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Buchcover für Irina

Irina

Die Geschichte einer Zwangsarbeiterin und die Courage der Familie Leitz in Wetzlar

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Erscheinungstermin 27.03.2025 | Archivierungsdatum 03.08.2025

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Zum Inhalt

Sasha Colby kombiniert in diesem autofiktionalen Roman zwei Zeitebenen: die 1940er-Jahre der Zwangsarbeit ihrer Großmutter bei der Firma Leitz und die Gegenwart, in der sie ihrer Großmutter in Gesprächen Stück für Stück Erinnerungspartikel abringt. Dabei gelingt es ihr, die Geschichte dieser beiden so unterschiedlichen Frauen so zu erzählen, dass trotz der Schrecken, die sie erlebt haben, der Humor und die unbändige Lust am Leben nicht zu kurz kommen. Gleichzeitig schildert der Roman in bewegender Weise den Widerstand einer Industriellen-Familie gegen das Nazi-Regime, wie man es noch nicht gelesen hat. Im Juni 1942 wird die Ukrainerin Irina Kylynych im Alter von 19 Jahren zur Zwangsarbeit in Nazi-Deutschland verschleppt. Dort gelingt es ihr, das Vertrauen von Dr. Elsie Kühn-Leitz, der Enkelin des Gründers der Leitz-Werke in Wetzlar, zu gewinnen, die sie als Angestellte in das Haus der Familie holt. Neben ihrem eigenen Schicksal erlebt Irina mit, wie Kühn-Leitz sich für das Wohl der Zwangsarbeiter einsetzt – und wegen ›übertriebener Menschlichkeit‹ in Gestapo-Haft gerät. Irina lernt in Wetzlar ihren späteren Mann kennen und wandert gemeinsam mit ihm nach Kanada aus. Jahrzehnte später begibt sich Sasha Colby, Irinas Enkelin, auf die Suche nach der Geschichte ihrer Großmutter und beginnt allmählich, die überlieferte Geschichte mit historischen Recherchen zu verweben.

Sasha Colby kombiniert in diesem autofiktionalen Roman zwei Zeitebenen: die 1940er-Jahre der Zwangsarbeit ihrer Großmutter bei der Firma Leitz und die Gegenwart, in der sie ihrer Großmutter in...


Eine Anmerkung des Verlags

Leider liegt uns dieser Titel bislang digital nur im PDF-Format vor.

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Verfügbare Ausgaben

AUSGABE Anderes Format
ISBN 9783825154110
PREIS 26,00 € (EUR)
SEITEN 339

Auf NetGalley verfügbar

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Rezensionen der NetGalley-Mitglieder

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„Wir können von Glück sagen.“

