Der ehemalige Sohn

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Erscheinungstermin 24.03.2021 | Archivierungsdatum 28.04.2021

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Zum Inhalt

Eigentlich sollte der junge Franzisk Cello üben fürs Konservatorium, doch lieber genießt er das Leben in Minsk. Auf dem Weg zu einem Rockkonzert verunfallt er schwer und fällt ins Koma. Alle, seine Eltern, seine Freundin, die Ärzte, geben ihn auf. Nur seine Großmutter ist überzeugt, dass er eines Tages wieder die Augen öffnen wird. Und nach einem Jahrzehnt geschieht das auch. Aber Zisk erwacht in einem Land, das in der Zeit eingefroren scheint.

Eigentlich sollte der junge Franzisk Cello üben fürs Konservatorium, doch lieber genießt er das Leben in Minsk. Auf dem Weg zu einem Rockkonzert verunfallt er schwer und fällt ins Koma. Alle, seine...


Eine Anmerkung des Verlags

Sasha Filipenkos prophetisches Debüt geht in Minsk von Hand zu Hand.

Der Roman über Stillstand und Aufbruch unter dem Lukaschenko-Regime.

Eine junge, literarische Stimme aus Belarus.

Sasha Filipenkos prophetisches Debüt geht in Minsk von Hand zu Hand.

Der Roman über Stillstand und Aufbruch unter dem Lukaschenko-Regime.

Eine junge, literarische Stimme aus Belarus.


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AUSGABE Hardcover
ISBN 9783257071566
PREIS 22,00 € (EUR)

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Rezensionen der NetGalley-Mitglieder

Sasha Filipenko ist eine großartige Entdeckung für den deutschsprachigen Raum, wir freuen uns sehr, wenn alle seine Bücher ins Deutsche übersetzt werden! Absolute Leseempfehlung!

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Der ehemalige Sohn – Sasha Filipenko

Franzisk verunglückt beim Besuch eines Rockkonzerts in Minsk schwer und fällt ins Koma. Die Aussichten, wieder aufzuwachen sind schlecht, beinahe alle in seinem Umfeld haben ihn längst aufgegeben. Doch schließlich geschieht das Wunder – Franzisk erwacht 2009, nach zehn Jahren im Koma. Er erholt sich schnell und vollständig, ein weiteres Wunder. Dennoch ist er fassungslos. Dieses Minsk, in dem er sich nun zurechtfinden soll, hat sich zur letzten Diktatur Europas entwickelt. Machthaber Lukaschenko regiert mit eiserner Hand, das Land liegt am Boden.

Sasha Filipenko wurde in Minsk geboren, lebt heute allerdings in St. Petersburg. Er prangert ganz offen die Missstände in Weißrussland an. Auch wenn er Lukaschenko nie beim Namen nennt, ist sofort klar, wen er meint. Etliche historische Begebenheiten hat er in diesem Roman verarbeitet. Damit hat er es geschafft, mich zur weiteren Recherche anzuregen. Es war mir nicht bewusst, wie lange Lukaschenko tatsächlich sein Volk bereits systematisch unterdrückt, wie aussichtslos sämtliche Versuche der Opposition ihn abzulösen, sind. Auch die Tatsache, dass es bereits 2010 Proteste und Demonstrationen gab, die brutal niedergeschlagen wurden, war mir nicht bekannt.

Franzisk wird schwer verletzt in ein weißrussisches Klinikum eingeliefert. Erst ist unklar, ob er überleben wird, schließlich liegt er im Koma. Sämtliche Ärzte geben ihm keinerlei Chance wieder aufzuwachen. Dass er dies nach langen zehn Jahren tut und dann noch ohne bleibende Schäden ist eigentlich unmöglich. Tatsächlich war das ein Punkt, den ich kritisch sehe und der dem Roman unter anderem einen Stern meiner Bewertung gekostet hat. Aber gut. Im Prinzip ist in all der langen Zeit nur eine Person ständig an Franzisks Seite. Und zwar seine Großmutter. Diese zieht ganz und gar zu ihm ins Krankenzimmer, kümmert sich um alles, ist die gute Seele. Eine sehr resolute Frau, die all die negativen Prognosen einfach nicht akzeptieren kann und will.

Sobald Franzisk ins Leben zurückgekehrt ist, erhält der Autor die einmalige Chance, die Missstände eines Regimes von Grund auf zu erklären. Franzisk ist schließlich weitgehend ahnungslos und muss sich in der neuen Wirklichkeit erst zurechtfinden. Er fühlt sich wie „eine Geisel in diesem Irrenhaus.“

Grundsätzlich mochte ich Filipenkos Schreibstil sehr gerne und ich bewundere seinen Mut, über all diese Dinge zu schreiben. Er hat eine sehr direkte, unverblümte Erzählstimme, die gut zum jugendlichen Protagonisten passt. Es gab viele Stellen, die mich sehr berühren konnten. Ab und an fand ich allerdings die Entwicklungen etwas unglaubwürdig. Das Problem hatte ich ganz ähnlich übrigens bereits bei „Rote Kreuze“. Hier kam ich etwas besser damit zurecht, ich fand hier auch die Handlung nicht ganz so hoffnungslos.

Auf jeden Fall ein sehr beeindruckendes Buch, das mich stellenweise sehr berührt hat und mich zur Recherche über die Geschichte Weißrusslands angeregt hat. Gerade dieser starke Bezug zu realen Ereignissen und die Tatsache, dass ebendieser autoritäre Machthaber nach wie vor Angst und Schrecken verbreitet, haben mich sehr erschreckt und fasziniert. Von daher, ein Roman, der dem Leser ein Stück Zeitgeschichte näherbringt.

4 Sterne

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Ein junger Erwachsener, der nach Jahren aus dem Koma erwacht, findet sich nicht mehr zurecht in seiner Welt, die gleich und doch anders geworden ist. Die Geschichte spielt in Belarus und erzählt nicht nur vom grauen Leben von Franzisk, sondern auch von der Entwicklung von Belarus unter dem autoritären Regime. Es war als würde er nach seinem körperlichen Koma nun nach dem Erwachen zu einem seelischen Koma gezwungen werden.

"Der olympische Grundgedanke betrifft doch generell das Leben, Franzisk: Es geht nicht um den Sieg, sondern ums Dabeisein, permanent..."

Die Erzählweise ist voller Temperament, Gleichgültigkeit und Biss. Unverhohlen macht sich die Jugend über die Autoritären lustig, sei es die Schule oder die Regierung, aber trotz aller Versuche gibt es keinen Ausweg aus dem Leben außer dem Auswandern oder dem Tod.
Die Dialoge haben mir besonders Spaß gemacht, weil diese voller Ausrufezeichen und Fragezeichen sind. Man wird zur Stille verdonnert und gleichzeitig mit Fragen bombardiert. Dabei kommen dann Szenen, wo man schmunzelt, weil die Situation so komisch ist, obwohl es eigentlich keine schöne Szene ist. Besonders hilfreich fand ich auch die Anmerkungen der Übersetzerin, die halfen um die Geschichte besser nachvollziehen zu können. Für meinen Geschmack war der Anfangsteil, wo Franzisk noch nicht im Koma war, etwas lang, aber im großen und ganzen war es ein unterhaltsames, nachdenkliches Leseerlebnis.

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Zum Inhalt:
Statt fleißig Cello zu üben, genießt Franzisk lieber das Leben. Auf dem Weg zu einem Konzert wird er bei einem Unfall schwer verletzt und fällt ins Koma. Keiner glaubt daran, dass er je wieder gesund werden wird. Weder Eltern, Freundin oder Ärzte, nur seine Oma ist sicher, dass er wieder aufwacht. Nach 10 Jahren und nur einen Tag nach dem Tod der Großmutter passiert es wirklich. Doch die Welt ist eine andere, wie wird er damit klar kommen?
Meine Meinung:
Was für ein unglaubliches Buch. Dieser Autor schafft es wieder einmal ein sehr besonderes Buch zu schreiben. Mir hat die Geschichte richtig gut gefallen. Die Großmutter, die hartnäckig daran fest hält, dass der Enkel wieder aufwacht. Der Enkel, der aufwacht und eine völlig veränderte Welt vorfindet und erst mal klar kommen muss. Fast nebenher legt der Autor den Finger in die ein oder andere Wunde und auch ohne konkrete Nennung, ahnt man worauf er abzielt. Der Schreibstil ist sehr gzt. Ganz klare Leseempfehlung.
Fazit:
Einfach toll

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Franzisk ist ein junger Mann in Minsk, er spielt Cello am Konservatorium steht jedoch kurz vor dem Rauswurf. Doch anstatt zu üben, will er lieber mit seinen Freunden auf ein Rockkonzert. Dort kommt er jedoch nie an, denn durch einen unerwarteteten Hagelschauer kommt es in einer U-Bahn-Unterführung zur Massenpanik, Franzisk ist ein Opfer der heranstürmenden Menschen, er wird fast zerdrückt und liegt seitdem im Koma. Die Zeit vergeht und die Ärzte sowie seine Mutter geben ihn auf, lediglich Großmutter Elvira glaubt an die Genesung ihres Enkels und sezt alles daran, dass er weiterhin im Krankenhaus bleiben darf. Und sie soll Recht behalten, denn nach 10 Jahren wacht er plötzlich auf und sieht sich mit einer Welt konforntiert, die er nicht mehr wieder erkennt und in der sich doch kaum etwas geändert hat.

