„Happily“ ist ein Buch wie eine Wundertüte: Wenn wir es öffnen, kommen wir aus dem Staunen nicht mehr heraus. Wir folgen Eli und Noah, den beiden Söhnen der Autorin, auf ihren Abenteuern, wir begegnen Wölfen, Prinzessinnen und Stiefmüttern, Peter Pan, Alice oder Rumpelstilzchen. Poetisch und verschmitzt lässt uns Sabrina Orah Mark am Alltag ihrer Schwarz-jüdischen Patchworkfamilie im amerikanischen Süden teilhaben. Ihre Geschichten sind erfüllt von der Surrealität des Zusammenlebens, von Mutterliebe, Wärme und Verlustangst. Sie erfindet das alte Märchen neu, stellt es auf den Kopf, um die Widersprüche unserer Gegenwart zu verstehen und vom Wunder der Zugehörigkeit, aber auch von Rassismus und Bedrohtheit zu erzählen.

SABRINA ORAH MARK IM GESPRÄCH MIT LEKTORIN JESSICA BEER

Die meisten Geschichten in Happily erzählen von vertrauten Situationen, vor allem von Familiensituationen: von Freude und Schmerz der Mutterschaft (und Stiefmutterschaft), Erfahrungen von Verlust und Liebe, Grausamkeit und Zugehörigkeit im Alltag deiner jüdisch-afroamerikanischen Patchworkfamilie. Wie haben dir Märchen geholfen, uns von der Realität zu erzählen?

Sabrina Orah Mark:
Ich habe ein schrecklich schlechtes Gedächtnis, und ich wollte einen Ort (außerhalb meiner Erinnerung), um die schönen, seltsamen Dinge aufzubewahren, die meine beiden Söhne oft zu mir sagen. Zum Beispiel: „Keine Sorge, Mama, ich werde dir beibringen, wie du deine Jacke zuknöpfst, wenn du wieder klein bist.“
Am Anfang von Happily standen also der Wunsch, etwas festzuhalten, und der Wunsch, meine Söhne zu beschützen. Als ob das Aufschreiben von allem, was sie sagen, und allem, was geschieht, eine Rüstung wäre, die sie tragen könnten. Schwarze jüdische Jungen im amerikanischen Süden aufzuziehen, so weit weg von dem Ort, an dem ich selbst aufgewachsen bin (emotional, physisch, spirituell), fühlte sich an wie ein Puzzle, bei dem die Hälfte der Teile fehlte. Wo waren diese Teile? Anstatt den ganzen Weg zurück in die Welt zu gehen, in der ich aufgewachsen bin, in das New York der Vergangenheit, um diese Teile zu finden, beschloss ich, mich an Märchen zu wenden, an Orte, die noch älter sind als die Kindheit. Sie sollten mir Gesellschaft leisten und mir den Weg weisen. Was ich entdeckte, war, dass Märchen mir ermöglichten, Geschichten zu erzählen, für die ich zuvor zu schüchtern oder zu ängstlich gewesen war. Märchen hielten meine Hand und versicherten mir, dass alles, was ich fühlte, bereits gefühlt worden war, jetzt gefühlt wird und wieder gefühlt werden wird.
Ich weiß nicht, ob du schon einmal ein Märchen in der Hand gehalten hast, aber es hat diese erstaunliche Biegsamkeit. Wenn wir versuchen, es von unserer Kindheit bis dorthin zu dehnen, wo wir gerade stehen, passiert etwas Erstaunliches. Wie das Aleph in Jorge Luis Borges‘ gleichnamiger Erzählung - ein Buchstabe, der klein genug ist, um das Universum zu enthalten - fühlt sich das Märchen an wie ein Haus, das uns alle beherbergt, ein Haus, das niemals abbrennen wird.

DAS GESAMTE GESPRÄCH KÖNNEN SIE UNTER Zusatzmaterial HERUNTERLADEN.

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