Menschen neben dem Leben

Roman

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Erscheinungstermin 21.09.2019 | Archivierungsdatum 26.02.2020

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Zum Inhalt

»Eine wahnsinnig packende Wiederentdeckung.« Hildegard Elisabeth Keller, SRF Nach der spektakulären literarischen Wiederentdeckung von »Der Reisende« erscheint nun auch der erste Roman von Ulrich Alexander Boschwitz zum ersten Mal auf Deutsch. Im Berlin der Zwanzigerjahre porträtiert »Menschen neben dem Leben« jene kleinen Leute, die nach Krieg und Weltwirtschaftskrise rein gar nichts mehr zu lachen haben und dennoch nicht aufhören, das Leben zu feiern. Leicht haben es die Protagonisten in Ulrich Alexander Boschwitz’ Debütroman nicht. Sie sind die wahren Verlierer der Wirtschaftskrise: Kriegsheimkehrer, Bettler, Prostituierte, Verrückte. Doch abends zieht es sie alle in den Fröhlichen Waidmann. Die einen zum Trinken, die anderen zu Musik und Tanz. Sie treibt die Sehnsucht nach ein paar sorglosen Stunden, bevor sich der graue Alltag am nächsten Morgen wieder erhebt. Doch dann tanzt die Frau des blinden Sonnenbergs mit einem Mal mit Grissmann, der sich im Waidmann eine Frau angeln will und den Jähzorn des gehörnten Ehemanns unterschätzt. Und so nimmt das Verhängnis im Fröhlichen Waidmann seinen Lauf, bis sich neue Liebschaften gefunden haben, genügend Bier und Pfefferminzschnaps ausgeschenkt wurde und der nächste Morgen graut. Wie durch ein Brennglas seziert der zu diesem Zeitpunkt gerade mal zweiundzwanzigjährige Autor das Berliner Lumpenproletariat der Zwischenkriegsjahre.

»Eine wahnsinnig packende Wiederentdeckung.« Hildegard Elisabeth Keller, SRF Nach der spektakulären literarischen Wiederentdeckung von »Der Reisende« erscheint nun auch der erste Roman von Ulrich...


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AUSGABE Anderes Format
ISBN 9783608964097
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Rezensionen der NetGalley-Mitglieder

Zum Inhalt:
Die Protagonisten haben erwas gemeinsam und zwar dass sie es alle schwer haben in der Wirtschaftskrise. Doch aufgeben ist keine Option. Abends suchen sie ein wenig Ablenkung, tagsüber erleben sie den Alltag und manchen kämpft ums Überleben.
Meine Meinung:
Ich finde es unfassbar, wie der Autor mit mal gerade mal zweiundzwanzig Jahren ein solch großartiges Buch geschrieben hat. Der Sprachgebrauch ist ungeheuer pointiert und sehr ansprechend. Die Protagonisten werden fein beobachtet und beschrieben und man lebt und leidet mit ihnen mit. Ich frage mich gerade, wie wohl Bücher dieses Autoren im gesetzteren Alter geworden wären, wenn schon in so einem jugendlichen Alter so große Literatur entstehen konnte.
Fazit:
Großartig geschrieben

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Berlin in den Zwanzigern

Der Schriftsteller Ulrich Alexander Boschwitz lebte von 1915 bis 1942. Sein erster Roman Der Reisende war schon ein Kunstwerk.

„Menschen neben dem Leben“ ist sein Zweiter Roman. Was hätte er noch schreiben können, wenn er nicht so früh sterben musste.
Der Klett-Cotta Verlag hat beide Romane neu aufgelegt.
Der Autor beschreibt in diesem Roma die Unterschicht Berlins. Da sind die Wohnungslosen, die Arbeitslosen und die Prostituierten. Irgendwie muss man ja überleben. Es ist sie Zeit zwischen den Weltkriegen
Die Kriminalität wächst. Er hat das Milieu gut erfasst.
Man kann so richtig miterleben, wie die Leute sich abends in den Lokalen traf, um ihren Frust zu vergessen.
Boschwitz hat sich wohl so richtig damit befasst, denn es fühlt sich echt an.
Es war eine dramatische Zeit.
Der Roman ist ganz anders als Der Reisende, aber genau so gut.

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Schon der „Der Reisende“ von Ulrich Alexander Boschwitz hat mir eine großartige Gesellschaftsstudie geboten und deshalb habe ich mich sehr darüber gefreut, dass nun auch zum ersten Mal sein Debütroman „Menschen neben dem Leben“ auf Deutsch veröffentlicht wird. Ich wurde nicht enttäuscht, ich denke sogar, dass ich hier beim Lesen noch eine Schippe mehr an Begeisterung verspürt habe.

