
Möge der Tigris um dich weinen
Roman
von Emilienne Malfatto
Dieser Titel war ehemals bei NetGalley verfügbar und ist jetzt archiviert.
Bestellen oder kaufen Sie dieses Buch in der Verkaufsstelle Ihrer Wahl. Buchhandlung finden.
NetGalley-Bücher direkt an an Kindle oder die Kindle-App senden.
1
Um auf Ihrem Kindle oder in der Kindle-App zu lesen fügen Sie kindle@netgalley.com als bestätigte E-Mail-Adresse in Ihrem Amazon-Account hinzu. Klicken Sie hier für eine ausführliche Erklärung.
2
Geben Sie außerdem hier Ihre Kindle-E-Mail-Adresse ein. Sie finden diese in Ihrem Amazon-Account.
Erscheinungstermin 27.02.2023 | Archivierungsdatum 17.08.2024
Sprechen Sie über dieses Buch? Dann nutzen Sie dabei #MögederTigrisumdichweinen #NetGalleyDE! Weitere Hashtag-Tipps
Zum Inhalt
Im heutigen ländlichen Irak, an den Ufern des Tigris, überschreitet ein junges Mädchen das absolute Verbot: noch vor der Verlobung lässt sich auf eine Liebesaffäre mit ihrem Geliebten ein. Der junge Mann stirbt unter Bomben, das Mädchen ist schwanger: Damit ist ihr Schicksal besiegelt und lässt sich nicht mehr aufhalten.
Während die unerbittliche Mechanik der Konventionen in Gang gesetzt wird, entfalten sich die Familienmitglieder zu einem Reigen stummer Schatten unter dem schützenden Blick von Gilgamesch, dem mesopotamischen Helden, der das Gedächtnis des Landes und der Menschen in sich trägt. Aber niemand gelingt es, sich gegen die Traditionen und das unausweichliche Schicksal zu erheben.
Inspiriert von den komplexen Realitäten des Irak, den sie aufgrund ihrer Arbeit als Fotografin sehr gut kennt, lässt Emilienne Malfatto die Leser*innen auf subtile Weise in eine geschlossene Gesellschaft eindringen, die von männlicher Autorität und dem Ehrenkodex regiert wird.
»Die Magie der Literatur ermöglicht es, auf knapp 100 Seiten die ganze Komplexität eines Landes zu erzählen, seine patriarchalische Kultur zu beschreiben, acht Personen zu porträtieren und sogar einen Fluss, den Tigris, zu Wort kommen zu lassen. (…) Emilienne Malfatto gelingt es aufgrund ihrer Erzählkunst und ihres Schreibstils wunderschön, Lyrik und Intensität miteinander zu verbinden.« Le Figaro
Im heutigen ländlichen Irak, an den Ufern des Tigris, überschreitet ein junges Mädchen das absolute Verbot: noch...
Vorab-Besprechungen
»Die Magie der Literatur ermöglicht es, auf knapp 100 Seiten die ganze Komplexität eines Landes zu erzählen, seine patriarchalische Kultur zu beschreiben, acht Personen zu porträtieren und sogar einen Fluss, den Tigris, zu Wort kommen zu lassen. (…) Emilienne Malfatto gelingt es aufgrund ihrer Erzählkunst und ihres Schreibstils wunderschön, Lyrik und Intensität miteinander zu verbinden.« Le Figaro
»Die Magie der Literatur ermöglicht es, auf knapp 100 Seiten die ganze Komplexität eines Landes zu erzählen, seine patriarchalische Kultur zu beschreiben, acht Personen zu porträtieren und sogar...
Verfügbare Ausgaben
AUSGABE | Anderes Format |
ISBN | 9783949545306 |
PREIS | 16,00 € (EUR) |
Links
Auf NetGalley verfügbar
Rezensionen der NetGalley-Mitglieder

Ein Buch, das entsetzt und zum Denken bringt, keine Sensationsgeschichte. Im Irak der Gegenwart gilt das alte patriarchale Gesetz. Die Ehre ist wichtiger als das Leben. Keiner wagt auszubrechen. Ein uneheliches Kind kann nicht toleriert werden.
