Die Frauen von Själö

Roman

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Erscheinungstermin 08.02.2019 | Archivierungsdatum N/A

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Zum Inhalt

In einer Herbstnacht im Jahr 1891 ertränkt Kristina Andersson ihre zwei schlafenden Kinder im Meer. Sie kommt in die Nervenheilanstalt auf Själö, einer Insel im Schärengarten Finnlands – kaum eine der Patientinnen, die hier eingewiesen werden, verlässt die Insel jemals wieder.
Vierzig Jahre später wird die siebzehnjährige Elli ebenfalls dort eingeliefert. Sie wünschte sich mehr vom Leben als die Enge ihres Elternhauses. Sie lief von zu Hause weg, verliebte sich Hals über Kopf und musste vor der Polizei fliehen. Doch zu ihrer Zeit erlaubt man Frauen den Ausbruch aus ihrem Leben nicht. Jetzt ist sie ebenfalls gefangen auf der Insel Själö, wo die Zeit stillzustehen scheint ...

Johanna Holmström erzählt bildreich und fesselnd von zwei Frauen, die einen hohen Preis für ihr Verlangen, ihre Liebe und ihr Streben nach Freiheit bezahlen mussten.

In einer Herbstnacht im Jahr 1891 ertränkt Kristina Andersson ihre zwei schlafenden Kinder im Meer. Sie kommt in die Nervenheilanstalt auf Själö, einer Insel im Schärengarten Finnlands – kaum eine...


Verfügbare Ausgaben

AUSGABE Anderes Format
ISBN 9783550050442
PREIS 22,00 € (EUR)
SEITEN 368

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Rezensionen der NetGalley-Mitglieder

3.5 Sterne

Für mich ein schwieriges Buch. Schwer zu lesen, weil die Themen wirklich bedrückend waren. Am Anfang musste ich gleich eine Pause machen, weil es mir zu Nahe ging, aber es gibt viele Sprünge in der Zeit und zwischen den Figurne. Und es fiel mir immer schwerer mich wirklich auf die Protagonistinnen einzulassen.

Deshalb kann ich keine volle Punktzahl vergeben.

Ausführliche Rezi im Netz

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Eine kleine Insel im Schärenmeer vor der Küste Finnlands. Karg und abgeschieden. Viel mehr als eine Kirche und ein Krankenhaus findet sich hier nicht. Das ist Själö. Was einst ein Verbannungsort für Leprakranke war, ist seit dem 19. Jahrhundert ein Heim für Frauen mit psychischer Störung. Und leider zumeist auch ein Ort ohne Wiederkehr. Die Frauen dort gelten als unheilbar krank. Doch selbst bei geistiger Gesundheit können einen das Eingesperrtsein, die Isolationshaft, die Trennung von der Familie, die demütigenden Untersuchungen und die Ausweglosigkeit der Situation verrückt werden lassen.

Johanna Holmström beschreibt in ihrem Roman, drei unterschiedliche Frauen, deren Wege sich auf ebenjener Insel kreuzen. Kristina und Ellie kommen als Patientinnen ins Heim, für Krankenschwester Sigrid ist die abgeschiedene Insel ein wenig zur Heimat geworden.

Die Geschichte beginnt mit Kristina, die ihre beiden kleinen Kinder ertränkt hat und wegen dieser Tat auf Själö landet. Ihre Geschichte war sehr interessant zu lesen. Holmström beschreibt anschaulich und einfühlsam, wie es zu diesem Unglück kommen konnte, gibt Einblicke in ihr Leben und ihre erste Zeit auf der Insel. Kristina mochte ich sehr gerne und fand es spannend über diese Frau zu lesen, deren Leben ich so eklatant von unserem heutigen unterschied.

