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Buchcover für Der Blinde Fleck

Der Blinde Fleck

Die vererbten Traumata des Krieges – und warum das Schweigen in den Familien jetzt aufbricht.

Gesprochen von Thomas Dehler

Dieser Titel war ehemals bei NetGalley verfügbar und ist jetzt archiviert.

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Erscheinungstermin 16.04.2025 | Archivierungsdatum 25.04.2025

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Zum Inhalt

Der blinde Fleck in der eigenen Familiengeschichte

Die Schoah und das Ende des Zweiten Weltkriegs liegen weit zurück, es leben nur noch wenige Zeitzeugen und Zeitzeuginnen. Ihre Vergangenheit jedoch hinterlässt bis heute Spuren in den Familien. Geprägt durch eine Katastrophe, die sie nicht selbst erlebt haben, haben viele Nachkommen der Täter, Komplizen, Handlanger, Mitläufer und Opportunisten seelische Wunden, deren Ursachen sie oft nur vage kennen: zwischenmenschliche Kälte, Schuldgefühle, Ängste, Einsamkeit, ein Gefühl der Entwurzelung. In vielen Familien sind bleiernes Schweigen, verdrängte Erinnerungen, wohlgehütete Geheimnisse, hartnäckige Lügen allgegenwärtig – ein erdrückendes Erbe, dessen Gift bis heute wirkt. Doch nun bricht dieser Panzer des Schweigens auf: Da sie keine Konfrontation mit den Großeltern oder Eltern mehr fürchten müssen, recherchieren immer mehr Menschen ihre Familiengeschichte und spüren nach, wie sich diese auf die eigenen Lebensmuster ausgewirkt hat.

Der Trauma- und Stressexperte Louis Lewitan und der preisgekrönte Journalist Stephan Lebert schreiben anhand von ergreifenden Gesprächen mit Betroffenen über die ebenso schwierige wie befreiende Auseinandersetzung mit der Last der eigenen Familiengeschichte. Ein Beitrag zur deutschen Erinnerungskultur, der aktueller denn je ist.

Der blinde Fleck in der eigenen Familiengeschichte

Die Schoah und das Ende des Zweiten Weltkriegs liegen weit zurück, es leben nur noch wenige Zeitzeugen und Zeitzeuginnen. Ihre Vergangenheit jedoch...


Eine Anmerkung des Verlags

Öffentliche Rezensionen bitte erst ab ET 16.04.25

Öffentliche Rezensionen bitte erst ab ET 16.04.25


Verfügbare Ausgaben

AUSGABE Hörbuch, Ungekürzt
ISBN 9783955672690
PREIS 24,00 € (EUR)
DAUER 8 Stunden, 5 Minuten

Auf NetGalley verfügbar

NetGalley Bücherregal App (AUDIO)

Rezensionen der NetGalley-Mitglieder

Ein wichtiges (Hör)Buch!
Die Autoren zeigen mit vielen Beispielgeschichten die Leiden auf, die Nachkommen noch heute erleiden müssen, und zwar bei den Kindern und Enkeln der Opfer wie auch der Täter.
Beide, Opfer wie auch Täter haben nach der grauenvollen Naziherrschaft 1945 geschwiegen: die Opfer, weil sie oft nicht reden konnten, die Täter, weil sich doch einige von ihnen für ihr Verhalten geschämt haben.
Und wer kein Täter oder eine Täterin war, war Mitläufer. Widerstand haben nur wenige geleistet.
Ich habe die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben, daß wir in der Mehrheit aus der furchtbaren Zeit gelernt haben und endlich aufstehen und laut werden.
Dafür ist dieses Hörbuch extrem wichtig.
Es wird übrigens ganz wunderbar gelesen von Thomas Dehler.
Bitte lest oder hört das Buch, es dient auch dem Verständnis für die eigene Situation.

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80 Jahre nach Kriegsende immer noch und immer wieder brandaktuell

Die Autoren Stephan Lebert und Louis Lewitan haben sich mit Vehemenz auf ein Thema eingelassen, das auch mich schon seit Jahren beschäftigt. In diesem (Hör)-Buch geht es aber vor allem um das Schweigen der Täter und ihrer Nachkommen. Ich gehöre zu jenen, die im Buch als die mit einem Kaleidoskop an Vorfahren verschiedenster Prägung – jedoch überwiegen bei mir die Opfer– bezeichnet werden. Und ich gehöre zu jenen, die versucht haben, das Schweigen und Verschweigen in der Familie zu durchbrechen, was sich mittlerweile als Lebensaufgabe herausgestellt hat. Für mich also genau das richtige Buch.
Dass es mittlerweile immer mehr Nachfahren von Opfern wie auch von Tätern gibt, die ihre Familiengeschichte aufarbeiten möchten, ist ein gutes Zeichen. Die Autoren dieses Buches haben sich mehrheitlich auf die „Täter“-Nachfahren konzentriert, die Traumata des Krieges sind jedoch wesentlich weiter verbreitet. Und oftmals ist die Unterscheidung von Täter und Opfern auch schwierig, man denke nur an die Millionen Vertriebenen aus den sogenannten Ostgebieten und anderen früheren Wohnorten der Deutschen, wie aus dem Sudetenland oder anderen Ländern wie Ungarn oder Rumänien. Da wird es wohl nicht wenige gegeben haben, die (Mit-)Täter in der Familie hatten und selbst zu Opfern wurden.
Jetzt, kurz vor dem 8. Mai, an dem wieder jede Menge wohlmeinender Reden gehalten werden, denke ich an das, was die Autoren als kollektive Scham und Schmach bezeichnen. Noch immer hört man von “Nestbeschmutzern“, für viele ist es nach wie vor kein Feiertag, der Tag der Befreiung. Vorsichtshalber wurde das Gedenken der Deutschen aus ihrem Leben vertrieben. Eines der Kapitel berichtet von Christiane Hoffmann, der die Aufarbeitung durch einen langen Marsch entlang der Fluchtroute ihres Vaters geschafft hat. Ihren Roman „Alles was wir nicht erinnern“ kann ich als ergänzende Lektüre (egal ob Buch oder Hörbuch) sehr empfehlen.
Die Autoren haben eine Vielzahl an Nachfahren befragt, nicht nur bekannte Persönlichkeiten, sondern auch völlig unbekannte Menschen, die ihnen von der Schwierigkeit der Aufarbeitung der Vergangenheit und vom Verschweigen in den eigenen Familien berichteten. Von Karl-Theodor zu Guttenberg über Klaus-Michael Kühne und Ida Ehre bis hin zu Erwin Strittmatter, Ute Scheub oder Charlotte Link begegnet man Menschen, die auf verschiedenste Weise mit dem Schweigen über ihre Vorfahren und eine Verflechtung mit den Taten der Nationalsozialisten zurechtgekommen sind oder es zumindest auf ihre Art versuchen. Der besondere, ich könnte auch schreiben, besonnene Blick auf die Lage in der DDR, in der ja offiziell keine Nazis mehr waren, es offiziell keinen Antisemitismus gab, offiziell die Deutsch-Sowjetische Freundschaft über allem stand, das hat mir noch einmal einen Rückblick gegeben, dem ich hier nur voll zustimmen kann. Dass es im Gegensatz zur DDR in der BRD aber auch ein beharrliches Verschweigen und Vertuschen gab, das wird hier auch thematisiert. Allein diese Ost-West-Aspekte würden ein weiteres Buch ergeben mit Analysen, wie und warum die ehemals zwei deutschen Staaten nun vereint immer noch gern verschweigen und vertuschen. Zumindest ist klar, nicht jede Wahrheit verbessert die Reputation.
Eine interessante Art der Verantwortungsübernahme bietet das Beispiel ZDF, das mittlerweile seine Krimi-Serie Derrick im Giftschrank verrotten lässt, anstatt sich vernünftig mit Vergangenheit und Gegenwart auseinanderzusetzen. Der Umgang mit der Nazivergangenheit ist immer noch verlogen. Bloß nicht dran rühren. Horst Tappert ist nach seinem Tod zur persona nongrata geworden, Herbert Reinecker soll auch zu Lebzeiten besser ruhig bleiben.
Zufällig wurde gerade als ich dieses Hörbuch hörte, in einem Beitrag des Historikers Thomas Gruber erstmals die NSDAP-Mitgliedschaft des bekannten Suhrkamp-Verlegers Siegfried Unseld öffentlich gemacht. Unseld ist bereits 2002 verstorben, die Mitgliedskarte, die den Beitritt mit 18 Jahren belegt, war ein „Recherchebeifang“, mit dem wohl auch der Historiker nicht gerechnet hatte. Ich könnte mir gut vorstellen, dass auch hier nun ein Schweigen aufgebrochen wird, das 80 Jahre lang und über den Tod Unselds hinaus gehalten hat. Wäre der Fund etwas früher geschehen, wäre er sicherlich als Kapitel in dieses Buch eingegangen.
Die Autoren sagen sinngemäß „Verdrängung sei ein Filter, den Menschen dringend brauchen“. Nur durch Verdrängung ist es aber vielen, Opfern wie Tätern einschließlich der Nachfahren, seit 80 Jahren möglich, ein normales Leben zu führen. „Man wird seine Geisterbibliothek nicht mehr los“, aber man kann sich auch nicht Tag und Nacht zerfleischen. Viele haben sich dafür entschieden, nie etwas zu sagen oder zu fragen, einige verarbeiten die ambivalenten Gefühle durch das Schreiben, das Drehen von Dokumentarfilmen oder das Sprechen über das Erlebte vor Publikum. In diesem Buch lernen wir unterschiedlichste Sichtweisen kennen, das macht das Zuhören (bestimmt auch das Lesen) sehr spannend. Z. B. Niklas, der Mann mit den verschlungenen Pfaden seiner Vorfahren ist ein gutes Beispiel für das komplizierte Geflecht aus Verschweigen, Erinnern und die Wahrheit suchen und finden. Wobei Wahrheit ein sehr dehnbarer Begriff bei der Familienforschung ist.
In die Kapitel eingebaut wurden die „Zwischenrufe“ des Psychologen Louis Lewitan, der Nachkomme von Schoah-Überlebenden ist. Als Expert für Stress(bewältigung) erklärt er sehr gut verständlich die sich herausbildenden, auch krankhaft werdenden Traumata. Im Buch wird auch der Unterschied zwischen Schoah (hebräisch für "große Katastrophe") und Holocaust (altgriechisch holókaustos, deutsch für „vollständig verbrannt“) sehr umfangreich erklärt. Die Sicht der Autoren ist wissenschaftlich gesehen sicher zutreffend, umgangssprachlich jedoch wird zumeist von Holocaust und Holocaust-Opfern gesprochen und geschrieben. Auch ich verwende diese Bezeichnung und empfinde sie nach wie vor nicht als falsch.
Der Epilog hat eine andere Autorin: Joëlle Lewitan, die 1999 geborene Tochter von Louis Lewitan, die auch Psychologie studiert hat. Sie bezeichnet sich selbst als Angehörige der Generation Z und sie lässt einen Blick zu auf die Befindlichkeiten der heutigen jüdischen jungen Leute. Und sie macht unumwunden klar, die NS-Zeit ist ein Teil ihrer Biografie. Ihr unverfälschter Blick auf die Ereignisse um den 7. Oktober 2023 in Israel und auf die Entwicklung antisemitischer Haltungen danach spricht Bände. Besonders bewegte mich die Frage, ob und wie offen sie ihre Kette mit dem Davidstern denn in unserem Land, in Europa, in der Welt überhaupt noch tragen kann.
Obwohl zu Beginn des Buches davon die Rede ist, dass die Autoren sich „meist“ für das grammatische, generische Maskulinum entschieden hätten, haben mich die vielen Wiederholungen der „Jüdinnen und Juden“ oder auch „Bürgerinnen und Bürger“ genervt. Die anderen „geschlechtergerechten“ Wortfindungen erwähne ich erst gar nicht. Es ist einfach unschön, beim Hören wie beim Lesen, es stört den Satz, es stört mich beim Denken, weil ich mich jedes Mal von Neuem darüber ärgere. Im Gegensatz zu dieser kleinen Kritik hat mir der Schreibstil ebenso gut gefallen, wie die Lesung von Thomas Dehler. Hier hätte ich gleich einen Vorschlag für den nächsten Hörbuchpreis!
Das Cover passt perfekt zum Thema, das Blaugrau des Fotos mit dem Wehrmachtsangehörigen und dem Mädchen erinnert sehr an die Dramatik der Weltkriegszeit. Entweder fiel der Vater oder er kam in Gefangenschaft, viele Kinder sind so ohne ihre Väter aufgewachsen. Und wenn dann einer nach Hause kam, war er meist nicht mehr der alte, es begann das Schweigen, das Verschweigen, die Traumata in der Familie.
Fazit: Ein aktuelles Thema, das die letzten 80 Jahre überdauert hat und wohl auch noch weitere Generationen beschäftigen wird. Das Buch trägt aus meiner Sicht sehr dazu bei, sich auch in der heutigen Zeit gedanklich nicht über die Vorfahren zu erheben. Niemand weiß, wie er gehandelt hätte, wäre er in der Lage der Väter, Großväter usw. gewesen, egal ob sie Täter oder Opfer oder beides waren. Egal ob Hörbuch oder Buch, ich spreche eine Empfehlung aus, sich mit der Thematik zu beschäftigen, die Stephan Lebert und Louis Lewitan in eine sehr gut rezipierbare Fassung gebracht haben, interessant und aufschlussreich von Anfang bis Ende. 5 Sterne.

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Ich fand das Buch sehr interessant und informativ. Es bringt einen auch zum Nachdenken, wie es wohl bei einem selbst ist. Ich kann es nur jedem ans Herz legen :) es lohnt sich

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Hoch interessantes Sachhörbuch über die Traumata, die durch den Holocaust und den Zweiten Weltkrieg in deutschen Familien ausgelöst wurden und an die nachfolgenden Generationen weiter gegeben wurden.
In der Nachkriegszeit fand in Deutschland keine Auseinandersetzung mit der eigenen Mitschuld am Holocaust statt. Die Mitscherlichs nannten dies "Die Unfähigkeit zu trauern", Lebert und Lewitan bezeichnen dieses Phänomen als "Die Unwilligkeit zu trauern".
Der Journalist und der Psychiater schildern, wie heute immer mehr Menschen versuchen, ihre eigene Familiengeschichte aufzudecken, das Schweigen zu durchbrechen und die dort versteckten Geheimnisse und Abgründe ans Licht zu bringen und sich damit auseinanderzusetzen (auch mit der Täterschaft oder Schuld der eigenen Großeltern).
Es geht auch um das Thema Erinnerungskultur in Deutschland und wie diese sich zu einer moderneren Form wandeln muss, um die Erinnerung an den Holocaust auch für nachfolgende Generationen aufrechtzuerhalten.

Es gibt Verweise auf Datenarchive, die einem dabei helfen, der eigenen Familiengeschichte nachzugehen.

Sehr gut gelesen vom Sprecher.

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