Der Fetzen

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Erscheinungstermin 16.03.2019 | Archivierungsdatum 19.08.2019

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Zum Inhalt

»Ich war einer von ihnen, aber ich war nicht tot.« Der Terroranschlag auf Charlie Hebdo hat das Leben von Philippe Lançon unumkehrbar in zwei Hälften gespalten. In eindringlicher Prosa arbeitet Lançon das Erlebte auf und sucht seinen Weg zurück in ein Leben, das keine Normalität mehr kennt. Als sich Philippe Lançon an einem Morgen im Januar spontan entscheidet, in der Redaktion von Charlie Hebdo vorbeizuschauen, gibt es kein Anzeichen dafür, dass sein Leben direkt auf eine Katastrophe zusteuert. Gemeinsam mit seinen Kollegen sitzt er im Konferenzraum, als zwei maskierte Attentäter das Gebäude stürmen. Kurz darauf sind die meisten seiner Freunde tot, ihm selbst wird der Unterkiefer zerschossen. Philippe Lançon wird nicht als Gastdozent nach Princeton gehen, wie es geplant war. Er wird seine Querflöte verschenken, die er nicht mehr spielen kann. Und er wird lange Zeit keine Redaktion mehr betreten. Stattdessen wird er siebzehn Gesichtsoperationen erdulden und versuchen, seine Identität zu rekonstruieren. So, wie das Attentat Frankreich in ein Davor und ein Danach gespalten hat, hat es auch das Leben Philippe Lançons auseinandergerissen. In der fulminanten literarischen Verarbeitung seiner Traumata macht der Autor so eindrucksvoll wie behutsam sichtbar, wie Geist und Körper sich nach einer unsagbaren Erfahrung ihren Weg zurück ins Leben bahnen. Das Buch gewann bereits folgende Preise: Prix Femina Prix Spécial Renaudot Prix des Prix Prix Roman News Stimmen zum Buch: »Ein unumstößliches, vollkommenes Meisterwerk.« Frédéric Beigbeder, Le Figaro Magazine »Sagenhaft ehrlich, unerhört intim, verstörend schön, todtraurig und tröstlich zugleich.« Martina Meister, Welt am Sonntag »Große Literatur« Bernard Pivot, Le Journal du Dimanche »Ein magistrales Journal der Trauer.« Jean Birnbaum, Le Monde des Livres »Ein reicher literarischer Bericht über eine unsagbare Erfahrung.« Olivia de Lamberterie, Elle »Ein seltenes Zeugnis, ebenso faszinierend wie schrecklich.« Alexandra Schwartzbrod, Libération »Eine unglaubliche Empfindsamkeit und Menschlichkeit.« Philippe Labro, Le Point

»Ich war einer von ihnen, aber ich war nicht tot.« Der Terroranschlag auf Charlie Hebdo hat das Leben von Philippe Lançon unumkehrbar in zwei Hälften gespalten. In eindringlicher Prosa arbeitet...


Verfügbare Ausgaben

AUSGABE Anderes Format
ISBN 9783608504231
PREIS 25,70 € (EUR)

Rezensionen der NetGalley-Mitglieder

Dieses Buch berichtet von den Ereignissen vor, während und nach dem Attentat bei Charlie Hebdo, erzählt von einem Überlebenden. Philippe Lancon war Kolumnist bei Charlie Hebdo, dem Satire-Magazin. Er musste mit ansehen, wie seine Kollegen getötet wurden, er selbst wurde auch schwer verletzt. 12 Menschen wurden getötet.

Man liest selten von solchen Ereignisse auf unmittelbare, detaillierte Art, dazu von einem Zeugen und Betroffenen, der wirklich schreiben kann. So wird der Bericht tatsächlich zu einem autobiografischen Roman.

Lange Passagen handeln von den Gesundheitsprozess. Die Gesichtsverletzungen waren schwer, lange Krankenhausaufenthalte und Operationen erforderlich.
Hilfreich waren kulturellen Themen, Musik und Literatur, wie Kafka, Proust, Thomas Manns Zauberberg und Bach sowie Jazz.