Sasha Filipenko hat einen sehr einnehmenden Schreibstil. Seine Schilderung der Massenpanik ging mir durch Mark und Bein, ich hatte das Gefühl selbst dort zu sein und keine Luft mehr zu bekommen. Auch die Bemühungen der Großmutter und die ständige Angst davor, das falsche zu sagen kamen sehr gut rüber. Generell sind die ganzen Figuren wirklich gut dargestellt, man kann sich ein Bild von ihnen machen. Lediglich nach Franzisks Aufwachen hätte ich mir mehr Tiefe gewünscht, da zwar angedeutet wird, wie er sich hier fühlt, doch ich hätte mir etwas mehr erwartet. Das ist jedoch nur ein vergleichsweise kleiner Kritikpunkt. Seine sehr rasche und problem- und v.a. folgenlose Genesung ist vielleicht etwas unrealistisch, trägt jedoch zum Gelingen des Romans bei. Filipenkos Schreibstil ist voller Biss, lies mich aber auch so manches Mal schmunzeln und macht die ganze Geschichte sehr lebendig.

Filipenko prangert hier sehr deutlich die politischen Verhältnisse und ihre Folgen für die Menschen in Weißrussland an. Was Franzisk nach seinem Aufwachen erlebt ist schockierend und nach der Lektüre wurde mir bewusst, wie wenig ich doch über die Machtverhältnisse und Zustände in Weißrussland unter der Herrschaft von Lukaschenko weiß. Sehr hilfreich war hier auf jedenfall die Anmerkungen der Übersetzerin, die die geschilderten Ereignisse im Buch in den historischen Kontext setzt. Ohne diese zusätzlichen Erläuterungen war mir, als Deutsche, dies etwas zu wenig herausgearbeitet, doch natürlich für Weißrussen durchaus bekannt. Mit dem zusätzlichen Wissen habe ich die Stärken dieses Romans, denn Filipenko prangert an ohne jemals Namen etc. zu nennen, noch deutlicher wahrgenommen.

Ich bewundere Filipenko dafür, dass er die Zustände so unverschleiert schildert und mit Hilfe von Franzisk den Leser daran teilhaben lässt und die Missstände in Weißrussland in Erinnerung ruft. Er hat mich damit dazu angeregt, mich weiterzubilden und mehr darüber zu erfahren, meinen Horizont zu erweitern und das ist immer das größte Kompliment an ein Buch finde ich.

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Der Schweizer Diogenes Verlag präsentiert im Frühjahr 2021 nach "Die roten Kreuze" nun einen weiteren Roman Sasha Filipenkos, wieder in der bewährt-wunderbaren Übersetzung von Ruth Altenhofer.
Der weißrussische Autor beschreibt in "Der ehemalige Sohn", im Original bereits 2014 erschienen, mit beklemmender Genauigkeit politisch-soziale Zustände in Belarus, so als sei es ein tagesaktueller Bericht, so als habe das Land in den vergangenen 6 Jahren keinerlei Veränderung und Entwicklung erfahren. Und genau darum geht es.

Ein junger Mann, Franzisk, liegt 15 Jahre im Koma, seine Eltern haben ihn, den ehemaligen Sohn, abgeschrieben, aber seine Großmutter kümmert sich beständig um ihn. Sie glaubt fest an sein Aufwachen, an ein Leben nach dem Dunkel. Und so kommt es auch. Da sich in Weissrussland eigentlich nichts geändert hat, ist es für Franzisk, als hätte er nur ein bißchen länger geschlafen. Noch immer wird die Republik von Aljaksandr Lukaschenka autokratisch-repressiv regiert. "Wir leben im besten Land für erwachende Komapatienten. Hier ändert sich absolut nichts. Egal wie lange sie im Koma liegen. Monatelang, jahrelang, ewig …"

Sasha Filipenko beschreibt eindrücklich (s)ein Land, dass sich seit Jahrzehnten in Stillstand, im lämmergleichen Verharren befindet. Proteste werden im Keim unterdrückt, die gleichgeschaltete Presse berichtet von Wundertaten des großen, unantastbaren Präsidenten. Zufrieden ist damit niemand, doch man hat sich eingerichtet. Alternativen erscheinen fern und fremd und unvorstellbar und machen Angst vor Veränderung. "Franzisk ging hinunter in den Hof, in dem Kinder spielten. Er sah näher hin: Sie spielten 'Proteste zerschlagen'. Die Einen waren die Polizisten und droschen mit Stöcken auf jene ein, die das Los gezogen hatten, Oppositionelle zu sein."
Und das scheint nun wie aus aktuellen Nachrichtenbildern beschrieben: Der Unzufriedenheit mit der vermutlich gefälschten Präsidentschaftswahl im Sommer 2020 folgten monatelange Proteste und Streiks - bis der große Bruder zu Hilfe eilte.

Dieser perfekt konzipierte und sehr gut geschriebene Roman ist eine unbedingte Leseempfehlung und soll gleichzeitig Anregung sein, sich mit diesem osteuropäischen Land – so nah und doch so fern - näher zu befassen.

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Wichtiges Buch! Ich wollte es lesen, weil mich Belarus interessiert und ich sprachlich schon von Sasha Filipenko begeistert bin. Aber ich fühlte mich zunächst nicht ganz mitgenommen. Das änderte sich aber zügig, denn das Buch nimmt Fahrt auf. Das Alte muß sterben bis etwas Neues entstehen kann. Mein Fazit für dieses Buch.

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Filipenko hat seine Kritiik an den Zuständen in Weißrussland in unterhaltsame Worte gepackt. Am besten ist es, völlig unvoreingenommen an den Roman zu gehen, dann entfalten die Wendungen ihre volle Überraschungskraft.
Schon „Rote Kreuze“, der erste ins Deutsche übersetzte Roman des Autors, hat mich beeindruckt, doch dieser hat mich nach etwa einem Viertel nicht mehr losgelassen. Sicher auch ein Verdienst der Übersetzerin.

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Sasha Filipenko bringt mir in diesem Roman eine Welt näher, die gerade jetzt wieder unbedingt jede Aufmerksamkeit benötigt. Nicht nur werden mir politische Zusammenhänge klar und erweitern meinen Horizont, nein, Filipenko hat auch einen Erzählstil, der mir sehr gefällt. Mitunter auch komisch, vor allem haben es mir die Monologe und auch die Streitgespräche mit den Freunden aus der Schule angetan, total lebendig und echt. Daß bei aller Bedrängnis trotzdem noch eine Leichtigkeit im Ausdruck bleibt, und die wichtigen Ereignisse wie der Tod der Großmutter und der seines Freundes eher kurz berichtet werden und dabei dem Lauf der Geschichte Franzisks doch entscheidende Wendungen bringen, das finde ich ganz großartig. Diesem Buch wünsche ich viele, viele Leser.

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Die Unterdrückung des eigenen Volkes, die Aussichtslosigkeit und die Hoffnungslosigkeit sind sehr berührend beschrieben und machen betroffen. Das einzige Glück scheint für Franzisk die Musik zu sein. Ein Roman, der zum Nachdenken anregt.

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Bisher habe ich kaum etwas aus dem russischen Sprachraum gelesen.
Das Buch hier hat mich verblüfft und beeindruckt. Die Sprache ist anders, direkt und unverblümt. Das Thema ist mutig und lässt tief blicken in eine Gesellschaft und deren politische Schwierigkeiten mit denen wir uns hier meist nur für die kurze Zeit einer Schlagzeile beschäftigen.
Ich finde ein wichtiges Buch das unsere Aufmerksamkeit verdient und hoffentlich viel Beachtung erhält.

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Sasha Filipenko lässt in "Der ehemalige Sohn" ganz Belarus sprechen!
Franzisk ist ein junger aufstrebender Musiker, der bei einer Massenpanik fast ums Leben kommt und für 10 Jahre ins Koma fällt. In diesen 10 Jahren kümmert sich seine Großmutter rührend um sich und redet immer wieder mit ihm, obwohl die Ärzte dazu raten, die Maschinen abzudrehen. Als Zisk wieder erwacht, merkt er, nicht nur er lag im Koma, sondern das ganze Land. Nichts hat sich verändert, wenn sich auch in seinem Leben einiges geändert hat, das Land war noch immer das selbe, der Präsident übte seine Macht immer noch diktatorisch über die Bürger und Bürgerinnen aus.
Eindrucksvoll und sehr emotional schildert Filipenko die fiktive Lebensgeschichte von Franzisk und hangelt sich dabei an realen Ereignissen entlang, die den Leser*innen einen sehr guten Einblick in ein Land geben, von dem manche vermutlich nicht einmal wissen, wo es liegt. Filipenko erzählt von den Gefühlen und Gedanken einer ganzen Generation und lässt diese durch Zisk sprechen. Bedrückend schafft er eine Atmosphäre, der man nicht entfliehen kann, die einen in seinen Bann zieht und gleichzeitig ängstigt und schockiert. Die Ereignisse lesen sich, wie aus einer lange vergangenen Zeit, doch passierten sie erst vor wenigen Jahren und sie passieren immer noch. Wenn Zisk auf die Straße geht, möchte man am liebsten mitgehen, mitprotestieren, aufzeigen, was in diesem Land nicht stimmt. Das macht dieses Buch: es rüttelt einen wach, es zeigt was sich ändern muss, was direkt vor der Nase von den Leser*innen passiert, ohne, dass sie irgendwas davon erfahren.
Wenn man Filipenkos Roman liest, kann man nur bewundern, wie mutig dieser Roman ist, denn die aufmerksamen Leser*innen merken, dass es nicht so einfach ist in Belarus die Wahrheit zu sagen und genau deshalb sollte dieses Buch umso öfter gelesen werden!

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Dieses Buch verführt den Leser in den Alltag in Weißrussland (Belarus). Der Jugendliche Franzisk hat einen Unfall, woraufhin er ins Koma fällt. Während dieser Zeit besucht ihn hauptsächlich seine Großmutter, die als einzige an seine Genesung glaubt. Von ihr erfährt Franzisk (und auch der Leser) was in der Welt draußen passiert. Als Franzisk nach 10 Jahren aus dem Koma erwacht versucht er sich in seinem Alltag wieder zurecht zufinden. Hier hilft ihm sein alter Schulfreund.

Man bekommt sehr gut die Stimmung in diesem diktaturgeprängten Land mit. Die Mut- und Machtlosigkeit wird dem Leser deutlich vor augen geführt.
Auf den letzten Seiten erklärt der Übersetzer wichtige geschichtliche Ereignisse. Damit wird dem Leser die Realitätsnähe des Buches nochmals verdeutlicht.

