Wofür wir arbeiten

Aus der Reihe "Auf dem Punkt"

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Erscheinungstermin 27.02.2023 | Archivierungsdatum 25.05.2023

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Zum Inhalt

Wie wollen und werden wir zukünftig arbeiten? Die tradierten Modelle funktionieren nicht mehr: Während die einen von ihrer Erwerbsarbeit kaum leben können, leiden viele Bereiche unter Arbeits- und Fachkräftemangel. Arbeit ist zudem eine Frage der Solidarität: Der Applaus für „systemrelevante Berufe“ war von kurzer Dauer, die Care-Arbeit – vor allem von Frauen – hält das System am Laufen, wird aber weder angemessen entlohnt noch gesellschaftlich gewürdigt. Für die „Generation Z“ zählt Work-Life-Balance mehr als die 40-Stunden-Woche. Dem entgegengesetzt steht die Forderung mancher Arbeitgeber nach längeren Arbeitszeiten. Verschärft wird die Situation zudem durch den demografischen Wandel, Digitalisierung und Automatisierung.

Fundiert und scharfsichtig legt Barbara Prainsack die Fehler unseres Verständnisses von Arbeit offen und zeigt den Weg zu einer gerechten und sinnstiftenden Arbeit für alle auf

Wie wollen und werden wir zukünftig arbeiten? Die tradierten Modelle funktionieren nicht mehr: Während die einen von ihrer Erwerbsarbeit kaum leben können, leiden viele Bereiche unter Arbeits- und...


Verfügbare Ausgaben

AUSGABE Hardcover
ISBN 9783710606885
PREIS 20,00 € (EUR)
SEITEN 140

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Rezensionen der NetGalley-Mitglieder

«Work isn’t working», titelte der «Guardian» vor einem Jahr: Arbeit funktioniert nicht mehr. Trotz des Arbeitskräftemangels in der industrialisierten Welt reicht vielen Erwerbstätigen das Einkommen nicht aus, um alle Rechnungen zu bezahlen. Das ist der Ausgangspunkt des Buchs von Barbara Prainsack. Sie ist Professorin am Institut für Politikwissenschaft der Universität Wien, zuvor lehrte sie am King’s College London. Sie sagt, dass Arbeit nicht mehr funktioniert, daran sei nicht die Robotisierung oder die Digitalisierung schuld. Zu verantworten habe es vielmehr «eine Politik, die diese Missstände möglich gemacht hat», schreibt Prainsack. Die Entwicklung sei «ein Schlag ins Gesicht jener Menschen, die mit der Überzeugung aufgewachsen sind, Leistung lohne sich.» In ihrem Buch über die Arbeit untersucht Barbara Prainsack, was Arbeit ist, unter welchen Bedingungen Arbeit leistbar ist, die Menschen, Gesellschaft und Welt gesund bleiben lässt und wie diese Arbeit fair entlohnt werden kann.

In den Vereinigten Staaten klafft die Einkommensschere besonders weit auseinander. Gehörten Anfang der 1970er-Jahre noch über 60 Prozent der Bevölkerung zur Mittelschicht, waren es 2019 nur noch 51 Prozent. 50 Millionen US-Amerikaner sind in den vergangenen 60 Jahren aus der Mittelschicht in die Armut abgerutscht. Diese Tendenz verstärkt sich, weil die hohen Einkommen weiter wachsen, während die mittleren und niedrigen Einkommen sinken. In Europa geht es vielen arbeitenden Menschen mittlerweile ähnlich.

Aber auch in Grossbritannien müssen immer mehr Menschen wählen, ob sie essen wollen oder heizen. Besonders betroffen sind Hochschulangestellte. Es sei das Resultat eines «jahrzehntelangen Prozesses, in dem sich Universitäten von öffentlichen Institutionen, die sich der Förderung der Wissenschaft und der Bildung junger Generationen verschrieben hatten, in profitorientierte Unternehmen verwandelten», schreibt Barbara Prainsack. In den USA und in Grossbritannien sei die «Privatisierung öffentlicher Güter; besonders weit fortgeschritten. Aber auch in den deutschsprachigen Ländern greift die Idee um sich, dass «alles wie ein Markt funktionieren muss».

Anders als in den USA gibt es hierzulande aber noch eine breite Mittelschicht. Laut gängigen Definitionen zählen all jene zur Mittelschicht, die zu den mittleren sechs Einkommenszehnteln gehören. In Deutschland und Österreich waren das etwa 60 Prozent der Bevölkerung. Anders sieht es aus, wenn man die Vermögen mit ins Bild nimmt: In Österreich besitzt die ärmere Hälfte der Bevölkerung gerade einmal 2,5 Prozent des Nettovermögens. Das reichste Prozent besitzt 40 Prozent. Der grösste Teil dieser Vermögen ist ererbt. «Die meisten Menschen können sich heutzutage durch ihre Arbeit keinen Wohlstand mehr erarbeiten; für manche reicht das Einkommen aus der Erwerbsarbeit nicht einmal mehr für ein solides Leben aus», schreibt Prainsack.