Was ich schade fand war, dass es dann plötzlich einen großen Zeitsprung von ca. 40 Jahren gibt und wir uns mit Ellie beschäftigen, die es aus ganz anderen Gründen nach Själö verschlägt und die nichts anderes als weg will, von dieser Insel. Zwar ist auch auch Ellies Geschichte interessant und spiegelt viel mehr den Klinikalltag wieder als es bei Kristina der Fall war, doch dass ihre Geschichte nun einfach auserzählt sein sollte und sie im Roman kaum mehr als Statistin vorkommt hat mir überhaupt nicht gefallen. Ich hätte mir gewünscht, dass die Geschichten viel mehr verflochten sind, dass die beiden sich zumindest kennenlernen, irgendwie zusammen agieren. Den harten Schnitt fand ich enttäuschend.

Holmström hat eine durchgehend angenehme Art zu schreiben. Ihr Roman liest sich flüssig, ist unterhaltsam und stellenweise wirklich schön geschrieben ohne kitschig, süßlich oder allzu dramatisch zu werden. Bildhaft beschreibt sie die Insel und bringt einem ihr Personal nahe, die zwar alle auf ihre Art schwierig aber ebenso liebenswert sind.

"Die Frauen von Själö" ist ein ruhig erzählter Roman um verschiedene Frauen und ihre Schicksale. Ich fand es spannend zu lesen, auch wenn man nicht mit viel Drama oder Aktion rechnen darf. Das Thema des Romans hat mich begeistert und interessiert. Die Umsetzung hätte meines Erachtens noch Luft nach oben gehabt. Holmström hat den "echten" Frauen von Själö hiermit ein schönes Denkmal gesetzt.

3,5 / 5 Sterne

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Die Frauen von Själö von Johanna Holmström ist ein Roman über das Schicksal von drei Frauen die auf einer einsamen Schäreninsel vor der Küste Finnlands leben.
Nicht alle sind freiwillig da. Zwei von ihnen gelten als unheilbar krank und sind deshalb in eingesperrt in der Heilanstalt für Geisteskranke. Die dritte ist Schwester in diesem Heim.
Der Roman beginnt mit der Geschichte von Kristina, die im Herbst 1891 ihre zwei Kinder ertränkt hat und wird dann 40 Jahre später fortgesetzt mit der Geschichte von Elli.
Mir hat die Schreibweise von Frau Homström sehr gut gefallen. Ruhig und gleichförmig, strömt in die Zeit auf der Insel. Hoffnungslos und unerbittlich. Die Beschreibungen der Landschaft, die Trostlosigkeit auf dieser Insel berühren.
Mein Fazit: lesenswert!