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Nach einem Unfall fällt Franzisk ins Koma und erwacht erst 10 Jahre später im Jahre 2009.
Was ist in diesem Jahrzehnt passiert in Minsk? Eigentlich nichts!
Ein autoritärer Präsident, der damals schon an der Macht war, hat das Land eingefroren!
Er regiert mit einem zweifelhaften Geschichts- und Politikverständnis, lächerlicher Propaganda und einem opportunistischen Verhältnis zu Russland in die Familien hinein.
Die einen können sich damit gut arrangieren, andere nicht, Proteste werden brutal niedergeschlagen, die Bildung einer Opposition systematisch verhindert .

Mit einem unglaublichen Witz und Ironie führt uns Filipenko durch einen Lebenslauf im politischen Desaster. Immer entlang authentischer Ereignisse in der Geschichte Weißrusslands, die Dank der Anmerkungen der Übersetzerin am Textende auch gut einzuordnen sind.

Kurze, lakonische Sätze und viel Herzblut lassen die Figuren leibhaftig und glaubwürdig entstehen. Die resolute und pragmatische Großmutter, die wendehälsigen Eltern, die Freunde und das Pflegepersonal – ein Brennglas der Gesellschaft in der letzten Diktatur Europas.

Ein unglaubliches Buch, das uns die realen Verhältnisse in Belarus erklärt.
Klare Leseempfehlung!

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Da ich von den "Roten Kreuzen" sehr beeindruckt war, hat mich auch der zweite Roman von Sasha Filipenko interessiert. Leider bin ich diesmal eher enttäuscht.
Insgesamt war es mir einfach zu viel Politik und zu wenig Literatur. Dass die aktuelle Lage in Weißrussland und auch die Vergangenheit des Landes eine wichtige Rolle spielen, will ich ja gar nicht bestreiten, aber für mich persönlich überlagerte das einfach alles andere.
Zu dem bin ich mir nicht sicher, was die Übersetzung angeht. Die Dialoge fand ich extrem ermüdend, der ein oder andere Witz schien nach weiteren Erklärungen zu verlangen (was bei Witzen nie ein gutes Zeichen ist...), sprechen junge Menschen in Minsk wirklich so oder ist das Kunst?
Dass sich unsere Kunden für dieses Buch begeistern lassen, kann ich mir eher weniger vorstellen.

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Eines dieser Unglücke, von denen sich jeder später fragt, wie sie geschehen konnte. Wegen eines Unwetters strömen Menschenmassen in die U-Bahn, die dem Ansturm nicht gewachsen ist, Panik und Enge führen zu unzähligen Opfern. Unter ihnen auch der Schüler des Konservatoriums Franzisk, der zwar überlebt, aber in ein Koma fällt. Nach Wochen des Bangens verlieren nach und nach alle die Hoffnung, außer seiner Babuschka, die weiterhin täglich an seinem Bett sitzt und ihm davon erzählt, was sich außerhalb der Krankenhausmauern zuträgt. Das Wunder, an das keiner mehr glauben mag, ereignet sich nach zehn langen Jahren doch noch: Franzisk erwacht und sieht eine Welt, die einerseits genauso ist wie ein Jahrzehnt zuvor und doch ganz anders.

Sasha Filipenko ist eine der jungen Stimmen aus Belarus, die über die Landesgrenzen hinaus gehört werden und einen Blick hinter die Fassade des Regimes erlauben. „Der ehemalige Sohn“ ist sein erster Roman, der in seiner Heimat auch mit renommierten Preisen ausgezeichnet wurde, auf Deutsch ist im vergangenen Jahr bereits „Rote Kreuze“ erschienen. Als Journalist macht er Missstände öffentlich und engagiert sich für die Protestbewegung, dieses politische Engagement spielt auch in seinem Debütroman eine entscheidende Rolle.

Der erste Teil des Romans lässt den Leser in die gesellschaftlichen Strukturen des recht abgeschotteten Landes am östlichen Rand Europas blicken. Auf den Staat hofft niemand, die Familie und Beziehungen sind es, die darüber bestimmen, welche Chancen und Möglichkeiten man hat. Die öffentliche Hand ist von Korruption unterwandert und ein falsches Wort kann zu drakonischen Strafen führen, was im kollektiven Rückzug ins Private resultiert. Während Franzisk im Koma liegt, sorgt dich die Großmutter aufopfernd um ihn und lässt nichts unversucht, während seine Mutter mit dem Arzt anbändelt, um sich selbst ein besseres Leben zu ermöglichen.

„Ich will einfach sehen, dass außer mir auch andere Leute hinausgehen, die genauso nicht an diese Farce glauben, und spüren, dass ich nicht die einzige Geisel in diesem Narrenhaus bin.“

Franzisks Welt ist eingefroren im Jahr 1999, dies erlaubt ihm den Blick eines Fremden, als er seine Heimat 2009 neu kennenlernt. Trotz formeller Unabhängigkeit hängt das Land noch immer am Tropf des großen Bruders, der über ausreichend Druckmittel verfügt, Belarus gefügig zu machen. Der vorgeblich demokratisch gewählte Präsident ist ein Autokrat wie er im Buche steht und der keine Scheu zeigt, gegen sein Volk alle verfügbare Gewalt anzuwenden, um dieses in Schach zu halten. Die staatliche Propaganda glaubt schon lange niemand mehr und wer kann, der flieht ins Ausland. Der Protagonist muss sich schon fragen, weshalb er in dieses Leben zurückgekehrt ist.

Auch in diesem Roman gelingt Filipenko das Private mit dem Politischen zu verbinden und über die Erzählung hinaus nachzuwirken. Die Musik spielt ebenfalls wieder eine wichtige Rolle und dient letztlich als Flucht vor einer kaum ertragbaren Realität. Nicht ganz so ausdrucksstark wie sein späterer Roman „Rote Kreuze“ lässt aber auch dieser schon erkennen, dass man es mit einem beachtenswerten Autor zu tun hat, der unbedingt gehört werden sollte, da er Literatur nicht nur als Unterhaltungsmedium, sondern auch als Sprachrohr nutzt und damit auch an seine Leser eine Aufforderung über den Genuss der Geschichte hinaus sendet.

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1999 in Weißrussland. Der Teenager Franzisk ist, wie alle in diesem Alter, genervt von den Ansprüchen der Erwachsenen, liebend gern würde er ausbüchsen, aber die Oma hält ihn im Zaum.
Mitten hinein in sein Leben schlägt ein Unglück wie ein Meteorit ein - in einem Tunnel stauen sich Hunderte junger Menschen, viele kommen ums Leben, viele sind verletzt und für ihr Leben gezeichnet. Das Ereignis erinnert mich an das Unglück von Duisburg bei der Loveparade im Jahr 2010.
Franzisk wird ins Krankenhaus gebracht und liegt im Koma. Nichts kann ihn herausholen, aber seine ihn über alles liebende Großmutter besucht und bewacht ihn zehn Jahre lang. Als sie stirbt, erwacht Franzisk am nächsten Tag aus dem Koma. Das ist etwas, das es gibt, dass er sich so schnell erholt und in sein Leben zurückkommt, ist schon sehr überhöht dargestellt.
Sehr berührend ist der Augenblick, in dem er den wunderschönen Brief der toten Großmutter liest, der wie ein Testament an ihn appelliert, die Ziele und Wünsche, die er als Jugendlicher hatte, nicht aufzugeben. Ihre Ratschläge aber sind nicht das, was Franzisk vom Leben erwartet. Er wird ihnen nicht gerecht und verliert sich im Nirgendwo. Am Ende ist es sein Cellospiel, das wir verklingen hören. Weißrussland ist eine schwierige Heimat, Franzisk ist es kein Zuhause mehr, aber ob er in der Fremde eine bessere Heimat findet und zur Ruhe kommen wird, kann man als Leser bezweifeln.
Gut gefallen hat mir der Anhang, in dem der Autor in kurzen Sätzen die Ereignisse in Weißrussland schildert, die im Buch nicht genau verortet werden.
Der Schreibstil ist flott, er passt gut zu den Protagonisten. Die interessanten Wechsel vom Russischen ins Weißrussische und zurück kann man natürlich in der Übersetzung nicht so gut erkennen, aber durch die Hervorhebungen lassen sie sich nachvollziehen. Der Wechsel der beiden Sprachen zeigt ein wenig von der inneren Zerrissenheit dieses Landes. Das Buch hat einige Längen, die den Ablauf der Geschichte etwas stören.

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Minsk: Franzisk Lukitsch, der die meiste Zeit bei seiner Großmutter, Elvira Alexandrowna, lebt, ist ein typischer 16-Jähriger: ob im Lyzeum der Künste oder daheim – er macht keinen Handschlag zu viel!

Als er am Ausgang der U-Bahn-Station auf seine neue Liebe Nastja wartet, fängt es an zu regnen, sogar zu hageln: ‚Als hätte jemand den Himmel zerbrochen‘. Er flüchtet in die Unterführung, wie eine weitere aus allen Himmelrichtungen tausendköpfige Masse. Doch die Türen der U-Bahn-Station waren wegen der Großveranstaltung aus Sicherheitsgründen geschlossen worden! (Diese Beschreibung ist sehr drastisch und geht gewaltig unter die Haut!)

‚Zisk‘ ist nicht einer der 54 Toten, sondern fällt ins Koma! Man schreibt das Jahr 1999! Außer ‚Babuschka‘, ‚Ba‘, die der felsenfesten Überzeugung ist, dass ihr geliebter Enkel wieder aufwacht, glaubt niemand mehr daran. Sie alle – ob Freundin, Mutter, Chefarzt – vergessen ihn mehr oder weniger!

Und ich fand es faszinierend, wie sie jeden Tag bei ihm ist, sich sogar bei ihm einrichtet, mit ihm spricht: ihm nicht nur Geschichten aus ihrer eigenen und ihrer gemeinsamen Vergangenheit, sondern auch die laufenden Ereignisse (und Missstände) in Belarus erzählt. Und Franzisk erwacht und muss sich nach 10 Jahren wieder im Leben zurechtfinden!

Sehr hilfreich waren am Ende die Anmerkungen der Übersetzerin: ob es die Geschichte Belarus im Zweiten Weltkrieg und in der Sowjetzeit, die Flaggen, die Sprachen betraf, oder die Ereignisse, auf die im Buch Bezug genommen wird.

Mir hatte schon das 1. Buch des Autors (‚Rote Kreuze‘) gefallen, von diesem war ich restlos begeistert! Diese Sprachgewalt, diese eindringlichen Schilderungen, diese Eleganz, die Missstände in Belarus aufzuzeigen! Leider kann ich nur fünf Sterne von fünf vergeben. Ich wünschte, es gäbe mehr! Ich freue mich auf weitere Bücher dieses äußerst begabten Autors!

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Sasha Filipenko: Der ehemalige Sohn

Als „eine junge literarische Stimme aus Belarus“ bewirbt der Verlag diesen Autor, der sich im vorliegenden Roman mit der Situation in seiner weißrussischen Heimat befasst. Das Land wird oft als „die letzte Diktatur in Europa“ bezeichnet, regiert in Minsk doch seit 1994 Alexander Lukaschenko, ein postkommunistischer Alleinherrscher, mit harter Hand. Von Freiheit, Demokratie, Gewaltenteilung und funktionierendem politischem Pluralismus können die Menschen dort nur träumen: Belarus ist bis heute ein autoritärer Polizeistaat.

Wir lesen die Geschichte des jungen Franzisk Lukitsch. Er lebt bei seiner Großmutter Elvira, der Babuschka, und kennt vor allem einen Lebensinhalt: die Musik, sein Cello. Er ist ein guter Schüler, beliebt bei den Lehrern, und wenn es Ärger gibt – Franzisk ist, wie viele Sechzehnjährige, ein wenig chaotisch und ein wenig faul – löst die Babuschka das Problem schon mal mit Bargeld und Parfüm.

Das Lehrerkollegium ist sich indes uneins über Franzisks Chancen nach dem Lyzeum; für einen erfolgreichen Berufsmusiker reiche es bei ihm nicht. Und überhaupt, so einer der Pädagogen: „Geben Sie doch zu, dass Sie keine Musiker ausbilden, sondern Türsteher und Hausmeister der Kunst. In dreißig Jahren haben wir keinen einzigen Musiker auf Weltniveau hervorgebracht! Keinen einzigen! Lauter Kader für das Präsidentenorchester, das zum Empfang von Botschaftern aus Dritte-Welt-Ländern aufspielt.“

Dann ereignet sich im Stadtzentrum eine tragische Massenpanik; Dutzende von Teenagern sterben, Hunderte werden verletzt. Franzisk ist unter ihnen, er fällt ins Koma, denn die Sauerstoffversorgung des Gehirns war zeitweise unterbrochen. Die Ärzte machen der Familie keine Hoffnung, sprechen von Hirntod und schlagen schon kurz nach dem Unglück eine Organspende vor.

Doch die Großmutter kommt oft ans Krankenbett und spricht mit dem Jungen. Sie putzt das Zimmer, zieht praktisch dort ein. Jahrelang liest sie ihm vor, sie nimmt ihn mit auf imaginäre Spaziergänge, man hört gemeinsam Radio, und sie hat keinen Zweifel, dass ihr Enkel wieder aufwachen wird. Auch Nastja kommt, ein befangenes Mädchen, mit dem Franzisk zum Zeitpunkt des Unglücks gerade achtzehn Tage zusammen war – und das sich nun von ihm trennt. Man könne ja nicht mehr gemeinsam ins Kino und in die Disko gehen, er möge das verstehen.

„Das beste Land für erwachende Komapatienten…“

Dann geschieht, was keiner mehr erwartete: Franzisk erwacht aus dem Koma. Der junge Mann erholt sich rasch, fühlt sich nach wie vor als Teenager und nimmt wahr, was sich in Belarus verändert hat – nichts. Nach über zehn Jahren ist das Präsidentenporträt an der Wand unverändert. Das Land leidet unter einer bleiernen Schwere, welche die Hoffnungen auf Reformen nimmt, und unter der alltäglichen Repression.

„Ich hab gestern darüber nachgedacht, warum Lukitsch so schnell seine Erinnerung wiedergefunden hat“, sagt ein Arzt voller Bitterkeit, „und bin zu dem Schluss gekommen: Wir leben im besten Land für erwachende Komapatienten. Hier ändert sich absolut nichts. Egal, wie lang sie im Koma liegen. Monatelang, jahrelang, ewig.“

Enttäuschte Hoffnungen auf Reformen und spürbarer Sarkasmus durchziehen den zweiten Teil des Romans, dessen Handlung an wahren Ereignissen entlanggeht. Franzisk lebt sich ein und wird Fachverkäufer für Sanitärkeramik. Doch seine Unzufriedenheit wächst. Am Abend der Präsidentschaftswahl 2010 erlebt er die Staatsmacht, wie sie brutal gegen die Anhänger der Opposition vorgeht. Der junge Mann muss eine Entscheidung treffen...

In Sankt Petersburg lebt der 1984 in Minsk geborene Sasha Filipenko heute; seine Ausbildung zum klassischen Musiker brach er ab, um Journalist und Schriftsteller zu werden. Einfühlsam, auch mit etwas Humor und oftmals beißender Kritik verfasste er bereits 2014 diese Geschichte um menschliches Leid, Mitmenschlichkeit und das Leben in einer Diktatur. Damals wie heute beschreibt sie die düstere Gegenwart in Weißrussland, es hat sich nichts verändert.

Seit 2020 lehnen sich die Menschen gegen Lukaschenkos Regime auf; es kam und kommt zu Demonstrationen, Verhaftungen und Gerichtsverfahren gegen Dissidenten. „Mein ganzes Umfeld in Belarus ist von der Repression betroffen. Die einen sitzen im Gefängnis, die anderen wurden verprügelt – ganz egal, ob Schriftsteller oder Journalisten, mein Freund, der Architekt ist, oder jener, der Blumen verkauft. Es kann jeden treffen“, so Filipenko in einem Interview. Als es für ihn zu gefährlich wurde und man Freunde inhaftierte, verließ er Minsk. „Das Buch ist immer noch aktuell. Als Autor macht mich das glücklich, aber für mich als belarussischen Bürger ist es eine große Tragödie.“

Sasha Filipenko: Der ehemalige Sohn [OT: Biwschij Sin]. Roman. Aus dem Russischen von Ruth Altenhofer. 288 Seiten. Diogenes Verlag 2021.

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!ein Lesehighlight 2021!

Klappentext:
„Eigentlich sollte der junge Franzisk Cello üben fürs Konservatorium, doch lieber genießt er das Leben in Minsk. Auf dem Weg zu einem Rockkonzert verunfallt er schwer und fällt ins Koma. Alle, seine Eltern, seine Freundin, die Ärzte, geben ihn auf. Nur seine Großmutter ist überzeugt, dass er eines Tages wieder die Augen öffnen wird. Und nach einem Jahrzehnt geschieht das auch. Aber Zisk erwacht in einem Land, das in der Zeit eingefroren scheint.“

Autor Sasha Filipenko hat mich bereits mit „Rote Kreuze“ komplett verzaubert, aber dieser Roman hier übertrifft nochmal alles. Die Geschichte um seinen Protagonisten Franzsik, genannt Zisk, lässt einen völlig fallen und abtauchen, was aber eben nur durch den extrem ausdrucksstarken und wortgewaltigen Schreib- und Sprachstil Filipenkos geschuldet bzw. möglich ist. Zisk‘ Unfall war nicht nur tragisch, es war einfach heftig und sinnlos, wie das umknicken bei Laufen oder dem Regenschirm der bei Regen kaputt geht...und dann das Koma. Man leidet mit als Leser, aber eben nicht wie man es bei einem normalen Belletristik-Roman macht, sondern eben auf einem höheren Level. Allein die Melodie der Wörter die Filipenko verwendet, machen da so viel aus. Und dann endlich der Punkt des Aufwachens, des Lebens....und doch steht die Zeit still....Filipenko gibt hier so viele Assoziationen vor, die nach dem beenden des Buches ganz stark nachhallen. Die aktuelle politische Lage, die Lage der Menschen in Minsk...alles scheint ein politischer Spiegel zu sein, der aber eben beschlagen ist, droht blind zu werden, aber man erkennt noch genau was Filipenko uns sagen will und eines ist dabei ganz klar: er nimmt kein Blatt vor den Mund was seine politische Einstellung betrifft. Wollen wir hoffen, dass das Recht auf Meinungsfreiheit diesen wunderbaren Autor niemals Mundtot macht, denn der Literaturwelt würde etwas ganz großes dadurch fehlen!
Dieses Buch ist, mal wieder, ein Meisterwerk aus Filipenkos Feder - 5 von 5 Sterne!

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10 Jahre im Koma

Der belarussische Schriftsteller Sasha Filipenko konnte mich schon mit dem Roman Rote Kreuze begeistern.
Der neue Roman „Der ehemalige Sohn“ ist auch ein gelungenes Werk.

Der Autor zeigt uns in der Geschichte viel von der politischen Lage seiner Heimat und wie wenig sich verändert.

Franzisk lebt in Minsk und fällt 1999 ins Koma. Seine Großmutter kämt um sein Leben, damit die Ärzte ihn nicht sterben lassen. Sie ist überzeugt, das er wieder aufwacht. Nach über 10 Jahren geschieht das Wunder. Nach seiner Genesung wühlt ihn die Lage auf.

Es ist erstaunlich wie wenig sich in den Jahren verändert hat. Und dann denkt man an die heutige Zeit, da hat sich immer noch nichts geändert. Das Land lieft auch im Koma.

Der Roman konnte mich fesseln. Er ist es wert, von vielen gelesen zu werden.

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4,5*

#DerehemaligeSohn #NetGalleyDE

Minsk 1999: Franzisk Lukitsch (Spitzname Zisk), der die meiste Zeit bei seiner Großmutter lebt, ist ein typischer 16-Jähriger: Er macht keinen Handschlag zu viel.
Als er am Ausgang der U-Bahn-Station auf seine neue Liebe Nastja wartet, fängt es an zu regnen, sogar zu hageln: "Als hätte jemand den Himmel zerbrochen" (Zitat: Sasha Filipenko). Er flüchtet, sowie tausende andere auch, in die Unterführung, doch die Türen der U-Bahn-Station waren wegen der Großveranstaltung aus Sicherheitsgründen geschlossen worden.
Von den tausenden Mitleidenden kommen 54 um ihr Leben. Zisk überlebt und fällt in's Koma.

Filipenko's Schreibstil ist gleichzeitig simpel und bewegend. Er hält sich nicht lange mit verschnörkelten, verschachtelten Sätzen auf, sondern kann mit kurzen, prägnanten Sätzen sehr viel mehr aussagen als so manch anderer Autor. Der Autor schafft, trotz vergleichsweise wenig Beschreibungen, gewaltige und berührende Bilder.
Damit kommen wir auch schon zu meinem einzigen Kritikpunkt: Filipenko kann mit Wörtern und Sprache umgehen, sodass ich mir teilweise mehr Be- und Umschreibungen gewünscht hätte. Durch die langen und ausführlichen Dialoge, kam dies meiner Meinung nach an manchen Stellen zu kurz. Dies ist natürlich Geschmackssache. Die Dialoge fühlen sich allerdings sehr natürlich und aus dem Leben gegriffen an. Dies gilt ebenfalls für die von Filipenko erschaffenen Charaktere.
So eine Geschichte habe ich in der Form noch nie gelesen und halte sie daher für originell, aber dennoch realistisch.
Ich freue mich schon darauf sein Werk "Rote Kreuze" für mich zu entdecken und werde den Autor definitiv weiterhin im Auge behalten.

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Nach „Rote Kreuze“ ist „Der ehemalige Sohn“ das zweite Buch vom Autor Sasha Filipenko das auf Deutsch erscheint. Beide Bücher wurde im Diogenesverlag veröffentlicht. Dementsprechend ist auch das Cover bzw. die ganze Erscheinung passend zum Verlagserscheinen im weiß mit einem Bild gehalten. Wir sehen eine Zeichnung/Gemälde eines vermeintlichen Mannes/Teenagers. Auch wenn das Porträt recht allgemein gehalten ist, passt es für mich sehr gut zum Titel.

Sasha Filipenko, geboren 1984 in Minsk, ist ein weißrussischer Schriftsteller, der auf Russisch schreibt. Nach einer abgebrochenen klassischen Musikausbildung studierte er Literatur in St. Petersburg und arbeitete als Journalist, Drehbuchautor, Gag-Schreiber für eine Satire-Show.

Was wäre, wenn du in ein Koma fällst und erst 10 Jahre später wieder erwachst? Wird sich deine Welt und das Leben verändert haben und wenn ja, wie? So ähnlich ergeht es dem jungen Franzisk. Er hat einen Unfall, fällt ins Koma und erwacht erst nach 10 Jahren wieder. Und deine Umgebung? Hat sich kein Stück verändert.

Das ist eine recht gute Metapher für unsere heutige Zeit bzw. der in Weißrussland. Doch nicht nur dort hat man das Gefühl die Zeit ist stehen geblieben. Teilweise trifft es sicher auch auf unsere Umgebung zu.

Für mich war es jedenfalls ein großes Lesevergnügen und ich konnte mich gut in die Geschichte einfühlen.

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Ein berührender Roman, der in Minsk in Belarus spielt. Franzisk verunglückt und fällt ins Koma. Keiner glaubt daran, dass er je wieder wach wird, außer seiner Oma, die ihn täglich besucht, und fest an ihn glaubt. Dann geschieht tatsächlich das Unerwartete: Franzisk wacht auf. Dafür scheint das Land eingeschlafen und gelähmt zu sein. Ein sehr politischer Roman, der uns viel aus Belarus berichtet, einem Land, das wir nur aus kurzen Erwähnungen in den Nachrichten kennen. Die Sprache Filipenkos schafft eine beklemmende Eindringlichkeit und Dramatik. Ein Buch, dass eine Brücke schlägt, und den Horizont erweitert!

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Franzisk Cello fällt durch einen Unfall ins Koma. Alle geben ihn auf außer seiner Großmutter, die fest daran glaubt, dass er eines Tages wieder erwachen wird. So geschieht es auch, aber dann ist alles ganz anders. Mir hat das Buch sehr gut gefallen. Es ist tiefgründig und macht nachdenklich. Die Figuren sind authentisch und stark. Das Buch ist dennoch auch spannend und versteht es, an den richtigen Stellen zu überraschen. Sehr empfehlenswert!

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Geschickt nutzt der Autor die ergreifende Handlung als politisches Sprachrohr, jedoch konnte es mich rein sprachlich nicht ganz überzeugen!

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Gleich vorneweg: „Der ehemalige Sohn“ ist ein Meisterwerk aus der Feder des 1984 in Minsk geborenen Autors Sasha Filipenko, dessen ausdrucksstarker und wortgewaltiger Schreib- und Sprachstil mich überzeugt hat.

Wir schreiben das Jahr 1999, reisen nach Minsk und lernen den 16-jährigen Franzisk Lukitsch kennen, der überwiegend bei seiner Großmutter, Elvira Alexandrowna lebt.
Als er sich auf dem Weg zu einem Rockkonzert befindet, passiert ein erschütterndes Unglück:
Zisk wird von einer Menschenmasse niedergetrampelt, als er, wie unzählige Andere wegen eines Unwetters Schutz in einer U-Bahn-Station sucht.
Sie ist dem Ansturm an Menschen nicht gewachsen, es wird viel zu eng, Panik bricht aus.
Es gibt Tote und Verletzte.
Zisk muss ins Krankenhaus.
Zisk liegt im Koma.
Jahrelang.

Aber Babuschka, seine Großmutter, gibt ihn nicht auf. Sie hält hartnäckig und beharrlich daran fest, dass Zisk wieder ins Leben findet. Sie ist überzeugt: das Wunder wird geschehen!

Sie besucht ihren Enkel täglich, erzählt ihm Anekdoten aus der eigenen oder gemeinsamen Vergangenheit, sie berichtet ihm von Ereignissen und von den Übeln im gegenwärtigen Belarus.
Und nach 10 langen Jahren passiert das Unfassbare: Zisk erwacht aus dem Koma, obwohl niemand außer der Großmutter, weder Eltern, Freundin, Freunde noch Ärzte daran geglaubt oder damit gerechnet haben.
Die Welt um ihn herum stellt sich dar, als wäre sie stehen geblieben und gleichzeitig ist es eine völlig veränderte Welt, in der Zisk sich erst einmal zurechtfinden muss.

Sasha Filipenko verbindet das Kleine mit dem Großen, das Private mit dem Politischen.
Er schreibt dermaßen feinfühlig, anschaulich und eindringlich, dass man meint, vor Ort zu sein.
Man wird emotional mitgerissen, aber die Geschichte ist zu keinem Zeitpunkt kitschig oder schwülstig.

Zisk zu begleiten und in seine Geschichte einzutauchen, war berührend und der politischen Hintergrundmusik, die von den Missständen in Belarus erzählt, zu lauschen, war interessant.
Ich fand es extrem bereichernd, über die Geschichte von Zisk einen Einblick in ein mir bis dahin fremdes Land zu bekommen und etwas über die politischen und sozialen Verhältnisse in Belarus zu erfahren.

Ich empfehle diesen gesellschaftskritischen, unterhaltsamen und interessanten Roman unbedingt. Ein Highlight!

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Franzisk lebt mit seiner Großmutter in Minsk. Die ist streng und möchte, dass ihr Enkel täglich sein Cello zur Hand nimmt und übt. Dem gefällt das nicht. Er ist lieber mit seinen Freunden zusammen. Bis er eines Tages zur falschen Zeit am falschen Ort ist. Er gerät in eine Massenpanik und wird so schwer verletzt, dass er ins Koma fällt. Sämtliche Ärzte sehen ihn tot und auch die Mutter gibt ihm keine Chance mehr. Nur die Großmutter glaubt an ein Wunder und tut alles, um ihren Enkel ins Leben zurückzuholen. Und das über 10 Jahre lang. Dank ihrer Geduld wacht Franzisk auf und staunt nicht schlecht….

#DerehemaligeSohn ist kein Buch, dass ich „mal eben so“ lesen konnte. Es wühlt auf und zeigt, wie arrogant doch Ärzte sein können. Und das keineswegs nur im Roman. Den Spruch : „Was redest du denn mit ihr/ihm? Die merken doch eh nichts“, hörte ich selbst sehr oft. Dass es doch immer mal wieder diese Wunder gibt, ist Fakt und der Mensch kommt an die Grenze des Verstehens. Wie gut, dass es immer wieder Menschen wie hier die Großmutter gibt, deren Geduld keine Grenzen kennt.

Die Situation in Belarus spielt in dem Roman ebenfalls eine Rolle. Die Furcht der Menschen und das harte Durchgreifen der Handlanger des Staatsoberhauptes zeugen davon. Es ist nur logisch, dass dieses Buch in Belarus viele begeisterte Leser fand. Die Übersetzerin Ruth Altenhofer klärt im Anhang darüber auf, welche tatsächlichen Ereignisse im Buch vorkommen. Sie erläutert auch, wie die Flaggen des Landes anzusehen sind welche Sprachen hier eine wichtige Rolle spielen. Auch gibt es einen Nachweis über die hier geschriebenen Zitate. Sie zu erwähnen ist mir ein Bedürfnis, da sie sehr gute Arbeit leistete und sich mit dem Übersetzen mehr Mühe gab als einige ihrer Kollegen.