Dieser Satz „Wir können von Glück sagen.“ rahmt für mich dieses wunderbare Buch ein, umfasst die unfassbaren Schicksalsschläge und Tragödien wie ein leichter, schöner Seidenschal. Es sind oft wiederholte Worte von Sasha Colbys Großmutter Irina, die jedes Unglück vergessen machen möchten. Aber der Mensch vergisst nicht.
Sasha Colby ist die Enkelin von Irina, einer ehemaligen ukrainischen Zwangsarbeiterin, die während des Zweiten Weltkriegs in Wetzlar für die sehr reiche und bekannte Familie Leitz arbeitete. Zuerst in der Verpackungsabteilung für Leica-Kameras, die berühmteste Kleinbildkamera jener Jahre und noch heute teuer und begehrt. Irina spricht Deutsch und hat das unfassbare Glück, im Herrenhaus der Familie eine Anstellung und auch Unterkunft zu bekommen. Unter der Anleitung von Elsie Kühn-Leitz sind hier mehrere Hausangestellte beschäftigt, es herrscht eine angenehme Atmosphäre, die Zwangsarbeiter werden so menschlich behandelt, dass das bereits auffällig ist für die Gestapo und ihre Spitzel. Irina aber kann ihr Glück kaum fassen und auch nur der Gedanke, zurück ins Lager zu müssen, macht ihr Angst.
Sasha Colby hat sich an dieser Lebensgeschichte, die noch weitaus umfangreicher und tragischer wird, als es die ersten Kapitel vermuten lassen, so festgebissen, dass sie nicht mehr davon lassen kann. Recherchen und vorsichtige Befragungen der Großmutter bringen sie auch auf die Spuren der Familie Leitz, insbesondere von Elsie. Diese ist nicht nur eine kluge und weltgewandte Hausdame und studierte Juristin, sie engagiert sich aktiv im Widerstand gegen die Nazis, vor allem durch die unermüdliche Hilfe, die sie den Zwangsarbeitern zukommen lässt. Ihre Verhaftung und Untersuchungshaft hat die Autorin nicht nur bis ins Detail erforscht, sie hat aus Elsies Erinnerungen und ihrer eigenen Phantasie eine romanhafte Lebensgeschichte gemacht. Fern von jedem trockenen Sachbuchstil kann der Leser die Not, die Angst und das zeitweise Verzweifeln unsagbar nah und authentisch fühlen. Die Kapitel über Elsies Haft sind die poetischsten im ganzen Buch. Auch Ernst Leitz II, ihr Vater, nutzt seine Stellung und sein Geld, um Juden und anderen Verfolgten zu helfen, Deutschland zu verlassen und im Ausland, bevorzugt in Orten mit einer Leitz-Niederlassung, Arbeit und Unterkunft zu finden. Dass er damit auch seine Tochter retten kann, ist ein positiver Nebeneffekt.
Die Autorin verfolgt in ihrem Buch die verschiedenen Erzählstränge mit Vehemenz, so kennt der Leser bald nicht nur ihre Großmutter Irina, sondern auch ihren Opa Sergei – mit einer ganz eigenen Geschichte –, folgt dem schweren Start des Onkels Alexandre ins Leben, ihrer wilden, fröhlichen Mutter Lucy und ihrem Vater in die 1970er. Colbys Großeltern gelingt nach Kriegsende – das ist zwar ein Spoiler, aber sicher verzeihlich – die mehrfache Flucht vor den Russen, nicht zuletzt wieder auch mit Hilfe von Elsie bzw. Ernst Leitz II. Die Aussicht, als Vaterlandsverräter in einem russischen Gulag zu enden, hat Colbys Großeltern zu wahren Husarenstücken gebracht, um dieses Schicksal abzuwenden. In Kanada finden beide endgültig eine neue Heimat.
Trotz der tragischen und traurigen Begebenheiten hat dieses Buch etwas Leichtes und die Sprache der Großmutter trägt eindeutig dazu bei, etwas Ironie und Witz zu verbreiten. Ihr nach wie vor gebrochenes Englisch (in der Übersetzung natürlich Deutsch) ist köstlich, der Supermarktbesuch unvergesslich und brachte mich tatsächlich zum Lachen. Es ist anrührend zu lesen, wie sie Stück für Stück ein „bisselchen“ von ihren Erinnerungen an Tochter und Enkeltochter weitergibt. Ich zitiere hier eine passende Textstelle, die gleichzeitig auch von einer perfekten Übersetzung zeugt: „Ich weiß, dass meine Großmutter hart an ihren Geschichten gearbeitet hat. Ich weiß genau, dass ihre Versionen vor allem ein Akt der Bewahrung sind – Wiederholungen, die es ihr ermöglichen, ihre Albträume in Schach zu halten, sorgfältig bearbeitete Sequenzen, die uns schonen und es ihr ersparen, sie uns erzählen zu müssen. In anderen Jahren haben diese redigierten Versionen ausgereicht. Aber jetzt haben die Risse in ihren Geschichten die Gewissheit erzeugt, dass es da mehr gibt.“ (S. 114)
All die Erinnerungen, die recherchierten Details und eigenen Erfahrungen zusammenzusetzen ist für Colby „ein radikaler Akt der Collage“, den sie hervorragend meistert. Die Zeiten werden auf geheimnisvolle Weise vermischt und verknüpft, nichts ist unsicher oder an der falschen Stelle. Die Jahre 1942 bis 1945 mit Irina und Elsie, die Nachkriegszeit mit Irina und Sergei, die 1950er bis 1970er mit Colbys Eltern, die Jahre 2011 bis 2014, die Entstehung des Buches, die Besuche bei der Großmutter und vor allem die Geburt von Tatianna, Colbys kleiner Tochter, damit schließt sich der Kreis.
Und überall im Buch erscheinen auch Nebenfiguren, die mit gelungenen Porträts und Beschreibungen verschiedener Ereignisse in den Ablauf der Geschichte eingewoben sind. Es sind Freunde, die geholfen haben, in allen Lebenslagen Wie sehr das verbindet, kann man hier nachlesen. Besonders berührend fand ich die Szene im DP-Lager, als Milka die unglücklich nach einem Platz suchende kleine Familie samt Kinderwagen in ihr winziges Zimmer einlädt und sie dort zwei Monate wohnen können, zusammen mit ihrem Mann Panas und den beiden Kindern Valja und Laura. Aus Laura wird später Laurie und die Großmutter Irina erzählt noch 2011 begeistert, dass sie sie kennt, seit sie 5 Jahre alt war. Noch immer treffen sie sich alle bei Irinas Familienfesten.
Als ich dieses Buch las, drang im Hintergrund immer wieder der Gedanke an den Ukrainekrieg bei mir durch, wenn ich über die Angst von Irina und besonders von Sergei vor einer Verhaftung durch die Russen und einer Deportation nach Sibirien las, lief es mir kalt den Rücken hinunter. Für mich ist die Frage, warum die Ukraine niemals aufgeben will und darf, mit diesem Buch klar und deutlich beantwortet. Wer an der heutigen Hilfe zweifelt, sollte sich klarmachen, dass Hass und Abneigung der Russen gegen die Ukraine nicht geringer geworden sind, eher noch stärker. Stalin wollte die Ukraine unterwerfen, Putin will das auch.
Im Englischen ist der Titel des Buches „The Matryoshka Memoirs“ fast noch zutreffender als nur der einfache deutsche Titel „Irina“. Der ursprüngliche Titel zeugt wesentlich stärker von den vielen ineinander verschachtelten Lebensgeschichten, auch wenn Irina im Buch als Hauptfigur angelegt ist, Sasha Colby macht als Erzählerin aus dieser Familiengeschichte ein echte Matroschka-Geschichte. Trotzdem bin ich von der gesamten Übersetzung durch Dieter Fuchs rundum begeistert.