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1891. Die kleine finnische Insel Själö ist seit langer Zeit ein Sammelbecken für psychisch kranke Frauen, die dort in einem Heim untergebracht werden und für die es kein Zurück gibt in die normale Zivilisation. Sowohl die Behandlungsmethoden sind fragwürdig, helfen Schwerkranken nicht und weniger schwere Fälle werden erst recht verrückt. Ein Entkommen von der Insel ist praktisch unmöglich. Eine der Insassinnen dieses Heims ist Kristina. Sie kam nach Själö, weil sie ihre eigenen beiden kleinen Kinder ertränkt hat.
20. Jh. Elli ist erst 17 Jahre alt, als sie nach Själö verbannt wird. Sie hat den Fehler begangen, sich ein anderes Leben zu wünschen, eines fernab von gesellschaftlichen Konventionen. Sie will einfach nur ihre eigenen Entscheidungen treffen, ob sie anderen gefallen oder nicht. Aber genau das hat sie nun nach Själö gebracht. Wird sie die Insel jemals verlassen können?
Johanna Holmström hat mit ihrem Buch „Die Frauen von Själö“ einen unterhaltsamen und eher ruhiger Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig, bildhaft und wirkt stellenweise sogar pragmatisch. Die Autorin führt den Leser auf eine kleine Insel, die in ihrer Zeit völlig entrückt wirkt. Dort schlagen die Uhren anders, es geht um den Klinikalltag der psychiatrischen Klinik, die Behandlungsmethoden, einzelne Krankenschicksale und das dortige Personal. In einer doch recht malerischen Gegend mutet diese Geschichte zuerst recht unspektakulär an, doch es sind die Geschichten der Frauen, die den Leser im Herzen erreichen sollen. Das Schicksal von Kristina ist so ganz anders als das von Elli 40 jahre später. Kristinas Tat sorgt nicht nur in der damaligen, sondern auch in der heutigen Zeit für Unverständnis. Doch Elli hat nichts falsch gemacht, sie wird von der Gesellschaft deshalb verurteilt, weil sie ein Freigeist ist, andere Vorstellungen vom Leben hat. Das ist beängstigend und lässt den Leser oftmals den Kopf schütteln. Auf angenehme Weise lässt die Autorin Parallelen entstehen und hält den Menschen einen Spiegel vor das Gesicht ob ihrer Denk- und Lebensweise, die durchaus eine Rolle spielen und der Ausschlag dafür sind, ob sie von der Gesellschaft anerkannt oder verstoßen werden.
Die Charaktere sind sehr unterschiedlich konzipiert und individuell ausgestaltet. Sie wirken durchweg authentisch und realitätsnah. Der Leser bekommt die Möglichkeit, ihnen sehr nahe zu kommen und ihre Gefühle zu teilen. Kristina ist eine sehr interessante Protagonistin, deren Leben sie an einen Punkt gebracht hat, wo sie keinen anderen Ausweg mehr sah als ein Verbrechen zu begehen. Die jüngere Elli hat keinen Mord begangen, ihr Verbrechen ist es einzig und allein, anders zu denken und leben zu wollen. Sigrid ist in der Klinik Krankenschwester, die sich um die Patienten kümmert und schon lange in Själö arbeitet. Gleichzeitig hat man oftmals das Gefühl, dass sie einsam und auch etwas abgestumpft wirkt.
„Die Frauen von Själö“ ist ein eindringlicher Roman über drei verschiedene Frauenschicksale, wie sie unterschiedlicher nicht sein können. Wer sich von malerischen Landschaftsbildern einfangen lassen und interessante Frauen kennenlernen möchte, wird dieses Buch mögen.

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Gefängnis oder Freiheit?:
Johanna Holmströms aktueller Roman „Die Frauen von Själö“, der im Februar 2019 im Ulstein-Verlag erschienen ist, beschäftigt sich mit der Geschichte der auf dieser Insel im finnischen Schärengarten gelegenen Nervenanstalt für Frauen und deren Bewohnerinnen. Beispielhaft stehen die Schicksale zweier Patientinnen und einer betreuenden Krankenschwester im Mittelpunkt der Erzählung.
Die Geschichte nimmt ihren Anfang im Jahr 1891 mit Kristina, die nach der Geburt eines unehelichen Kindes an den Rand der Gesellschaft gedrängt wurde. Sie findet zwar einen Partner, mit dem sie eine kleine Familie gründet, als Einari zur See fährt, um ihre gemeinsame Existenz zu sichern, ist Kristina mit der Last des Alltags und der Einsamkeit überfordert. Ihre Zunehmende Erschöpfung führt eines Abends zu einer dramatischen Szene, in der Kristina nicht ganz bei Sinnen ihre eigenen Kinder im Fluss ertränkt. Nach einigen Zwischenstationen landet Kristina in der Anstalt in Själö, die für die meisten Patientinnen eine Endstation bedeutet und die nur wenige jemals wieder verlassen. Es gibt keine wirkliche Therapie, die Patientinnen, die in der Gesellschaft unerwünscht sind, werden dort verwahrt und isoliert, sobald sie den Ansprüchen nicht genügen. Insgesamt erinnert das Krankenhaus eher an ein Gefängnis.
Ein Zeitsprung führt in die 1930 Jahre, als die 17-jährige Elli nach depressiven Phasen und einem Ausreißversuch mit ihrer ersten großen Liebe auf Själö eingewiesen wird. Wenig vor Elli hat Sigrid in der Anstalt als Pflegerin begonnen. Sie hat sich bewusst diesen Ort als Arbeitsstätte gewählt und versucht den Frauen dort mit mehr Empathie und Verständnis zu begegnen, stößt in dem damals herrschenden System und eingefahrenen Denken jedoch an ihre Grenzen.
Der Roman bewegt, stimmt nachdenklich und erschreckt immer wieder mit seinen schonungslosen Schilderungen. Frauen mit ernsten psychischen Problemen zerbrechen aufgrund mangelnder Hilfe, andere passen nicht in die Gesellschaft, ecken mit ihren Gefühlen und Verhaltensweisen an und werden nach Själö abgeschoben. Die Abgeschiedenheit der Insel führt zu einer ganz eigenen Dynamik, nicht zuletzt, weil die Frauen dort weitgehend auf sich allein gestellt sind.
Johanna Holmström greift auf sensible Weise tatsächliche Schicksale auf schildert mit zum Teil sehr eindringlichen Bildern, wie nah in dieser Zeit auf der Insel Själö der Eindruck von Gefängnis und Freiheit beieinander lagen. „Die Frauen von Själö“ ist ein ruhiger Roman, für den man sich Zeit nehmen sollte, um die wechselnden Stimmungen auf sich wirken zu lassen.

