
Bitte melden Sie sich an, um Ihr wertvolles Feedback zu geben.
Jetzt anmelden oder registrieren.
Blondes Herz
Roman
von Bernardine Evaristo
Sie müssen sich anmelden, um zu sehen, ob dieser Titel für Anfragen zur Verfügung steht. Jetzt anmelden oder registrieren
NetGalley-Bücher direkt an an Kindle oder die Kindle-App senden.
1
Um auf Ihrem Kindle oder in der Kindle-App zu lesen fügen Sie kindle@netgalley.com als bestätigte E-Mail-Adresse in Ihrem Amazon-Account hinzu. Klicken Sie hier für eine ausführliche Erklärung.
2
Geben Sie außerdem hier Ihre Kindle-E-Mail-Adresse ein. Sie finden diese in Ihrem Amazon-Account.
Erscheinungstermin 17.05.2025 | Archivierungsdatum N/A
Sprechen Sie über dieses Buch? Dann nutzen Sie dabei #BlondesHerz #NetGalleyDE! Weitere Hashtag-Tipps
Zum Inhalt
Ein scharfsinniger Roman über die Geschichte unserer Gegenwart und die Kraft unserer Träume – von der Autorin des Bestsellers Mädchen, Frau etc.
Was wäre, wenn der afrikanische Kontinent die Welt erobert hätte und Sklavenhandel mit Europäern betreiben würde? Booker-Preisträgerin und Bestsellerautorin Bernardine Evaristo denkt die Vergangenheit neu: Doris, ein weißes Mädchen aus England, wird nach Aphrika verschleppt und dort als Sklavin verkauft. Doch sie verliert nicht ihren Mut. Sie muss alles riskieren, um die Fesseln ihrer Gefangenschaft abzulegen und ein freies Leben zu führen.
Eben noch spielt Doris mit ihren Schwestern Verstecken auf den Feldern hinter ihrem Cottage. Im nächsten Moment wird ihr ein Sack über den Kopf gezogen und sie findet sich im Laderaum eines Sklavenschiffs wieder, das in die Neue Welt segelt. Dort muss sie einem ambossanischen Feudalherrn dienen, der von ihrer Minderwertigkeit überzeugt ist. Doch Doris kann nicht aufhören, von ihrer Flucht zu träumen. In den folgenden Jahren setzt sie alles daran, ein freier Mensch zu werden. Als ihre Fluchtversuche scheitern, wird sie zur Strafe auf die Zuckerrohrfelder geschickt. In den Plantagen, an der Seite der starken Wikingerin Ye Mémé, entdeckt Doris jedoch eine ungekannte Stärke in sich. Unerwartet findet sie zurück zu ihrem blonden Herz. Und am Ende sogar zu ihrem ungebrochenen Freiheitswillen.
»Ein phänomenales Buch. Zweifellos ein feministischer Klassiker.« WOMEN’S PRIZE FOR FICTION
»So menschlich und authentisch. Eine humorvolle und intelligente Neuinterpretation von Vergangenheit und Gegenwart.« GUARDIAN
Ein scharfsinniger Roman über die Geschichte unserer Gegenwart und die Kraft unserer Träume – von der Autorin des Bestsellers Mädchen, Frau etc....
Verfügbare Ausgaben
AUSGABE | Anderes Format |
ISBN | 9783608502756 |
PREIS | 25,00 € (EUR) |
SEITEN | 288 |
Auf NetGalley verfügbar
Rezensionen der NetGalley-Mitglieder

Eine umgedrehte Geschichte der Sklaverei
Ein mutiger Roman, der durch Rollenwechsel die Absurdität und Grausamkeit der Sklaverei anschaulich macht.
„Blondes Herz“ ist ein faszinierender und mutiger Roman, der die Geschichte der Sklaverei auf eine völlig neue Weise erzählt. Bernardine Evaristo stellt sich eine alternative Vergangenheit vor, in der der afrikanische Kontinent die Rolle der kolonialisierenden Macht übernimmt und Sklavenhandel mit Europa betreibt. Dabei wird die Geschichte des Sklavenhandels umgekehrt, was den Leser auf eine ungewöhnliche und zugleich aufrüttelnde Reise mitnimmt.
Im Mittelpunkt steht Doris, ein weißes Mädchen aus England, das plötzlich entführt wird und auf einem Sklavenschiff landet. Ihre lange Flucht durch die Plantagen und ihr Kampf um Freiheit sind spannend und emotional erzählt. Besonders beeindruckend ist, wie Evaristo durch diese Umkehrung der Rollen die Ungeheuerlichkeit der tatsächlichen Sklaverei sichtbar macht. Es wird deutlich, wie absurd und grausam das System war, egal, wer Opfer und wer Täter ist.
Das Buch ist nicht nur eine Geschichte über Unterdrückung, sondern auch eine Geschichte über Stärke, Mut und den ungebrochenen Freiheitswillen. Doris’ Entwicklung, ihre Sehnsucht nach Freiheit und die Entdeckung ihrer inneren Stärke spiegeln eine kraftvolle Botschaft wider. Die Figuren, darunter auch die starke Wikingerin Ye Mémé, sind vielfältig und lebendig beschrieben.
Evaristos Schreibstil ist klar, prägnant und fesselnd. Durch die Umkehrung der Rollen wird der Blick auf die Sklaverei nicht nur verstärkt, sondern auch humorvoll und kritisch hinterfragt. Und das Beste: Der Roman mit seinen 288 Seiten ist alles in allem schnell gelesen. Die Seiten flogen nur so dahin, sodass ich kaum merkte, wie die Zeit verging.
Abschließend ist „Blondes Herz“ eine mutige und wichtige Lektüre, die Geschichte und Gegenwart miteinander verbindet und den Leser dazu auffordert, die Welt aus einer neuen Perspektive zu sehen. Uneingeschränkte Empfehlung für alle, die sich für Geschichte, Gesellschaft und kraftvolle Geschichten interessieren. 4 Sterne.

Das graue Herz der Finsternis
Bernadine Evaristo hatte mit ihrem Bookerpreis-Buch Frau, Mädchen etc. einen solchen Erfolg, dass auch ihre älteren Bücher nach und nach in Deutsch herausgebracht werden.
Blonde roots gehört jetzt auch dazu. Es ist ein Ideenroman. Was wäre wenn umgekehrt die Weissen Europäer von den Schwarzen versklavt wurden?
Die junge Doris ist auf den Plantagen einer Insel gelandet.
Trotz des leicht satirischen Ansatzes und der Täter-Opfer-Umkehr liest sich das Buch wie andere Bücher über die Sklaverei auch.
Man erfährt, wie Doris als Kind in England entführt und verkauft wurde und ihre Zeit auf einem Sklavenschiff und auf der Plantage.
Der Erzählton wirkt modern.
Im zweiten Teil übernimmt ein Sklavenhalter den Erzählerpart und seine Ideologie wird deutlich.
Blondes Herz ist nicht so poetisch wie der zuletzt erschienene Roman und erzählerisch noch nicht so ausgereift wie ihre neuen, aber es ist ein lesenswertes Buch.

Ich mag die Bücher der Schriftstellerin sehr. Hier wurde ein "alter" Roman aufgelegt, da sie mittlerweile ja sehr erfolgreich in der Branche ist.
Das Buch von ist natürlich zeitlos. Ich war fasziniert!
Die Geschichte spielt in einer Welt, in der die Rollen von Weißen und Schwarzen vertauscht sind. Die Protagonistin, Doris, ist eine blonde, blauäugige Sklavin, die auf einer Plantage in Afrika arbeitet. Durch ihre Erfahrungen und Beziehungen zu anderen Charakteren wird die Geschichte von Rassismus, Identität und Machtstrukturen erforscht.