„Wenn sie morgens aus den Betten krochen, waren sie noch frisch und optimistisch und gingen Arbeit suchen. Waren sie aber den ganzen Vormittag vergeblich gelaufen oder kamen vom Stempeln, neigten sie mehr zur Melancholie. Dann saßen sie in den Parks und Anlagen und versuchten zu vergessen, dass sie arbeitslos waren. Sie wollten so tun, als seien Ferien, als wäre es ein Privileg, in der Sonne sitzen zu dürfen und nichts zu tun. Je nach Veranlagung gelang es ihnen mal besser, mal schlechter, sich davon zu überzeugen.“

Der Roman spielt im Berlin Anfang der 1930er-Jahre – ein Heer von Arbeitslosen, zahllose Prostituierte und Bettler prägen seit der Weltwirtschaftskrise das Stadtbild mit, kein Wunder, denn zwischen 1927 und 1932 steigt die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland von etwa einer Million auf über sechs Millionen an. Und genau dort halten sich sie drei Hauptpersonen Bettler Fundholz, Tönnchen, ein traumatisierter „Schwachsinniger“, dem er sich angenommen hat, und der Arbeitslose und auf den großen Durchbruch als Kleinkrimineller hoffende Grissmann auf. Gekreuzt werden deren Wege durch weiteres, ebenfalls aus dem Takt geratenes „Menschenmaterial“, wie Prostituierte, Kriegsveteranen oder auch Kriegswitwen. Man darf mit ihnen den traurigen Alltag erleben und dann erfahren, warum sich alle abends im Fröhlichen Waidmann treffen. Der eine sehnt sich nach Liebe, der andere will nur ein bisschen Abwechslung und ganz viele wollen einfach nur ihre Alltagssorgen bei einem Gläschen Schnaps vergessen. Was dann aber werden kann, wenn man einem Anderen die Frau ausspannen will, zu viel Alkohol fließt und die Moral sowieso am Boden liegt, wird nicht verraten.

„Wo ehemals Hunderte von Arbeitern tätig gewesen waren, genügten nun einige vierzig. Man hatte ja Maschinen. Alle Probleme schienen sich herrlich lösen zu lassen.“, allerdings „Maschinen hatten nicht genügend Bedürfnisse, um den menschlichen Käufer zu ersetzen.“ Dem Thema Industriealisierung und Rationalisierung widmet sich Boschwitz von allen Seiten. Toll fand ich auch solche kleine spannende Einblicke wie „In den letzten Jahren waren überall moderne Automatenrestaurants aus der Erde gewachsen. [….] Ersparnis der menschlichen Arbeitskraft; keine Kellner mehr, sondern Automaten. Außerdem waren sie eine gelungene Spekulation auf den menschlichen Spieltrieb. Die Brötchen lagen appetitlich drapiert hinter den großen Glasfächern. Sie reizten zum Kauf und waren sehr billig. Für zehn Pfennig gab es sogar Kaviarbrötchen. Zwar war es kein richtiger Störkaviar, eher Lachsrogen, und das Brötchen war klein, aber die Kaviar- oder auch nicht Kaviarbrötchen sahen so appetitlich aus, dass jeder sie einmal versuchen wollte.“, vermitteln sie doch so viel vom Zeitgeist.

Pointiert und mit spitzer Zunge wird auch immer wieder ein Augenmerk auf die Kluft zwischen Arm und Reich gelegt, was ich äußerst gelungen finde. Da kann es schon mal heißen, „Um die Mittagszeit fuhren alle Direktoren und Direktörchen zum Essen. Sie hatten es eilig und zeigten es auch. Sie hupten und tuteten wild durcheinander und fraßen die Nerven der Leute, die zu Fuß gingen. Benzingestank und Auspuffgase verpesteten die Luft. Wie schön ist es, bequem in einem Auto zu sitzen. Hinten aus dem Auspuffrohr kommt der Qualm in schmutzigen Schwaden hervor. Man selbst sitzt vorne, man selbst merkt nichts davon, man selbst gibt Gas und braust davon. Nur die anderen, die Unbekannten, die Uninteressanten bekommen das Gas mit Luft vermischt in die Lungen.“ oder ein Fundholz kann sich beim Betteln denken, „Die Reichen hatten doch mehr Geld, als sie für ihre Leben brauchten. Die Armen rechneten mit jeder Mark. Aber eher bekam man von einem Armen fünfzig Pfennige geschenkt, als von einem Reichen zwei Mark.“

„Geraten aber schon Staaten mit unzähliger Vielfalt der Interessen mörderisch aneinander, und Millionen sehen in den anderen Millionen plötzlich den Alp auf ihrer Brust, wie viel leichter kollidieren da zwei Menschen? Zwei Menschen, deren Existenzbasis eine so schmale ist, deren Lebensfreude eine so geringe ist, dass die Furcht, sie zu riskieren, leicht vom Hass zur Seite gedrängt werden kann. […] Zwei geprügelte Menschen standen vor der Explosion. Sie explodierten gegeneinander. Sie sahen in sich gegenseitig den Todfeind. Den Feind, dessen bloße Existenz das Leben vergiftete. Sie lagen beide unter den Rädern des Lebens.“ Dass sich Deutschland und die Menschen zwischen zwei Weltkriegen befinden, wird ebenfalls mehr als deutlich, ja schon erschreckend zum Ausdruck gebracht.

Der Sprachstil, ist klar authentisch, ist er ja schließlich dieser Zeit entsprungen, nichtsdestotrotz liest sich der Roman äußerst flüssig. Dem Autor gelingt es Bilder im Kopf entstehen zu lassen und einen so richtig mit vor Ort zu nehmen. Er beschreibt mit vielen tollen Vergleichen, „Menschen, die morden wollen, ähneln gespannten Bogensehnen. Sie sind aufs Höchste konzentriert und bei der Sache. Alles Menschliche tritt in ihnen zurück, nur eins hebt sich aus ihnen heraus: der beabsichtigte Mord.“ und spielt mit Sprache, „Sein doppeltes Doppelkinn zitterte vor Aufregung.“. Zudem sorgt er mit seinen pointierten Formulierungen wie, „Auch in den schlechtesten Zeiten hat man sich noch nicht abgewöhnen können zu essen.“ und auch mit der einen oder anderen amüsanten Szene für viel Lesevergnügen. Da kann von einem Tönnchen, dessen Leben nur das Essen bestimmt, schon mal bei einer Unterhaltung über Literaten ein, „Schiller dachte er, wie das wohl schmeckt? Er hatte noch den süßlichen Geschmack von Walter Schreibers Backpflaumen im Mund.“, zu lesen sein. Das hat mir sehr gefallen, ebenso wie die Tatsache, dass Boschwitz darstellt ohne zu verurteilen, auch nicht, wenn sich menschliche Abgründe auftun.
Fundholz mochte ich von Anfang an gern. Arbeitslos geworden, aber seine Moral nicht verloren, fand ich toll, dass er selbst das Wenige, das er hat, noch mit Tönnchen teilt, könnte der alleine sicher nicht überleben. Für den egoistischen Kleinkriminellen „Grissmann ärgerte sich bereits, ihm das Geld gegeben zu haben. Jetzt muss ich wieder zwanzig Pfennig billiger essen, dachte er erbittert. Immer die verdammte, weiche Birne. Dabei verpflegt doch Fundholz den Idioten.“, konnte ich keine Sympathien entwickeln. Richtig ans Herz ging mir aber die Kriegerwitwe, die ihre Augen vor der Realität so komplett verschließt. „Wilhelm konnte gar nicht von einem Tage zum anderen gestorben sein. Das war unmöglich. Das war nur eine Intrige gegen sie, gegen Frau Fliebusch, geborene Kernemann. Und dass aus den sechzigtausend Mark, ihrem eingebrachten Heiratsgut, der Bruchteil eines Pfennigs geworden war? Nein, auch das war eine Intrige gegen sie, und das hatte sie dem Bankdirektor auch so gesagt.“ In Minchen, die alles andere als glücklich mit ihrem arbeitslosen Vater und den Männern, die ihr ein reiches Leben ermöglichen, ist, konnte ich mich richtig gut hineinversetzen. Sie ist wie die anderen Nebendarsteller gelungen gezeichnet.

Alles in allem begeisterte fünf Sterne, wie schade, dass kein weiteres Werk dieses Autors erhalten ist.