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Eines dieser seltenen Bücher, die einem den Schlaf rauben weil es zu Ende gelesen werden muss. Um sich dann in den frühen Morgenstunden mit Tränen in den Augen zum Einschlafen zu überreden.
Über einen Zeitraum von über 100 Jahren begleiten wir drei Frauen auf ihrem Weg in die Irrenanstalt und einige auch wieder hinaus. Es ist ein leises Buch, ein trauriges und schönes Buch das die Geschichten der Frauen so kunstvoll verwoben erzählt.

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Die kaum 2 Kilometer lange Insel Själö, schwedisch für Insel der Seehunde, liegt nicht weit entfernt von der finnischen Stadt Turku und wurde 1619 per Dekret von König Gustav Adolph von Schweden als Aufenthaltsort für die aussätzigen Leprakranken der Stadt bestimmt, u.a. weil die Insel über Buchten zum Ankern verfügt & einen Sandplatz als Begräbnisstätte.

Der letzte Leprakranke verließ das dortige Krankenhaus 1785, doch schon bald folgten andere. Von der Gesellschaft Ausgestoßene, Geisteskranke, Kriminelle, Nicht-mehr-Gewollte, Verwirrte oder einfach nur Arme. Själö wurde für sie Gefängnis, Zufluchtsort oder Heimat, auf jeden Fall ein fast geschlossenes Universum, denn ein Zurück in ihr altes Leben war für die Patientinnen nicht vorgesehen.

Johanna Holmströms neuer Roman Själö (im Original: Själarnas ö, Insel der Seelen) erzählt die Lebensgeschichte dreier Frauen, von zwei Patientinnen & einer Krankenschwester, die Jahrzehnte ihres Lebens an diesem eigentümlichen Ort, einer Gemeinschaft geführt von Frauen & belebt von Frauen, zugebracht haben. Inspiriert wurde Holmström, eine schwedischsprachige Autorin aus Finnland, dabei von Jutta Ahlbeck-Rehns Dissertation. Diagnose und Disziplin: medizinischer Diskurs und weiblicher Wahnsinn im Krankenhaus Själö 1889-1944

Da ist die auffällig schöne Kristina, die Anfang Zwanzig, allein gelassen von Mann, Familie & Kirche mit zwei kleinen, fordernden Kindern & ihrer Anstellung als Magd, um ihr aller Überleben zu sichern, in einer Herbstnacht 1891 aus lauter Müdigkeit & Verzweiflung ihre schlafenden Kinder dem Meer übergibt. Anstatt für sechs Jahre ins Zuchthaus zu gehen, wird sie auf Anraten eines Jugendfreundes, eines evangelischen Pfarrers, in die neu eingerichtete Frauennervenheilanstalt nach Själö gebracht.

Da ist Iris, 17 Jahre alt, die Jahrzehnte nach Kristina, die zu dem Zeitpunkt schon eine in sich eingeschlossene, stumme, alte Frau ist, von der die Mitpatientinnen nur noch als die Kindsmörderin sprechen, mit dem Einverständnis ihres Bürgerlichen Eltern dort eingeliefert wird. Sie, die sich nichts mehr als die Liebe ihrer Mutter wünscht, buhlt verzweifelt um Aufmerksamkeit, ist renitent, rebelliert, verliebt sich, stößt den Falschen zurück, der sich perfide rächt, wird beschuldigt & aus gesellschaftlichem Kalkül „verstecken“ ihre Eltern sie auf Själö.

