Platzspitzbaby
Meine Mutter, ihre Drogen und ich
von Michelle Halbheer
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Erscheinungstermin 01.11.2013 | Archivierungsdatum 29.02.2020
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Zum Inhalt
Michelle Halbheers Mutter gehört der Platzspitz-Generation an; schwerst drogenabhängig vernachlässigte und gefährdete sie nicht nur sich selber, sondern auch ihr Kind. Michelle ist knapp zehn, als sich ihre Eltern scheiden lassen und sie in die Obhut ihrer heroin- und kokainabhängigen Mutter kommt. Die folgenden Jahre werden für das Mädchen derart bedrohlich, dass es nur knapp überlebt. Das Elend dringt, auch über den besorgten Vater, immer wieder nach draußen. Aber Behörden, Ärzte, Polizeibeamte und zufällig involvierte Erwachsene bleiben untätig. Als Michelle endlich über das Unfassbare spricht, ist sie bereits ein Teenager. Sie wird umplatziert. Doch der Neuanfang bei den Pflegeeltern gerät, im dort streng religiösen Umfeld, zu einer weiteren Katastrophe. Als Michelle mit sechzehn ihr Leben selbst in die Hand nimmt, weiß sie noch immer nicht, was Normalität bedeutet. Etwas anderes jedoch weiß sie ganz genau: dass sie niemals so enden will wie ihre Mutter. Mit großer Willensanstrengung setzte sie in den folgenden Jahren um, was viele andere Kinder aus Drogenfamilien leider nicht schaffen: Sie machte eine Ausbildung – und sie blieb suchtfrei. Mit ihrem Buch will Michelle allen »vergessenen Kindern«, die auch heute noch zu Tausenden in Suchtfamilien aufwachsen müssen, eine Stimme geben. Ihre.
Verfügbare Ausgaben
AUSGABE | Taschenbuch |
ISBN | 9783037633045 |
PREIS | 17,90 € (EUR) |
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Rezensionen der NetGalley-Mitglieder
Michelle Halbheers Mutter ist schwer drogenabhängig, dennoch wird ihr bei der Trennung von ihrem Mann das Sorgerecht für die kleine Tochter zugesprochen. Über ihre Kindheit in der Drogenszene erzählt Michelle in diesem erschütternden Buch, dabei schildert sie die nicht nur die Zeit ihres Aufwachsens sondern stellt auch Hintergrundinformationen zusammen. Am Anfang des Buches wird geschildert, wie sich ihre Großeltern kennen lernen und wie die Töchter aus dieser Ehe darunter leiden, als Mischlingskinder in der Schweiz aufzuwachsen. Sandrine, die Mutter von Michelle, ist schon im jugendlichen Alter extrem in ihrem Verhalten und beginnt zeitig Drogen zu nehmen.
Mit der Ehe und der Geburt ihrer Tochter Michelle glaubt Sandrines Umfeld, dass sie den Weg aus dem Drogensumpf geschafft hat, nur Michelle und ihr Vater erleben den schrecklichen Alltag. Beim Lesen war es unfassbar für mich, dass Michelle nach der Trennung bei ihrer Mutter bleiben musste, obwohl diese bereits in der Szene auf dem Platzspitz unterwegs war und ihr Kind sträflich vernachlässigt hat. Als der Vater später bemerkt, dass die Tochter unterernährt ist und organisiert, dass sie an einer Tankstelle Sandwiches holen darf, unterbindet das die Mutter mit behördlicher Unterstützung, die Hilfe für das Kind sei ein unrechtmäßiger Eingriff in ihre Erziehungskompetenzen.
Später im Buch wird es deutlich angesprochen: drogenabhängigen Menschen wird zugestanden, dass sie nicht in der Lage sind, für sich selbst zu sorgen, in Hilfsprogrammen wird ihnen fertig gekochtes Essen, gewaschene Kleidung und alles weitere, was benötigt wird, zur Verfügung gestellt. Aber gleichzeitig sollen diese so hilfsbedürftigen Personen in der Lage sein, ihre Kinder zu versorgen und erziehen?? Das Leid dieser Kinder prangert die Autorin mit ihrer eigenen Lebensgeschichte an, auch heute noch leben viele Minderjährige bei ihren schwer drogenabhängigen Eltern und während es viele Hilfsangebote für die Süchtigen gibt, kümmert sich auch heute noch kaum jemand um das Leid ihrer Kinder.