Erzählt wird aus Sicht aller Familienmitglieder, eingefügt sind Zitate aus dem Gilgameschepos.

Wahnsinnig bewegend und nachhallend. Dieses buch wird mich noch lange beschäftigen. Es ermöglicht dem leser einen kleinen Einblick in eine Struktur und Kultur, die unserer weit entfernt ist.

Emilienne Malfattos Roman „Möge der Tigris um dich weinen“ handelt von den tief verwurzelten patriarchalischen Strukturen des ländlichen Iraks. Auf wenigen Seiten werden sehr eindringlich und intensiv nicht nur die Tragik einer jungen Frau erzählt, sondern auch die stumme Resignation und das unbarmherzige Schicksal, dem sich alle Figuren in dieser abgeschlossenen, vom Krieg gezeichneten Gesellschaft beugen müssen.
Ein junges Mädchen wird schwanger von einem Freund ihres älteren Bruders, obwohl sie nicht verheiratet sind. Was in liberalen Gesellschaften kein Problem wäre, bedeutet für sie im Irak den sicheren Tod. In der Zeit, in der sie auf die Ankunft ihres älteren Bruders, ihres Mörders, wartet, kommt nicht nur sie selbst zu Wort, sondern auch alle Familienmitglieder denken über ihre Rolle in diesem grausamen System nach. Daneben berichtet auch der Tigris vom Glanz vergangener Zeiten und vom Leid, das der Fluss nun mitansehen muss.
Malfattos Schreibstil ist lyrisch und kraftvoll. Die Autorin und auch die deutsche Übersetzerin schaffen es schonungslos und doch voller Poesie hinter die Fassade der Familie zu schauen. Besonders beeindruckend fand ich dabei die Art und Weise, wie Malfatto es schafft, die stumme Resignation der Figuren und die unerbittliche Mechanik der Konventionen darzustellen. Damit ist der kurze Roman sicherlich keine leichte Lektüre, sondern emotional mitnehmend, aufgrund von Inhalt und Sprache aber eine absolute Empfehlung.

Schwangerschaft als Todesurteil
Möge der Tigris um dich weinen. Es weinen hier aber noch einige mehr und nicht nur der Tigris. Sicher. Aber wer soll fanatisches Denken bekämpfen, wenn die Macht, die Gewalt, die Herrschaft bei den Fanatikern sitzt. Und was macht eine Familie, wenn diese Fanatiker in der eigenen Familie sitzen? Was kann so eine Familie tun? Außer dem Geschehen fassungslos beiwohnen. Dem Geschehen fassungslos beiwohnen müssen. Ohne etwas tun zu können, da man sich beim Tun selber gefährden würde. Sein eigenes Todesurteil unterschreiben würde. Kann man so ein Tun aus unserer Sicherheit heraus bewerten? Meiner Meinung nach nicht. Denn hier schwingt die Frage mit, was hätte man selbst getan. Und nun ja, die Heldendichte unter uns, nun ja, sie ist gering.
In „Möge der Tigris um dich weinen“ schaut Emilienne Malfatto auf eine irakische Familie, eine irakische Familie, die wegen der Gewalt aus Bagdad in die irakische Provinz flieht. Eine irakische Familie, die den Vater verliert. Einen Vater, den ich nicht unbedingt als Fanatiker wahrgenommen habe. Der älteste Sohn wird das Oberhaupt in der nun vaterlosen Familie, ein Sohn, der nun die Gewalt und die Macht innehat. Ein Sohn, ein junger Mensch mit wenig Lebenserfahrung. Ein Sohn, für den der Ehrbegriff Bedeutung hat und der anders beschrieben wird als der verstorbene Vater. Der Sohn ist ein Kämpfer, ist einer der Fanatiker. Obwohl ich sagen muss, dass er und auch sein Freund gegen den IS gekämpft haben, was wieder etwas für sie spricht, den Sohn jedoch nicht von diesen alten patriarchalen Sichten befreit. Die Tochter der Familie war mit dem Freund ihres Bruders zusammen. Doch hier stelle ich mir unweigerlich Fragen. Wie war dieses Zusammensein in der Familie geregelt, wie war dieses Zusammensein möglich? Diese Frage wird hier in dem Buch leider weniger betrachtet. Ich stelle sie mir dennoch. Kann dies möglich sein in der strengen irakischen Gesellschaft?