Und da ist Sigrid, die junge, engagierte & gut ausgebildete Krankenschwester, die sich, wenige Jahre vor Iris Einlieferung, freiwillig diesen Ort ausgesucht hat, weil sie daran glaubt hier etwas Sinnvolles zu tun. Während ihr Verlobter studiert, geht sie auf in der strengen aber herzlichen Zuwendung zu ihren Patientinnen. Als ihr eine leidenschaftliche Nacht & der große Krieg ihre Zukunftspläne zunichte machen, ist es die Gemeinschaft der Frauen von Själö, die sie auffängt.

Kristinas Mutter fasst die Gefahren eines Frauenlebens wie folgt zusammen:

„Manchmal glaube ich, dass es ein Unglück ist, als Frau zur Welt zu kommen. Körperlich schwach, aber gleichzeitig eine Verlockung für die Männer. So verlockend, dass es sie schwach im Kopf macht, aber wenn sie sich dann nehmen, was sie wollen, fehlen ihnen die Kräfte nicht. Dabei ist es ganz egal, wie stark eine Frau ist, denn ein Mann ist immer stärker, egal wie gut sie ist oder wie mutig oder wer sie ist und woher sie kommt. Es ist immer möglich, dass man sie zu Boden wirft und sie besteigt. Und dann kriecht sie im Dreck, die hohe ebenso wie die niedrige.“

Sehr geschickt beginnt Holmström ihren bildgewaltigen Roman mit einem Einblick in die Geschichte der Psychiatrie. Sie schildert ein gruselig anmutendes Verfahren, das der französische Hofarzt des Königs & Hochschulprofessor in Montpellier Pierre Pommes (1735-1812) zur Kur der Hysterie (siehe: Pomme, Pierre & John Berkenhout: Treatise on Hysterical and Hypochondriacal Diseases. In Which a New and Rational Theory Is Proposed, and a … Cure Recommended … Nabu Press, Neuauflage 2010) einsetzte: das Kältebad. Dazu wurde eine Probandin systematisch über 10 Monate täglich über Stunden in eine Wanne mit eiskaltem Wasser gesetzt, was dazu führte, dass sich ihre Haut, aber auch ihre inneren Organe ablösten & abgingen. Stolz vermeldet er seinen Erfolg: Heilung der Hysterie, wenn auch mit Todesfolge für seine Patientin.

Als kluge Autorin unterläuft Hallström die Lesererwartungen, denn ihre fesselnde Schauergeschichte ist eine wenige offensichtliche, weniger laute, obwohl letzteres natürlich nur im übertragende.Sinne zutrifft, eine psychiatrisches Krankenhaus ohne ruhig stellendes Psychopharmaka war alles andere als ein Haus der Stille.

In beeindruckend Weise wechselt sie zwischen poetischen Landschaftsbeschreibungen, archaischen Gewaltdarstellungen & eindringlichen Beziehungsdarstellungen, wobei die Adjektive untereinander austauschbar sind.

Mit viel Empathie für ihre Figuren zeichnet Holmström diese Frauenwelt, in der Männer nur Nebenrolle einnehmen, meist durch Abwesenheit glänzen, deshalb aber nicht weniger nachhaltig Einfluss nehmen, als abwesende Väter & Liebhaber, als übergriffige Fremde, als mitleidlose Kirchenvertreter, als Ärzte, die nur stundenweise vorbeischaun, & deren Interesse in Vermessungen & Skalierungen liegt, als Politiker, die die gesellschaftlichen Regeln & Konventionen aufstellen, die diese Frauen nicht genügen konnten.

Aufmerksam gelesen ist Själö ein aktueller, emanzipatorischer Roman, der darauf hinweist, dass es in der Geschichte immer die Männer waren & sind, die Frauen ihren Platz in der Gesellschaft zuweisen & das weibliche Solidarität das beste Mittel ist, dem zu begegnen.

