Raubkind

Von der SS nach Deutschland verschleppt

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Erscheinungstermin 20.08.2018 | Archivierungsdatum 31.01.2019

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Zum Inhalt

Klaus B. ist Mitte Siebzig, als sein ordentliches Leben aus den Fugen gerät. Er erfährt, dass er als Kind Opfer eines Verbrechens wurde. Er selbst kann sich an nichts erinnern. Mit Hilfe einer Journalistin findet Klaus B. heraus, dass er in Polen zur Welt gekommen ist. Dass er 1943 seiner Familie geraubt wurde, vermutlich von der SS. Dass sein Name und seine Herkunft mit Hilfe des »Lebensborn« gefälscht wurden, der ihn dann bei linientreuen deutschen Pflegeeltern unterbrachte. Klaus B. und die Journalistin lernen: Dieses Schicksal teilten Zehntausende Kinder aus Polen und anderen osteuropäischen Staaten. Sie wurden von nationalsozialistischen »Rassenspezialisten« ausgewählt, ihren Familien entrissen und zur »Germanisierung« nach Deutschland verschleppt. Bis heute wissen viele »Raubkinder« nichts von ihrer Herkunft. Klaus B. macht sich auf die Suche nach seinen Wurzeln und findet eine Familie, die ihn seit sieben Jahrzehnten vermisst. Alles beginnt mit dem Anruf einer Journalistin, die Klaus B. telefonisch darauf anspricht, dass er 1944 als Pflegekind zu seiner Familie gekommen sei, aus dem Lebensborn-Heim in Bad Polzin. Ob er sich an dieses Heim erinnern könne? Ob er wisse, warum er dort gewesen sei? Darüber würde sie gerne mit ihm reden. Sie beschäftige sich nämlich mit dem Lebensborn, auch mit dem Heim in Bad Polzin. Er selbst hat erst mit neunzehn Jahren erfahren, dass die Familie ihn aus einem Lebensborn-Heim geholt hatte. Das war alles. Kein Wort darüber, warum er in diesem Heim war und was Lebensborn bedeutet. Klaus B. ist hin- und hergerissen zwischen Neugier und gleichzeitig dem Wunsch, die Vergangenheit ruhen zu lassen. Obwohl er sich in den letzten Jahren immer wieder gefragt hat, ob die Informationen wirklich stimmen, die ihm die Stiefeltern mit auf den Weg gegeben haben. Warum hat er zum Beispiel keine Geburtsurkunde? Als junger Bursche hatte er nur einen Flüchtlingsausweis, das war alles. Und irgendwann war der Ausweis fort, verlegt, verloren, auf alle Fälle konnte er ihn nicht mehr finden. Es kann sein, dass die Urkunde wirklich auf der Flucht verloren gegangen ist, wie seine Stiefmutter gesagt hat. Seine Stiefgeschwister Inge, Uschi, Volker und Gero haben allerdings Geburtsurkunden... Nach dem Einmarsch der Wehrmacht und der Besetzung Polens zerschlugen die neuen Machthaber den polnischen Staat mitsamt seinen Strukturen. Politiker und Militärs, Juristen, Kleriker und Wissenschaftler – pauschal als Gegner klassifiziert – wurden fortgejagt, verfolgt, ermordet. Im Oktober 1939 teilten die deutschen Besatzer das Land in zwei Teile und Hitler kündigte einen »harten Volkstumskampf« an, um »das alte und neue Reichsgebiet zu säubern von Juden, Polacken und Gesindel.« In diesem Kontext von Diskriminierung, Entrechtung und Enteignung, von Gewalt, Terror und Mord auf der einen und »sauberer« Bürokratie auf der anderen Seite stand die Verschleppung der polnischen Kinder. Auch dabei ging es um »Rassenpolitik« – aber mit den Mädchen und Jungen, die in die Hände der Nationalsozialisten gerieten, hatte man etwas anderes vor. Heinrich Himmler propagierte das Vorhaben, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Man werde Kinder »guten Blutes« im Osten aus ihrer Umgebung herausholen, notfalls »rauben und stehlen« und nach Deutschland bringen. Nach Prüfung aller vorhandenen Quellen geht die Historikerin Isabel Heinemann von 20 000 verschleppten Mädchen und Jungen aus. Bis heute ist dies die belastbarste Zahl. Damit bleibt Polen trotz allem dasjenige Land, das die meisten Kinder an das NS-Germanisierungsprogramm verloren hat. Bekannt sind Kinderraub und Kinderverschleppung nach Deutschland aber auch aus Slowenien und der Tschechoslowakei. Um die Anerkennung als Opfer der Nationalsozialisten und für eine Entschädigung für das erlittene Unrecht kämpften in den letzten Jahren immer wieder sogenannte Raubkinder vor Gericht – bisher erfolglos. Die Geschichte von Klaus B. steht stellvertretend und exemplarisch für die Geschichte aller Raubkinder. Und dennoch hat jedes dieser Mädchen und Jungen ein ganz eigenes Schicksal.

Klaus B. ist Mitte Siebzig, als sein ordentliches Leben aus den Fugen gerät. Er erfährt, dass er als Kind Opfer eines Verbrechens wurde. Er selbst kann sich an nichts erinnern. Mit Hilfe einer...


Verfügbare Ausgaben

AUSGABE E-Book
ISBN 9783451813061
PREIS 16,99 € (EUR)

Rezensionen der NetGalley-Mitglieder

Gestohlene Identität
Die Journalistin und Autoren Dorothee Schmitz-Köster beschreibt in ihren Büchern die Schicksale von Kindern die durch den Krieg und die NS-Zeit benachteiligt wurden. Da gibt es die Kinder vom Lebensborn, deren Leben viele Fragen aufstellt.
Mit ihrem neuen Buch „Raubkind“ erfahre ich von einem neuen Greuel. Ich weiß das während des Krieges polnische junge Frauen nach Deutschland deportiert wurden, um dort zu arbeiten. Aber das blonde Kinder, die keinen Vater hatten den Müttern einfach gestohlen wurden, war mir neu.

Klaus B. erfährt mit Mitte 70 das er Pole ist und sein ganzer Lebenslauf falsch ist. Nicht mal das Geburtsdatum stimmte, er wurde plötzlich ein Jahr älter.
Nach der Entführung kam er in ein Heim, in dem er deutsch lernen und polnisch vergessen musste. Dann kam er zu deutschen Pflegeeltern.
Es ist spannend zu lesen, wie die Journalistin nach seiner Herkunft forscht. Sie findet seine Geschwister, seine Schwestern sind toll. Klaus B. Ist herzkrank und traut sich nicht mehr nach Polen. Die Empfindungen dieser Raubkinder, von denen es viele gab, sind gut recherchiert.
Das Buch ist wirklich interessant zu lesen. Eine informative Reise in die Vergangenheit, die nicht vergessen werden sollte. Dafür gibt es von mir eine klare Empfehlung.

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„Nach Nazikategorien ein Superkind“ Das Los des Klaus B.

Erst kürzlich habe ich eine historischen Roman über die Schweizer Verdingkinder gelesen und da sich hinter dem Begriff Lebensborn ja ebenfalls Kinderraub versteckt, war ich sehr gespannt auf diese Biografie.

Es existiert keine Geburtsurkunde, aber dass er am richtigen Tag Geburtstag feiert, seine leiblichen Eltern verstorben sind und er von Familie Schäfer rund um Ostern 1944 als Pflegekind aufgenommen wurde, glaubt Klaus B. nun seit über siebzig Jahren. Seine Wahrheit gerät allerdings stark ins Wanken, als sich die Journalistin Claudia Retter mit ihm in Verbindung setzt, weil sie bei ihren Recherchen auf seinen Namen gestoßen ist. Ingeborg Schäfer, eine Tochter der Pflegefamilie, hat ihn in ihrem Buch „Mutter mochte Himmler nie“ erwähnt. Die Journalistin, die sich mit Lebensborn beschäftigt, erhofft sich nun neue Erkenntnisse von ihm, da er aus genau einem solchen Heim in Bad Polzin zu den Schäfers gelangt ist. Klaus B. hat keinerlei Erinnerungen, weiß so gut wie nichts über Lebensborn und mit seinem schwachen Herz ist er nicht einmal sicher, ob er das dunkle Geheimnis in seiner Vergangenheit in seinem Alter überhaupt noch lüften will. Da ihm die Sache aber keine Ruhe mehr lässt, willigt er ein, dass Claudia Retter in seinem Namen Erkundigungen einziehen darf und schnell sind die Vollmachten an sie abgetreten. Was geschah bevor er, angeblich unterkühlt, verletzt und ausgezehrt bei den Schäfers ankam?