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Genau wie das zweite Buch von Ulich Alexander Boschwitz, 'Der Reisende', ist dieser Roman sprachlich und literarisch hervorragend. Es finden sich Wahrheiten, die auf seine eigene Weise ausgedrückt, sehr das Hirn und Herz der Leserin und des Lesers berühren. Die eher sachliche Darstellung des Lebens der am Rande der Gesellschaft stehenden Menschen macht es der Leserin und dem Leser möglich, sich diesen ohne Einschränkungen und Vorbehalte zu nähern, und ihnen als Menschen zu begegnen, als 'Menschen neben dem Leben', wie schon der Titel sagt.
Die Erzählweise mit dem für den größten Teil des Romans episodenhaft anmutenden Konzentrieren auf die einzelnen Figuren macht es zu einer etwas komplexen Aufgabe, das ganze Aufgebot an Figuren im Blick und im Kopf zu behalten. Zum Ende hin werden diese Figuren zu einem großen Teil zusammengeführt. Hilfreich ist sicher, das Buch zeitnah zu lesen und nicht zu viele Lesepausen einzulegen. Und sich nicht darüber zu sorgen, dass man vielleicht nicht immer jede Figur genau zuordnen kann. Viel wichtiger ist es, diese Figuren als Menschen wahrzunehmen, was den Lesenden dank der außerordentlichen Erzählkunst Boschwitz' definitiv gelingt.
Wer sich die Mühe macht, sich auf dieses Ensemble an Figuren einzulassen und ihr Leben betrachtet, wird belohnt mit einem ehrlichen und sachlichen Einblick in Menschen und ihr Leben, der einzigartig ist und die Atmosphäre und das Leben zu einer Zeit darstellt, die für uns heute häufig schwer vorzustellen und nachzuvollziehen ist. Das Elend wird greifbar, eben weil das Buch nicht sentimental und vordergründig emotional ist. Wie auch 'Der Reisende' ist dieses Buch eine absolute Empfehlung! Ich bin sehr froh, dass der Herausgeber endlich die deutschen Originalmanuskripte so hervorragend lektoriert veröffentlicht hat.

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Die Weltwirtschaftskrise war für alle Menschen sehr hart, doch haben sie nie aufgehört zu kämpfen! In diesem Roman wird das sehr deutlich. Sehr gut geschrieben!

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Grossartige Milieustudie des Lebens während der Wirtschaftskrise. Der Reisende war schon beeindruckend, doch hier wurde so genau beobachtet und mit Sprachwitz das Leben der Arbeitslosen und kleinen Leute beschrieben, obwohl es eine traurige Zeit ist, dass es ein ganz grosses Lesevergnügen ist.
Unbedingt empfehlenswert.

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Den Autor kannte ich bereits vom ersten erschienenen (wieder entdeckten) Buch "Der Reisende". Schon da war ich beeindruckt von der Beobachtungsgabe und der eindrucksvollen Fähigkeit des Autors, Menschen zu beschreiben und die Gesellschaft zu charakterisieren.

"Menschen neben dem Leben" ist das erste Buch des damals noch sehr jungen Autors, auch wenn dies erst nach dem Reisenden erschienen ist. Die Geschichte spielt im Berlin während der Wirtschaftskrise zwischen den Weltkriegen. Als Leser begleitet man die Leute, die im ersten Weltkrieg alles verloren haben durch ihren Alltag. Es sind die kleinen Leute, die wenig besitzen, zum Teil nur noch die Kleider an ihren Körpern und auf der Straße leben.

Ich fand das Buch sehr mitreißend. Der Autor hat eine erstaunlich kraftvolle Sprache, wodurch man sich als Leser direkt in die Handlung hinein versetzt fühlt. Man ist mit diesen Leuten unterwegs, begleitet sie durch ihren tristen Alltag und freut sich mit ihnen über die kleinen Freuden ihres Lebens: ein Tänzchen oder ein Bier im Fröhlichen Waidmann, wenn man es sich leisten konnte. Man merkt, dass Boschwitz die Zeit selber miterlebt hat, was die ganze Geschichte sehr authentisch macht.
Was ich außerdem interessant fand, waren auch die Reaktionen der Mitmenschen auf diese Charaktere, was die Gesellschaft zu der Zeit gut charakterisiert.

Ein wirklich lesenswertes und vor allem auch heute noch aktuelles Buch.

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Eindrückliches Debüt von 1937

Ich war bereits von "Der Reisende" begeistert und wollte daher das andere (erste) Werk des Autors unbedingt lesen. Boschwitz schrieb zwei Bücher, "Menschen neben dem Leben" und "Der Reisende". Sie wurden erst 2018 bzw 2019 auf Deutsch übersetzt, lektoriert und im Klett Cotta Verlag publiziert. "Menschen neben dem Leben" erschien 1937 auf Schwedisch, 1939 auf Englisch, 2019 nun auf Deutch. Boschwitz starb 1942 im Alter von 27 Jahren bei einem deutschen Torpedo-Angriff auf der Überfahrt von Australien nach England.