Vielleicht ist Holmströms Själö etwas zu romantisiert & endet zu versöhnlich, doch allen voran sind die eindrucksvollen Frauenschicksale Mahnung & Ansporn im Kampf für Frauenrechte nie nachzulassen.

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In „Die Frauen von Själö“ widmet sich die Autorin Johanna Holmström einem traurigen Kapitel Geschichte auf einer kleinen Schäreninsel. Die dort gelegene Nervenheilanstalt ist Dreh- und Angelpunkt dieses Romans über drei junge Frauen. Da ist Kristina, die in eine psychische Ausnahmesituation gerät und im Wahn ihre Kleinkinder ertränkt. Viele Jahre später kommt die Pflegerin Sigrid auf die Insel. Und dann gibt es auch noch Eli, eine Teenagerin, die in die Anstalt eingewiesen wird, weil sie versucht, von der Insel zu fliehen und ein selbstbestimmtes Leben zu leben.
Ich habe bereits Romane über solche oder ähnliche Einrichtungen gelesen in denen vor allem Frauen der Hysterie bezichtigt und unter haarsträubenden Verhältnissen eingesperrt wurden. Die damaligen Behandlungsmethoden grenzten oft an Folter. Auf Själö ist es vor allem die Abgeschiedenheit und die mangelnde Hilfe, die dazu führt, dass die Frauen nicht wieder zurück finden in die Gesellschaft. Die meisten verbringen den Rest ihres Lebens dort und je nach ihrer Erkrankung vegetieren sie dahin oder finden aus sich selbst heraus einen Weg, mit dem Alltag in der Anstalt zurecht zu kommen. Der Pflegerin Eli, die gerne etwas ändern und verbessern würde, sind starre Grenzen gesetzt, die sie nicht schafft aufzubrechen.
Die Autorin beschreibt intensiv und detailgenau. Man merkt dem Buch die Recherchearbeit wohltuend an. Es ist keine leichte Geschichte und Johanna Holmström will nicht beschönigen und es gibt auch kein versöhnliches Ende. Die Einsamkeit der Frauen berührt zutiefst und macht traurig. Die Hoffnungslosigkeit wird in dieser kargen rauen Landschaft noch größer.

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Johanna Holmströms Roman "Die Frauen von Själö" ist nicht der einzige Roman der letzten Zeit, der sich die Schärenlandschaft entlang der skandinavischen Ostseeküste als Hintergrund der Handlung ausgesucht hat. Im vorliegenden Roman, in dessen Mittelpunkt ein zum Ende des 19. Jh. auf einer finnischen Schäreninsel eingerichtete Nervenheilanstalt für Frauen in deren Bewohnerinnen stehen, erscheint die Insellage symptomatisch. So wie die hier zu heilenden Frauen kaum jemals tatsächlich ihrem Leben entfliehen können, so wenig haben Sie eine realistische Chance, die Insel wieder zu verlassen und manche wollen es auch gar nicht. Die Schreibweise der Autorin macht es dem Leser leicht, sich in die Welt von Själö hineinzuversetzen und selbst für pathologisch anmutenden Verhaltensweisen (oder solche, die so wirken sollen) Verständnis aufzubringen. Eine wunderbare Lektüren. Endlich mal wieder ein Buch, das man vor der letzten Seite nicht weglegen mag.

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Trauriges Mahnmal

Der Roman „Die Frauen von Själö“ der Autorin Johanna Holmström erzählt die Geschichte zweier Frauen, die zu unterschiedlichen Zeiten Insassinnen einer Nervenheilanstalt, gelegen auf einer Insel im finnischen Schörengarten, sind. Beispielhaft stehen diese beiden Einzelschicksale im Mittelpunkt der Erzählung für das Schicksal von psychisch kranken Frauen zu früheren Zeiten, den Behandlung eher an Gefängnisaufenthalte als an Heilung erinnerte.