Gleich zu Beginn und immer wieder zwischendurch erfährt man von der Kontaktaufnahme, davon, wie sehr das Thema Klaus B. aus dem Konzept bringt bzw. bewegt und auch von seinem inneren Dilemma. Will er seine Wurzeln kennen, oder doch lieber weiter den Mantel des Vergessens anbehalten? Überwiegend begleitet man als Leser allerdings die Journalistin Claudia bei ihrer Recherche. Man nimmt mit ihr Kontakt zu zahlreichen Organisationen auf, die sich um Familienzusammenführung nach dem Zweiten Weltkrieg kümmern, besucht mit ihr Archive und Heime, besucht die neu gefundene polnische Verwandtschaft von Klaus B. und wälzt mit ihr einiges an Literatur. So bekommt man nicht nur, wie die Einordnung als Biografie ja verspricht, einen knappen Lebenslauf von Klaus B., geboten, sondern erhält dabei Einblick in ihre Recherchearbeit und ganz klar auch in die Machenschaften bezüglich Lebensborn, nicht nur bei Klaus B..

Die Autorin lässt in weiten Teilen einen Erzähler zu Wort kommen, der manchmal Klaus B. Perspektive beleuchtet, ganz oft aber Claudia Retter begleitet, die dieser allerdings immer nur unpersönlich mit „die Journalistin“ betitelt. Zudem erhält man auch Mitschnitte von Gesprächen, Quellenauszüge und zahlreiche Abbildungen geboten, was das Lesen unheimlich abwechslungsreich und kurzweilig macht. Der locker, flüssige Sprachstil tut sein Übriges dazu, dass die Biografie trotz aller Härte des Schicksals schnell verschlungen ist. Geschichte für den Laien leicht verständlich und interessant aufbereiten, das ist hier wirklich gut gelungen. Ich wurde nicht nur informativ unterhalten, sondern war stellenweise auch richtig gerührt bzw. habe schockiert gelesen.

Die Autorin hat wirklich gründlich recherchiert, was schon der Roman, der im Verlauf die Journalistin ganz oft verschiedene Quellen vergleichen lässt, sondern auch die zahlreichen Anmerkungen deutlich erkennen lassen. Sehr gut hat mir auch das relativ zahlreiche Bildmaterial gefallen. Fotografien von polnischen Verwandten des Karl B., auch von den Schäfers, seiner Pflegefamilie, Fragebogen, Krankenakten, Akten und Unterlagen vom IRQ, vom Roten Kreuz,…, all das ergänzt die Biografie gekonnt und macht das Bild rund.

„Mädchen und Jungen wurden getrennt und neu eingekleidet, dabei nahm man ihnen auch ihre kleinen Mitbringsel fort.“ Jeglicher Vergangenheit, jeder Erinnerung beraubt, den Willen gebrochen und dazu sprachlos gemacht. In einer anderen Sprache als Deutsch, was sie nicht konnten, zu reden war unter Prügelstrafe verboten. Paramilitärische Erziehung, entwürdigende psychologische Schauen und Einstufungen, sind nur einige Beispiele für die unvorstellbaren Verbrechen, die das NS Regime in ihrem irren Glauben begangen hat. Um das deutsche Blut durch vielversprechende Nachkömmlinge anderer Länder aufzufrischen und potentiell starke Gegner der Zukunft gleich auszufiltern, wurden unzählige Kinder ihrer Wurzeln beraubt und in sich verdient gemachte NS-Familien vermittelt. Kaum zu glauben, dass es den Hauptverantwortlichen dieser Verbrechen in den Nürnberger Prozessen tatsächlich gelungen ist, Lebensborn weitgehend als karitative Organisation hinzustellen und damit der gerechten Strafe zu entgehen. Die Autorin hat mit ihrer Biografie von Klaus B., der für mich stellvertretend für das Los unzähliger Leidtragender steht, einen wertvollen Beitrag gegen das Vergessen geleistet.


Alles in allem kann ich „Raubkind“, die Biografie von Klaus B., der in die Hände von Lebensborn gefallen ist, wirklich empfehlen. Alle Geschichtsinteressierte finden hier bewegend, fesselnde Unterhaltung, bei der man ganz nebenbei sein Wissen aufpolieren kann. Noch fünf Sterne sind da auf jeden Fall drin.

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Dorothee Schmitz-Köster zeigt in diesem Buch eine weitgehend unbekannte Seite der Nazi-Machenschaften auf - den Raub >ja dieser Begriff trifft es wohl am besten< von polnischen Kindern. Sie sollten germanisiert werden. Dabei erzählt sie keine Geschichte, sondern beschreibt, einer Dokumentation gleichkommend, die Schwierige Recherche anhand des Schicksals von Klaus B.. Richtigerweise der Geschichte von Czeslaw B. Von sich selbst spricht die Autorin in der dritten Person - die Journalistin. Im Buch wird die Zerrissenheit von Klaus B., seine Zweifel ob er die Wahrheit über seine Entführung, seine Monate in den Heimen wirklich wissen will, ob er die Fakten gesundheitlich verkraften kann wunderbar einfühlsam beschrieben. Beim Lesen erkennt man auch die Empathie der Autorin mit diesen Opfern sehr deutlich zum Ausdruck. Wie behutsam sie immer wieder ihre Ergebnisse vermittelt, ohne ihn zu überfordern oder wegen eigener Interessen zu bedrängen. Ja in meinen Augen sind diese Kinder Opfer. Opfer, die bis heute weder Anerkennung noch eine Entschädigung erhalten haben.
Mich hat beeindruckt wie beharrlich die Journalistin ihre Suche immer weitergeführt hat. Das kam einem gewaltigen Pussle-Spiel gleich. Minimale Erfolge wechselten sich mit Zweifeln, neuen Fragen, neuen Ungereimtheiten ab. Das finde ich bewundernswert. Es war spürbar wie viel Herzblut sie in diese Recherchen und auch in dieses Buch gesteckt hat. Und gerade dieses Auf und Ab bei der Suche nach den Wurzeln von Klaus B., an der der Leser mittels des Buchs teilhaben darf, hat mir das Lesen kurzweilig und spannend gemacht. Von den im Buch genannten Institutionen, Organisationen hatte ich zum Teil bisher noch nie etwas gehört. Die machten mir aber deutlich, wie tief die Autorin in diese Materie drinsteckt.
Von mir gibt's eine uneingeschränkte Lese-Empfehlung und 5 voll verdiente Lese-Sterne.

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Zwischen dem " Will ich das wissen", oder tut die Wahrheit zu weh? ist ein steiniger Weg. Mitfühlend erzählt und intensiv recherchiert beschreibt das Buch die Geschichte eines in der Kriegszeit durch die Nazis entführten Kindes.
Sehr lesenswert, auch weil davon bisher nicht so oft berichtet worden ist.

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Klaus B. kam als Fünfjähriger während des 2. Weltkrieges aus einem Lebensbornheim zu seinen Pflegeeltern, bei denen er seine Kindheit und Jugend verbrachte. Seine leiblichen (deutschen) Eltern, so wurde ihm erzählt, seien tot.
Erst durch die Journalistin Dorothee Schmitz-Köster, die sich intensiv mit dem Kapitel Lebensborn beschäftigt, erfährt er, mittlerweile über 70 Jahre alt, die Wahrheit.
Es schockiert ihn zutiefst, dass er ein aus Polen geraubtes Kind gewesen sein soll, das mit einer neuen Identität der sogenannten „Germanisierung“ in einer linientreuen deutschen Familie zugeführt wurde.
Er selbst hat keinerlei Erinnerungen an seine frühe Kindheit, seinen polnischen Namen oder die Muttersprache. Alles ist vergessen.
Die Journalistin beginnt mit der Recherche, durchsucht alte Akten und Melderegister, liest Protokolle und findet bald Hinweise auf seine Herkunftsfamilie, die noch viele Jahre nach ihm gesucht hat.
Klaus B. hat in Polen drei Halbgeschwister, seine Mutter ist erst vor wenigen Jahren verstorben und hat nie aufgehört um ihren verlorenen Ältesten zu trauern.
Was mag in einem Menschen vorgehen, der erst in hohem Alter die Wahrheit über seine Herkunft erfährt und das erste Mal das Gesicht seiner Mutter auf einer Fotografie sieht? Dass die Pflegeeltern ihn offensichtlich belogen haben und er deshalb nie eine Chance hatte die Wahrheit über seine Herkunft zu erfahren. Er hätte seine Mutter zu ihren Lebzeiten noch wiedersehen können…
Man kann verstehen, dass es ihn gesundheitlich mitnimmt und sein Herz verrücktspielt. Nur zögerlich und vorsichtig lässt er sich auf seine neue Verwandtschaft ein. Einerseits freut es ihn, andererseits nimmt es ihn sehr mit.
Die Autorin beschreibt sehr detailliert ihr Vorgehen, der Leser erahnt die Komplexität dieser Recherche. Nicht alle Akten sind noch vorhanden und wenn ja, z.T. unvollständig oder nicht korrekt geführt, teilweise bewusst gefälscht. Doch ein Puzzleteil fügt sich zum anderen: Bei Klaus B. handelt es sich um den 1943 aus Polen geraubten Jungen Czeslaw B.!

