Die Inkommensurablen

Roman - Nominiert für den Deutschen Buchpreis 2023

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Erscheinungstermin 14.01.2023 | Archivierungsdatum 22.09.2023

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Zum Inhalt

»Ein überragendes Talent. Die Amerikaner haben Joyce Carol Oates als erzählerisches Universalgenie, wir haben Raphaela Edelbauer.« Clemens Setz»Was für ein Buch! Raphaela Edelbauer verwandelt den August 1914 in eine Traumnovelle. Wir schlafwandeln mit ihr durch ein erregtes Wien voll höherer Mathematik und niederem Wahn. Und wir galoppieren mit ihren vier apokalyptischen Reitern Adam, Hans, Klara und Helene in eine Zukunft, die diese schon als Vergangenheit erinnern. Ja, man stürzt in dieses Buch und in die letzten Tage des alten Europa, als fiele man in einen wilden Fiebertraum.« Florian IlliesIn fiebriger Erregung warten die Einwohner Wiens am 31. Juli 1914 das Verstreichen des deutschen Ultimatums ab. Unter ihnen sind drei, deren bekannte Welt zu zerfallen droht: Der Pferdeknecht Hans, der adlige Adam und die Mathematikerin Klara. Der spektakuläre neue Roman der preisgekrönten Wiener Autorin ist ein literarisches Ereignis.Wien, Zentrum der Österreichisch-Ungarischen Monarchie, steht Kopf. Noch sechsunddreißig Stunden, dann läuft das deutsche Ultimatum ab. Die Stadt ist ein reißender Strom, in allen Straßen bricht sich die Kriegsbegeisterung der jungen Generation bahn. Mitten in diesen Taumel gerät Hans, ein Pferdeknecht aus Tirol, der sich auf den Weg in die Metropole gemacht hat, um die Psychoanalytikerin Helene Cheresch aufzusuchen. Dort angekommen trifft er auf Adam, einen musisch begabten Adligen, und Klara, die sich als eine der ersten Frauen an der Universität Wien im Fach Mathematik promovieren wird. Gemeinsam verbringen die drei jungen Menschen den letzten Abend vor der Mobilmachung – in einer Stadt, die sich ihrem Zugriff mehr und mehr zu entziehen droht.

»Ein überragendes Talent. Die Amerikaner haben Joyce Carol Oates als erzählerisches Universalgenie, wir haben Raphaela Edelbauer.« Clemens Setz»Was für ein Buch! Raphaela Edelbauer verwandelt den...


Verfügbare Ausgaben

AUSGABE Anderes Format
ISBN 9783608986471
PREIS 25,00 € (EUR)
SEITEN 352

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Rezensionen der NetGalley-Mitglieder

Ein Buch, wie der rasende Ritt auf einem Pferd: Mensch weiß nicht wohin es einen bringt, keiner kann es aufhalten aber es macht unheimlich Spaß.

Der Text beginnt und endet mit Hans, einem Tiroler Bauernjungen, der, einem Traum nachjagend, in die Stadt Wien einen Tag vor Ausbruch des 1. Weltkrieges kommt. Dort erleben die Lesenden mit Ihm einen rasenden Fiebertraum.
Ich habe einige Begriffe nachschlagen müssen und fühle mich wie der "Hans vom Land" in der Stadt. Schon der Titel: Nach meiner Übersetzung "Die Unvergleichbaren", weckt Erwartungen. Etwas Vergleichbares habe ich auch noch nie gelesen.

Das Buch wird entweder ganz groß einschlagen oder nur von einem kleinen Kreis von unbedingten Fans rezipiert werden. Ich werde mir auf jeden Fall die anderen Veröffentlichungen der Autorin anschauen.

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„Die Inkommensurablen“ von Raphaela Edelbauer versetzen den Leser in die Nacht vom 31. Juli 1914, der Nacht vor Ablauf des deutschen Ultimatums und damit dem Beginn des 1. Weltkrieges. Es herrscht eine aufgeheizte Stimmung in Wien als der siebzehnjährige Tiroler Pferdeknecht Hans in der Weltstadt eintrifft. Er ist gekommen, um bei der Psychoanalytikerin Helene Cheresch vorzusprechen, die nach Freudschem Vorbild arbeiten soll. Hier begegnet der durch fleißige Lektüre nicht ungebildete junge Mann der Mathematikerin Klara, die kurz vor der Erlangung ihres Doktortitels steht und dem Adeligen Adam, der aus einer Militärdynasite entstammt und am nächsten Tag einrücken muss. Gemeinsam erlebt das sehr ungleiche Trio die Nacht vor dem großen Umbruch durch Spelunken und Lokale ziehend, immer konfrontiert mit dem Aufeinanderprallen der alten und der neuen Welt, dem Konservativen und der aufkeimenden Moderne. Edelbauer versteht es vortrefflich, die fiebrige Stimmung dieser Nacht ebenso einzufangen, wie die unterschiedlichen Strömungen in Politik, Wissenschaft und Geistesleben. Inkommensurabel, nicht messbar und vergleichbar, so erleben die drei jungen Menschen eine Nacht, nach der alles anders sein wird und ein neues Zeitalter beginnt. Ein sehr vielschichtiger, fein gesponnener und episch erzählter Roman, der dem Leser vielerlei Einblicke in einen spannenden Abschnitt unserer Geschichte gibt. Absolut lesenswert!