Die Handlung setzt 1891 mit Kristina ein, die nach der Geburt eines unehelichen Kindes im gesellschaftlichen Abseits stehend zwar einen Partner findet, doch ihr Alltag ist bestimmt von Einsamkeit und zunehmender Erschöpfung. Sie ertränkt ihre eigenen Kinder im Fluss und landet schließlich in der Nervenheilanstalt Själö. Dies ist für sie wie für die meisten anderen Patientinnen auch Endstation, die sie nie wieder verlassen werden. Gesellschaftlich geächtet und nicht gebraucht, ohne Therapie, vegetieren die eingesperrten Frauen in diesem Gefängnis dahin.

Die 17jährige Elli wird in den 1930er Jahren mit Depressionen nach einem Ausbruchsversuch mit ihrer großen Liebe in die Nervenheilanstalt eingewiesen. Sigrid, eine neue Pflegerin, die ihren Dienst kurz vor Ellis Einweisung antrat, versucht sich den Patientinnen mit Verständnis und Empathie zu nähern anstatt zu bestrafen und stößt dabei an Grenzen des eingefahrenen unmenschlichen Systems und harter überholter Denkstrukturen.

Schonungslos und eindringlich schreibt die Autorin davon, wie die psychisch kranken Frauen in der Anstalt weggesperrt, bestraft und gegängelt statt behandelt wurden und ohne Hoffnung verkümmerten. Erschreckend liest es sich, wie Menschen, die den gesellschaftlichen Anforderungen nicht genügen konnten, einfach aus dem Blickwinkel der Menschen verschwanden und in Nervenheilanstalten wie in der Klinik Själö verwahrt wurden, ohne Chance auf Rückweg ins normale Leben.

Schon der historische Beginn mit der Beschreibung eines verabscheuungswürdigen Behandlungsverfahrens der Hysterie des französischen Hofarztes Pierre Pommes aus dem 18.Jahrhundert durch Kältebad, bei dem die stolz verkündete Heilung auch den Tod der Patientin zur Folge hatte, weist auf gute Recherche der Autorin hin.
Doch werden die Erwartungen der Leser an eine psychiatrische Schauergeschichte nicht erfüllt, Johanna Holmström wählt leise Töne, um von der verheerenden Frauenschicksalen zu berichten, von Landschaftsbeschreibungen getragen vermittelt sie aber trotz der Ruhe ein Gefühl der Gewalt.

Die mit viel Empathie gezeichneten Frauenfiguren tragen die Geschichte, Männer sind die abwesenden Strippenzieher im Hintergrund, was den Roman in meinen Augen den damaligen Einfluß des Patriarchats auf Frauen umso deutlicher herausstreicht.

Ein lesenswertes Buch, das auf Tatsachen beruht, sehr eindringlich geschrieben, wenn auch manchmal ein bisschen langatmig und mit einem mir zu versöhnlichen Ende.

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Die Insel der Ausgestoßenen

Finnland, 1891: Kristina Andersson ist nach einem langen Arbeitstag mit einem kleinen Ruderboot auf dem Heimweg. Im Boot liegen ihre beiden schlafenden Kinder. Plötzlich hebt sie ihre Kinder hoch und lässt sie ins Wasser gleiten. Sie kommt als Kindsmörderin in die Nervenheilanstalt auf der Schäreninsel Själö. Wollte ihr der Pastor damit einen Gefallen tun, um ihr das Zuchthaus zu ersparen, so wird schon bald deutlich, dass kaum eine der Frauen die Insel je wieder verlässt.
40 Jahre später wird die rebellische 17-jährige Elli eingeliefert, deren einziges Problem es ist, sich nicht an die sozialen Konventionen halten zu wollen. Und dann ist da noch die Pflegerin Sigrid, die nicht müsste, aber freiwillig auf der Insel bleibt, um sich um die Patientinnen zu kümmern.