Fazit: Dieses Buch hat mich traurig und sprachlos zurück gelassen, Michelle Halbheer mach darin auf die aufmerksam, die häufig übersehen werden und um die sich kaum eine Hilfsorganisation sorgt. Auch wenn der Ansatz mittlerweile dahin geht, dass es den Süchtigen nicht aus ihrer Sucht hilft, die Verantwortung für ein Kind zu tragen, gibt es immer noch Tausende von Kindern, die bei einem schwer abhängigen Elternteil aufwachsen und vernachlässigt werden.
Bei diesem Buch handelt es sich um eine Biographie eines Kindes, das mit seiner drogensüchtigen Mutter aufwächst. Beginnend in Zürich, wo die Familie lebt, wird man mitgenommen in die Kinderjahre als auch auf dem Weg in das erwachsen werden der Protagonistin und ihrem Kampf gegen die Sucht ihrer Mutter und das Versagen von Behörden, Schulen und Ärzten. Michelle Halbheer schreckt nicht vor der Wahrheit zurück und manchmal musste ich fassungslos meinen Kopf schütteln als ich davon las, wie sehr ihre Bezugspersonen versagt haben. Ihre Mutter kämpft ihr Leben lang gegen die Drogen, besser gesagt, will dagegen gar nicht kämpfen und Michelle bleibt alleine und verlassen zurück. Ihre Kindheit ist traumatisch doch trotz allem versucht sie, das beste daraus zu machen. Der Vater ist zur Untätigkeit gezwungen und muss Michelle ihrem Schicksal überlassen.
Beeindruckend ist, wie Michelle selbst mit ihrer Vergangenheit umgeht und sich nicht auf ihrem Weg in ihre Zukunft beirren lässt. Als sie endlich Hilfe erfährt, ist diese nur von kurzer Dauer. Sie kommt in eine Familie, in der Religion groß geschrieben wird. Endlich der Drogenhölle entkommen, wird sie in das nächste Extrem geworfen und hat keine Chance, sich selbst zu finden. Erst im erwachsen werden gelingt ihr der Befreiungsschlag, doch trotzdem wird ihre Vergangenheit immer ihre Schatten auf sie werfen.
Schockierend im Buch ist die Untätigkeit der Behörden oder Schulen, die jahrelang sehr wohl mitbekommen haben, wie schlimm die Situation für Michelle war und doch nichts unternommen haben, um ihr zu helfen.
Ein Buch, das zum Nachdenken anregt!
Endlich mal ein Buch, das beschreibt, wie es Kindern von Drogenabhängigen geht.
Das auch beschreibt, wie Kinder eine Scheinwelt aufrecht erhalten, um ihre kranken Eltern zu schützen und wie sehr sie zum einen unter den katastrophalen Zuständen im Elternhaus wie auch unter dem Aufrechterhalten einer Fassade leiden.
Im 2014 war dieses Buch in der Schweiz in aller Munde, man kam nicht daran vorbei. Dennoch liess es mich kalt. Obwohl ich noch die grausamen Bilder vom Platzspitz und Letten vor Augen hatte. Für mich als Teenager wirkten die damals sowohl verstörend als auch ein abschreckendes Beispiel für die Drogensucht. Nun kam ein Film über den Platzspitz in die Kinos, der sich an diesem Buch anlehnt. Jetzt fühle mich bereit, mich mit dem Schicksal von Michelle Halbheer zu beschäftigen.
Michelle wuchs bis zu ihrem 5. Lebensjahr in einer intakten Familie auf. Aus unerklärlichen Gründen fällt ihre Mutter wieder in die Drogensucht. Ihr Vater und seine Mutter versuchen Michelle weiterhin ein stabiles Familienumfeld zu bieten. Es kommt, wie es kommen musste, die Ehe zerbricht. Die Mutter droht ihrer Tochter, sich umzubringen, falls sie zu ihrem Vater zieht. Eigentlich war dies schon beschlossene Sache, aber Michelle hat Angst ihre Mutter zu verlieren und sagt dem Gericht, sie wolle bei der Mutter leben. Das wäre beinahe ihr Todesurteil geworden. Die Alimente gehen für Drogen drauf und das Mädchen ist chronisch unternährt. Oft muss sie mit der Mutter Drogen besorgen und wird sich dann sich selber überlassen. In der Oberstufe wird ihr endlich geholfen und sie wird bei der Schwester ihres Vaters untergebracht. Die Familie ist in einer Freikirche und Michelle passt sich an.
Es ist ein Skandal, dass Michelle so lange bei der Mutter leben musste. Die Behörden und Schule hätten viel früher eingreifen müssen. Die Behörden waren der Meinung, dass ein Kind eine Mutter dazu veranlassen kann, einen Drogenentzug zu machen und sich um das Kind kümmern zu wollen. Dieser Irrtum hat vielen Kindern von Süchtigen meist ebenfalls den Weg in den Drogensumpf geebnet. Wenn Michelle eines nicht wollte, enden wie ihre Mutter. Sie machte eine Lehre zur Dentalassistentin.
Es ist erschütternd, über Michelles Martyrium zu lesen. Mich stört die einfache Sprache nicht, aber die Distanz mit der die Autorin schreibt. Etwas mehr Empathie hätte dem Schreibstil gut getan.
"Platzspitzbaby" erzählt das Leben von Michelle Halbheer und wurde von der Journalistin Franziska K. Müller geschrieben. Das Buch ist bereits 2013 erschienen und erfuhr damals durch seinen tragischen Inhalt eine grosse Bekanntheit: Es geht um das Kind einer drogensüchtigen Mutter. Aktuell läuft eine gleichnamige Verfilmung des Buches im Kino, das die Erzählungen aber nicht 1:1 nacherzählt, aber lose auf Halbheers Erzählungen beruht. Und damit ist das Buch erneut in den Vordergrund gerückt und ich hatte endlich die Gelegenheit, es auch zu lesen.
Auf sehr eindrückliche, tragische Weise erzählt Michelle Halbheer, wie es für sie war, mit einer Mutter aufzuwachsen, die Heroin und Kokain konsumierte und ihrer Erziehungs- und Fürsorgepflicht nicht nachkommen konnte.
Die Geschichte beginnt mit dem Kennenlernen von Michelles Eltern, als ihre Mutter zum damaligen Zeitpunkt als Tänzerin in einer Table Dance Bar in Zürich gearbeitet hatte. Ihr Vater wollte sie aus diesem Umfeld befreien und kurze Zeit später wurde ihr Glück durch die Geburt von Michelle gekrönt. Die darauffolgenden ersten Jahre hat Michelle noch positiv in Erinnerung, doch als sie ungefähr fünf Jahre alt war, musste sie zusehen, wie sich das Wesen ihrer Mutter allmählich veränderte. Erst, als sie Zuhause die Kanüle einer Spritze gefunden und sie ihrem Vater mit einem fragenden Blick vorgelegt hatte, erfuhr die ganze Familie, was sie im Stillen schon lange vermutet hatten: Michelles Mutter war wieder den Drogen verfallen.
Die darauffolgenden Jahre waren von der Sucht geprägt. Michelle musste nicht nur zusehen, wie sich ihre Mutter mit den Drogen allmählich zugrunde richtete, sie erlebte auch immer wieder physische und emotionale Gewalt, bis sich ihre Eltern irgendwann trennten. Eigentlich hatte sie geplant, bei ihrem Vater zu leben, doch ihre Mutter hatte Michelle mit Suizid gedroht, falls sie sich für ihren Vater entscheiden würde. Und so blieb Michelle nichts anderes übrig, als bei ihrer drogensüchtigen Mutter zu bleiben - denn trotz der Drogen, liebte sie ihre Mutter über alles.
Nachdem Michelle mit ihrer Mutter alleine gelassen wurde, folgten weitere Jahre der Gewalt, des Drogenkonsums und der Vernachlässigung. Obwohl Michelle verwahrlost und ungepflegt in der Schule erschien und auch die Polizei immer wieder für Einsätze bei den Halbheers Zuhause erscheinen musste, schien sich niemand wirklich für das Schicksal des Kindes einer Drogensüchtigen zu kümmern; geschweige denn, sie aus diesem toxischen Umfeld zu befreien. Etwas, das Michelle den Behörden heute noch vorwirft - zurecht, wie ich finde.
Und genau das war auch die Botschaft, die Michelle Halbheer mit diesem Buch vermitteln will, denn es gab und gibt immer noch viele Kinder drogensüchtiger Eltern, die ein ähnliches Schicksal erleiden müssen, wie sie. Vernachlässigt von der eigenen Mutter, sich selbst überlassen und im Stich gelassen, von öffentlichen Behörden, die sich eigentlich um das Wohl von Kindern kümmern sollten. Obwohl das Elend auf dem Platzspitz als Drogenumschlagplatz öffentlich bekannt war, sprach niemand über die Kinder der Drogensüchtigen. Ein Fehler, der zukünftig vermieden werden soll. Michelle ist sich sicher, dass es ihr besser ergangen wäre, wenn sie damals fremdplatziert worden wäre. Doch stattdessen wurde sie als Mittel dazu verwendet, dass ihre Mutter dank ihrer Tochter nicht völlig mit ihrem Drogenkonsum abstürzen würde. Eine Verantwortung, die kein Kind für ihre Eltern tragen sollte.
Das Buch schildert sehr eindrücklich einige Stationen aus Michelle Halbheers Leben. Da ich selbst im Suchtbereich tätig bin, kenne ich bisher eher die Seite der Betroffenen - den süchtigen Eltern. Ich fand es deshalb sehr interessant, die andere Perspektive kennenzulernen. Und die ist leider sehr tragisch und erschütternd. Man merkt beim Lesen, welche Spuren diese Erfahrungen auf die inzwischen erwachsene Michelle hinterlassen haben. Hinter ihren Worten stecken viele Vorwürfe und viel Schmerz, ihrer Mutter und den untätigen Behörden gegenüber. Vermutlich wird sie dies alles niemals ganz loslassen können.
Der Schreibstil der Ghostwriterin ist sehr simpel gehalten und hat mich nicht vollends überzeugt. Es werden zwar immer wieder eindrückliche Szenen aus Michelles Leben geschildert, aber zwischen diesen Szenen bzw. Kapiteln gibt es teilweise grössere Zeitsprünge, die dazu geführt haben, dass die Erzählung stellenweise eher oberflächlich bleibt. Ich hätte mir gewünscht, dass das Buch emotional etwas mehr in die Tiefe gehen würde. Vielleicht wäre es einer anderen Autorin (noch) besser gelungen, den Schmerz und die Gefühle von Michelle Halbheer in Worte zu verpacken.
Fazit:
"Platzspitzbaby" erzählt die tragische Geschichte von Michelle Halbheer, die von einer drogensüchtigen Mutter aufgezogen wurde. Ihr Leben war nicht nur durch die Sucht, sondern auch durch physische und emotionale Gewalt geprägt gewesen - und das schlimmste daran ist, dass die Behörden jahrelang tatenlos zugesehen und nicht interveniert haben. Mit diesem Buch will Michelle den Kindern drogensüchtiger Eltern ein Gehör verschaffen und auf ein Missstand hinweisen, vor dem zukünftig nicht mehr die Augen verschlossen werden dürfen: Die negativen Folgen von drogensüchtigen Eltern auf ihre Kinder. Trotz einiger eindrücklicher Szenen, hat mich der Schreibstil der Ghostwriterin aber nicht vollends überzeugt und manchmal hatte ich das Gefühl, dass einige Szenen zu schnell abgehandelt wurden und mehr Tiefe verdient hätten. Dennoch ein wichtiges Buch, das mir noch länger in Erinnerung bleiben wird und von mir deshalb 4 Sterne erhält.