Evaristo verwendet Satire und Ironie, um die Absurdität von Rassismus und Diskriminierung aufzuzeigen.
Man schwankt zwischen Entsetzen und Schmunzeln, Mit-Leiden und Wut.... Beängstigend und aufregend zugleich!
Lesenswert für alle Rassen!!!

Applaus für dieses Buch!
Das war wirklich dringend nötig, um den Privilegierten mal den Spiegel vorzuhalten und allen zu zeigen, dass Rassismus nicht - absolut aber gar nicht - natürlich daherkommt, sondern pure Ausübung von Macht ist. Und sie kann die Seiten wechseln. Aber erstmal von vorn!
Bernardine Evaristos Roman „Blondes Herz“ ist ein radikales und beeindruckendes Gedankenexperiment, das historische Machtverhältnisse auf den Kopf stellt. In einer fiktiven (Parallel?-)Welt werden weiße Europäer:innen gekidnappt, verschifft, versklavt und ihrer Identität beraubt. Im Mittelpunkt steht Doris, ein weißes englisches Mädchen, das als Kind von aphrikanischen Sklavenhändlern entführt und auch nach Aphrika verschleppt wird. Dort wächst sie als Eigentum anderer auf – ohne ihren eigentlichen Namen, ohne Rechte, ohne wirkliche Perspektive. Dennoch ist sie mutig, manchmal trotzig, voller Schmerz und Sehnsucht und lehnt es ab, sich ihrem Schicksal komplett zu ergeben. Sie ist eine wirklich spannende Figur, der man beim Lesen unfassbar nah kommt und somit noch intensiver erleben kann, was es heißt, versklavt zu sein.
Was Evaristo hier unternimmt, ist weit mehr als ein historischer Perspektivwechsel. Sie stellt mit ihrem Buch zwischen den Zeilen letzten Endes die wichtige und längst überfällige Frage: Was wäre, wenn nicht Schwarze Menschen, sondern Weiße versklavt worden wären? Was würde das mit unserem Blick auf Geschichte, auf Identität, auf Hautfarbe und Macht machen? Und so entlarvt sie so präzise, dass es wirklich schmerzt, kulturelle Konstrukte, Schönheitsideale und soziale Hierarchien. Ihr dünner Körper und ihr blondes Haar, die in der Romanwelt als Makel gelten, sind ein eindrucksvolles Beispiel für diese Umkehrung. Denn genau hier wird sichtbar, wie tief gesellschaftlich geprägte Normen und Abwertungsmechanismen greifen – und wie fragil Konzepte von „Normalität“ letztlich sind. Und das ist wirklich nur eines von so vielen Beispielen im Buch, wo - vor allem bei den Privilegierten - hoffentlich mal der Denkprozess startet!!! Evaristos Sprache changiert zwischen trockenem Humor, drastischer Klarheit und erzählerischer Dichte. Der Ton ist oft satirisch, manchmal fast surreal, aber immer aufrüttelnd. Sie wechselt Perspektiven, spielt mit Sprache und Rhythmus, lässt Leerstellen und Brüche zu. Das macht den Text streckenweise sperrig, aber auch kraftvoll. Besonders eindringlich ist Doris’ wiederholte Bitte: „Bitte sag Doris zu mir.“ In einer Welt, die ihr den Namen, die Würde und die Identität genommen hat, ist dies ein Akt der Selbstermächtigung – ein leiser, aber unüberhörbarer Ruf nach Anerkennung.
Evaristo seziert die Machtverhältnisse förmlich und das macht sie auch sehr gut! Sie macht nicht einfach „Reversed Racism“-Fiktion, sondern konfrontiert mit den Grundlagen von Dominanz, Ausbeutung und kultureller Überlegenheit. Die Gewalt, die Doris und alle anderen tagtäglich erleben, ist verstörend. Es ist so schwer zu ertragen, weil es die historische Realität widerspiegelt. Und schwer zu ertragen soll es auch sein. Das ist gut so. Denn dieses Buch soll nicht nur unterhalten, sondern stören, aufrütteln, entlarven und HOFFENTLICH ein Ansatzpunkt fürs Umdenken sein. Und zwar ein flächendeckendes Umdenken. Es ist so dringend nötig!