"Die Frauen von Själö" ist ein ruhiger Roman über den Umgang mit psychischen Störungen im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert. Besonders an Elli wird die Willkür deutlich sowie die große Macht, die die Ärzte haben, die ausschließlich männlich sind und allzu leicht die Besonderheiten weiblicher Empfindungen als krankhaft klassifizieren. Dennoch zeigt die Geschichte auch, dass Själö für manche Frauen eine buchstäblich rettende Insel ist und ihnen Geborgenheit gibt, solange sie sich an die Verhaltensregeln halten. Und dennoch zeigt jede über kurz oder lang Symptome, die als behandlungsbedürftig eingestuft werden, selbst wenn es sich um normale, kurzfristige Krisen handelt.
Nach dem Vorwort war ich zunächst zögerlich, den Roman zu lesen, denn die Autorin beschreibt darin recht drastisch die Auswirkungen von falsch verstandenen und fehlgeleiteten Behandlungsmethoden, die auch immer wieder zum Tod von Patientinnen führten. Ich befürchtete also, dass es in dem Buch eher explizit und drastisch zugehen wird und Misshandlungen an der Tagesordnung sein werden. Stattdessen ist das Buch beinahe sanft und zärtlich mit seinen Figuren. Auch wenn mir das Herz stockte bei der Szene als Kristina ihre Kinder ertränkt, empfand ich sehr viel Mitgefühl für sie, als einerseits ihre Trauer und andererseits die Entstehungsgeschichte dieser Tat geschildert wurden. Die Autorin zeichnet ihre Figuren sehr authentisch, glaubwürdig und nahbar, wenn auch nicht immer sympathisch. Mitunter hätte das Buch aber auch etwas mehr Spannung vertragen, denn es wies schon auch einige Längen auf.

Die Autorin taucht tief ein in den kleinen Kosmos der Ausgestoßenen auf dieser kleinen Insel, die eigentlich ein Gefängnis ist. Sie beleuchtet zwischenmenschliche Beziehungen, die entstehen, und Träume, die weiterhin geträumt werden. Sie zeigt aber auch Verzweiflung, Willkür, Ungerechtigkeit und ja, auch die ein oder andere Misshandlung auf. Dennoch habe ich das Buch gern gelesen, auch wenn es meiner Meinung nach schon ein wenig mehr Spannung vertragen hätte und an der ein oder anderen Stelle vielleicht ein wenig zu ruhig war.

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Nervenheilanstalt auf Själö, eine beeindruckendes Buch und ein erschreckendes zugleich über das Leben der Frauen vor Ort. gut geschildert in ruhiger Art und Weise.

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Die Schäreninsel Själö Ende des 19. Jahrhunderts. Hier gab es eine Anstalt für geisteskranke Frauen,
die nach heutigen Maßstäben kaum als geisteskrank gelten dürften und ganz anderer Behandlung bedürften als ihnen dort zuteil wurde.
Der Roman handelt vom Schicksal mehrerer Frauen, die auf die Insel gelangen, um dort behandelt zu werden. Aus Überforderung hat Kristin ihre Kinder ertränkt, Elli ist gegen den Willen ihrer Eltern mit einem unpassenden Mann durchgebrannt und wird zwangssterilisiert. Karin ist lesbisch. Krankenpflegerin Sigrid verliert ihren Verlobten während des Zweiten Weltkriegs und gerät in eine persönliche Krise.
Der Roman beginnt Ende des 19. Jahrhunderts und endet während des Zweiten Weltkriegs, bzw. im Epilog sogar Ende des 20./Anfang des 21. Jh. Er schildert zum Teil sehr drastische Methoden, mit denen die Frauen in der Anstalt ruhig gestellt wurden (wochenlange Isolierhaft, kalte Bäder, Fesselungen). Dennoch erleben einige der Protagonistinnen die Anstalt nicht nur als eine Art Gefängnis, sondern auch als Zufluchtsort und Zuhause.
Großartig geschriebener, sehr atmosphärischer Roman über das Leben der Frauen in der Nervenheilanstalt Själö.
Sehr ergreifend und traurig. Sicher kein Mainstream-Titel, aber für Liebhaberinnen ungewöhnlicher Frauenromane, die auf Tatsachen beruhen und einen gewissen Anspruch haben, könnte er etwas sein...
Ich persönlich fand dieses Buch außergewöhnlich und ganz hervorragend.

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