Fazit: Eine viele Generationen und verschiedene Menschen umfassende biografische und (auto-)fiktionale Erzählung, die einmal mehr die Schrecken des Krieges und der Machtausübung beschreibt. Aber auch von Überlebenswillen und viel Liebe zeugt. Sehr lesenswert und informativ zugleich. 100 Prozent Leseempfehlung.

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Dies ist die Geschichte der Zwangsarbeiterin Irina und ein Stück Familiengeschichte der Firma Leitz. Das Schicksal der Zwangsarbeiter , die in Fabriken arbeiten, teils unter grausamen Bedingungen. Irina wird Angestellte im Haushalt der Industriellenfamilie Leitz. Der Leser erfährt aber auch über den Widerstand des Industriellen Leitz und seiner Enkelin Dr. Elsie Kühn- Leitz, diese setzt sich immer wieder für die Zwangsarbeiter ein, so dass auch sie ins Visier der Nazis gerät.
Eine berührende Geschichte wir erfahren über die Unmenschlichkeit der Nazis, aber auch den leisen Widerstand einer Industriellenfamilie.
Berührend ist auch, wie im heute die Enkelin von Irina die Vergangenheit der Großmutter ans Licht holt.

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Dieser autofiktionale Roman ist die Geschichte ihrer mütterlichen Familie, die Autorin Sasha Colby, soweit es möglich war, akribisch recherchiert hat und nun gekonnt erzählt.

Alles beginnt im Jahr 1942 als die junge Ukrainerin Irina Kylynych im Alter von 19 Jahren wie Hunderttausende ihrer Landsleute zur Zwangsarbeit in Nazi-Deutschland verschleppt wird. Nach tagelanger Irrfahrt kommt sie in Wetzlar an und hat „a bisselchen Glück“ wie sie später immer wieder sagen wird. Irina wird der Verpackungsabteilung der Leitzwerken zugeteilt, lernt recht schnell die deutsche Sprache und wird nach einigen Wochen in den Haushalt von Elsie Kühn-Leitz übernommen. Dort muss sie miterleben, wie Elsie Kühn-Leitz 1943 von der Gestapo verhaftet wird, weil sie ihre Zwangsarbeiter „übertrieben menschlich“ behandelt.