In "Menschen neben dem Leben" beschreibt Boschwitz die Menschen am Rande der Gesellschaft im Berlin der Zwischenkriegsjahre. Der Krieg und die Weltwirtschaftskrise lässt viele Menschen mittellos dastehen: vor allem durch technische Verbesserungen werden viele Berufe obsolet, die Arbeitslosigkeit steigt, die Arbeiter werden immer schlechter behandelt, weil sie sofort austauschbar sind. So geht es auch Boschwitz' Protagonisten: Schreiber, der Gemüsehändler, die Obdachlosen Fundholz und Tönnchen, der kleinkriminelle Grissman und der blinde Sonnenberg.

Boschwitz hat ein gutes Gespür für Menschen und kann sich ausgezeichnet in diese hineinfühlen. So schafft er, dass der Leser diese ihm vermutlich fernen Menschen ausgezeichnet versteht. In kurzen, gut verständlichen Sätzen beschreibt er dicht, lebendig und authentisch das Leben im Berlin der 20er Jahre. Auch der Humor kommt trotz des ernsten Themas nicht zu kurz. Wahnsinn, dass der Autor dieses Buch mit nur 22 Jahren geschrieben hat. Ein wirklich eindrücklicher Debüt-Roman der noch lange nachwirkt.

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Ein zum einem schlichtes Cover, zum anderen ist es absolut ausdrucksstark. Der Autor hat einen sehr feinfühligen Schreibstil, der jedoch sehr gut zu lesen und zu verstehen ist, was es mir, trotz der teilweise beklemmenden Stimmung, einfach machte, dieses Buch flüssig zu lesen. Ein Buch, welches tiefgründig ist, aber eben auch zeigt, das jeder sich am nächsten steht und man eben von dem anderen nur so viel weiß, wie man eben wissen will.

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Vor einiger Zeit wurde der Roman „Der Reisende“ von Ulrich Alexander Boschwitz wiederentdeckt, den der Autor im Jahr 1938 veröffentlichte. Da mich die Geschichte gepackt hatte, war es klar, dass ich auch dieses Buch lesen wollte. Es wurde 1937 in Schweden veröffentlicht.
Im Berlin des Jahres 1920 ist das Leben nicht ganz einfach. Anhand von verschiedenen Personen erzählt der Autor, wie schwierig das Leben ist. Das sind die Armen, die auf der Straße leben, Kriegsheimkehrer, die unter dem Erlebten leiden, und viele andere, denen es dreckig geht. Doch es gibt auch das Berlin, wo man ausgelassen feiert und alles andere vergessen will. Der beschwerliche Alltag kommt schnell genug zurück. Manche wissen sich geschickt durchzuschlagen, anderen können kaum überleben. Die zunehmende Automatisierung der Arbeit macht für diese Menschen die Zukunftsaussichten nur noch trister. Diese Not sorgt für Spannungen in der Gesellschaft, denn wenn man nichts hat, neidet man jedes bisschen den anderen, die ein wenig mehr haben.
Das Buch bietet keine spannenden oder überraschenden Wendungen, es schildert einfach das Leben der Menschen in jener Zeit. Die Personen sind authentisch beschrieben und viele Schicksale sind einfach tragisch.
Ich habe dieses interessante und sehr authentische Zeitdokument gerne gelesen

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Dieses Buch hat mich sehr fasziniert, da es kein Roman ist, der im Nachhinein von einer historisch interessanten Zeit erzählt, sondern in dieser Zeit entstand und daher so authentisch ist. Das Alter des Textes merkt man dem Roman zu keiner Zeit an. Sehr empfehlenswert für diejenigen, die sich ein Bild von der Weimarer Republik machen wollen. Eine tolle Sozialstudie!

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"Walter Schreiber war ein gutmütiger Mensch" so beginnt der erste Satz des, aufgrund seiner jüdischen Herkunft, emigrierten Autors ULRICH ALEXANDER BOSCHWITZ. Er beschreibt sehr detailliert und bildhaft das Leben in Deutschland in den zwanziger Jahren. Nicht alles war einfach, und auch gerade für Männer war es eine harte Zeit. Armut, Kriegsheimkehrer und die Eindrücke der vergangenen Zeit, lassen die Menschen in ein Loch fallen. Aber nicht überall ist das Leben zum Erliegen gekommen. In Berlin zum Beispiel erwacht der Mut und die Zuversicht. All dieses wird anhand verschiedener Protagonisten sehr ausführlich vom Autor erklärt. Man sollte jedoch nicht annehmen, dass es sich um einen leichten Unterhaltungsroman handelt. Nein, dieser Roman braucht Zeit! Es sind die traumatischen und oft auch nur schlecht nachvollziehbaren Erlebnisse, die die Menschen prägen und man muss auch beim Lesen oftmals innehalten. Schnell wird deutlich, wie gut es uns heute geht. Krieg - ist weit weit weg. Hunger - der Kühlschrank ist immer gefüllt.