Mich hat die Haltung von Philippe Lancon beeindruckt und die Genauigkeit der Details seiner Schilderungen. Ein starkes Buch!

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„Vier in dem einen, eins im anderen Krankenhaus: Das sind die Zimmer, in denen ich vom 8. Januar 2015 bis zum 17. Oktober 2015 rund um die Uhr geblieben bin, was insgesamt, wenn ich richtig rechne, 282 Tage ergibt. Gefangene zählen und oft auch Kranke, weil sie am liebsten fliehen und verschwinden würden. Ich war weder gefangen noch krank: Ich war ein Opfer, ein Verletzter (...)“

Philippe Lançon, Reporter und Kritiker, der am Morgen des 7. Januar 2015 an der Redaktionssitzung von Charlie Hebdo teilnahm, der Wochenzeitung, die in den letzten Zügen lag und deren unabwendbarer Tod nur noch eine Frage von wenigen Ausgaben war. Der Tod sollte kommen, aber nicht für die satirische Wochenzeitung, sondern für ihre Macher, in Form der Brüder Kouachi, die bewaffnet in die Redaktionsräume eindrangen und um sich schossen. Elf Tote und zahlreiche Verletze ist die Bilanz, die global Schlagzeilen machte. Eines der Opfer war Philippe Lançon, der erst begreifen musste, das er Teil eines großen Ereignisses wurde und sein Leben von nun an in eine Zeit vor dem 7. Januar und eine Zeit nach dem 7. Januar 2015 getrennt werden würde.

„Der Fetzen“, in Frankreich mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, unter anderem dem Spezialpreis des renommierten Prix Renaudot, der eigentlich Belletristik ehrt, ist eine Biographie der besonderen Art. Sie beschränkt sich auf wenige Monate, die Zeit von dem Anschlag auf Charlie Hebdo und sie endet auch mit einem Anschlag, dem auf das Bataclan am 13. November desselben Jahres. Es ist die Zeit für Philippe Lançon zwischen Tod und Rückkehr ins Leben, die Zeit von 17 Operationen und einem alles andere als optimal verlaufenden Heilungsprozess, den er minutiös mit dem Leser teilt. Letztlich ist es der Versuch etwas zu verstehen und zu verarbeiten, was weder verstehbar noch vergessbar ist. Es ist die persönliche Seite eines globalen medialen Großereignisses, das die Aspekte darstellt, die dem fernen Beobachter üblicherweise vorenthalten bleiben.

Mich hat Philippe Lançons Bericht schwer beeindruckt. Zum einen die Offenheit, mit der er die wiederholten Niederschläge im Heilungsprozess schildert, die Widrigkeiten während des Krankenhausaufenthaltes – es sind die Dinge, über die wir eigentlich nicht sprechen, die in unserer von ansprechender Optik dominierten Welt keinen Platz haben. Es sind aber vor allem auch seine persönlichen Beziehungen, die nach dem Attentat nicht mehr dieselben sind. Nicht nur ihn hat das Ereignis verändert, es wirkt auch sekundär auf sein Umfeld und er muss erkennen, dass nicht jeder mit der neuen Situation umgehen kann.

Der Autor ist ein außerordentlich reflektierter Mensch, was man dem Buch auf jeder Seite anmerkt. Er versucht nicht, einen tieferen, gar religiösen Sinn darin zu erkennen, dass gerade er Opfer wurde. Ebenso spielen seine Emotionen in Bezug auf die Attentäter keinerlei Rolle. Er lebt im Hier und Jetzt, aber er kann nicht mehr einfach irgendetwas lesen, es sind Proust und Kafka, die ihn ansprechen. Wie Prousts Protagonist wird auch er von Erinnerungsfetzen aus seiner Vergangenheit geplagt und kann bisweilen nur mit einer distanzierenden Ironie die kafkaesken Gegebenheiten ertragen. Es ist eine subjektive Verarbeitung, die keinen größeren Zusammenhang schafft, die Banalitäten – steht sein Fahrrad immer noch vor der Redaktion? Wo ist sein Stoffbeutel? – in den Fokus rückt und einem den Autor dadurch nah bringt.

Philippe Lançon ist Charlie Hebdo – mehr als alle, die sich den Slogan zu eigen gemacht haben. Aber er will nicht die Stimme oder das Gesicht sein, dafür ist er zu bescheiden. Er ist ein Überlebender, der das Überleben erst wieder zu schätzen lernen musste und dem, auch wenn man ihm über lange Zeit die Stimme raubte, doch nie die Worte ausgingen, was ein Glücksfall ist.

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„Ihr habt Glück, für euch ist alles vorbei. Für mich fängt es erst an.“ So dachte Philipp Lancon als er von seinen Rettern an den Leichen seiner Kollegen vorbei getragen wurde. Hatte er doch Minuten vorher sein zerschossenes Gesicht im Handy gesehen. Statt des Unterkiefers und der Lippen sah er nur noch einen blutigen Klumpen und einen Fetzen, der auch Anlass zur Titelwahl dieses Buches #DerFetzen war.

Am 07.01.2015 stürmten zwei Irre in den Konferenzraum der Zeitschrift Charlie Hebdo und ermordeten die meisten der Teilnehmer. Philipp Lancon wurde schwerst verletzt geborgen und beschreibt in seinem Buch den Weg in ein anderes Leben. Nein, der Weg zurück ins alte Leben ist es keineswegs, das wird beim Lesen der Aufzeichnungen klar.

Zunächst berichtet Herr Lancon von den Tagen und Stunden vor dem Attentat. Warum er überhaupt ausgerechnet zu dieser Zeit an diesem Ort war und worüber sich unterhalten wurde. Es war der Autor Houellebecq und sein neuester Roman „Unterwerfung“, der ein Thema war. Als die beiden Brüder in den Raum stürzten lagen innerhalb von Sekunden alle dort Anwesenden tot oder verletzt auf dem Boden. Herr Lancon stellte sich leblos und das war seine Rettung.

Im Krankenhaus gab es etliche, die ihn mit ihrem eigenen Leid trösten wollten. Darauf und auf die Worte „Es wird schon wieder“ hätte er gerne verzichtet. Er schreibt in #DerFetzen, wie entsetzt die alten Eltern waren und dass sein Bruder für ihn eine starke Stütze war. Zwei Polizisten mit einer Beretta im Anschlag wurden als Leibwache abgestellt, da er noch immer als potenziell gefährdet galt. Als diese nach Monaten ohne Vorwarnung abgezogen wurden, kam er sich zunächst nackt und schutzlos vor.

Über viele Monate konnte er sich nur per Whiteboard und Filzstift verständigen. Sprechen war ein Ding der Unmöglichkeit. Zahllose Operationen musste er über sich ergehen lassen um wieder halbwegs wie ein Mensch auszusehen. Haut von seiner Wade wurde in der Mundhöhle transplantiert, und die nachwachsenden Haare setzten ihm zu. Nahrung aufnehmen konnte er nur per Sonde und die Schmerzen waren lediglich mit Morphium zu ertragen.

Nein, #DerFetzen ist kein Buch des Jammerns, im Gegenteil. Sachlich berichtet Philipp Lancon was in ihm vorging und wie er die Reaktionen seiner Mitmenschen empfand. Kurz nach dem Attentat waren nicht nur in Frankreich Großdemonstrationen an der Tagesordnung und viele Menschen behaupteten Charlie zu sein. Doch, wie sieht es jetzt, vier Jahre danach aus? Was wurde aus den Hinterbliebenen und kamen die Spenden auch tatsächlich dort an, wo sie gebraucht wurden? Wie geht es den Überlebenden? Fragen, die kaum noch gestellt und in dem Buch #DerFetzen teilweise beantwortet werden.

Für mich erschreckend ist die Tatsache, dass das Gesundheitssystem auch in Frankreich zusammengebrochen ist. Chirurgen sind überlastet und das Pflegepersonal ebenfalls. Darauf weist ein anderes Zitat aus dem Buch #DerFetzen hin:

„Die Welt scheint nicht dafür gemacht, Zeit auf die Pflege der Abseitigen zu verwenden.“ Den Satz schrieb Philipp Lancon im Zusammenhang mit seinem Aufenthalt im Hopital de Invalides, dem Invalidendom.

Der Schluss des Buches handelt von einem erneuten Attentat aus gleichen Motiven. Meiner Meinung nach ist #DerFetzen ein Muss für jeden Menschen, der seine Empathie noch nicht verloren hat. Es hilft ebenfalls zu verstehen, was es bedeutet, schwerverletzt ein Trauma zu überleben.

#NetGalleyDE

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Was Philippe Lançon erlebt hat, wünscht man keinem, er hat den Terroranschlag auf Charlie Hebdo überlebt. Er ist Journalist und tut, was Journalisten am besten können: Berichten. Nur ist sein Thema sehr ungewöhnlich und verstörend.


Unglaublich eloquent erzählt er, wie sich sein Leben durch diesen Anschlag verändert hat, innerlich und äußerlich. Ihm wurde ein Teil des Kiefers weggeschossen, allein das sorgt dafür, dass er nie wieder der Alte werden kann.

Selten habe ich ein gutes Buch so ungern gelesen. Dieses Buch ist blankes Leid auf gut 500 Seiten, eindringlich, ehrlich, schonungslos. Phillipe Lançon nimmt kein Blatt vor den Mund, schafft es aber, mit Eleganz ekelhafteste Dinge zu beschreiben. Ob nun der Anschlag selbst, seine Krankenhausaufenthalte, körperliche und seelische Befindlichkeiten, er lässt nichts aus und beschönigt nichts. Im Gegenteil, er beschäftigt sich ausführlich mit den kleinsten Details. Man ist ganz nah dran, fast ist man dabei, die Frage ist nur, will man das?

Mit diesem Buch hat Phillipe Lançon einige Preise gewonnen und man versteht schon nach wenigen Zeilen warum. Es ist sehr beeindruckend, wie kunstvoll er von Dingen erzählt, die eigentlich unsagbar sind.

Auch wenn es höchst kunstvoll ist, war mir das Buch deutlich zu lang. Hier schreibt sich jemand den Frust von der Seele, holt aus, macht viele Exkurse in die Vergangenheit, schildert kluge Gedanken zu unterschiedlichsten Themen. Das hätte man straffen können.

Dieses Buch ist einzigartig, das kann man ohne Übertreibung behaupten und das ist ein Glück. Woran man hier eindrucksvoll teilhat, möchte niemand erleben. Die Frage ist, ob man das lesen möchte, aber wenn man es lesen möchte, bekommt man es hier in höchst lesenswerter Form präsentiert.

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Als man seinerzeit von dem Terroranschlag auf die Redaktion Charlie Hebdo hörte, war man schockiert, ist aber recht schnell wieder zum Tagesgeschehen übergegangen. Einerseits war da eine Angst vor Terroranschlägen, andererseits wollte man wohl nicht zu sehr darüber nachdenken. Was aber ist mit den Menschen, die betroffen sind? Was ist mit denen, die den Anschlag überlebten, deren Leben aber nie mehr das ist, was es zuvor war?
Philippe Lançon ist ein Betroffener; er hat überlebt. Er musste zusehen, wie seine Kollegen erschossen wurden und er musste erleiden, wie ihm der Unterkiefer zerschossen wird. Mit einem Mal waren viele seiner Pläne nicht mehr möglich. Ein langer Heilungsprozess mit vielen Operationen steht ihm bevor und am Ende hat er zwar ein Leben, aber nicht mehr das, was es zuvor war.
Der Kulturkritiker und Kolumnist Philippe Lançon hat sein Trauma in diesem Buch verarbeitet. Es ist nicht einfach, dieses Buch zu lesen, denn es ist verstörend und macht einen fassungslos. Umso bewundernswerter ist es, wie Philippe Lançon sich zurückgekämpft hat. Dabei berichtet er detailliert und relativ emotionslos darüber, was er erduldet hat und was ihn bewegt hat. Man lernt seine Gedanken zu vielen unterschiedlichen Themen kennen.
Wer das erlebt hat, muss eigentlich wütend sein und darf jammern ob der Qualen, die er ertragen musste. Aber der Autor berichtet sehr sachlich, was ich bewundere.
Es ist ein verstörendes Buch, es macht betroffen und nachdenklich. Es ist ein sehr intensives Buch.

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"Der Fetzen" von Philippe Lancon ist ein sehr berührendes und zugleich unglaublich erschütterndes Buch. Der Autor, der hier autobiografisch sein Überleben und das Erleben des Anschlags auf das Büro des Satiremagazins Charlie Hebdo beschreibt, erzählt dermaßen ergreifend, dass die Schilderungen von Anfang bis Ende unter die Haut gehen. Wahre Geschichte - und deshalb umso dramatischer und bestürzend. Ein Buch, das von den verschiedenen Zeitperspektiven rund um den Anschlag handelt - vor allem aber das "nachher empfundene Vorher" aufgreift und dieses beinahe minutiös darstellt. Philippe Lancon ist nicht für seine Erlebnisse zu beneiden, sehr wohl aber für das Werk, dessen Niederschrift ihm wohl sehr viel abverlangt hat und das wie ein Mahnmal für das Leben steht - auch wenn das Erinnern an die Vergangenheit kaum zu ertragen scheint und man durch das Geschehene gezeichnet ist. Ein Buch, das man nur empfehlen kann, das aber ganz klar keine leichte Lektüre darstellt. Es klingt nach - mit Worten wie mit Bildern. 5 Sterne.

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"Ich habe immer den Eindruck, neben mir zu stehen, wenn ich für Menschen schreibe, die das Zimmer und seine Stille nicht gekannt haben. Das Zimmer ist der Ort, an dem die Wörter bersten und erlöschen. Noch habe ich es nicht verlassen"

Sehr eindringlich schreibt Lançon über das erlebte Attentat und vor allem die Zeit danach, als Überlebender, Versehrter, der sich wie in einer Art Zwischenwelt fühlt. Berufsbedingt kann der Mann gut mit Worten umgehen.

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Für Philippe Lançon ist sein Leben in zwei Teilen geteilt – es gibt ein Leben davor und eines danach. Er sass am 7. Januar 2015 in der Redaktionssitzung als zwei maskierte Männer in die Redaktion eindrangen und ein Massaker anrichten. Schwer verletzt will er seine Mutter anrufen, im Display sieht er sein Gesicht oder was davon übrig blieb. Von der Stirn bis zur Oberlippe ist alles okay, aber darunter klafft ein riesiger Krater.
Im Schreiben dokumentiert er nicht nur die Wiedererstellung seines Gesichtes, sondern auch der Mensch Philippe Lançon muss sich neu formieren. Schonungslos ehrlich beschreibt er seine Schmerzen, Gefühle und Ängste. Er erspart dem Leser nichts und lässt ihn an seiner Rekonvaleszenz teilhaben. Diese ist lang, 17 Operationen in zwei Jahren muss er über sich ergehen lassen. Aus seinem Wadenbein wird sein Kiefer rekonstruiert. Schwieriger wird es mit der Hauttransplantation aus dem Oberschenkel. Immer wieder reisst sie und ist undicht. „Der Fetzen“ nennt er ihn.

Es ist kein einfaches Buch, man kann es nicht einfach weglesen. Es ist nicht nur schonungslos geschrieben, sondern auch intensiv. Wenn man auch nicht annähernd nachfühlen kann, was er in diesen zwei Jahre Rekonvaleszenz durchlitten hat, taucht man in sie seine Gefühlswelt ab. Man braucht zwischendurch Zeit um das Gelesene zu verarbeiten.

Es ist keine Abrechnung mit den Attentätern. Er jammert nicht und verurteilt niemanden. Philipp Lançon konzentriert sich auf seine Rekonstruktion und die Verarbeitung des Erlebten.

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