Poesie und Gewalt

Das Leben der Gudrun Ensslin

Dieser Titel war ehemals bei NetGalley verfügbar und ist jetzt archiviert.

Bestellen oder kaufen Sie dieses Buch in der Verkaufsstelle Ihrer Wahl. Buchhandlung finden.

NetGalley-Bücher direkt an an Kindle oder die Kindle-App senden.

1
Um auf Ihrem Kindle oder in der Kindle-App zu lesen fügen Sie kindle@netgalley.com als bestätigte E-Mail-Adresse in Ihrem Amazon-Account hinzu. Klicken Sie hier für eine ausführliche Erklärung.
2
Geben Sie außerdem hier Ihre Kindle-E-Mail-Adresse ein. Sie finden diese in Ihrem Amazon-Account.
Erscheinungstermin 06.05.2017 | Archivierungsdatum 04.05.2017

Zum Inhalt

Gudrun Ensslin gehörte zur Führungsspitze der RAF und war zugleich weit mehr: eine literarisch hochgebildete Person. Umfassend beschreibt die Autorin Ensslins geistige wie politische Entwicklung und zeigt, wie aus dem intellektuellen Bürgertum des Nachkriegsdeutschlands gewaltbereite Radikalisierung möglich war. Im Mittelpunkt dieser Biographie steht eine extreme Person und ihr extremer Lebensweg. Ingeborg Gleichauf räumt mit den gängigen Klischees und Vorurteilen auf, die Gudrun Ensslin als Produkt eines provinziellen Pastorenhaushalts sehen. Sichtbar wird vielmehr eine vielseitig begabte Persönlichkeit der Zeitgeschichte. Souverän schildert die Autorin die Zeitumstände, die die Entwicklung einer Gewaltbereitschaft begünstigt haben. Ensslins Lebensweg prägten nicht sie allein. Ihre intensive Schreibtätigkeit und die Literaturbegeisterung waren zentral für ihre Weltanschauung. Die Autorin zeichnet alle Lebensstationen nach und widmet sich ausführlich den bisher vernachlässigten Kindheits- und Jugendjahren Ensslins. Eindringlich schildert sie Ensslins Beziehungen. In einer besonderen Verbindung von Erzählung und Analyse gelingt es ihr, uns eine ebenso schwierige wie vielschichtige Person nahezubringen, die unsere Gesellschaft radikalverändern wollte.

Gudrun Ensslin gehörte zur Führungsspitze der RAF und war zugleich weit mehr: eine literarisch hochgebildete Person. Umfassend beschreibt die Autorin Ensslins geistige wie politische Entwicklung und...


Verfügbare Ausgaben

AUSGABE E-Book
ISBN 9783608100273
PREIS 14,99 € (EUR)
SEITEN 320

Rezensionen der NetGalley-Mitglieder

Ich möchte die Einschätzung des Buches durch Robert Braunmüller in der Abendzeitung München vom 18.01.2017, welche im Klappentext zu finden ist, in den Mittelpunkt meiner Besprechung stellen, denn er formuliert genau das, was mir beim Lesen von "Poesie und Gewalt: Das Leben der Gudrun Ensslin" durch den Kopf ging:

»"Poesie und Gewalt" handelt von der Unmöglichkeit einer Biografie. Das ist ehrlicher als die dröhnende Selbstgewissheit, mit der andere Bücher vom Leben fremder Menschen fabulieren.«

Das klingt ein wenig ernüchternd und das ist es vielleicht auch für Leser, die sich mit dem Thema RAF und Gudrun Ensslin schon eingehender befasst haben. Nichtsdestotrotz hat Ingeborg Gleichauf einen wirklich guten Job gemacht: ihr intensives, ehrliches Bemühen, hinter dem Mythos den Menschen Gudrun Ensslin sichtbar zu machen, ist für den Leser bei jeder gelesenen Zeile erkennbar. Immer dann wenn der schmale Pfad der akribischen und wirklich ambitionierten Fakten-Recherche in die Allee der Spekulationen einzumünden droht, kann man als Leser die ungewollte Hilflosigkeit, aber auch die die konsequente Verweigerung der Autorin fast schon selber körperlich spüren. Sätze wie:

Die Faktenlage bezüglich [...] erweist sich als äußerst dürftig.

Bis auf diese wenigen Details gibt es [...] wenig Konkretes zu sagen.

Mehr als fraglich ist natürlich [...]

[...] können wir nicht wissen.