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Wien im August 1914

Die österreichische Schriftstellerin Raphaela Edelbauer hat einen angenehmen Schreibstil.
In den Roman, Inkommensurable, geht es um die letzten Tage vor s ersten Weltkrieges und um Mathematik.
Die Stimmung in Wien ist von dem Warten auf eine Entscheidung geprägt.

Der Pferdeknecht Hans kommt nach Wen um die Psychoanalytikerin Helene auf zu suchen. Hans hört Antworten, bevor sie Fragen gestellt sind. Da trifft er Adam, der von klein auf zum Soldaten erzogen wird.
Dann ist da Carla, die ein Mathematikgenie ist.

Das wird alles mit ruhiger Stimme gestaltet. Die politische Lage hat die Autorin perfekt eingewoben.

Raphaela Edelbauer versteht es den Leser ruhig und souverän in ihren Bann zu ziehen.

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Ein grossartiger Roman. Wien im Sommer 1914- die jungen Menschen werden zum Dienst an der Waffe verpflichtet und ihr ganzes Leben wird sich durch den Krieg verändern. Nebenbei erfahren wir viel über die Geschichte Wiens und Österreichs. Ein kluger und psychologischer bestens komponierter Roman. Und leider auch hochaktuell.

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Wer kennt nicht das Gefühl der Traurigkeit, wenn der hintere Buchdeckel zugeklappt wird und ein tolles Buch zu ende gelesen wurde.
Das ist mir bei den Inkommensurablen passiert. Ausgehend vom 31. Juli 1914 in Wien , es wird das Verstreichen des deutschen Ultimatums erwartet, wird die Geschichte von Hans (Pferdeknecht, frisch aus der Provinz nach Wien gekommen), Adam (adlig), Klara ( steht vor dem Rigorosum, also der Verteidigung ihrer Doktorarbeit) und Helene ( Psychoanalytikerin). Wegen letzterer kam Hans nach Wien ,in einer nervösen Zeit, brodelnd wie ein Vulkan und ungewisser Zukunft.
Und um diese Personen und Zeit geht es hier.
Stellenweise wurde ich an Robert Musils "Mann ohne Eigenschaften" erinnert.
Und dies ist es auch unter anderem warum dies mein Buch dieses Jahr wird.
Das ist natürlich nicht alles. Findet es bitte selber herraus.
Mein Dank gilt dem klett-Cotta Verlag, dem Vertreter Herr A. und natürlich der Autorin für diese tollen Lesestunden.

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Das Buch hat mich weniger gepackt als die vorherigen Romane Edelbauers. Ich frage mich selbst woran das liegt. Thematische Gründe kann es hierfür nicht geben, denn die Zeit in der der Roman spielt, 1914, Ausbruch des Ersten Weltkriegs interessiert mich sehr. Auch der psychologische Aspekt der Handlung. Sprachlich ist das Buch, wie immer bei Edelbauer, hochwertig, witzig, schlau, aber dennoch ein wenig zu bemüht. Einige Male beschlich mir der Gedanke, dass die Autorin bewusst versucht zeitgenössische Romane nicht nur zu kopieren, aber in gewisser Weise zu steigern oder "besser hinzubekommen". Bemüht, meiner Ansicht nach, und nicht gelungen. Dennoch eine vergnügliche Lektüre.

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Ungewöhnliche Kombination aus historischem Setting und übernatürlichen Elementen mit schwachem Schluss

Der erst siebzehnjährige Hans Ranftler ist ein armer Knecht vom Bauernhof in Tirol. Am 30. Juli 1914 kommt er mit dem Zug in Wien an und ist erst einmal erschlagen von der großen Stadt, die ihn mit ihren vielen Menschen überfordert. Trotz seiner Desorientiertheit macht er sich auf die Suche nach der Landesgerichtsstraße, die sich in der Nähe der Universität befindet. Dabei erhält Hans, als er hungrig ist, ein Stück Brot von den Heizern am Bahnhof. Und da ihm bei seiner ersten Fahrt mit der Straßenbahn das Ticket fehlt, weil er nicht wusste, wo er dies zu kaufen hat, hilft ihm ein vornehm gekleidetes Paar aus. Denn dies ist die Zeit kurz vor der Mobilmachung und alle Fremden, die Hans helfen, glauben, dass er sich freiwillig für den Krieg melden will. Doch Hans möchte zur Psychoanalytikerin Helene Cheresch, die auf Massenhysterien und parapsychologische Affekte spezialisiert ist. Aufgrund der ungewöhnlicher Erfahrungen, die Hans bereits seit seiner Kindheit macht, sucht er Behandlung von ihr.