In Kürze zum Schluss: „Blondes Herz“ ist ein unbequemes und sehr mutiges Buch. Es stellt die Machtfrage – und gibt den Leser:innen keine einfach Antwort, so dass man den Fall schließen könnte. Nein, man erhält einen Spiegel und viel Stoff zum Nachdenken. Für all jene, die bereit sind, hinzuschauen, auszuhalten und zu erkennen, ist dieser Roman ein intensives wachrüttelndes Erlebnis. Es ist schade, dass es ein solches Buch braucht, damit Menschen sich mal in die Perspektive ihrer Mitmenschen hineinversetzen. Dieses Buch zwingt diesen Perspektivwechsel förmlich auf und ich finde, wir sollten uns alle dafür öffnen und mit jeder Seite lernen!!!
5/5 Sterne reichen nicht. Es müssten mindestens 50 sein. Oder einfach alle! Es ist Wahnsinn, was das Buch mit einem macht!

Was wäre wenn die Kolonialgeschichte anders gekommen wäre!
-Rezensionsexemplar-
.
Genre: Ein Roman Mit einer Geschichte, fiktiv, herausfordernd, schonungslos & dabei unglaublich packend. Ich mag ihre Bücher einfach!
.
Setting: Doris lebt in Schottland mit ihren Eltern, Leibeigene von einem Herren und bestellt etwas Land. Doch eines Tages gelangt sie in die Hände von Sklavenhändlern und landet in Aphrika - mit all der Brutalität, der Andersheit & im Leben einer Sklavin.
.
Schnapp dir einen Kaffee & was wäre wenn, es andersrum gewesen wäre.

Ich lege „Blondes Herz“ beiseite, atme tief durch und fühle mich zugleich erschüttert, amüsiert und zutiefst bewegt. Als afrodeutsche Frau hat mich dieses Buch von Bernardine Evaristo buchstäblich umgehauen – und zwar im allerbesten Sinn.
In einem kunstvoll umgekehrten Spiegelbild der Geschichte erzählt Bernardine Evaristo von einem alternativen Zeitalter, in dem Schwarze Aphrikaner die Rolle der Kolonisatoren übernommen haben und weiße Europäer in die Sklaverei geschickt werden. Die Protagonistin Doris wird gekidnappt und verschifft. Unter ihrem neuen Namen „Omorenomwara“ erlebt sie die Härten und Grausamkeiten der Sklaverei aus nächster Nähe – nur eben in verkehrten Rollen. Die Grundidee, die Machtverhältnisse des transatlantischen Sklavenhandels radikal umzudrehen – weiße Europäer in der Rolle der Versklavten, Schwarze Aphrikaner als Kolonisatoren –, ist ein Gedankenspiel, das im Kopf regelrecht explodiert. Evaristo nimmt uns mit auf eine verzerrte Landkarte: „Kohlkopfküste“ statt Elfenbeinküste, „Aphrika“ im geografischen Europa. Damit zeigt sie auf ziemlich clevere und ironische Weise, wie völlig willkürlich und absurd es war, dass sich Kolonialherren das Recht rausgenommen haben, über andere zu bestimmen.
Dabei findet die Autorin eine ganz besondere Sprache (gelungene Übersetzung von Tanja Handels!), um die Absurdität zu verdeutlichen. Ich habe laut gelacht, als ich zum ersten Mal von der „Kohlkopfküste“ statt der Elfenbeinküste las! Ist das wirklich der Schatz dieses Kontinents?? Solche kleinen sprachlichen Kniffe ziehen sich herrlich durch das ganze Buch und entlarven in ihrer Einfachheit die Macht der Deutungshoheit. Warum essen weiße Menschen mit Besteck? fragt Evaristo – und zwingt uns, über Normalität und Privileg nachzudenken. Kleine Juwelen wie die Beschreibung des „schwer zu bändigendem, feinem Flatterhaar“ – ein direkter Seitenhieb auf die realen Schönheitsnormen, die Schwarzen Frauen auferlegt werden – treffen mitten ins Herz und lassen mich gleichzeitig laut auflachen und schlucken.
Die Überfahrt im Schiffsrumpf ist in „Blondes Herz“ mehr als nur Hintergrund – sie ist ein pulsierender Albtraum. Tatsächlich dauerte eine Überfahrt nach Brasilien oft knapp einen Monat, nach Nordamerika bis zu zwei Monate. Historisch gesehen wurden zwischen 1444 und 1888 schätzungsweise 12 Millionen Afrikaner:innen über den Atlantik verschleppt. In brackigen Laderäumen der Schiffe, übelriechend und überfüllt, breitete sich Krankheiten von Dysenterie bis Skorbut aus, Misshandlungen waren an der Tagesordnung; jede:r achte Afrikaner:in überlebte die Reise nicht (ca. 12,5 %) und auf manchen spanischen Schiffen lag die Sterblichkeit zwischen 1590 und 1699 gar bei rund 30 %! Nach Ankunft starben viele weitere – Missernten, Tropenkrankheiten und das brutale „Seasoning“ ließen die durchschnittliche Lebenserwartung versklavter Afrikaner:innen oft auf nur sieben bis zehn Jahre sinken. Evaristo spinnt diese Fakten zu poetischen Bildern: das Krachen der Holzplanken, das Stöhnen im Bauch des Schiffs – und macht daraus ein Mahnmal, das schmerzhaft unter die Haut geht.
Trotz aller sprachlicher Ironie bleibt der Roman zutiefst ernst. Die Protagonistin Doris (oder, wie ihre Herren sie nennen, Omorenomwara) ringt um Würde und Freiheit. Ich habe ihre Verzweiflung und ihre wachsende Stärke so emotional mitempfunden, dass ich noch Tage nach dem Lesen über den Mut und den Überlebenswillen dieser Figur nachdenke. Evaristos Hintergrund als Lyrikerin verleiht der Erzählung eine Intensität, die mir unter die Haut ging – und bei der die Hautfarbe keine Rolle mehr spielt.
Als afrodeutsche Frau hat mich die Umkehr der Perspektiven besonders berührt: Sie macht unübersehbar, wie sehr wir in Schemata der Normalität gefangen sind – und lässt hinterfragen, wer eigentlich definiert, was „normal“ ist. Gerade für weiße Leser:innen könnte diese Umkehr der Perspektive den berühmten Empathy Gap einreißen. Evaristo konfrontiert uns direkt mit der Frage: Wie leichtgewichtig haben wir einst und immer noch das Leid anderer legitimiert?
Mit „Blondes Herz“ legt Bernardine Evaristo ein literarisches Meisterwerk vor, das in seiner Mischung aus scharfer Satire, poetischer Sprache, berührender Emotionalität und historischer Tiefe einzigartig ist. Dieses Buch fordert heraus, beschämt, empowert – und öffnet Augen dafür, wie fließend die Grenzen von Macht und Ohnmacht wirklich sind. Für mich ist es nicht nur ein Roman, sondern ein kraftvolles Porträt von Identität, Widerstand und der Frage, wer das Recht hat, über andere zu bestimmen – und erinnert uns so daran, wie zerbrechlich Freiheit und Würde wirklich sind.
50 von 5 Sternen 🌟🌟🌟🌟🌟

Eigentlich stellt Bernardine Evaristo schwarze Protagonisten in den Mittelpunkt ihrer Romane und stellt auch durchaus Genderrollen in Frage. Ihr Buch "Blondes Herz" ist da ein bißchen anders, schreibt sie doch über den kolonialen Sklavenhandel - aber in einem alternativen Universum, in dem die Versklavten weiß und die Sklavenhändler schwarz sind. Die Menschen aus dem als barbarisch und unterentwickelt angesehenem Europa, die aus der Sicht ihrer neuen Besitzer kaum mehr als Tiere sind, werden ins kulturell zweifellos überlegene Afrika verschleppt. Die Auswüchse und Brutalität der Sklaverei hingegen sind dann wieder ganz so, wie wir sie aus den Geschichtsbüchern kennen.
Die Geschichte der Kohlkopfbauerntochter Doris, die heimlich Lesen und Schreiben gelernt hat, sich nicht brechen lässt und ihren Traum von Freiheit nicht aufgibt, ist fesselnd zu lesen. Trotzdem habe ich mich beim Lesen gefragt: Was will Evaristo ihren Leser*innen hier eigentlich sagen? Hält sie sie für so oberflächlich, dass sie die Grausamkeit der Sklaverei erst dann als schrecklich betrachten, wenn es um Protagonisten geht, die dem (weißen) Lesepublikum ähnlich sind? Und angesichts der Tatsache, dass weiße Menschen (ebenso wie schwarze) in allen möglichen Formen und Schattierungen vorkommen: Wieso müssen die Klischee-Weißen eigentlich allesamt blond sein und blaue oder graue Augen haben?
Geht es nur um die umgekehrte Deutungshoheit, was als schön und gut zu gelten hat? Da ich jahrelang in Afrika gelebt habe, sind mir die anderen Schönheitsnormen vielleicht vertrauter als anderen, aber trotzdem - in einem Buch über Sklaverei ist das dann letztlich weniger wichtig (auch wenn es für ein paar satirisch-überzeichnete Momente sorgt) wie das System der Versklavung und der Handel mit Menschen an sich - oder die Frage, wie die Erfahrung von Versklavung über Generationen nachwirkt. Von einer schwarzen Autorin hätte ich jedenfalls erwartet, dass sie bei der authentischen schwarzen Erfahrung bleibt. Insofern bleibt am Ende, jedenfalls bei mir, Veriwrrung.

Das Szenario, das Frau Evaristo hier schafft, regt ganz viel zum Nachdenken an. Was, wenn die Geschichte sich tatsächlich so ereignet hätte? Wo stünden wir jetzt? Ein unglaublich interessantes Gedankenspiel, welches ja durchaus genau so hätte eintreffen können. Und wie immer ist man fassungslos, wenn die unfassbare Brutalität auf den Plantagen und den Sklavenschiffen beschrieben wird ... und sich diese genauso brutal und unmenschlich zugetragen hat. Die Erzählsprache mag ich an sich sehr gerne, aber dieser Deutsch-Englisch-Mix der teils von den Charakteren gesprochen wurde (lag vllt auch an der Übersetzung?) hat mir ehrlich wenig gefallen. Deswegen auch der 1 Stern Abzug.
LeserInnen dieses Buches mochten auch:
Marica Bodrozic; Mareike Fallwickl; Judith Poznan; Christine Koschmieder; Stefanie Jaksch; Ann Cotten; Simone Scharbert; Caca Savic; Julia Friese; Olga Grjasnowa; Zsusza Bank; Isabel Bogdan; Jarka Kubsova; Clara Schaksmeier; Rasha Kayat; Claudia Hamm; Daria Kinga Majewski; Gabriele von Arnim; Slata Roschal
Belletristik, Historische Romane
Ireti Amojo; Melina Borčak; Yassamin-Sophia Boussaoud; Miriam Davoudvandi; Anne Dittmann; Karin Hartmann; Asha Hedayati; Mandy Mangler; Rebecca Maskos; Saboura Naqshband; Nicole Seifert
Politik & Zeitgeschehen, Ratgeber, Sachbuch
Gisa Pauly
Belletristik, Krimis, Thriller, Mystery, Unterhaltung & Popkultur