Mich hat der Roman sehr berührt und auch nachdenklich gemacht. Vieles ist für uns heute selbstverständlich, aber ist es das wirklich? Welche Opfer mussten dafür gebracht werden, dass wir heute wieder in einer Wohlstandgesellschaft leben dürfen?

Man sollte dieses Buch wirklich ohne Zeitdruck lesen und auch sich wirken lassen.

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Die Zeit zwischen den Weltkriegen…

Leicht haben es die Protagonisten in Ulrich Alexander Boschwitz’ Debütroman nicht. Sie sind die wahren Verlierer der Wirtschaftskrise: Kriegsheimkehrer, Bettler, Prostituierte, Verrückte. Doch abends zieht es sie alle in den Fröhlichen Waidmann. Die einen zum Trinken, die anderen zu Musik und Tanz. Sie treibt die Sehnsucht nach ein paar sorglosen Stunden, bevor sich der graue Alltag am nächsten Morgen wieder erhebt. Doch dann tanzt die Frau des blinden Sonnenbergs mit einem Mal mit Grissmann, der sich im Waidmann eine Frau angeln will und den Jähzorn des gehörnten Ehemanns unterschätzt. Und so nimmt das Verhängnis im Fröhlichen Waidmann seinen Lauf, bis sich neue Liebschaften gefunden haben, genügend Bier und Pfefferminzschnaps ausgeschenkt wurde und der nächste Morgen graut. Wie durch ein Brennglas seziert der zu diesem Zeitpunkt gerade mal zweiundzwanzigjährige Autor das Berliner Lumpenproletariat der Zwischenkriegsjahre. (Quelle: Auszug aus dem Klappentext)

„Hysterisch klingelten die Straßenbahnen. Dumpf grollten die großen Autobusse. Leise meckerten die Klingeln der Fahrräder. Die Autos und Lastwagen stießen eine dunkle, mit hellen Tönen gemischte Musik aus. Vorwärts! Berlin hatte keine Geräuschverbote. Man merkte es.“ – Seite 66, eBook

Nach der großen Wiederentdeckung des Romans „Der Reisende“, der in Deutschland im Jahr 2018 erschien (erstmals veröffentlicht in England im Jahr 1939), wurde nun auch der Debütroman „Menschen neben dem Leben“ von Ulrich Alexander Boschwitz veröffentlicht. Dieser erschien 1937 erstmals in schwedischer Sprache. Der Autor, der 1942 mit 27 Jahren viel zu früh verstarb, hat hier einen atmosphärisch dichten und detailreich geschilderten Roman geschrieben. Beeindruckend sind die einfachen und authentischen Schilderungen des Alltags im historischen Berlin Ende der 1920er Jahre. Für viele Menschen waren die Nachkriegsjahre (die gleichzeitig auch die Jahre zwischen den beiden Weltkriegen war) schwer - Rationalisierungen der Arbeitsplätze und somit hohe Arbeitslosigkeit beherrschte die Zeit. Auch zeigt dieses Buch, dass schon damals die Schere zwischen Arm und Reich sehr groß war.
Wir bekommen hier einen Einblick in das Leben verschiedener Personen, dessen Geschichten im „Fröhlichen Waidmann“ zusammenlaufen – ein Lokal, in dem verschiedene Gesellschaftsschichten aufeinandertreffen. Dort nimmt schließlich ein Drama ihren Lauf…
Die gesamte Geschichte ist nicht rasant, aber unheimlich interessant zu verfolgen – gerade weil die Charaktere so detailreich gezeichnet wurden. Ebenfalls lesenswert: Das Nachwort des Herausgebers.

„Werte, die in Gefahr sind, erkennt man. Aber das Selbstverständliche wird erst dann zur Kostbarkeit, wenn es umstritten ist.“ – Seite 229, eBook

Mein Fazit: Eine wertvolle Wiederentdeckung eines Romans, der einen detailreichen Einblick ins historische Berlin gibt - außergewöhnlich geschrieben! Gerade die detailreichen Schilderungen aus dem Alltag verschiedener Personen und auch die klar gezeichneten Charaktere selbst machen die Geschichte so besonders und interessant. Die gesamte Entwicklung der Geschichte, die in einem Lokal ihren Höhepunkt findet, ist auf eine gewisse Art spannend zu verfolgen. Ein beeindruckendes Buch, das gerne noch länger hätte sein dürfen – sehr lesenswert!

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Wie ein Bild von Zille

Im Berlin der Zwanziger Jahre sind die wahren Verlierer der Wirtschaftskrise diejenigen, die durch alle sozialen Netze hindurchfallen: Kriegsheimkehrer, Bettler, Prostituierte, Verrückte. Sie versuchen sich mehr schlecht als recht durch’s Leben zu schlagen. Man kennt sich größtenteils untereinander. So bleibt es nicht aus, dass an einem Abend mehrere Leute mit verschiedenen Ideen ein einziges Ziel ansteuern: den Fröhlichen Waidmann. Zum Trinken, zum Tanzen, zur Musik, um jemand sehnsüchtig Erwartetes zu finden… Da kann es schon sein, dass die Dinge ihren eigenen Lauf nehmen.

Es ist das Berliner Lumpenproletariat, in deren Welt der Autor Ulrich Alexander Boschwitz in diesem Buch eintaucht. Keiner der Protagonisten hat es leicht, jeder muss sehen, wie er zurechtkommt. Sehr einfühlsam sind die Figuren gezeichnet, der Autor zeigt ganz besonders viel Fingerspitzengefühl, um seinen Personen Leben einzuhauchen, ihre Lebensweise darzustellen. Auch wenn einer Protagonisten ganz unten angekommen ist, bleibt der Autor sachlich und lässt ihm den nötigen Raum, um seine Ideen und seine Motivationen zu zeigen. Man fühlt sich dabei an die Bilder von Zille erinnert, nicht immer einfach zu lesen, aber sehr nah an der Realität. Dies ist bereits das zweite Buch von Ulrich Alexander Boschwitz, das mir in die Hände gefallen ist, und ich finde es herausragend geschrieben. Leider wird es keine weiteren Bücher von ihm geben, denn der Autor ist bereits 1942 noch recht jung gestorben.

Dieses Buch möchte ich sehr gerne weiter empfehlen, auch wenn es teilweise keine leichte Kost ist. Ich vergebe 4 von 5 Sternen.

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Menschen neben dem Leben von Ulrich Alexander Boschwitz ist ein Kaleidoskop unterschiedlicher Schicksale - 24 Stunden im Leben von Bettlern, Arbeitslosen, Nutten und Zuhältern, die sich aus völlig unterschiedlichen Richtungen im Berlin zwischen zwei Weltkriegen. aufeinander zubewegen. Am Ende ist für die einen alles zuende und für die anderen alles neu. Ein wunderbares Buch.

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Ein junger Autor, kaum Anfang zwanzig, beschreibt so kristallklar die Menschen, die auf der Schattenseite der goldenen Zwanziger stehen, dass es schmerzt. Es sind keine großen Schicksalsentwicklungen, nein, das kleine Leben, kleine Freuden, kleine Katastrophen bewegen einen in diesem Umfeld umso mehr.
Obwohl schon fast 100 Jahre alt ist das Thema zeitlos aktuell.
Unbedingt lesenswert!

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Ein Lehrbuch über die Weimarer Republik
Direkte und schnörkellose Konfrontation mit Armut, Hunger und Verzweiflung
Pflichtlektüre für alle Generationen

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„Menschen neben dem Leben“ ist das erste Buch von Ulrich Alexander Boschwitz, der leider schon vor seinem 30. Geburtstag verstarb und sein letztes Manuskript mit in sein Grab nahm. Ich hätte es gerne gelesen, denn bereits sein erstes Buch hat sehr viel lokalen und zeitgenössisches Flair. Allerdings fehlte damals wohl ein gutes Lektorat oder aber die Art zu erzählen war zur damaligen Zeit noch eine völlig andere. Das Buch startet sehr interessant, springt dann ein wenig zwischen den Protagonisten, so dass man weite Strecken des Buches noch nicht weiß, wohin die erzählerische Reise letztlich hingehen soll.

Am Ende des Buches denke ich, die Reise sollte nirgendwo hingehen, sondern das Buch möchte einfach ein Einblick in das Leben von Menschen geben, die vom Leben aufgegeben wurden und die nun am Rande der Gesellschaft stehen. Das Milieu steht im Vordergrund der Erzählung und nicht das Ereignis als solches. Allerdings wird es dann ganz am Ende doch noch dramatisch und der moderne Leser wird mit einem kleinen, heutzutage Showdown genannt, tragischem Ereignis entschädigt. Mir hat das Buch insgesamt recht gut gefallen.

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Ulrich Alexander Boschwitz Debütroman spielt im Berlin der 30er Jahre, nach der Weltwirtschaftskrise und vor dem Zweiten Weltkrieg. Die Protagonisten des Romans haben alle mit den Folgen zu leben - Armut, Arbeitslosigkeit, Kriminalität, Prostitution.. Wir sind dank Boschwitz ganz dicht dran an den Menschen, gekonnt fügen sich ihre Leben und die Ereignisse ineinander. Ein authentischer Gesellschaftsroman!

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Menschen neben dem Leben von Ulrich Alexander Boschwitz ist vor allem eine historisch interessante Neuentdeckung. Berlin, in den 20ern, „von unten“, wie man so sagt. Ein Roman, der getragen wird von den Erfahrungen seiner drei halb obdachlosen Protagonisten, und der dabei immer wieder ausgreift auf die Schicksale anderer Ausgestoßener während der Weltwirtschaftskrise.

Das ist schon allein nach all diesen Intellektuellen-Nabelschau-Titeln des Deutschen Buchpreises erfrischend. Ja, es gibt Menschen jenseits der Fraktion Künstler, Studienräte, selbstständige Unternehmer, höhere Beamte. Und man kann nicht nur über sie schreiben, indem man einen Studenten, Professor, Maler, mit ihnen in Kontakt kommen lässt, sondern mit etwas Recherche und Einfühlungsvermögen auch aus ihnen heraus – auch wenn man nicht selbst das halbe Leben auf der Straße verbracht hat. Recherche, Empathie, Verdichtung, die mehr ist als Widerspiegelung. Irgendwann muss das in Vergessenheit worden sein.

Menschen neben dem Leben erzählt einfach, in kurzen Sätzen, es ist in jedem Fall ein heute noch zugängliches Buch. Einige Macken hat es aber doch. So sind etwa zwischendurch Überlegungen zur Makroökonomie* und zum Arbeitsmarkt eingestreut, die durchaus relativ richtig sind, aber offenkundig nicht aus den Köpfen der Fokus-Charaktere entwickelt werden. Nicht offenkundig, weil das zu schwer wäre, die Zusammenhänge sind eigentlich relativ einsichtig, warum sollte ein Obdachloser auf solche Gedanken nicht kommen? Offenkundig, weil der Autor im Anschluss erklärt:

„Von diesen Zusammenhängen hatte Grissmann keine Ahnung. Er schob sein Unglück auf die Sache mit den zwanzig Mark, und dass er keine Arbeit fand, lag wohl an seiner Unzulänglichkeit, denn Grissmann war seit jeher von der eigenen Zweitklassigkeit überzeugt.“

Menschen neben dem Leben hat ein paar solche Momente. Stellen, die ohne Probleme einfach stehen bleiben könnten, in denen Gedanken dann aber durch erklärende Sätze dem Geschehen enthoben werden à la „das konnte XY gar nicht wissen“. Unnötig.

Ansonsten aber ist Menschen neben dem Leben zwar sicher kein großer Roman seiner Zeit, aber doch ein Text, den man lesen kann, ohne das Gefühl zu haben, seine Zeit zu verschwenden. Die Szenen sind überzeugend, eine strukturierte Handlung fehlt allerdings. Romane Falladas aus einem ähnlichen Milieu habe ich deutlich stärker in Erinnerung, besonders Wer einmal aus dem Blechnapf frisst, aber da kann die Erinnerung trügen. Die Lektüre ist lange her.

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Für Leser historischer Romane gibt es nichts besseres als die Wahrheit. Der Blick in die Geschichte ist so faszinierend, weil man das Leben anderer Menschen, anderer Gesellschaften und Zeiten aus deren Sicht erleben kann. Der Roman führt den Leser in das historische Berlin der Zeit zwischen den Weltkriegen. Die Zeit war hart, das Leben viel härter. Der Roman ist erschreckend aktuell, denn die Probleme der heutigen Zeit sind nicht großartig anders als damals. Der Autor zeichnet ein klares Bild davon, wie es sich anfühlte, im Berlin dieser Zeit zu leben: zwischen Armut, Kriminalität, Erfindergeist, um sich das Nötigste zu erhalten, und die nackte Angst vor dem Erfrieren. Der Leser lernt plastische Charaktere voller Träume und Vorstellungen davon kennen, wie das Leben sein könnte. Dabei ist gerade die drastische Darstellung der Lebensumstände sehr erfrischend. Genauso schnell, wie es begann, ist es dann auch schon wieder vorbei - etwas zu schnell, mag man meinen. Daher nur 4 Sterne!

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