Es scheint, als habe sie so etwas noch nie erlebt.

ziehen sich zuhauf durch das ganze Buch (und ja: sie nerven auch manchmal). Die Ambivalenz der Persönlichkeit Gudrun Ensslins kann die Autorin durchaus gut beschreiben und anschaulich darstellen, allein Erklärungen kann auch dieses Buch zur "Sphinx der RAF" nicht liefern. Wie aus dem fröhlichen Kind aus streng religiösem Elternhaus, einer hochintelligenten, literatur- und sprachbegeisterten, zielstrebigen Musterstudentin mit Stipendiat, einer intellektuellen jungen Frau mit bedauerlicherweise unglücklichem Händchen bei der Männerwahl eine außerhalb jeden geltenden Rechts stehende, radikale, terroristische Gewalttäterin werden konnte, ist rational auch durch dieses Buch nicht erklärbar. Somit erfährt der Leser an Fakten nicht mehr, als er durch andere Lektüre bereits wusste.

Ingeborg Gleichauf liefert aber viele kleine, interessante Details, indem sie den Versuch wagt, sich Gudrun Ensslin über die Literatur, die diese las, anzunähern. Darauf liegt der eigentliche Fokus des Buches. Es ist ein guter und dezenter Versuch: aber eben auch nur ein Versuch und nicht mehr. Gudrun Ensslin scheint sich auch 40 Jahre nach ihrem Tod einer Analyse entziehen zu wollen.

Das "WARUM?" steht nach der Lektüre vielleicht sogar noch etwas größer im Raum, als vorher. Und vielleicht möchte ich dieses Buch gerade aus diesem Grund empfehlen. Unsere Gesellschaft ist derzeit gezwungen, ihre Einstellung zu Hass, Gewalt, Radikalisierung, Terror neu zu definieren. Dieses Buch hat mich dazu gebracht, mir auch in Bezug auf mich Fragen dazu zu stellen.

Fazit: Gut gemachte, empfehlenswerte Biografie einer Ausnahme-Persönlichkeit, die keine neuen Fakten, aber einen anderen Blickwinkel anbietet.

War diese Rezension hilfreich?
N/A

Ein Versuch einer Biografie von Gudrun Ensslin, die vor 40 Jahren starb/sich das Leben nahm, während der Haft in Stammheim.
Das Buch ist in Jahresetappen eingeteilt und versucht damit das gesamte Leben Ensslins wiederzugeben. Immer wieder kommt es zu vergleichen mit den bereits erschienenen Veröffentlichungen zur RAF und welche Rolle Ensslin in diesen zugesprochen wird.
In diesem Buch wird der Mensch hinter dem Bild der Terroristin beleuchtet und versucht die Entwicklung hinzu dem, was auch immer man in ihr sehen will.
Sehr gut geschrieben, trotz vieler Quellen und einiger Zitate gut leserliches Buch, das einen tiefen Einblick gibt und einiges beleuchtet.

N/A
War diese Rezension hilfreich?

Über die RAF und ihre bekanntesten Mitglieder Andreas Baader, Ulrike Meinhoff und Gudrun Ensslin sind mittlerweile Berge an Büchern geschrieben worden. Viele scheinen intensiv voneinander inspiriert zu sein, so wenig neue Sichtweisen eröffnen sie. Ingeborg Gleichaufs Porträt über Gudrun Ensslin geht einen neuen Weg. Natürlich kann auch sie sich nur auf die bekannten Quellen und Zeitzeugen beziehen. Sie bindet jedoch noch anderes Material mit ein – Ensslins Lektüre während ihres Studiums. Das erweitert den Blickwinkel wesentlich. Auf einmal ist Ensslin nicht mehr nur die Pastorentochter aus der schwäbischen, die gegen das strenge Elternhaus rebellierte und in die falschen Kreise geriet. Endgültig kann aber auch Gleichauf die Psyche dieser höchst belesenen und innerlich getriebenen Frau nicht analysieren.

War diese Rezension hilfreich?

Gudrun Ensslin (1940-1977) gilt als Mitbegründerin der RAF in Deutschland. Über die RAF und vor allem über ihre prominenten Mitstreiter Andreas Baader und Ulrike Meinhof sind bereits unzählige Bücher, gar Filme erschienen und Urteile gefällt wurden. Doch wie sieht es mit der fleißigen Arbeiterin im Hintergrund, der einstigen Pfarrerstochter Gudrun Ensslin aus? War sie wirklich eine hysterische bis fanatische Terroristin ohne Gewissen?