Fakt in dem Buch ist jedoch, die Tochter ist schwanger, der Freund des Bruders ist im Gefecht gestorben, ohne dass die junge Tochter mit ihm verheiratet war. Die Ehre der Familie und die Ehre der Tochter stehen nun auf dem Spiel. Das Todesurteil der jungen Frau ist damit unterschrieben. Ein schreckliches Szenario. Denn dass die Schwangerschaft, ein weiteres Leben also ein Grund für den Tod ist, dies ist wohl unbegreifbar. Und grauenhaft. Und es zeigt eine vollkommen kranke und lebensfeindliche Sicht!
Die Familienmitglieder kommen zu Wort und schildern ihre Sichten, ihre Meinungen, welche nicht völlig mit den Sichten des älteren Bruders zusammenfinden. Aber handlungsfähig ist wirklich niemand. Ein Horror. Ein Horror der mit dem Tod endet. Ein Tod, der die Familienmitglieder begleiten wird, ein Tod, der sie nie verlassen wird. Schrecklich!
Mit eingebunden in das Buch hat die Autorin auch die Vergangenheit des Irak, in dem sie den Tigris sprechen lässt und auch das Gilgamesch-Epos mit einbezieht. Ein Land mit einer großartigen Vergangenheit, in der auch Frauen gleichberechtigter in der Gesellschaft verortet waren, blickt auf dieses unsägliche Jetzt, das in Teilen der irakischen Gesellschaft zu finden ist. Hier ist es ein Grauen, das im Jetzt lebt. Meist ist es ja eher andersherum.
Das Buch ist sehr intensiv geschrieben. Eine intensive Schreibe, die wütend macht. Aber ebenso eine Schreibe, die auch etwas gefährlich ist. Denn irgendwie verleitet sie zu Verallgemeinerungen. Auch in der irakischen Gesellschaft wird es fortschrittlicheres Denken geben. Auch dort ist nicht jeder ein Fanatiker. Das darf man bei der Lektüre nicht vergessen. Nicht jeder würde ein Familienmitglied dem Ehrbegriff opfern und dann auch noch einen Menschen der eigenen Familie einfach umbringen. Das hoffe ich sehr. Das wünsche ich mir. Nur ob es wirklich so ist, kann ich leider nicht beurteilen. Leider. Ich denke mir nur, dass z. B. bei den Kurden, den Jeziden, den Assyrern/Aramäern/Mandäern, den Armeniern, den Juden, den Marsch-Arabern(Maadan) andere Betrachtungen zur Frau zu finden sind. Und ich möchte dies hier anmerken um Verallgemeinerungen zu vermeiden. Und ja, die Suche im Netz lässt mich hier frohlocken. Auch im Irak gibt es mittlerweile feministische Bewegungen. Yeah! Aber dennoch gibt es im Irak eben auch die schreckliche Einschränkung der Frauenrechte, die Entrechtung der Frauen, was das Buch ja thematisiert.
Das Buch ist intensiv und sehr traurig. Es bewegt sehr! Ich möchte auch in keiner Weise mit meinen Bemerkungen irgendwie die Grundaussage des Buches schmälern oder negieren. Denn dieses Buch ist richtig und überaus wichtig!
LeserInnen dieses Buches mochten auch:
T. Kingfisher
Belletristik, Horror, Krimis, Thriller, Mystery