Zusätzlich nimmt uns Stine mit in ihre Kindheit, die äußert gewaltvoll und kalt ablief.
Mir hat das Buch sehr gefallen und es meiner Meinung nach zurecht auf der Longlist des Deutschen Buchpreises.

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#longlistlesen

„Die Möglichkeit von Glück“ von Anne Rabe
@klettcottaverlag

📝 Als sie herauskam, die Longlist für den Deutschen Buchpreis 2023 - habe ich intuitiv zu diesem Buch gegriffen.

… Eins vielleicht noch vorweg: Dieses Mal kannte ich keins der nominierten Bücher. 😅

📝 Stine kommt Mitte der 80er Jahre in einer Kleinstadt an der ostdeutschen Ostsee zur Welt. Sie ist ein Kind der Wende. Um den Systemwechsel in der DDR zu begreifen, ist sie zu jung, doch die vielschichtigen ideologischen Prägungen ihrer Familie schreiben sich in die heranwachsende Generation fort. Während ihre Verwandten die untergegangene Welt hinter einem undurchdringlichen Schweigen verstecken, brechen bei Stine Fragen auf, die sich nicht länger verdrängen lassen. Sie beginnt zu recherchieren und beschäftigt sich nicht nur mit dem 2. Weltkrieg, sondern auch mit dem Regime der DDR.

Nach den ersten Seiten dachte ich: Wow, was für ein Buch! 🤩 Ich bin nur so durch die Seiten geflogen. Doch dann stellte sich bei mir etwas wie Ermüdung ein und ich grüble wirklich sehr, woran das lag. Dieser - sicher teils autobiographische - Roman geht unter die Haut, verbindet ein sehr persönliches Schicksal mit extrem gut recherchierten historischen Fakten - aber dennoch: Im letzten Drittel hatte mich die Autorin irgendwie verloren. Ja, natürlich wollte ich es zu Ende lesen und habe durchgehalten, aber irgendwie ist meine anfängliche Begeisterung im Sande verlaufen. Vielleicht waren es irgendwann zu viele historische Fakten?

📝 Dennoch drücke ich Anne Rabe fest die Daumen, dass ihr Buch es auf die Shortlist schafft. Es ist ein wichtiges Buch.

Wer von Euch hat das Buch schon gelesen ⁉️

#longlistlesen #longlist #deutscherbuchpreis #diemöglichkeitvonglück #annerabe #ddr

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Ich habe Anne Rabes intensiven Roman sehr gerne gelesen und bin vor allem von der anderen, neueren Perspektive auf die Geschichte begeistert. Viele Momente werden lange bleiben und mich begleiten. Ich hoffe deshalb, dass uns die Autorin neben tollen Drehbüchern weitere Romane dieser Qualität beschert! Die Buchpreis-Shortlist ist absolut verdient.

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Ich nutze Netgalley für einen ersten Lesedruck, um dann, im besten Fall, das Buch ganz zu lesen und anschließend zu besprechen!
Nicht immer beeindrucken mich die Bücher positiv.
Dann nehme ich von einer Beurteilung Abstand.
Mein Credo ist eben #liesdichglücklich.
Ein grundsätzliches Dankeschön an den Verlag und Netgalley!

Alle positiven Besprechungen finden sich als Buchempfehlung
bei Instagram #fraumitzopf

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Anne Rabe wäre, meines Erachtens, auch eine äußerst würdige Gewinnerin des Deutschen Buchpreises 2023 gewesen. Ein sehr lesenswertes Buch einer Autorin, die sich mit der Vergangenheit ihrer Familie auseinandersetzt und dabei automatisch auch in die Geschichte der ehemaligen DDR eintaucht. Warum zeigten manche Menschen nach der Wende der noch jungen Autorin ihre Abneigung und warum wurden bei Nennung ihres Nachnamens die Menschen hellhörig und konnten sie gleich zuordnen? Welche Posten bekleideten ihre Großeltern und Eltern? Was bewirkten die vorgegebenen Werte und Normen des Staates für die Erziehung der Kinder von SED-überzeugten Eltern.
Ein teilweise beklemmendes Buch, das aber so fesselnd und eindringlich geschrieben ist, dass es den Leser nur schwer los lässt.

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Anne Rabe hat einen großartigen Familienroman aus der Sicht von Stine geschrieben,die drei Jahre nach der Wende geboren wurde .Nicht nur das Geburtsdatum von Stine weist Parallelen zur Geschichte der Autorin auf.Es geht in dem Roman um eine Familie,die emotional kaputt ist.Es ist erschütternd,wie Mutter Monika die Kinder Stine und Tim misshandelt und mit Liebesentzug bestraft, um die Kinder klein zu halten.Monika war zu DDR Zeiten Erzieherin im Weisenheim.Ich möcht nicht wissen,was sie dort für Schäden angerichtet hat.Auch Grossvater Paul,das Familienoberhaupt, trägt seine gescheiterten Träume und Traumata in dieses ungesunde Familienklima hinein.Niemand ist hier glücklich.Würde Anne Rabe nicht so gnadenlos gut erzählen,wäre dies ein tief deprimierendes Buch für mich gewesen.
Die Einzelschicksale der Familie sollen stellvertretend, eine mögliche Erklärung sein,woher all der rechte Hass kommt,der seit einiger Zeit im Osten Deutschlands wütet und immer aggressiver wird.
Ich werde dieses Buch sehr gerne weiterempfehlen.

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Wenn Stine mit ihrem Bruder über die psychische und physische Gewalt durch ihre Eltern spricht, kann dieser sich meistens an nichts erinnern. Sie hat den Kontakt zu ihnen abgebrochen, er fährt sie immer noch besuchen und erzählt dann, dass die Mutter Stine gerne das Sorgerecht für die Enkelkinder entziehen würde. Während ihr Bruder in der Erinnerungslosigkeit das Glück gefunden hat, will Stine die Familiengeschichte erforschen und nacherzählen. Denn neben der Gewalt der Eltern steht auch die Gewalt durch ihre Umwelt. Als Kind der Wendezeit in einer Kleinstadt an der Ostsee ist ihre Kindheit auch von der DDR geprägt: Welche Rolle haben ihre Eltern und Großeltern in dem Staat gespielt und welche Auswirkungen hatte dies auf die wirtschaftliche und soziale Situation der Familie während der DDR und nach der Wiedervereinigung? Stine kramt in ihren Erinnerungen, die für sie als Kind rätselhaft und unverständlich waren. Erst mit zunehmendem gesellschaftlichem und historischem Verständnis werden die Ablehnungen durch die Lehrerin und die Nachbar:innen nachvollziehbar. Anne Rabe lässt ihre Hauptfigur recherchieren und verknüpft damit Lebenslinien vom Nationalsozialismus über die DDR bis ins wiedervereinigte Deutschland. Offengelegt werden Generationen einer Familie, die zerrissen wird von Ideologien, dem Willen sich wirtschaftlich gut zu positionieren und auch einer moralischen Hilflosigkeit beim wiederkehrenden Staatswechsel. Dabei changiert das Buch zwischen der persönlichen Lebensgeschichte von Stine und einer gesamtgesellschaftlichen Perspektive, verknüpft historische Fakten mit individuellen Schicksalen und zeigt Verbindungen und Einflussnahmen auf, die bis in das heutige Leben der Protagonistin reichen. Damit wird Anne Rabes „Die Möglichkeit von Glück“ zu einer Geheimnissuche, zu einer nicht immer leicht verdaulichen Schilderung von Gewalt und einer Erzählung von gerne kaschierten Wahrheiten.

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