Die Autorin Ingeborg Gleichauf versucht mit ihrer engmaschigen Persönlichkeitsstudie wie Biografie, sich ein objektives Bild von Ensslin jenseits des vorgefertigten, subjektiven Meinungsmainstreams zu machen. Detailreich, unter Bezugnahme auf Originalbriefe und bereits erschienene Studien nähert sie sich der komplexen Persönlichkeit ihrer Hauptfigur. Überwiegt im ersten Lebensabschnitt mit Kindheit und Schule sowie Studium der Eindruck, dass Ensslin eine disziplinierte und hochintelligente Zeitgenossin gewesen ist, die sich immer ihre Meinung gebildet hat, so ist der zweite Lebensabschnitt geprägt vom Ausbrechen aus Konventionen und einer starken Politisierung. Kurzum, aus dem braven, klugen Mädchen ist eine eigensinnige bis kämpferische junge Frau geworden. Hieran hatte vor allem ihr zweiter Lebensgefährte Andreas Baader sowie die Ermordung Benno Ohnesorgs von 1967 einen großen Anteil. Infolge kappte Ensslin familiäre wie freundschaftliche Bindungen und verschrieb sich voll und ganz dem Kampf gegen die voranschreitende Konsumgesellschaft bzw. alte Nazieliten. Was sich dann ereignete, ist hinlänglich durch die Medien bekannt. Im sog. deutschen Herbst brannten Kaufhäuser, wurden Banken ausgeraubt uvm.

Das Spannende und Neue an Gleichaufs Darstellung ist die Zentrierung auf eine Randfigur des sog. deutschen Terrors.
Bei der Lektüre wird schnell klar, dass Ensslin vor allem eine intelligente Literatin gewesen ist, die stets narrativ dachte und lebte; was auch ihr Germanistik- und Anglistikstudium in Tübingen zeigt. Zudem machte ihr offener Charakter sie zu einem beliebten als auch manipulierbarem Menschen. Sie wollte raus aus der dörflichen schwäbischen Einöde und über philosophische wie literarische Denkmodelle diskutieren. Den hohen Stellenwert des geschriebenen Wortes in ihrem Leben unterstreicht die Autorin auf interessante Weise, indem sie häufig Zitate aus Werken einbaut, die Ensslin zu damaligen Zeit rezipiert hat. Somit ist dieses Sachbuch alles andere als leichte Kost, denn man muss sich in einige Sachverhalte erst hineinlesen, um deren Bedeutung für die Hauptfigur zu verstehen, wird aber danach mit reicher Erkenntnis gesegnet.

Neben diesem literarischen Schwerpunkt überzeugt Gleichauf mit ihrer Beschreibung der Person Ensslin, die keine angepasste Spießerfrau gewesen ist, sondern ihren Sohn Felix in Hochzeiten des RAF-Terrors an den Vater bzw. Verwandte weiterreichte. Denn ein normales Sozialleben kannte sie nicht bzw. war kompliziert, gerade mit einem Mann wie Andreas Baader, der noch verheiratet gewesen ist, als man zusammenzog, an ihrer Seite. Um die Nation wachzurütteln, hat sie alles hintangestellt.
Die Psyche von Ensslin 100%ig zu entschlüsseln, gelingt auch Gleichauf nicht und wird wohl auch keinen nach ihr gelingen, denn die Hauptzeugin - Ensslin selbst - ist längst tot. So bleiben alle Ausführungen zu ihrer Persönlichkeit ab einem bestimmten Punkt hypothetisch. Dennoch ist festzuhalten, dass sich die jugendliche Ensslin diametral von der erwachsenen Ensslin unterschied. Erst aufgeschlossen und wissbegierig und später verschlossen bis revolutionär.

FAZIT
Eine spannende wie interessante Studie zur Person Gudrun Ensslin, die gemäß dem Titel die beiden beherrschenden Themen ihrer Vita "Gewalt" und "Poesie" überzeugend in den Blick nimmt. Aber Fragen bleiben...

War diese Rezension hilfreich?

Gudrun Ensslin gehörte zur Führungsspitze der RAF und war zugleich weit mehr: eine literarisch hochgebildete Person. Umfassend beschreibt die Autorin Ensslins geistige wie politische Entwicklung und zeigt, wie aus dem intellektuellen Bürgertum des Nachkriegsdeutschlands gewaltbereite Radikalisierung möglich war.

Gudrun Ensslin, stammt aus einem kinderreichen Pastorenhaushalt. Das ist wohl eine Tatsache die sich nicht widerlegen lässt. Doch das weitere Wissen über ihre Person beruhen viel auf das Wissen und die Quellen des jeweiligen Biographen und auf Erzählungen Beteiligter und auf deren jeweiligen Blickwinkel.
Ingeborg Gleichauf versucht etwas Licht hinter die "Fakten" zu bringen und Gudrun Ensslin und ihre Entwicklung aus verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten.
Frau Gleichauf bleibt dabei so objektiv wie möglich und vermeidet einseitige Interpretationen. Auch wenn die Entwicklung von Gudrun Ensslin schwer nachvollziehbar bleibt gibt sie dem Leser verschieden Deutungsmöglichkeiten und Wege sich ein eigenes Bild zu machen.
Für alle die an Geschichte und Hintergründe der Zeit interessiert sind absolut lesenswert.

War diese Rezension hilfreich?

LeserInnen dieses Buches mochten auch: