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Abschied vom Phallozän
Eine Streitschrift
von Gertraud Klemm
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Erscheinungstermin 31.07.2025 | Archivierungsdatum N/A
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Zum Inhalt
Der Showdown des Anthropozäns scheint nah: Vor der Kulisse aus Klimakrise und Kriegen droht eine Handvoll machttrunkener und skrupelloser Politiker im Verein mit rücksichtslosen Techmilliardären die Welt gegen die Wand zu fahren. Was all diese Akteure von nie dagewesener globaler Wirkmacht gemein haben? Es sind ausnahmslos Männer. Ignoriert man diesen weißen Elefanten im Raum, hilft auch aller Aktivismus nicht, denn: Nicht der Mensch hat die Erde im Würgegriff, sondern das Patriarchat! Es zu überwinden hieße, den gröbsten globalen Problemen gebündelt entgegenzutreten. Sklaverei, Rassismus, Kolonialismus und Imperialismus schienen bis vor Kurzem noch »alternativlos«, doch sie konnten weitestgehend aufgearbeitet werden, weil sie entlarvt wurden: als Missstände, die der Spezies Mensch unwürdig sind. Warum sollte das mit dem Patriarchat nicht auch gelingen?
Gertraud Klemm nimmt sich in ihrem leidenschaftlichen Essay matriarchale Gesellschaften aus Vergangenheit und Gegenwart zum Vorbild für ihre Ankündigung des Abschieds vom Phallozän – ein kraftvolles Gedankenspiel über matriarchale Inspiration, patriarchale Dekonstruktion und die Notwendigkeit der kolonialen Schubumkehr.
Der Showdown des Anthropozäns scheint nah: Vor der Kulisse aus Klimakrise und Kriegen droht eine Handvoll machttrunkener und skrupelloser Politiker im Verein mit rücksichtslosen Techmilliardären die...
Eine Anmerkung des Verlags
Eine Streitschrift für alle, die sich ernsthaft mit der Lösung der globalen Krise befassen wollen.
Verfügbare Ausgaben
AUSGABE | Anderes Format |
ISBN | 9783751820882 |
PREIS | 20,00 € (EUR) |
SEITEN | 142 |
Auf NetGalley verfügbar
Rezensionen der NetGalley-Mitglieder

Die Autorin Gertraud Klemm ist für ihre feministischen Romane wie beispielsweise "Einzeller" und "Hippocampus" bekannt, ebenso für ihre klare individuelle feministische Haltung. Während in den ersten beiden Wellen des Feminismus die gemeinsamen Ziele noch eindeutiger waren - etwa das Wahlrecht oder allgemein gleiche Rechte für Frauen - ist in diesem Bereich seit der dritten Welle, so wie bei vielen anderen gesellschaftlichen Themen auch, eine Zersplitterung zu beobachten, die viele Menschen ratlos zurücklässt. Ist Feminismus denn überhaupt noch relevant? Wurde nicht längst die rechtliche Gleichberechtigung erreicht? Studieren nicht etwa in vielen westlichen Ländern schon mehr Mädchen als Frauen, sind erfolgreicher in der Schule und leben länger? Wie viel Frauenförderung braucht es denn noch?
Zusätzlich gibt es die in den letzten Jahren sehr einflussreich gewordene Strömung des intersektionalen Feminismus, der Frau-Sein in Interaktion mit weiteren Kriterien wie soziale Schicht, ethnische Herkunft, Migrationshintergrund, Race und vielem mehr verbindet und damit einerseits das Bewusstsein für die Komplexität dieser Phänomene erhöht hat, andererseits aber auch dadurch die gemeinsamen Ziele manchmal nicht mehr so eindeutig sind und leider auch innerhalb des feministischen Lagers Grabenkämpfe und gegenseitige Anfeindungen zunehmen. Dazu kommen noch die Debatten darüber, wer und was überhaupt eine Frau ist sowie ob und wann diese als solche bezeichnet werden sollte, Stichwort Geschlechtsidentität, Transidentitäten und Queerness. Wichtige Themen, von denen sich aber ein nicht so kleiner Teil der Gesellschaft nicht mehr abgeholt fühlt und sich auch deshalb vom Feminismus abwendet.
Vor diesem Hintergrund stellt die Autorin die sehr wichtige Frage, was Feminismus heute noch sein kann und wie dieser dazu beitragen kann, eine für alle gerechtere und friedlichere Gesellschaft aufzubauen. Mutig und scharfzüngig spricht sie an, was oft der sprichwörtliche Elefant im Raum ist, wenn über Geschichte oder auch über aktuelle politische Entwicklungen diskutiert wird: insbesondere physische Gewalt geht in weitaus mehr Fällen von Männern als von Frauen aus, und der Zustand der Welt, in dem nach wie vor von vielen immer größeres Wachstum und Konkurrenz angestrebt werden, bei wachsender Ausbeutung der Ressourcen, Erschöpfung des Planeten und Zerstörung des Klimas, hat sehr viel mit dem Patriarchat zu tun, noch drastischer ausgedrückt mit dem Phallozän, wie die Autorin es in Anlehnung an einen lateinamerikanischen Begriff dazu nennt.