Raphaela Edelbauer hat für ihren dritten Roman ein interessantes Trio an Hauptfiguren gefunden. Neben Hans zählen die Mathematikerin Klara Nemec und Adam Graf Jesenky von Kezmarok dazu. Die beiden sind nur wenige Jahre älter als Hans und da sie Patienten der Psychoanalytikerin Helene sind, lernt Hans sie dort kennen. Klara und Adam verfügen so wie Hans auch über ungewöhnliche Fähigkeiten, die von Helene analysiert und studiert werden.
Hans ist der uneheliche Sohn eines Holzexporteurs, der früh verstarb. Nach dem Tod seines Vaters musste Hans seine bis dahin genossene gutbürgerliche Erziehung aufgeben und stattdessen als Knecht auf dem Bauernhof malochen. Sein Leben ist geprägt von seinem niederen Stand und der harten Arbeit, die er gegen fast keinen Lohn zu verrichten hat und bei der er nur die Pferde lieb gewonnen hat.
Klara, die aus armen Verhältnissen stammt, hat ihre Leidenschaft für die Mathematik früh entdeckt. Im Winter des Jahres 1899, der in den USA als kältester überhaupt gilt, ist sie zufällig auf das Buch Grundlagen der Geometrie vom Mathematiker David Hilbert gestoßen. Nun steht sie kurz vor Abschluss ihres Studiums. Klara, die Sozialistin und Suffragette ist, fällt von Beginn an als selbstbewusste, moderne Frau auf. Dabei nimmt sie kein Blatt vor den Mund und bietet selbst dem Krisenstab des Kaisers Paroli. Und wenn Worte nicht ausreichen, hat Klara wenig Probleme damit, Taten folgen zu lassen.
Adam, dessen adelige Herkunft Hans zunächst mächtig imponiert, wird von den in seiner Familie herrschenden Traditionen erdrückt, die um ihre viele Generationen umfassende Geschichte herausragender militärischer Leistungen kreisen. So wurde Adams ganze Erziehung schon vor Erreichen des schulfähigen Alters ganz auf seine angestrebte militärische Laufbahn ausgerichtet. Nur ein einziges Mal hat er es geschafft seinem Vater zu trotzen und seinen Willen durchzusetzen, indem er sich seine Bratsche erkämpft hat. Denn Adams einzige Leidenschaft ist die Musik.

Die Inkommensurablen konzentriert sich neben einigen Rückblicken, die meist die Vergangenheit der zentralen Figuren beleuchten, auf den Zeitraum um die Mobilmachung in Wien im Sommer 1914. Dabei ist die in der Stadt vorherrschende Stimmung gut eingefangen. Diese wird von den vielen jungen, nach Wien strömenden Männern geprägt, die sich freiwillig melden, um in den Krieg zu ziehen und so ihren Dienst für Kaiser und Vaterland zu leisten. Denen jubelt die Stadt zu, die sich eines raschen Sieges über die Slowaken und Russen sicher ist, was auch der einhellige Tenor in fast allen Zeitungen ist. Und da Hans zu genau dieser Zeit in Wien eintrifft, wird er von jedem für einen eben solchen jungen Mann gehalten.
Dabei habe ich als geschickten Schachzug von Edelbauer empfunden, dass der vom Land stammende Hans so viel für ihn Neues in Wien zu entdecken hat. Denn das gibt der Autorin Gelegenheit, einiges zu erklären. Das reicht vom Lösen des Tickets in der Straßenbahn, über die beeindruckende Gebäude der Wiener Innenstadt bis hin zu Junkers Gasbadeofen. Dabei sind auch die Vergleiche gelungen, die Hans zwischen dem harten Leben auf dem Hof in Tirol und der Lebensweise in der in seinen Augen so modernen Stadt anstellt.
Zudem hat die Autorin Exkurse eingeschoben, die sich in detaillierter Weise mit einem Thema auseinandersetzen. Diese Exkurse behandeln etwa die Bauweise der Stadt Wien und deren Veränderungen im Wandel der Zeit oder das zweite Streichquartett von Arnold Schönberg. Indem die Autorin sich recht ausufernd mit dem jeweiligen Thema befasst, hatte ich mehr Freude dran, wenn diese meinen Interessen entsprochen haben. So ist es wohl nicht so einfach der recht lang ausgefallenen Passage, in der Schönbergs Streichquartett eine zentrale Rolle spielt, zu folgen, ohne dies je gehört zu haben.

im Vergleich zu Edelbauers vorigem Roman Dave sind die Inkommensurablen weit weniger sperrig und experimentell. Das liegt auch daran, dass von der Autorin mehr erklärt wird. Beispielsweise wird sogar erläutert, was ein Rigorosum ist.
Das ungewöhnliche an den Inkommensurablen ist dessen Kombination aus historischem Setting und mystischen Elementen, die ein kollektives Bewusstsein betreffen. Dabei haben mir die drei grund verschiedenen Hauptfiguren, die diesen Roman prägen, gut gefallen. Denn in diesen hat die Autorin interessante Charaktere gefunden, die zwar nicht unbedingt als Identifikationsfiguren dienen, dafür aber mit ihren umso spannenderen Lebensgeschichten überzeugen.
Stark sind die Abhandlungen über besondere Träume und gemeinsame Erinnerungen geraten. Dazu hat auch deren Überraschungsmoment beigetragen, indem ich mich zuvor in einem historischen Roman wähnte. Weil ich die Passagen das kollektive Bewusstsein betreffend als stärker empfunden habe, hätte mir besser gefallen, wenn die historischen Teile dieses Buchs nicht so ausufernd ausgefallen wären. So schienen sich für mich die Diskussionen über die vor Ablauf des Ultimatums herrschende politische Stimmung ab einem gewissen Punkt zu wiederholen und im Kreise zu drehen. Zwar ist die Kombination aus historischem Setting und der Thematik des kollektiven Bewusstseins, die mal philosophisch erörtert, mal übernatürlich begründet und mal wissenschaftlich analysiert wird, ungewöhnlich. Doch fügen sich die verschiedenen Teile leider nicht zu einem harmonischen Ganzen, so dass diese eher nebeneinander zu stehen scheinen.

Der größte Schwachpunkt dieses Romans ist sein Schluss, d.h. seine letzten beiden Kapitel. Wo Edelbauer mich in ihrem Vorgänger-Roman Dave noch in ihrer Auseinandersetzung mit dem Fachgebiet der Logik an der Grenze zwischen Mathematik, Philosophie und theoretischer Informatik begeistern konnte, kann ich als ausgebildeter Mathematiker mit ihrem Umgang mit der Zahlentheorie, die sie mit philosophischen wie historischen Aspekten verbindet, leider wenig anfangen. Das mögen Leser, die mathematische Laien ebenso wie die Autorin als studierte Philosophin sind, anders sehen.
Und auch der zentrale Twist, mit dem dieser Roman zum Schluss aufwartet, konnte mich nicht überzeugen, weil dieser für mich in der vorliegenden Form nicht schlüssig ist. Denn dieser Twist scheint im Widerspruch zu vorigen Szenen zu stehen und hätte in dieser Hinsicht zumindest weiterer Erklärungen bedurft. Zudem empfinde ich die Charakterisierung der Psychoanalytikerin Helene als wenig stimmig, wenn ich sie über die verschiedenen Kapitel hinweg betrachte, in denen sie aufgetreten ist. Da hätte ich gern mehr über die Leerstellen in Helenes Leben erfahren, die von diesem Roman nicht gefüllt worden sind. Auch fehlt mir ein zeitlich später angesiedelter Epilog, der diesen Roman hätte abrunden können, indem darin erzählt wird, wie es Hans, Adam und Klara weiterhin ergangen ist.

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Die Inkommensurablen ist eine toll komponierte Momentaufnahme der Stadt Wiens unmittelbar, einen Tag vor der Mobilmachung und der Kriegserklärung an Russland. Der Knecht Hans aus Tirol kommt ganz zufällig gerade an diesem besonderen Tag in die Stadt, um eine bekannte Frau, Helene, aufzusuchen, die etwas von Traumdeutung und Psychoanalyse versteht. Er hat ein Anliegen. Bis er aber zu ihr findet, taucht Hans die diese brodelnde Stadt ein, lernt die unterschiedlichsten Menschen kennen, anhand deren ganz klar, die verschiedenen Lebensverhältnisse in der Stadt "gezeigt werden". Alles wird stets aus der Sicht von Hans geschildert. Da macht dann auch die ungeheuer lebendige, stats leicht übertriebene aber sehr plastische und oft komischen Situationsschilderungen der Autorin Sinn. ETwas mühsam zu lesen sind die sehr ausführlichen Vorträge über z.B. Psychologie und Mathematik. So wird der Leser bzw. Hans Wort für Wort Zeuge des Rigorosums in Mathematik seiner Freundin Clara. Auch dies, die Emanzipation der Frauen, gehört zu dem was Wien an diesem Tag, in dieser Zeit ausmacht. Aus diesem mathematischen Thema heraus ist auch der etwas sperrige wie rätselhafte Buchtitel zu verstehen. Die Inkommensurablen sind das Thema von Claras Prüfungsvortrag. Das Wort kann aber auch in einer übertragenden Bedeutung mit dem ganzen vielschichtigen Leben in dieser Stadt zu dieser Zeit verstanden werden - deutet die Autorin immer wieder an.
Ich habe diesen Roan sehr gerne gelesen. An einigen Stellen vielleicht etwas schneller als an anderen. Aber insgesamt empfand ich Inhalt und Sprache als ein stimmiges Gesamtkunstwerk und einen Genuß.

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"Wenn ich dir erzählen würde, dass ich ein schlechtes Verhältnis zu meinen Eltern habe, dann wäre das gelogen - ich habe gar kein Gemeinsames mit ihnen, wir sind inkommensurabel."

So erklärt Klara, eine Mathematikstudentin, Hans ihre Familienbeziehungen. Nicht vergleichbar mit der Norm des frühen 20. Jahrhunderts, eben inkommensurabel, ist die junge Frau. Sie studiert, gehört zu den Suffragetten, ist homosexuell und hält mit ihren Einstellungen nicht hinterm Berg. Und sie ist das vollkommene Gegenteil von dem, was Hans von seinem heimischen Tiroler Bauernhof kennt. Von dort hat er sich auf den Weg nach Wien gemacht. Auf der Suche nach einer Psychoanalytikerin trifft er zuerst auf Klara und dann auf ihren Freund Adam. Der ist der Sprössling einer Offiziersfamilie und soll bald schon selbst ein Herr im Krieg anführen. Denn Hans kommt nicht an irgendeinem Tag nach Wien. Es ist der Vorabend des Ersten Weltkriegs, das deutsche Ultimatum an Russland wurde gerade verhängt und am nächsten Tag wird sich entscheiden, ob es zum Krieg kommen wird. Diese eine letzte Nacht der Normalität verbringt Hans zusammen mit Adam und Klara. Zwischen Badehäusern, Untergrundkneipen, Adams Familienessen und Mathematikvorlesungen erkennen aber auch die drei, dass sich die Welt längst schon auf den Weg in eine neue Moderne gemacht hat.

Wortgleich veröffentlich auf Buecher.de und Thalia. de, da noch nicht freigeschaltet ohne Verlinkung

Raphaela Edelbauer hat auf den gut 300 Seiten sehr, sehr viele Themen untergebracht. Allein sie alle aufzuzählen, ist eine Herausforderung. Es geht um Traumdeutung und Freud, um die Suffragettenbewegung und die Sozialdemokratie, um Metaphysik und Mathematik, um Massensuggestion und Kriegseuphorie, um Herkunft und Freundschaft und dazwischen finden sich Happen der Wiener Geschichte, die bis ins 16. Jahrhundert zurückgreifen und den Leser nicht unbedingt erhellt zurücklassen. Kurz um: Es ist einfach zu viel! Der Roman behandelt etwa 1,5 Tage, in denen der Leser nicht nur atemlos mit den Figuren von Handlungsort zu Handlungsort springt, sondern in denen auch gefühlt tausend Themen angerissen werden, ohne wirklich zu Ende geführt zu werden. Die Kernaussage des Romans ist für mich der Versuch, die Wirkweise Massensuggestion (die im 2. Weltkrieg eine noch größere Rolle spielen soll) auf der Ebene der Psychoanalyse zu erklären und sie auf die Kriegseuphorie zu übertragen. Das ergibt sich meiner Meinung nach auch recht schlüssig. Dann allerdings wird so viel anderes hineingemischt, dass die Textteile fast schon unzusammenhängend sind. Warum werden alte Attentate auf österreichische Thronfolger mehrmals aufgegriffen? Soll ich mich als Leserin fragen, ob auch das mit der Suggestion zu tun haben könnte? Warum wird die Mathematikvorlesung über Inkommensurablen vollständig wiedergegeben? Um Wissenschaft und Metaphysik zu verbinden?

Diese Themenfülle macht es zwar auf der einen Seite spannend, weil man viele Verbindungen selbst herstellen muss. Auf der anderen Seite wird so aber viel Platz verschenkt, den auch die Figuren hätten einnehmen können. Die sind nämlich wirklich interessant gezeichnet (wenn in ihrer Grundstruktur auch etwas prototypisch angelegt). Über Klara und Adam hätte ich gerne mehr erfahren, alle drei noch länger begleitet, um herauszufinden, wie es ihnen im Verlauf des Krieges geht. Lediglich bei Adam gibt es dazu Andeutungen. Aber was zum Beispiel mit Klara passiert, das bleibt offen.

Obwohl mich die extreme Themenfülle und vor allem die historischen Exkurse wirklich gestört haben, möchte ich das Buch nicht schlecht bewerten. Denn die vielen Anspielungen, Verknüpfungen und Übertragungen werden dann so richtig spannend, wenn man selbst Verbindungen herstellt. Dann versteht man auch, warum Edelbauer von so vielen als großes österreichisches Erzähltalent angesehen wird. Dennoch ist "Die Inkommensurablen" selbst keine seichte Lektüre. Das liegt auch an der leicht angestaubten - aber im historischen Kontext durchaus passenden - Sprache. Wer es etwas experimenteller mag, dem sei dieser Roman ans Herz gelegt.

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Der neue Roman von Raphaela Edelbauer spielt am Vorabend des 1. Weltkriegs und umfasst die Zeitspanne von einem Tag. Österreich-Ungarn hat Serbien bereits den Krieg erklärt und das Ultimatum Deutschland an Russland läuft in wenigen Stunden ab. Ganz Wien ist im Ausnahmezustand als Hans, ein 17-jähriger Pferdeknecht aus Tirol nach Wien kommt. Er kommt nicht, um sich freiwillig für den Krieg melden, sondern um eine bekannte Psychoanalytikerin aufzusuchen. Hier trifft er auf die angehende Mathematikerin Clara und den adeligen Offizier Adam. Zusammen stolpern sie rastlos wie im Fieberwahn durch die Großstadt Wien, seine Unterwelt, verruchte Lokale und Außenbezirke. Die ganze Gesellschaft ist im Umbruch, Frauen kämpfen für mehr Rechte, sozialistische Ideen kommen auf, Kriegsbegeisterung trifft auf Skeptiker.

Die Lektüre ist zeitweise durchaus herausfordernd, aber es lohnt sich, sich darauf einzulassen.

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Philosophie, Mathematik, Dekadenz...Auch wenn ich mir sicher bin, dass ich nicht alles verstanden habe - ein hochinteressanter, spannender Einblick in die Zeit unmittelbar vor dem ersten Weltkrieg in Wien. Und ein Schlaglicht auf den Versuch einiger Menschen, die Ereignisse dieser Zeit zu verstehen, diese zu überleben und dabei menschlich zu bleiben.

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Der Tiroler Hans "flüchtet" am Tag vor Ausbruch des ersten Weltkriegs nach Wien, wo er sich einer Analyse unterziehen möchte. Er trifft auf den adeligen Militär Adam und die angehende Mathematikerin Klara und verbringt mit ihnen abenteuerliche 24 Stunden....

Raphaela Edelbauer hat ein eindrückliches Panorama der Gesellschaft der Zeit geschaffen. Sie präsentiert unterschiedliche soziale Schichten und deren Perspektiven auf den drohenden Krieg. Gleichzeitig beschreibt sie die Massenpsychose der Kriegsbegeisterung; die alles erfassende Kraft einer Idee, die jeden einzelnen ergreift und aufsaugt, ob er will oder nicht. Klug und mitreißend!
Ich sehe das Buch als Kandidaten für den Österreichischen oder Deutschen Buchpreis.

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Die österreichische Autorin Raphaela Edelbauer hat mit ihrem neuen Roman ein Meisterwerk abgeliefert!
Wien am Vorabend des Ersten Weltkriegs, eine flirrende Metropole, Vielvölkerstaat und in die Jahre gekommene Monarchie, neue Ideen und Aufbruchstimmung - vor dieser Kulisse treiben drei junge Leute durch die Nacht, immer in Erwartung, dass am nächsten Morgen der Krieg ausgerufen wird und die beiden Männer zu den Waffen gerufen werden. Wir begleiten sie auf ihren Abenteuern, lernen Wien in allen gesellschaftlichen Ebenen kennen und verstehen vielleicht etwas besser, woher diese Kriegsbegeisterung kam, die bei vielen vorherrschte.
Faszinierend geschrieben, vielschichtig, detail- und kenntnisreich erzählt - die Leseempfehlung für alle, die sich für historische Themen interessieren.

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Raphaela Edelbauer liebt genaue Datierungen. „In den frühen Morgenstunden des 21. September 2017 verschüttete ich 200ml Kaffee über meinem penetrant klingelnden Handy“ lässt sie „Das flüssige Land“ beginnen. Mit Auszügen aus dem damals noch unveröffentlichten Roman gewann sie 2018 den Publikumspreis (samt Stadtschreiberstipendium) beim Klagenfurter Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb, indem sie die Zuhörer spontan in ihren Bann zog.

In ihrem neuesten Roman springt sie über 100 Jahre zurück: „Es war sechs Uhr zweiunddreißig am 30. Juli 1914.“ Geschichtsaffine Leser werden bei diesem Datum sofort aufhorchen. Kaiser Franz Joseph hat – nach der Kriegserklärung von Österreich-Ungarn an Serbien - für den darauffolgenden Tag die „Allgemeine Mobilisierung“ angeordnet. Vielleicht nicht gerade die geeignetste Zeit für den Tiroler Bauernknecht Hans Ranftler, um von der entlegenen Provinz in Hauptstadt Wien zu reisen. Doch es drängt ihn mit aller Kraft, der Psychoanalytikerin Helene Cheresch seine außergewöhnlichen Wahrnehmungsphänomene darzulegen, weit von den sonst vorgetragenen, läppischen „Beleidungsneuroserl“ entfernt.

Raphaela Edelbauer schildert die brodelnde, aufgeregte, nervöse Atmosphäre mit immenser Wortgewalt und sinnestrunkener Wucht. Als Leser glauben wir, kopfüber hineinzustürzen in eine ohrenbetäubende Kakophonie von Tönen und Geräuschen, von dissonanter Musik und lärmenden Schreien, von expressionistisch aufgeladenen Bildern, Gerüchen, Eindrücken. Die Welt scheint geradezu aus den Angeln gehoben zu werden. Hier ist Raphaela Edelbauer, die Sprachkunst an der Universität für Angewandte Kunst studiert hat, in ihrem Element wie kaum eine andere zeitgenössische Schriftstellerin. Sie lässt es brausen, lodern, wirbeln und sirren, dass einem förmlich schwindelt.

Bei Helene Cheresch lernt Hans das dekadente junge Pärchen Klara Nemec und Adam Graf Jesensky von Kezmarok kennen. Gemeinsam taumeln und torkeln sie durch verruchte Etablissements der Wiener Unterwelt, durch morbide Szenerien, die einem apokalyptischen Gemälde von Otto Dix oder George Grosz entsprungen sein könnten. Die Ahnung des nahenden Krieges lässt die letzten Hemmungen fallen, man liebt sich nicht nur andernorts „hastig und ungelenk, schlaflos und juliverschwitzt“. Allein eine auktoriale Allmachtsstimme orakelt: „Eine Million neunzehnjährige Witwen würden bald Europa bevölkern“.

Doch jenseits dieser schwindelerregenden, synkopischen Streifzüge durch die Nacht schwingen all die Themen mit, die im Wien dieser Zeit en vogue sind: die erst seit ein paar Jahrzehnten bestehende prächtige Ringstraßenarchitektur, die aufkommende Psychoanalyse, die Suffragettenbewegung, gleichgeschlechtliche Liebe. „Die Inkommensurablen“: Ein Buch das Geschichte schreibt!

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Ich habe es mit Freude gelesen! Toll, wie die Autorin die Zeit der Machtübernahme darstellt aus der Sicht der damals jungen Erwachsenen.

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An diesem Buch werden sich viele Geister scheiden. Generell denke ich, dass so wie diese Autorin schreibt, Leser*innen entweder total fasziniert oder vollkommen abgeschreckt werden.
Es ist nicht immer einfach, manchmal sogar unmöglich den intellektuellen Gedankengängen dieser Geschichte zu folgen. Und gibt es überhaupt eine Geschichte? In gewisser Weise ja, aber nicht auf die Art, dass sie der Grund ist, warum man dieses Buch gerne liest. Ich war fasziniert von der Sprache und den intellektuellen Fähigkeiten der Autorin, den wissenschaftlichen und philosophischen Einschüben und deren Auslegungsmöglichkeiten.
War ich teilweise überfordert? Wollte ich manchmal ein wenig mehr Eindeutigkeit, ein wenig mehr Story? Definitiv. Hat mich der Sog der Sprache und die Wucht einzelner Passagen und des Schreibstils dann trotzdem immer weiter gezogen. Definitiv.

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Wow, was für ein Parforceritt. Oder doch eher ein Ritt auf der Rasierklinge? Wien, kurz vor Ausbruch des 1. Weltkriegs. Und Raphaela Edelbauer führt den Leser kurzer Hand hinein in die brodelnde, erhitzte und von Nationalismus schier besoffene Stadt. Und mitten in diesem Taumel führen die Protagonisten immer wieder Diskurse über Esoterik, Naturwissenschaft und Mathematik.

Ein Buch, das unheimlich viel Zeitgeist transportiert. 10 Sterne von 5 -:).

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Raphaela Edelbauers Buch "Die Inkommensurablen" besticht durch unvergleichbar gestochen scharfe Sprache, Tiefgang und ein Repertoire an vielseitigen Charakteren. Zum Buch gegriffen habe ich, zugegebenermaßen, auch wegen der Namensvetterin Klara, obwohl wir uns nicht mehr unterscheiden könnten. Mit Zahlen habe ich es nicht so, die Buchstaben sind dann eher meins. Umso schöner, was dieses Wunderwerk der Literatur sprachlich für einen bereithält.

Einen Stern Abzug, weil ich, so sehr mich das Buch begeistert hat, mit dem Ende doch etwas unglücklich war. Wenngleich dies mein erstes Buch von der Autorin war, so wird es sicherlich nicht mein letztes sein. Mir gefällt der frische Wind und der etwas andere Ansatz, mit dem sie sich dem historischen Thema widmet. Gerne wieder! :)

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Raphaela Edelbauer fängt unglaublich gut die Atmosphäre jener einen Nacht vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges ein - eine Stadt im Taumel zwischen Begeisterung, Kampfbereitschaft, Drogen und ganz normalem Wahnsinn. Gefühlt ist man mittendrin im Wien des Sommers 1914. All die Menschen, die Hektik, das Gedränge, schreiende Zeitungshändler, die jede Stunde etwas Neues verkünden - all dies ist so beschrieben, dass vor meinem inneren Auge ein Schwarz-Weiß-Film abläuft. Und mittendrin Hans aus den Bergen von Tirol mit seinen neuen Wiener Freunden Adam und Klara.

Die Story ist gut, manchmal schräg und absurd, dann wieder erschreckend ernst. Zeitweise erzählte die Autorin zu ausführlich über Mathematik, Psychoanalyse und Philosophie. Da fehlte mir dann der Zauber der Fiktion. Geradezu schaurig fand ich die Szenen in den Katakomben unter der Stadt. Gern und mit Interesse gelesen, konnte ich doch keine wirkliche Begeisterung für den Roman empfinden.

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Ein historischer Roman trifft immer dann ins Herz meiner Leseerwartung, wenn er, und das eben meistens jenseits der üblichen Genregrenzen, Geschichte in der Literatur erfahrbar und auf eine Weise begreifbar macht, die eine noch so genaue rein wissenschaftliche Beschreibung vielleicht nicht erreichen könnte. Raphaela Edelbauer ist mit ihrem Roman, der die bedrohlich flirrende Zeit kurz vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs in einer vielschichtigen Fiktion erfasst, genau das gelungen. Sie verleiht der Hingerissenheit und Zerrissenheit des Endes einer Epoche, ihrer Komplexität und Widersprüchlichkeit, eine literarische Gestalt, die Gesellschafts-, Kultur- und Mentalitätsgeschichte vereint und dabei auch noch so spannend erzählt ist, dass ich das Buch kaum beiseite legen konnte.

Es passiert auch wirklich eine ganze Menge in diesen gerade mal ein, zwei Tagen, an denen sich die Romanhandlung in großer Dichte und Schnelligkeit abspielt: Schlägereien, Rausch- und Traumerfahrungen, zahlreiche pointierte intellektuelle Dialoge, in denen von Traumdeutung, Psychoanalyse, Suggestion über Mathematik, Philosophie bis zur Diplomatie und zur Musik viele Ebenen des kulturellen, psychischen und politischen Lebens der Gesellschaft im frühen 20. Jahrhundert aufgerufen und zueinander in Beziehung gesetzt werden, und nicht zuletzt auch eine turbulente Freundschaft, so intensiv und emotionsgeladen, wie die kurze Zeitspanne, in der sie entsteht. Um das zentrale Dreigespann der handelnden Personen kurz vorzustellen: Klara, eine hochbegabte Mathematikdoktorandin aus ärmlichsten Verhältnissen, Hans, ein belesener Pferdeknecht aus Tirol, der einen Tag vor Ausbruch des Krieges vom Land in die Großstadt Wien gelangt und auf den beide, die Stadt und die Doktorandin, eine so faszinierende wie einschüchternde Wirkung haben, und schließlich der aus einem reichen und adligen Elternhaus stammende Adam, der gegen den Willen seiner Eltern ganz für seine Leidenschaft, die Musik, zu leben versucht, von dem jedoch erwartet wird, dass er, der Offizierstradition seiner Familie folgend, in den Krieg zieht, sobald dazu aufgerufen wird. Diese drei entwickeln, so verschiedener Herkunft sie auch sind, in der kurzen Zeit, die ihnen beschieden ist, ein besonderes, ein eigenwilliges Band der Freundschaft. Sie begegnen sich, und diese Kontingenz begründet den philosophischen Kern der alles andere als kontingenten Romankonstruktion, bei der Psychoanalytikerin Helene Cheresch, der vierten Hauptfigur, mit der alle drei eine wiederum eigene Geschichte verbindet.

Wenn man eine moralisch-ethische Brücke in die Gegenwart schlagen mag, so kann man aus der Durchführung dieser mathematischen Metapher durchaus eine Warnung ableiten, nämlich die vor der Halsstarrigkeit ins Absolute gewendeter Überzeugungen, die religiösen Ideologien gleich, keine anderen neben sich gelten lassen. Ein solches Fehlen von Meinungspluralität wird rasch zum Quell der Gewalt, die sich erst in der Kommunikation, sodann auch in physischer Auseinandersetzung ihren zerstörerischen Ausdruck verschafft.

Der Schluss gestaltet sich im Übrigen so zwangsläufig wie überraschend. Metaebene und Handlungsebene fallen in eins, erweisen sich als geschickt angelegte Versuchsanordnung und desillusionieren sowohl den Protagonisten Hans wie den Leser. Mit der Einschränkung jedoch, dass ein fiktionsironisches Fenster für den aufmerksamen Leser offengelassen wird, durch das er ins Übersinnliche blicken darf — das keinesfalls mit dem Übernatürlichen gleichzusetzen ist, wie man in einer der anregenden Diskussionen der Figuren zuvor erfahren hat.

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