Irina lernt ihren Mann Sergei kennen, bekommen ihr erstes Kind Alexandre und fliehen unter falschem Namen zu Kriegsende vor den Truppen der Roten Armee und landen nach Umwegen über Displaced-People-Camps in Kanada. Denn die russischen Zwangsarbeiter werden den Sowjets übergeben, gelten aber in der UdSSR als Kollaborateure und werden in Straflager nach Sibirien gebracht oder gleich hingerichtet. Doch auch in Kanada glauben sie sich lange Jahre (noch) nicht sicher. Hier kommt Lucy zur Welt, die Sashas Mutter werden wird.

„Großmutters Vorliebe für Spitze, hat ihre eigene Geschichte, die in einem tief im Mark verankerten Glauben wurzelt, dieses Material würde den Sieg der Zivilisation über die Barbarei symbolisieren, den Sieg der Schönheit über die animalische Hässlichkeit der Armut. Als jemand, der von den Feldern der durch Stalin ausgehungerten Ukraine in ein Zwangsarbeiter in Nazi-Deutschland und dann über Displaced-Person-Camps ins Nachkriegs-Kanada gekommen war, musste sie es schließlich wissen. Im Haus meiner Großmutter ist alles voll mit Spitze - die Vorhänge, die zierdeckchen, das Tischtuch auf dem Esstisch. Sie dient als Barriere.“ (S. 15)

Sasha Colby erzählt abwechselnd in zwei Zeitebenen ihre Familiengeschichte. Zunächst steigen wir im Jahr 2011 bei den Vorbereitungen eines Festes im Hause von Irina ein, um wenig später in das Jahr 1942 nach Wetzlar zurückzukehren und Elsie Kühn-Leitz kennenzulernen. Elsie ist die Tochter von Ernst Leitz II, deren Großvater die Leitz-Werke 1869 gegründet hat. Vater und Tochter Leitz sind Gegner der Nazis und versuchen so viele Menschen zu retten wie möglich. Das gelingt mit viel Geld und Chuzpe, denn es gibt zahlreiche Leitz-Werke in den USA, die nun neue, meist jüdische Mitarbeiter erhalten. Dennoch müssen sie sich in Acht nehmen und Ernst Leitz II muss nicht nur der Partei beitreten, sondern auch optische Geräte wie Ferngläser und Kameras etc. für die Wehrmacht produzieren. Die Wochen der Haft, die Elsie Kühn-Leitz im Polizeigefängnis von Frankfurt verbringen muss, sind ihren Aufzeichnungen entnommen.

Meine Meinung:

Der Autorin gelingt es ausgezeichnet ihre gegenwärtige Familiengeschichte mit der Vergangenheit ihrer Großmutter zu verknüpfen. Dazu tragen so manche Eigenheiten von Irina wie die schon erwähnte Vorliebe für Spitze oder ihre Einkaufsgewohnheiten in den Supermärkten, die immer wieder für Augenrollen und mitunter auf Unverständnis bei Tochter und Enkelin sorgen bei. Liebevoll lässt Sasha ihre Baba (Großmutter) in dem ihrer eigentümlichen Sprache, die mich als Wienerin, ein wenig an das Jiddische erinnert, sprechen.

Dass Elsie Kühn-Leitz und ihr Vater Widerstand gegen das NS-Regime geleistet haben, ist, im Gegensatz zu Oskar Schindler, relativ unbekannt. Ich habe darüber vor Jahren gelesen. Zum einen, weil mir als Vermesserin der Konzern, der früher unter dem Namen Wild Heerbrugg Vermessungsgeräte hergestellt hat und dieses als Leica-Geosystems nach wie vor macht, und weil Leica-Kameras (neben Hasselblad) das Nonplusultra der Fotografie sind, sehr gut bekannt ist. Zum anderen habe ich bereits einige Firmengeschichten und ihre Haltung während der Nazi-Diktatur gelesen. Nicht alle Konzerne, die in dieser Zeit profitiert haben, stellen sich ihrer Verantwortung.

Fazit:

Mir hat dieser autofiktionale Roman sehr gut gefallen, was vor allem an Baba Irina liegt, die mit ihren Eigenheiten liebevoll, wie es nur eine Enkelin vermag, geschildert ist. Zahlreiche private Fotos ergänzen diese Familiengeschichte. Gerne gebe ich hier 5 Sterne.

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