Das Buch beginnt mit einer drastischen Szene: eine Kirche in Afrika, unter der Verliese waren, in denen afrikanische Menschen, die gefangen und versklavt worden waren, unter schrecklichen Bedingungen auf ihre Überfahrt über den Atlantik warteten. Die Autorin besucht sie mit ihrem Adoptivsohn und denkt darüber nach, wie all diese frommen Kirchenbesucher diese schreckliche Realität ausblenden konnten, die sie durch die Lüftungsschlitze förmlich gerochen haben mussten... aber auch darüber, ob und wie sie mit ihrem jungen Sohn über so ein schreckliches Thema sprechen soll. Darauf folgend führt sie im Buch anhand vieler Beispiele aus, wie sich das Phallozän in den letzten paar tausend Jahren ausgebreitet hat und wie absolut alle Gesellschaftsbereiche - von der Art, wie wir unsere privaten Beziehungen führen über die Wirtschaft bis zu Medizin, Philosophie oder Kunst - bis heute tief davon durchdrungen sind. Wie die damit verbundenen Paradigmen so selbstverständlich geworden sind und es bis heute sind, dass viel zu wenige davon in Frage gestellt werden. Wie Geschichte immer noch heißt, hauptsächlich über Könige, Schlachten und Siege zu lernen, aber kaum etwas über das tägliche Leben der Bevölkerung oder über Friedenszeiten.
Dazu stellt die Autorin die wichtige Frage, welche Alternativen es zu dieser Welt geben könnte, die wir aufgebaut haben und die mit so vielen Nachteilen und Problemen einhergeht. Dafür hat sie sich eingehend mit matriarchalen Gesellschaften beschäftigt, von denen es insbesondere unter den ursprünglicher lebenden Völkern dieser Erde noch so einige gibt, genauso wie einige moderne Ausprägungen davon. Hier betont sie, dass man sich ein Matriarchat eben nicht als die "Herrschaft der Mütter oder der Frauen" vorstellen solle, so wie das Patriarchat die Herrschaft der Väter/Männer sei, denn in diesen Gesellschaften ginge es eben nicht ums Herrschen, sie seien stattdessen kreisartig und konsensorientiert organisiert und die Beziehungen würden auf Augenhöhe, gegenseitiger Unterstützung, achtsamem Umgang mit den natürlichen Ressourcen sowie einer tiefen Verbundenheit mit der Natur und ihren Zyklen beruhen.
In dem kurzen, aber ausdrucksstarken, Büchlein finden sich viele interessante Ideen dazu, was wir von diesen Gesellschaften lernen könnten und welche Ansätze daraus möglicherweise auch für unsere modernen Gesellschaften übertragbar sein oder als Inspiration für eine Weiterentwicklung dienen könnten. Zusätzlich finden sich viele Ideen zur verstärkten Sichtbarmachung von Frauen in vielen Bereichen der Gesellschaft, z.B. "Was erzählen wir unseren Kindern über Kriege? Was über Herrschaftsverhältnisse oder über Machtlosigkeit? Was über die Zivilbevölkerung, was über Soldaten? Wie und wessen gedenken wir mit ihnen?" (S. 73 im E-Book)
Man muss nicht alle Ideen der Autorin teilen, um das Buch interessant zu finden. Klarerweise ist es schon von seiner Positionierung her ein Buch mit einer klaren Haltung, die in eine bestimmte Richtung geht. Gegenpositionen werden kaum analysiert, das muss in einer Streitschrift aber auch nicht unbedingt sein.
Sehr geschätzt habe ich, dass die Autorin auch die Mutterschaft als wichtiges feministisches Thema miteinbezieht, die sonst in vielen Debatten dazu fehlt, was sich etwa im Akronym FLINTA zeigt (ohne ein M für Mutter) und klarstellt: "Die Entscheidung für oder gegen die Mutterschaft mag und soll dem privilegierten Individuum im Optimalzustand unbedingt freistehen - das Kollektiv freilich hat, global gesehen, aktuell keine Wahlfreiheit. Ein Feminismus, der mehrheitsfähig funktionieren soll, muss das ganze Spektrum dieser Thematik angstfrei durchdenken: von der freien Entscheidungsmöglichkeit für oder gegen ein Kind bis zum Gebärzwang. Realitäten wie Kapitalismus, Religion und Rollenbilder müssen immer auch mitgedacht werden. Die Mutterschaft zum Frausein dazu zu denken, ist nicht biologistisch, sondern statistisch unumgänglich, wenn man es mit der globalen Solidarität tatsächlich ernst meint." (S. 93 im E-Book).
Eine Autorin, die sagt, was sie denkt, und auch in ihrem Bereich unpopuläre Meinungen, für die sie schon ausgeladen und angefeindet wurde, mutig vertritt - so etwas schätze ich sehr! Danke der Autorin für ihren Mut und danke dem Verlag dafür, diesen Positionen einen Raum zu geben!
