Weiches Begräbnis

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Erscheinungstermin 01.04.2021 | Archivierungsdatum 11.07.2021

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Zum Inhalt

„Fesselnd wie ein Opiumrausch.“ Le Monde

Wer China verstehen will, sollte diesen Roman lesen: In ihrem zuerst gefeierten, dann verfemten Roman rührt Fang Fang an die Traumata der chinesischen Seele.

Als Weiches Begräbnis 2016 in China erscheint, wird der Roman als wichtigstes chinesisches Werk der letzten Jahrzehnte gefeiert und mit dem renommierten Literaturpreis Lu Yao ausgezeichnet. Doch als bei einer Parteizusammenkunft der Roman mit dem Vokabular der Kulturrevolution als „Giftpflanze“ verbrämt wird, verschwindet das Buch vom Markt. Denn Fang Fang rührt darin an ein unverarbeitetes Trauma der chinesischen Gesellschaft, die Landreform nach 1948, als Millionen Chines*innen hingerichtet und in „weichen Begräbnissen“, d.h. ohne Sarg, verscharrt wurden.

In einem kleinen Dorf wird eine junge Frau halbtot aus einem Fluss gezogen, sie erinnert sich an nichts. Der Dorfarzt Dr. Wu rettet ihr das Leben, und sie beginnt ein neues: Sie wird Haushälterin des KP-Kaders vor Ort, heiratet ihren Retter Dr. Wu, und sie bekommen einen Sohn. Doch im Laufe der Jahre löst sich der schützende Kokon des Vergessens. Sie sind verdammt zu schweigen, denn das Schweigen schützt die Familie: auch dafür steht „weiches Begräbnis“, die Erinnerung so tief zu begraben, dass gefährliches Wissen für immer verlorengeht. Im Schatten dieses Traumas wächst ihr Sohn auf – doch alles ändert sich, als er beginnt, die Vergangenheit zu erforschen.

 

„Fesselnd wie ein Opiumrausch.“ Le Monde

Wer China verstehen will, sollte diesen Roman lesen: In ihrem zuerst gefeierten, dann verfemten Roman rührt Fang Fang an die Traumata der chinesischen Seele.

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Verfügbare Ausgaben

AUSGABE Anderes Format
ISBN 9783455011036
PREIS 26,00 € (EUR)
SEITEN 448

Auf NetGalley verfügbar

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Rezensionen der NetGalley-Mitglieder

Für diesen Roman habe ich mir viel Zeit gelassen – er war in emotionaler Hinsicht aufwühlend und fordernd, und darüber hinaus musste ich mir parallel noch einiges an Hintergrundwissen zur Geschichte Chinas im letzten Jahrhundert anlesen, um die geschilderten Ereignisse besser einordnen zu können. Es hat sich gelohnt! Fang Fang hat mit ihrem Werk mein Chinabild ordentlich durchgepustet und mein Verständnis für eine historische Epoche, die mir vorher nur sehr oberflächlich bekannt war, vertieft und die Neugier auf weitere Bücher aus diesem Kontext geweckt.

Der Roman bewegt sich auf mehreren zeitlichen und inhaltlichen Ebenen: Hauptsächlich sind das Leben der Protagonistin nach ihrer Rettung aus einem Fluss und ihrem damit verbundenen Gedächtnisverlust, angesiedelt in den Fünfziger- bis Siebzigerjahren, die vorherigen schrecklichen Ereignisse rund um die chinesische Landreform Anfang der Fünfzigerjahre (bei der eine ganze Kultur der Kunst, Bildung und des Feinsinns zerschlagen wurde, was in Form von Erinnerungen der traumatisierten Protagonistin erzählt wird) und die späteren Recherchen des Sohnes der Protagonistin, die um den Jahrtausendwechsel herum stattfinden, miteinander verschränkt.