In ihrem Buch geht sie der Frage nach, was Arbeit ist, was Kapitalismus bedeutet, wie unsere Gesellschaft den Wert von Arbeit ermittelt und warum die Arbeit der Frauen unsichtbar ist. «Warum tun wir nichts dagegen?», fragt Prainsack, «warum lassen wir es zu, dass Vermögen und Einkommen in unserem Land so ungleich verteilt sind? Warum nehmen wir es achselzuckend zur Kenntnis, dass manche Menschen von ihrer Arbeit nicht leben können? Warum akzeptieren wir, dass Arbeit – die idealerweise als sinn- und wertvoll erfahren werden sollte – so viele Menschen krank macht?»

Aber wie könnte, wie soll Arbeit gestaltet sein, dass Menschen von ihr Leben können, die Arbeit sie erfüllt und gesund bewältigter ist? Dieser Frage widmet Barbara Prainsack den zweiten und den dritten Teil des Buchs. Dabei geht es nicht einfach um die Frage, wie lange Menschen arbeiten und wie gut sie bezahlt sein sollen. Prainsack wirft einen ganzheitlichen Blick auf die Arbeit und ihren Wert. Sie unterscheidet dabei in Anlehnung an Hannah Arendt drei unterschiedliche Tätigkeiten: Arbeiten, Herstellen und Handeln. Unter Arbeit versteht sie jene Tätigkeiten, die «dem Fortbestand der menschlichen Gattung dienen». Es sind jene Tätigkeiten, die der Aufrechterhaltung des Lebens und des Alltags dienen, die jeder Mensch von seiner Geburt bis zu seinem Tod notwendigerweise ausüben muss. Als Herstellen bezeichnet sie das kreative und handwerkliche Schaffen beständiger Dinge. Darunter fällt die Arbeit von Handwerkern und Kunstschaffenden, aber auch Care-Arbeit. «Das Herstellen ist für Arendt jene Form des Tätigseins, die uns Menschen von Tieren unterscheidet.» Handeln schliesslich verbindet den privaten und den öffentlichen Raum, unabhängig von den Bedürfnissen des Einzelnen.

Wie kann Arbeit fair bewertet werden? Wenn sie ihre Studenten frage, sei die Antwort meistens, dass die Verantwortung ausschlaggebend sei. Das leuchtet auf den ersten Blick ein. Die Frage ist dann aber, warum der Chef eines KMU dreimal mehr verdient als die Leiterin einer Kita, obwohl beide für gleich viele Menschen verantwortlich sind. Die nächsten Faktoren, die ihre Studenten nennen, sind das Mass an Talent und Fähigkeiten, die nötig sind (Stichwort: Spitzenfussballer) oder die Dauer der Ausbildung (Stichwort: Chirurg). Aber all diese Faktoren können nicht erklären, warum zum Beispiel in den USA das einkommensmässig oberste Fünftel der Gesellschaft mehr als die Hälfte des gesamten Einkommens im Land verdient, während auf das unterste Fünftel nur gerade 3 (!) Prozent der Einkommenssumme entfallen. In einer fairen Welt dürfen die Unterschiede nicht so gross sein. Preisack schreibt: «Nicht jede Arbeit muss gleich entlohnt werden. Aber es ist nicht einzusehen, dass die Einkommen mancher Menschen in schwindelerregendem Tempo steigen, während andere arbeitende Menschen nicht genug haben, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.»

Ihre Utopie sieht so aus: Keine Arbeit ist so schlecht bezahlt und hätte so schlechte Arbeitsbedingungen, dass Menschen sie nur machen, weil sie sonst nicht genug zum Leben haben. Wie sich eine solche Gesellschaft realisieren lässt, davon handelt der letzte Teil des Buchs. Es geht also um die Frage, welche Rolle Arbeit in unserer Gesellschaft haben soll und welche Art von Gesellschaft gutes und gesundes Arbeiten fördert, das weder die Menschen noch den Planeten kaputt macht. Der wichtigste Schritt dabei: Arbeit muss dekommodifiziert werden. Arbeit darf also keine Ware mehr sein, sondern muss zu einer gesellschaftlich wertvollen menschlichen Tätigkeit werden, deren Preis und Wert nicht durch simple Marktmechanismen bestimmt werden.

Ein spannendes Buch, das neue Perspektiven auf die Arbeit bietet, und zwar jenseits von einem tumben Rechts-Links-Schema.

Barbara Prainsack: Wofür wir arbeiten. Brandstätter Verlag, Auf dem Punkt, 140 Seiten, 28.90 Franken; ISBN 978-3-7106-0688-5

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