Insgesamt kann ich diese Streitschrift allen, die über einen zeitgenössischen, modernen Feminismus in der heutigen Zeit mit all ihren Herausforderungen nachdenken müssen, sehr empfehlen. Mich hat das Buch inspiriert und bereichert.

“(...) die vaterrechtliche Männlichkeit hat sich ihre erhabene Position durch Erniedrigung alles Weiblichen ertrampelt. (...)
Sie ist der Grundstein für eine Vaterschaft, die die Mutterschaft ausbeutet, für eine Herrschaft, die Gewalt und Ungerechtigkeit legitimiert, für eine Wissenschaft, die das Weibliche pathologisiert hat, für eine Religion, die sich Götter ohne Penis nicht vorstellen kann und will.”
Großartige Streitschrift!
Gertraud Klemm holt zum Rundumschlag aus, stellt jede Menge Fragen, wünscht und hofft.
Sie zeigt sehr gut auf, dass Matriarchate eben keine umgekehrten Patriarchate sind, sondern unser Weg raus aus Kapitalismus, Gewalt, Umweltzerstörung, Einsamkeit, Ungleichheit.
Die aktuelle Situation, Kriege und auch den Klimawandel sollte man eben nicht nur dem Kapitalismus andichten, sondern explizit dem Patriarchat!
Besonders gefallen hat mir die allumfassende Religionskritik, ohne Spiritualität an sich gänzlich zu verteufeln. Klemm versteht den Wunsch nach großen Festen, Abschieden, Hoffnung, Versöhnung mit der eigenen Sterblichkeit. Allerdings haben wir momentan keine Religion, die nicht zutiefst frauenfeindlich und patriarchal ist!
Und ja, die Linke hat einen blinden Fleck, was den Islam angeht.
Überhaupt stimme ich Klemm zu, dass wir Linken uns zu sehr von inneren Grabenkämpfen um korrekte Wörter ablenken lassen. Es wäre viel sinnvoller, sich auch bei kleinen Unstimmigkeiten klar und solidarisch zueinander zu stellen. Das Fortbestehen unserer Menschheit und Freiheit ist zu wichtig, um sich von solchen Streitigkeiten entzweien zu lassen.
Scharfsinnig zeigt die Autorin außerdem auf, wie akzeptiert viele Formen von Misogynie gegenüber anderen Diskriminierungsformen noch sind. Indem sie uns Lesende darum bittet, sich mal vorzustellen an Feiertagen würden Schwarze Menschen statt Frauen gejagt und verprügelt werden (Klaasohm und andere Traditionen dieser Art), legt sie den Finger in die Wunde aus Akzeptanz eines unbändigen Frauenhasses, der uns vollkommen normal erscheint.
Kritik an der nuklearen Kleinfamilie, die komplett ins “Private” verschoben wird, ist ebenfalls super wichtig. Die klassische Großfamilie ist bereits ausgestorben, die Kleinfamilie macht vor allem Frauen unglücklich und führt zu Einsamkeit. Deshalb entscheiden sich immer mehr von ihnen dagegen. Allerdings ist Individualismus keine Lösung und uns fehlen Konzepte, die die Paarbeziehung mit ein oder zwei Kindern ablösen. Unsere patriarchale Weltsicht hindert uns daran, dieses Thema neu zu denken. Matriarchate können da doch zumindest einen Versuch wert sein.
Hoffnung bietet die Erkenntnis, dass das Patriarchat zwar grade ähnlich unausweichlich scheint wie der Kapitalismus, aber das galt einst auch für reine Monarchien, in denen das Volk kein Mitspracherecht hatte, und den Sklavenhandel, die wir erfolgreich überwunden haben. Eine andere, gerechtere Welt ist also möglich!
“Zu den größten Errungenschaften des Patriarchats gehört die akribische Ausblendung von allem, was unseren patriarchalen Tunnelblick erweiterten und unsere Weltsicht infrage stellen könnte.”
Was Mutterschaft angeht, bin ich nicht ganz bei Klemm, denn ich finde nicht, dass diese aus dem Feminismus rausgehalten wird. Im Gegenteil ist Mutterschaft hier eines der zentralen und wichtigsten Themen und der Großteil der publizierenden und lauten Feministinnen sind selbst Mütter. Tatsächlich wird mittlerweile sogar von feministischer Seite, die sich “Feminismus für alle” auf die Fahnen schreibt, auf bösartige Weise gegen kinderfreie Frauen gehetzt. Die wiederum zeigen sich zu Recht entsetzt, waren sie doch eigentlich Allys, die ebenfalls für eine bessere Welt für Kinder eingestanden sind (dafür braucht man nämlich gar keine eigenen, krass, ich weiß).
Kinderfreie Frauen sind eine Minderheit, die von allen Seiten kritisiert, lächerlich gemacht und teilweise sogar bedroht wird. Dass Feministinnen dort jetzt mitmischen und sich (wie Rechte) pronatalistisch positionieren, kann nur als sehr gruseliger Teil des patriarchalen Backlashes verstanden werden.
Ich muss Klemm aber nicht in allem zu 100 Prozent zustimmen, um diese Streitschrift zu mögen und die Autorin zu bewundern.
Bitte lest sie!