Die Autorin entfaltet jedoch viele weitere Figuren aus verschiedensten gesellschaftlichen Schichten, gibt ihnen Raum im Geschehen, verortet sie an mehreren Stellen in den historischen Umbrüchen und ermöglicht es den Leser*innen damit, eine Vielzahl von Perspektiven einzunehmen. Diese Komplexität der Figuren samt ihrer Einbettung in verschiedene Epochen ist es, die mich am meisten beeindruckt hat. Ich komme selbst aus einem totalitären Staat, der versucht hat, die Menschen in seinem politischen Sinne gleichzuschalten, mit Enteignungen und Agitation die gesellschaftlichen Strukturen umzukrempeln und bestimmte Perspektiven auf historische Ereignisse als alleingültig zu propagieren, während andere geleugnet oder bekämpft wurden. Die Wucht, mit der eine „sozialistische“ Gesellschaftsordnung eingeführt wurde, und der Kampf um die Deutungshoheit auf das aktuelle wie vergangene Geschehen sind in China jedoch um Welten größer und gewaltsamer als in der DDR ausgefallen – wie gewaltsam, stellt Fang Fang in ihrem Werk ungeschönt dar. Sie wechselt hierbei geschickt zwischen individuellen Schicksalen und gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen, verwendet auch mal das eine als Metapher für das andere – und lässt am Ende viele Fäden offen. Vor allem eine Frage wird nicht beantwortet, sondern der Beurteilung durch die Lesenden überlassen: Beraubt man sich seiner Herkunft, wenn man sich von seinen Wurzeln trennt (bzw. von ihnen getrennt wird), oder wird erst so ein wirklicher Neuanfang möglich? Soll man an individuelles und kollektives Unrecht erinnern und nach Wiedergutmachung streben, auch wenn dies neues Unrecht aufwirft, oder ist es für die Gegenwart und Zukunft besser, über die Vergangenheit und das mit ihr verbundene Recht und Unrecht zu schweigen? (Hier zeigt sich eine große thematische Nähe zu Kazuo Ishiguros „Begrabenem Riesen“, einem meiner Lieblingsromane.)

Die Erzählweise, eine Mischung aus zunächst verschwommenen, assoziativen Wahrnehmungen der Protagonistin, die authentisch zu ihrem Gedächtnisverlust passen, und anderen stringent entfalteten Ereignissen und Erinnerungen aus der (rückwärts erinnerten!) Vergangenheit und Gegenwart, hat mir insgesamt sehr gut gefallen. Einen halben Stern Abzug gibt es für einige zähe Abschnitte und die Neigung der Autorin, das Geschehen gelegentlich erzählerisch zu stark zusammenzufassen, statt es sich in Ruhe entfalten zu lassen.

Dennoch ist dies ein Roman, der mich stark beeindruckt hat, der mir sicher noch lange nachgehen wird und dem ich viele Leser*innen wünsche, auch oder gerade weil er in China inzwischen nicht mehr erhältlich ist.

Ein Jahreshighlight, für das ich dem Verlag herzlich danke!

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Ein sehr berührender Roman, der einen lange nicht loslässt. Fang Fang bringt uns ein Land nahe, das wir wahrscheinlich nie begreifen werden. Sie zeigt, mit welcher Härte die Bodenreform umgesetzt wurde mit allen Konsequenzen, sie zeigt aber auch den Umgang mit dem Wissen darum in der heutigen Zeit. Aus Sicht der Machthaber ist verständlich, das der Roman in China auf dem Index steht. Um so wichtiger ist es solche Bücher in unserer westlichen Welt zu veröffentlichen und vor allem zu lesen!

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Letztes Jahr habe ich das Buch "Wuhan Diaries" von Fang Fang gelesen, in dem die chinesische Autorin den Corona-Lockdown in ihrer Heimatstadt durch eindrückliche Tagebucheinträge schilderte. Da mich das Buch sehr fasziniert hat, kam damals schon der Wunsch in mir auf auch einmal einen Roman der Autorin zu lesen, allerdings gab es bisher noch keine Deutschen Übersetzungen ihrer Bücher. Mit "Weiches Begräbnis" ist nun ein Roman verfügbar, für den sie in China mit einem renommierten Literatur-Preis ausgezeichnet wurde, der aber inzwischen dort durch Druck von politischen Gegnern wegen der kritischen Auseinandersetzung mit historischen Ereignissen der jüngeren chinesischen Vergangenheit vom Markt verschwunden ist (genau wie schon die "Wuhan Diaries").
Ich war erst etwas skeptisch ob mir das Verständnis des Buches schwer fallen würde, denn die kulturellen Gepflogenheiten in China sind teilweise schon sehr anders, außerdem ist man als Westeuropäer mit der jüngeren chinesischen Geschichte wenig vertraut und diese spielt laut Klappentext eine tragende Rolle in der Geschichte. Allerdings war die Sorge weitgehend unbegründet, lediglich die für westliche Empfindungen oft sehr ähnlichen Familiennamen und unvertrauten Vornamen machten mir anfangs ein paar Schwierigkeit. Unbekannte Begriffe wurden aber ansonsten sehr gut mit Fußnoten erklärt.

Im Zentrum des Romans steht die alte Frau Ding Zitao, die als junge Frau halbtot aus einem Fluss gefischt wurde und sich an nichts aus ihrer Vergangenheit erinnert. Sie heiratet ihren Lebensretter, einen Doktor namens Wu und bekommt mit ihm einen Sohn, doch jegliches Rühren an ihrer Vergangenheit führt bei ihr zu Angst- und Panikzuständen und so beschließt die Familie die Vergangenheit völlig unberührt zu lassen. Als Ding Zitao bereits über 70 ist, möchte ihr Sohn Jinglin endlich ein lang gehegtes Versprechen einlösen, nämlich ihr einen sorglosen Lebensabend zu ermöglich sobald er genug Geld dafür verdient hat. Er kauft ihr also ein relativ luxuriöses Haus als Altersruhesitz in dem seine Mutter zusammen mit ihm und seiner Familie leben soll. Doch schon beim Betreten des Hauses wirkt seine Mutter verwirrt und verstört und im Laufe der ersten Nacht fällt sie in eine Art Wachkoma oder katatonischen Zustand aus dem sie einfach nicht mehr erwacht.

Das Buch besteht danach aus zwei Erzählebenen, Jinglin versucht anhand der Wortfetzen die er von seiner Mutter gehört hat und mit Hilfe einiger Tagebücher seines Vaters, die er zufällig findet, mehr über die Vergangenheit seiner Eltern herauszufinden. Doch bald stellt sich für ihn die Frage wieviel Vergangenheit ein Mensch überhaupt braucht und vertragen kann und ob Vergessen nicht manchmal sogar die bessere Alternative ist?
Der Leser begleitet parallel Ding Zitao durch ihre eigene Erinnerungswelt in der sie gefangen ist und erlebt ihr Trauma zusammen mit ihr noch einmal.

Mir hat das Buch gut gefallen, man muss sich schon darauf einlassen, dass der Sprachstil und die Erzählweise eines chinesischen Romans für westliche Gewohnheiten etwas fremd klingt, auch die kulturellen Gepflogenheiten und Denkweisen ist für Europäer sicher oft ungewohnt. Aber gerade deswegen bietet der Roman einen wissens- und bewusstseinserweiternden Einblick in eine ganz andere Kultur und zugleich lernt man dass fast jedes Land sich ähnliche schmerzliche Fragen stellen muss, wenn man sich mit den grausameren Aspekten der jüngeren Geschichte auseinandersetzt.

Abgerundet wird das Buch durch einen kleinen Epilog der Autorin über die Entstehungsphase und ein Nachwort in dem die "Bodenreform" in China näher erklärt und historisch eingeordnet wird und auf die politischen Widerstände eingegangen wird auf die die Autorin mit ihrem Buch traf. Für mich ist es sehr bewunderswert wie Fang Fang - die vom Autor des Nachworts treffend als "streitbare Humanistin" bezeichnet wird - sich gegen alle Widerstände in ihrem Land mit ihren Worten eine Stimme verschafft, wieviel einfacher haben es westliche Autoren, die sich nicht ständig in dem Maße vor Anfeindungen und Zensur drangsalieren lassen müssen.

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Fang Fang ist eine durch und durch humanistische Schriftstellerin. In »Weiches Begräbnis« spürt sie den Schäden nach, die eine aggressive staatliche Erinnerungspolitik, wie China sie ausübt, im Leben der Menschen, aber auch der ganzen Gesellschaft verursacht. Im Ton lakonisch und in der Ausgestaltung raffiniert rekapituliert sie die Geschichte des modernen China. Dabei besticht sie vor allem mit der zutiefst respektvollen Darstellung ihrer Figuren. So erlaubt sie uns einen Einblick in ein China weit jenseits aller selbstgewissen, und ja auch: selbstgerechten, Aburteilung. Literatur ist eben doch immer wieder der Raum für unvoreingenommene Welterkundung.

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Eine sehr eindrucksvolle Geschichte von einer außergewöhnlichen Autorin. Ein spannender Hintergrund mit
der großen Bodenreform Anfang der 50er Jahre und der Machtübernahme durch die KP China.
Familien wurden auseinander gerissen, Menschen ermordet und Leute ihrer Erinnerung beraubt.
Nicht verwunderlich, daß den aktuellen Machthabern das Wirken von Fang Fang nicht passt.

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Fang Fang hat ein Meisterstück des Erinnerns und Vergessens geschrieben!
Das Schicksal von Ding Zitao ist beispielhaft für viele tausende Leben, die ihn China während der Mao-Ära zerstört worden sind.
Fang Fang hat es aber geschafft eine Geschichte von untragbarer Traurigkeit zu finden und sie niederzuschreiben. Die Kritik, die sie ausübt ist eher zwischen den Zeilen zu lesen und das macht es vielleicht etwas schwierig zu lesen. Im Vordergrund steht aber die Macht der Erinnerung und die noch stärkere Macht des Vergessens! Ein absoluter Lesetipp!

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Endlich hat Qinglin genug Geld verdient, um seiner Mutter ein Haus zu kaufen, die ihn nach dem frühen Tod des Vaters allein großziehen musste. Als Ding Zitao jedoch in der neuen Villa ankommt, verhält sie sich zunehmend seltsam. Sie spricht Sätze aus, an die sie sich später nicht erinnern kann, ganz so, als sei sie eine völlig andere Person und schließlich fällt sie ganz ins Wachkoma. Qinglin macht sich auf die Suche nach Hinweisen, um seine Mutter aus ihrem Zustand zurückzuholen und taucht dabei tief in ihre Vergangenheit, die seines Vaters und vieler anderer Menschen um ihn herum ein. Im Verlauf seiner Recherchen muss er sich jedoch fragen, ob Vergessen nicht manchmal auch ein Segen sein kann.

Die chinesische Schriftstellerin Fang Fang wurde für ihr 2016 erschienenes Buch „Weiches Begräbnis“ mit dem renommierten Literaturpreis Lu Yao ausgezeichnet. Da sie sich darin jedoch mit der Bodenreform ab 1948 beschäftigt, die Millionen von Menschen das Leben kostete, landete der Roman schnell auf dem Index, wie übrigens auch ihr neuestes Werk „Wuhan Diary“. „Weiches Begräbnis“ wird aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt. Aus dem, was sich in Ding Zitaos Unterbewusstsein im Wachkoma abspielt sowie Tagebüchern ihres Ehemannes Dr. Wu und Gesprächen, die Qingli mit Überlebenden und ihren Nachkommen führt, beginnt sich nach und nach ein Bild zusammenzusetzen.

Als junge Frau wurde Ding Zitao schwer verletzt und ohne Erinnerung aus einem Fluss geborgen. Später heiratete sie ihren damaligen Arzt Dr. Wu und bekam mit ihm Sohn Qinglin. Was sich im Laufe der Handlung über die Vergangenheit offenbart, ist ungemein grausam und als Leserin versteht man sehr schnell, warum die Protagonistin sich so lange geradezu gegen das Erinnern stemmt. Denn der Ausdruck „weiches Begräbnis“ beschreibt nicht nur das Begrabenwerden ohne Sarg, in nackter Erde, sondern auch die sanfte, rettende Abschottung, die das Verdrängen den Überlebenden gewährt.

Wer Romane liebt, in denen sich am Ende immer alles wundersam auflöst, wird mit diesem nicht glücklich werden. Alle anderen erwartet ein wahres Meisterwerk über die Macht von Erinnerungen.

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Verdrängte Vergangenheit

Ein wichtiger Roman einer bedeutenden chinesischen Autorin. Erzählt wird von einer jungen Frau, die verletzt aus dem Fluß geborgen wurde. Sie hat anscheinend ein Trauma erlebt und das Gedächtnis verloren. Sie heiratet ihren Retter, Dr. Wu, bekommt ein Kind und wird früh Witwe. Erst als ihr Sohn schon erwachsen ist, kommen frühe Erinnerungen, die sie in einen katalonischen Zustand versetzen.
Ich denke, man muss dieses Schicksal exemplarisch lesen als Beispiel für eine Generation, die Vergangene s verdrängte
Es gibt Rückblicke, aber auch viele Passagen mit Quinlin, ihren Sohn. ER beginnt schließlich selbst über die Vergangenheit nachzuforschen, liest das Tagebuch seines verstorbenen Vaters und besucht die alte Heimat der Mutter.

Fang Fang schreibt ansprechend und zugängig. Sie arbeitet die Emotionen der Figuren vorsichtig heraus, ohne ihnen dabei zu Nahe zu treten. Eine Qualität.

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