Das tolle Cover ist ein Gemälde von Anne-Sophie Tschiegg und passt nicht nur perfekt zum Buch. Es ist ein typisches Zeichen für Bücher aus dem Hause Diogenes. Nämlich einzigartig und ausdrucksstark. Wer also ein wenig mehr Alltägliches über das Leben in Minsk und Umgebung lesen möchte, dem lege ich dieses Werk ans Herz. #NetGalleyDE

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Menschen, die jahrelang im Koma lagen, müssen sich, sollten sie aufwachen, an vieles Neue gewöhnen - Technologien haben sich weiterentwickelt, die Gesellschaft hat sich verändert. Nicht so im Fall von Franzisk, dem Protagonisten von Sasha Filipenkos Roman "Der ehemalige Sohn". Das Belarus, in dem Franzisk nach zehn Jahren im Koma als 26-jähriger aufwacht, erinnert eher an die Sowjetrepublik seiner Kindheit. Eine eingefrorene, erstarrte Gesellschaft, ein Land, das selbst komatös erscheint. Die Zeit scheint stehengeblieben.

Filipenko hat mich als Autor bereits mit seinem Roman "Rote Kreuze" beeindruckt über die Freundschaft zwischen einem jungen alleinerziehenden Vater und einer unter Demenz leidenden alten Frau, die ihre Erinnerungen an die Schrecken des Stalinismus weitergeben will. "Der ehemalige Sohn" stammt zwar aus dem Jahr 2014, ist aber angesichts der Ereignisse in Belarus und der Betrachtungen über das Regime des Langzeitpräsidenten Lukaschenko - der im Buch nicht namentlich genannt wird - hochaktuell.

"Der ehemalige Sohn" erzählt die Geschichte von Franzisk, der von seiner resoluten Großmutter aufgezogen wird und in einer Unterführung in eine Massenpanik gerät. Zehn Jahre liegt er im Koma, die Ärzte haben ihn schon längst aufgegeben, selbst die eigene Mutter ist weitergezogen, hat ausgerechnet den Chefarzt der Klinik geheiratet und eine neue Familie gegründet. Nur die Großmutter kämpft unermüdlich um die lebenserhaltenden Maßnahmen für Franzisk, besucht ihn ständig, spricht zu ihm. Das Wunder erlebt sie nicht mehr: Franzisk erwacht einen Tag nach ihrem Tod aus dem Koma, erholt sich überraschend schnell, auch wenn er anfangs wie als Symbol der Desorientierung ein Gemisch aus Russisch und Weißrussisch spricht.

Ein Schulfreund versucht, ihn up to date zu bringen - doch je mehr er erzählt, desto weniger versteht Franzisk: "Wahrscheinlich war es besser, im Westen aus dem Koma zu erwachen. In einem kleinen Land, wo alles klar und vernünftig war. Wo die Ereignisse der Logik entsprachen und dem jahrhundertelangen Lauf der Dinge. Was Stass erzählte, war nicht annehmbar, nicht begreifbar. Das wollte alles nicht in seinen Kopf hinein."

Im Hof von Franzisks Wohnhaus spielen die Kinder "Proteste zerschlagen". Die Polizei hat selbst dem im Koma liegenden Fingerabdrücke genommen für den Fall, dass er sich an einer Oppostionskundgebung teilgenommen hat.

Eine der eindrücklichsten und so sehr an das aktuelle Belarus erinnernden Szenen schildert die Teilnahme der Freunde an einer Oppositionskundgebung, an den Moment der Hoffnung, dass das Land erwacht ist, dass sich doch etwas geändert hat: "Es würde schrecklich werden, aber nicht hinzugehen war keine Option, es war zu spät für einen Rückzug. Das Volk musste der Staatsmacht um jeden Preis zeigen, dass es unzufrieden war, dass sie nichts mehr gemeinsam hatten und es Zeit für eine Trennung war." Es ist ein Demonstrationszug, der selbst die Führer der Opposition überrascht "in diesen verängstigten, an die Wand gefahrenen, in die Ecke gedrängten Land". Und gewiss - der Traum vom Wandel wird brutal zerschlagen.

Mit viel bitterem Humor hat Filipenko sein Buch geschrieben. Belarus ist ein Opfer seiner Geschichte und seiner geografischen Lage, die Geschichte scheint im Kreis zu verlaufen und von der Geopolitik dominiert zu werden. Die postsowjetische Gesellschaft erinnert noch stark an die Zeiten des Imperiums und jeder, der die Welt der östlichen Seite des "Eisernen Vorhangs" erlebt hatte, erkennt vieles wieder. Statt dessen sind neue Formen von Korruption und Ausnutzung hinzugekommen, wie die Beispiele der blutjungen Frauen mit westlichen "Verehrern" zeigen, ob es sich nun um westliche Sextouristen oder Mitarbeiter westlicher Botschaften handelt.

Für Franzisk, der erleben muss, dass selbst in der eigenen Familie sein Platz weitervergeben wurde und er angesichts der Prinzenrolle des kleinen Halbbruders nur noch der ehemalige Sohn ist, bleibt als einziges Ziel die Auswanderung, zu den deutschen Eltern, die seinerzeit angeblich verstrahlten Kindern aus Tschernobyl in den Sommerferien Erholung boten. Seine Erkenntnis: Ein Koma reicht.

Mit "der ehemalige Sohn" hat Filipenko ein Buch geschrieben, das zwar wenig der historischen Hintergründe von Belarus (die in einem Nachwort der Übersetzerin erläutert werden) schildert, aber gewissermaßen Alltag und Seele der Gesellschaft beschreibt. Für Leser, die sich auch für die aktuelle Situation in dem Land interessieren, eine ebenso spannende wie wichtige Lektüre.

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Der junge Franzisk Cello (Zisk) wird mitten in seiner Jugend durch einen tragischen Unfall, verursacht durch eine Massenpanik nach einem Konzert, aus dem aktiven Leben gerissen und liegt über ein Jahrzehnt im Koma. Zu diesem Zeitpunkt hat er das Leben in allen Höhen und Tiefen, die ein junger Mensch erlebt, durchgemacht  und sich auf sein zukünftiges Leben gefreut, das er in Freiheit führen wollte. Seine Großmutter ist sein Anker im Leben, die ihn anhält, einen guten Schulabschluss zu erhalten und seine musischen Fähigkeiten zu festigen. Das führt natürlich zu Konflikten, die typisch sind für Jugendliche in diesem Lebensabschnitt. Zisk ist da nicht anders.


Nachdem er verunfallt und klar ist, dass er wohl nicht mehr aus dem Koma erwachen wird, hält nur noch seine Großmutter und sein bester Freund zu ihm. Über Jahre reden beide mit ihm und bemühen sich, ihn wieder ins Leben zurückzuholen, lesen ihm vor, spielen Musik. Seine Mutter glaubt nicht daran und erfährt im behandelnden Chefarzt, der ihn ebenfalls aufgegeben hat,  nochmals die Chance ein Leben als wohlhabende Ehefrau zu führen und bekommt auch noch einmal ein Kind.


Der Chefarzt und nun auch Stiefvater sieht keine Zukunft für Zisk. Nachdem das Wunder geschieht und er nach jahrelangem Koma endlich wieder aufwacht und die Schäden durch das Koma sich in Grenzen halten, wird das Verhältnis zwischen Stiefvater, seiner Mutter und ihm nur noch komplizierter. Seine Großmutter hat nicht mehr miterleben können, dass er aufgewacht ist, sie stirbt vorher. Aber sein bester Freund war an seiner Seite.


Die größte Tragödie aber ist, dass Zisk in einem ganz anderen Staat aufwacht als den, den er davor gekannt hat. Vorbei ist es mit Freiheit und freier Meinungsäußerung. Die Menschen sind bedrückt, alles dreht sich nur noch um den Diktator und sein System einschließlich seiner Schergen, die alles niedermachen, was anderer Meinung als der Diktator ist.


In dieser Zeit gibt die Zwiesprache mit seiner Großmutter am Grab als auch sein Freund ihm Halt. Franzisk erkennt, dass er nicht geschaffen ist, Widerstand zu leisten, sondern dass er nur noch leben will. Er erkennt, dass ihm viel Zeit zum Leben verloren gegangen ist. Das Land, in dem er lebt, ist nicht mehr seines. Selbst sein bester Freund verlässt ihn auf tragische Art und Weise, er begeht Selbstmord. Zisk hat Probleme sich ein Visum zur Ausreise zu besorgen, weil der Ruf seines Stiefvaters, der ihn die ganze Zeit materiell betrogen hat,  ihm vorauseilt. Aber er schafft es, sich aus dem Korsett dieses Staates zu befreien und in Deutschland ein neues Leben zu beginnen. 


Der Autor benennt den Staat nicht ausdrücklich, nur hin und wieder fallen Hinweise darauf und er benennt die Stadt Belarusch, die es aber eindeutig zulässt, den Ort des Geschehens genau einzuordnen.


Das Buch ist sehr wortgewaltig geschrieben, eindrucksvoll, ergreifend. Man kann das Eingesperrtsein und die Unfreiheit in diesem Land als Leser mitfühlen. Die Charaktere sind sehr gut geschildert und authentisch. Vor dem Hintergrund der derzeitigen politischen Situation in Belarusch ist dieser Roman ein sehr bedeutendes Dokument, die Nöte der Menschen dort zu verstehen und uns hier in einem freien Land nahe zu bringen. Aber der Roman hilft auch zu verstehen, dass nicht jeder so mutig sein kann, Widerstand zu leisten und für sich einen anderen Ausweg finden muss.


Ich kann den Roman nur ausdrücklich empfehlen. Er hat mir als Leser vor Augen geführt,  in welcher segensreichen Freiheit ich hier leben kann.

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Ich kann verstehen, dass man als betroffener Autor ein Buch über das politische Geschehen in seinem Heimatland schreiben muss. Das solch ein Buch viel Mut verlangt, ist keine Frage, nicht selten rächt sich das Regime an allzu laute Kritiker.

Als sich der 16-jährige Zisk im Jahr 1999 auf den Weg zu einem Rockkonzert macht, geschieht eine Tragödie. Ein plötzliches Unwetter führt zu einer Massenpanik. Viele Junge Menschen, die sich auf eine ausgelassene Zeit freuten, finden in der U-Bahn-Station in Minsk ihren Tod. Zisk selbst verbringt die nächsten zehn Jahre im Koma und stellt nach seinem Erwachen fest, dass sich sein Heimatland Weißrussland politisch nicht verändert hat.

Das Buch besteht für mich aus zwei Teilen. Teil eins, die Zeit in der Zisk im Koma liegt, und die Zeit nach seinem Erwachen. Im ersten Teil lebte das Buch von überaus starken Monologen, die an seinem Krankenbett geführt wurden. Egal ob Zisks Oma oder sein bester Freund Stass, beinahe staccatohaft konnte man deren Gedanken folgen. Diese Monologe hatten eine eigene Dynamik, sodass ich sie wirklich gerne las.
Im zweiten Teil fielen die Monologen fast gänzlich weg und das Buch ähnelte einem literarischen Roman. Irgendwie ist für mich aber die Kraft verloren gegangen. Ein weiteres Problem im zweiten Teil war, dass das Buch keinen Sympathieträger mehr beinhaltete. Mehr möchte ich hier nicht spoilern.

Die Frage ist, braucht ein politisches Buch einen Sympathieträger? Aus meiner Sicht ja, mir hätte eine Person, mit der ich mich mehr identifizieren hätte können, mehr geholfen das Buch besser verstehen zu können. Natürlich kenne ich mich oberflächlich mit dem politischen Regime in Weißrussland aus, aber ein Detailwissen besteht in keiner Weise. Wenn das Erzählte näher an einem Charakter dran gewesen wäre, dann wäre auch die Kraft nicht verloren gegangen. Zisk war für mich zu weit weg, ich verspürte hier leider keine Nähe.
Ein weiteres wichtiges Stilmittel des Autors war es sich unzähligen Metaphern zu bedienen. Der eigentliche Patient war nicht Zisk, sondern eben Weißrussland und so weiter. Von diesen satirischen Metaphern gibt es eine ganze Menge in diesem Buch. Teilweise waren sie mir zu überladen, vor allem in der Kombination mit den ständigen Übertreibungen und der ironischen satirischen Aufmachung. Auch wirkte das Buch in seiner Gesamtheit zu konstruiert, obwohl es sich durchaus an wahre Begebenheiten anlehnte.
Einige wichtige Fragen, konnte mir das Nachwort der Übersetzerin beantworten. Besser wäre für mich gewesen, wenn das Nachwort ein Vorwort gewesen wäre, teilweise hätte ich die Story besser verstanden, wenn ich manche Information vor dem Lesebeginn gehabt hätte.

Das Buch hinterlässt mich zwiegespalten. Den ersten Teil würde ich noch als Lesevergnügen bezeichnen, da mich vor allem die Monologe in den Bann gezogen haben (obwohl ich eigentlich kein Fan von Monologen bin). Im zweiten Teil war mir leider alles zu weit weg. Keine Sympathie, keine Empathie, hier fehlte mir zu viel und das Lesevergnügen verebbte. Dennoch muss man dem Mut des Autors Respekt zollen.

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Sasha Filipenko selbst stammt aus Weißrussland und kennt die Gepflogenheiten dieses Landes, dass mir als Europäerin eher befremdlich vorkommt. Das Buch ist nicht autobiografisch, allerdings weiß Filipenko genau, wovon er schreibt.

1999: Der 16-jährige Zisk ist auf einem Rockkonzert, als ein plötzlich auftretendes Unwetter zu einer noch plötzlicheren Massenpanik führt. Viele finden an diesem Tag den Tod, einige sind schwer verletzt und Zisk selbst liegt für die nächsten Jahre im Koma.
2009: Zisk erwacht aus dem Koma und stellt fest: Nichts hat sich in Weißrussland geändert.

Das Buch besteht aus zwei Teilen. Teil 1 beschreibt die Zeit, in der Zisk im Koma liegt (daher besteht dieser Teil zum Großteil aus Monologen) und Teil 2 nachdem er aus dem Koma erwacht. Stilistisch fand ich Teil 1 ansprechender. Dieses Buch ist, natürlich, sehr politisch, für mich ein eher neues Genre und offensichtlich nicht mein neuer Favorit. Es war interessant, die vielen Monologe waren wirklich gut geschrieben, aber ich konnte mich weder mit Zisk, noch mit anderen Charakteren in diesem Buch identifizieren und fand auch niemanden so richtig interessant oder gar sympathisch. Ich bin leider nicht so richtig in einen Lesefluss gekommen, habe das Buch immer wieder zur Seite gelegt, weil es mich einfach nicht gefesselt hat.

Nichts desto trotz müssen und sollen solche Bücher natürlich geschrieben und gelesen werden. Da mir der Schreibstil zur Hälfte auch gefallen hat, gebe ich 3 Sterne.

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Dieses Buch ist auf jeden Fall lesenswert und sehr interessant. Die Geschichte ist mal etwas anderes.

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Und die Welt dreht sich weiter …

Der 16-jährige Franzisk – genannt Zisk – gerät in eine Massenpanik, wird schwer verletzt und fällt ins Koma. Die Ärzte schreiben ihn ab und wollen die Maschinen abstellen. Nur Zisks Großmutter akzeptiert dieses Schicksal nicht und klammert sich an die Hoffnung, dass Zisk eines Tages wieder erwacht und am Leben teilhaben kann. Sie zieht mehr oder weniger in sein Krankenzimmer, liest ihm vor, erzählt ihm und recherchiert warum Menschen plötzlich auch wieder aus dem Koma erwachen können. Oft steht ein einschneidendes Erlebnis der Hintergrund. Dies passiert auch bei Zisk – als die Großmutter stirbt, erwacht Zisk wieder. Mittlerweile sind zehn Jahre vergangen und die Welt hat sich weitergedreht. Was hat sich verändert? Was passiert in einem Land, das ebenfalls in einem Koma zu sein scheint? Wird es irgendwann erwachen? Was ist mit dem sozialen Umfeld, in dem man vorher gelebt hat? Menschen entwickeln sich weiter, verschwinden aus dem Leben, andere tauchen auf.

„Hier sind schon die nichts wert, die gesund sind und am Leben sind, von Menschen im Koma ganz zu schweigen.“

Der Autor Sasha Filipenko hat ein interessantes Thema eingefangen. Er erzählt die Geschichte Weißrusslands an Hand der Geschichte Zisks. Über die politische Situation haben wir in der Vergangenheit einiges gehört, doch ich denke nicht, dass man nur ansatzweise nachverfolgen kann wie es ist in einer Diktatur zu leben, wenn man dies nicht selbst bereits erlebt hat. Anfangs unter sowjetischer Herrschaft scheint sich das Land freizustrampeln – und landet in der nächsten Diktatur. Zistk steht stellvertretend für viele junge Menschen, die in einem Land leben müssen, in dem sie weder ihre Meinung sagen dürfen noch ihre Jugend ausleben können.

Im Anhang liest man einige historische Ereignisse, die in das Buch abgewandelt eingebaut wurden. Beispielsweise gab es diese Massenpanik wirklich – zwar nicht bei einer U-Bahn-Station, wie im Buch beschrieben sondern bei einem Rockkonzert.

Bereits bei „Rote Kreuze“ hat mich die Sprache Filipenkos in das Buch katapultiert und nicht mehr losgelassen. Auch bei seinem zweiten Roman konnte mich dieser ruhige und doch aufrüttelnde Schreibstil überzeugen.

Ein Roman, der die erschreckende Realität Weißrusslands einfängt und nachdenklich stimmt. Gerne vergebe ich 5 Sterne

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Sasha Filipenko Der ehemalige Sohn

gelesen als digitales Rezensionsexemplar von Netgalley

Franzisk Lukitsch, Musikschüler am Lyzeum in Minsk gerät an einem Regentag in eine Massenpanik mit zahlreichen Toten. Er überlebt im Koma, alle Mediziner sind sich einig, dass sein Hirn keine Denkaktivität mehr hat, doch seine Großmutter lässt sich den Glauben an sein Wiedererwachen nicht nehmen. Es dauert doch nach 10 Jahren kehrt er ins Leben zurück und muss sich in einem geändert und doch in der alten Zeit erstarrten Belarus zurecht finden.

Das Buch liest sich gut und enthält zahlreiche Anspielungen auf die politischen Veränderungen und gleichzeitig Erstarrungen des Lebens, Korruption und Hilflosigkeit.

Dennoch konnte ich mich nicht 100% in das Buch hineinfinden. Dem Helden bin ich doch distanziert geblieben und das halboffene Ende hinterließ mich ein wenig unbefriedigt. Ein gutes Buch, das nicht so ganz für mich gemacht war.

#DerehemaligeSohn #SashaFilipenko #Netgalleyde #KathrinliebtLesen #Bookstagram #Rezension

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1999 in Belarus: Franzisk, genannt Zisk ist sechzehn Jahre alt und Schüler an einem Musikkonservatorium in Minsk. Er lebt bei seiner Großmutter, die ihn immer wieder zum Cello üben antreibt, damit er nicht von der Schule fliegt. Doch Zisk verbringt seine Zeit lieber mit Freunden, beim Fußball, neuerdings auch mit der hübschen Nastja. Am Abend eines Rockkonzerts gerät Zisk während eines Unwetters in eine Massenpanik. Er überlebt, fällt aber ins Koma, aus dem er zehn Jahre lang nicht aufwachen soll.
„Der Ehemalige Sohn“ ist das erste Buch, des belarussischen Schriftstellers Sasha Filipenko. Der Autor, der in russischer Sprache schreibt, hat das Buch schon 2014 in seiner Heimat veröffentlicht. (In deutscher Sprache folgt es allerdings seinem späteren Werk „Rote Kreuze“.) In Russland erhielt Filipenko für sein Debüt einen Literaturpreis für Werke in von Nichtrussen in russischer Sprache. In Belarus jedoch ist das Buch nur unter der Hand zu bekommen, der belarussischen Nationalbibliothek wurde dringend empfohlen, das Buch nicht in den Katalog aufzunehmen.
„Man nicht über Belarus schreiben, ohne politisch zu werden.“, sagt Filipenko in einem Interview.
1999 ist Belarus seit acht Jahren ein unabhängiger Staat. Doch die Menschen in Belarus leben zumeist in prekären Verhältnissen, der Staat ist korrupt, der Machthaber bis heute ein autoritärer Diktator. Zisk beginnt zu dieser Zeit ein politisches Bewusstsein zu entwickeln. Die belarussische Sprache und Identität ist ein wesentliches Motiv in diesem Buch. Zisk und seine Freunde diskutieren diese gerne in der Pause am Schulklo, auch auf belarussisch:
„Weil ich die Sprache halt einfach irre schön finde! Weil ich damit anders bin als die anderen. Weil ich nicht die Sprache derer sprechen will, die uns als Aufseher geschickt worden sind.“
Doch dann kommt das schreckliche Ereignis. Die Massenpanik vom Frühjahr 1999 -ein tatsächliches Ereignis - nach der Zisk ins Koma fällt. Keiner glaubt an sein Wiedererwachen, nicht die Mutter, nicht seine Ärzte. Nur Elvira, die Großmutter, verharrt Tag für Tag am Krankenbett des Enkels. Es sind ihre Monologe, die dem Patienten, aber dadurch auch der Leserin die Chronik des Landes vermittelt.
Meiner Meinung gibt das Vorwort (so man es vor der Lektüre liest, und darüber könnte man auch schon trefflich streiten. ) die Interpretation vor Das Buch ist eine politische Metapher, das Koma des jungen Mannes eine Allegorie und die Monologe, die Berichterstattung der aktuellen Ereignisse eine literarische Spielart der Leserin das Land und die Geschichte Belarus zu erklären. Die Interpretation verlagert sich auf eine politische Metaebene, wenn man dem Vorwort folgen will, und das Buch schlicht politisch analysiert.
Das macht vieles wett, was ich an dem Buch nicht mochte: die abgehackte Sprache, das Jugendsprache, die Monologe, und auch die fragwürdige Art der Ärzte im Umgang mit einem Komapatienten.
„Ich habe nicht das Gefühl, dass irgendjemand mich hier braucht. Ich habe auch nicht das Gefühl, dass ich jemanden brauche. Ich bin überall nur der Ehemalige. Ehemaliger Nachbar, ehemaliger Bekannter, ehemaliger Sohn …“
Was bleibt ist ein guter Eindruck von dem Unvermögen eines Landes sich aus einem totalitären Regime zu befreien. Es ist nahezu ein hellsichtiges Buch, wenn man die Entwicklungen des letzten Jahres in Belarus betrachtet. Das Land scheint tatsächlich aus dem Koma erwacht zu sein, leidet aber immer noch an den Begleiterscheinungen und gehörte dringend in Rehabilitation.

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Mein erstes Buch von Sasha Filipenko, war Rote Kreuze auf Deutsch. Seit dem war es für mich klar, dass ich mehr von diesem Autor lesen möchte. Der ehemalige Sohn ist sein Debütroman und es steckt so viel in diesem Roman.

Man lernt Franzisk kennen als eine typischen Teenager. Doch dann passiert das Unglück und der Leser lernt Franzisks Umfeld kennen, seine Freunde und seine Familie, doch vor allem sein Oma, die um ihn kämpft auch wenn alle anderen die Hoffnung aufgegeben haben.

Mich persönlich hat die Beziehung und Bindung zwischen Oma und Enkel sehr berührt und etwas an meine eigene Beziehung zu meiner Oma erinnert.

Ich weiß nicht wie es Sasha Filipenko schafft mit so wenig Worten so wahnsinnig viel auszudrücken. Es gibt so viele Themen in diesem Buch, viele werden nur angekratzt und trotzdem reicht das aus. Zum Beispiel die Beziehung zwischen Franzisk und seiner Mutter. Sein Stiefvater, der Gleichheit auch sein Arzt war, spielt auch eine große Rolle. Auch Freundschaft spielt eine Rolle. Leben und Tod spielt eine sehr zentrale Rolle, schließlich liegt Franzisk für eine geraume Zeit im Koma.

Dieser Roman ist politisch kritisch, doch auf eine sehr literarische Art und Weise, so dass es manche vielleicht gar nicht merken würden. Man könnte das Koma so interpretieren, dass es für den Tiefschlaf steht in den Belarus steckte. Ich habe das Gefühl, dass Sasha Filipenko es mit seinem Roman versucht die Menschen aufzuwecken.

Seit 2014 hat sich viel getan, vor allem in Belarus und dadurch auch für Sahsa Filipenko. Er setzt sich ein für sein Land, dadurch ist es aber mittlerweile für ihn zu gefährlich nach Russland , wo er eigentlich wohnt, zurück zu kehren.

Wir brauchen mehr solcher Bücher, ich brauche mehr solcher Bücher. Denn dieses Buch hat mich sehr bewegt, berührt und nachdenklich gemacht. Darüber hinaus hat es meine Augen ein bisschen mehr geöffnet und dafür möchte ich Sasha Filipenko vom ganzen Herzen danken.

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Dies war leider nicht so ganz mein Buch.. Der Schreibstil und ich wurden nie ganz Freunde und das Thema hat mich letztendlich leider doch eher wenig interessiert. Trotzdem eine interessante Geschichte, auch der Aspekt, dass das Buch in Belarus spielt, aber leider nicht ganz mein Geschmack.

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Ein Buch das das Bild eines Landes im Verfall nachzeichnet, als Geschichte des jungen Franzisk aus Minsk.
Es führt deutlich das Leben in Weißrussland vor Augen. Filipenko tut dies mit feiner harter Feder, so dass man - nach der Entführung eines Bloggers- Angst um diesen klugen Autor bekommt.
Ein wunderbarer Roman, in dem Sprache gefeiert wird.

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Das Buch hat mir sehr gut gefallen.. Der aktuelle Bezug zur derzeitigen politischen Lage in Belarus erklärt vieles. Auch die Übersetzung ist gut gelungen. Das surreale Ende wunderbar.

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Minsk, 1999: Auf dem Weg zu einem Rockkonzert verunfallt der 16-jährige Franzisk Lukitsch und fällt ins Koma. Alle, bis auf seine Großmutter, geben ihn auf. Sie sitzt unermüdlich an seinem Krankenhausbett, spricht mit ihm, dekoriert sein Zimmer und ist überzeugt, dass er wieder aufwacht. Als nach 10 Jahren das Wunder geschieht und Franzisk seine Augen öffnet, kann er seine Großmutter nur noch auf dem Friedhof besuchen. Ernüchternd stellt Franzisk fest, dass sein Land erstarrt ist und immer noch unter den Repressionen der Diktatur zu leiden hat. Doch auch andere Menschen scheinen mit ihm aus dem Koma erwacht zu sein. Sie gehen auf die Straße, protestieren und fangen an, sich der Unterdrückung entgegenzustellen…

In seinem neuen Roman „Der ehemalige Sohn“ thematisiert der belarussische Autor Sasha Filipenko die weißrussische Diktatur und ihre Folgen für die Bevölkerung. Dabei stellt er nicht die Entwicklung seines Protagonisten in den Vordergrund, sondern setzt den Fokus gezielt auf die politischen Machtverhältnisse und Entwicklungen in Belarus. Franzisks Schicksal steht symbolisch für den politischen Stillstand und die scheinbare Ausweglosigkeit in Belarus. Eindrücklich beschreibt er dieses politisch gezeichnete Land, das von Aufständen, Gewalt und Unterdrückung betroffen ist, dessen Bevölkerung langsam erwacht und den Mut zum Widerstand findet.

Filipenko gelingt es Privates mit Politischem zu verbinden, allerdings hätte ich mir tatsächlich ein bisschen mehr Tiefgang auf der persönlichen Seite gewünscht. Nichtsdestotrotz ist dieser Roman ein wunderbares Stück Zeitgeschichte und eine lesenswerte Gesellschaftsstudie mit deutlicher Kritik an der belarussischen Diktatur. Das Buch wurde in prophetischer Voraussicht bereits 2014 geschrieben und könnte heute nicht aktueller sein. Was für ein mutiger Autor!

Übersetzt aus dem Russischen von Ruth Altenhofer.

Kleiner Tipp: Für ein besseres Verständnis lohnt es sich, vor der Lektüre die Anmerkungen der Übersetzerin am Ende des Buches zu lesen.

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Franzisk studiert am Konservatorium in Minsk Cello, fällt auf Grund von Sauerstoffmangel während einer Massenpanik ins Koma, wacht nach zehn Jahren wieder auf und ist körperlich und geistig unversehrt. Er trifft auf eine Stadt, ein Land, die sich in den 10 Jahren ebenfalls nicht weiterentwickelt haben.
Hölzerne Protagonisten, die nicht zulassen, dass man sich mit ihnen identifiziert und sie begleitet. Die vielen Beschreibungen, Erzählungen, Rückblicke, sprachlich gut , teilweise hervorragend, zeigen die politische Wirklichkeit des diktatorischen Landes, schaffen aber auch Distanz zur erzählten Geschichte.
Weniger wäre mehr gewesen oder anders gesagt, Zisk und seiner Großmutter wäre man gerne näher gewesen.

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