Fazit: Mich hat dieses Buch sehr berührt und aufgewühlt. Es verarbeitet, auch stellvertretend für viele andere Opfer, die Schicksale der geraubten sogenannten „Ostkinder“.

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Klaus wurde als Kind adoptiert und nahm bisher an, dass seine Eltern früh gestorben sind. Er ist bereits 75 Jahre alt, als er von einer Journalistin angeschrieben wird, weil sie vermutet, dass er damals aus einer polnischen Familie geraubt und nach Deutschland verschleppt wurde.

Zuerst will er gar nicht darüber nachdenken, doch dann lässt er sich darauf ein und die Journalistin findet bei ihren Nachforschungen einiges heraus.

Als blondes, blauäugiges Kind wurde er als 5 jähriger aus seiner polnischen Familie herausgerissen. Himmler war der Meinung, wenn gutes Blut vorhanden ist, sei es legitim, die Kinder zu rauben und in deutschen Familien großzuziehen. Dabei war es gleichgültig, aus welchen Ländern sie kommen, solange sie arisches Aussehen hatten. Dazu wurden genaue Rassenprüfungen durchgeführt und eine Rassenkarte erstellt. Sollten die Kinder den Test nicht bestehen, durften sie nicht etwa in ihre Familien zurückkehren, sondern kamen in ein Sammellager.

Klaus hatte das `Glück` aus dem Lebensborn- Heim von der Familie des SS-Offiziers Schäfer adoptiert zu werden. Nach seiner Herkunft hat er nie gefragt, ihm wurde gesagt, seine Eltern seien tot und daran hat er nie gezweifelt.

Umso mehr entsetzt es ihn, als er nun die Wahrheit über seine Familie und seine Herkunft herausfindet.

Das Buch lässt sich an manchen Stellen etwas mühsam lesen, weil keinerlei wörtliche Rede vorhanden ist.

Trotzdem ist das Thema hochinteressant, auch wenn ich schon vieles aus der Zeit und auch über Lebensborn gelesen habe.

Die Autorin hat eine sehr gute Mischung aus Klaus` persönlichem Schicksal und geschichtlichen Tatsachen geschaffen.

Wie abgebrüht musste man sein, um kleine Kinder einfach aus ihren Familien zu reißen, ohne Rücksicht auf irgendjemanden.

Aber darüber braucht man ja gar nicht sprechen, denn es ist doch klar, dass den Verantwortlichen im Krieg jegliche Empathie fehlte. `Raubkind` ist ein berührendes Buch, das mich anschließend noch einige Zeit beschäftigt hat.

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Die Autorin erzählt in diesem Buch die schier unglaubliche Geschichte von Klaus B., der einem polnischen Kind, dass 1943 seinen Eltern geraubt und in eine deutsche Pflegefamilie gebracht wurde.

Warum? Wieso? Gab es das öfter? Dorothee Schmitz-Köster gilt als Spezialistin für die NS-Geschichte und des „Lebensborns“.
In der Gesamtheit der NS-Verbrechen muten die Dramen rund um den „Lebensborn“ als gering an. Doch, wie man aus dem vorliegenden Buch erkennen kann, ist die Verschleppung blonder, blauäugiger Kinder aus den diversen Protektoraten kein Zufall. Diese Kinder sollen, nach eingehender rassischer Begutachtung, in treudeutschen Familien zu aufrechten Deutschen erzogen werden. Dazu nimmt man ihnen ihre Identität, ihre Sprache, die Herkunft und sogar ihre Geburtsdaten. Dass dies nur mit kleineren Kindern funktionieren kann, ist den NS-Schergen klar.

Im Rahmen von Forschungen stößt die Autorin (die im Buch nur Journalistin genannt wird) auf die Biografie von Klaus B.. Sie nimmt mit dem inzwischen Mittsiebziger Kontakt auf. Anfangs sind weder Klaus noch seine Frau Sonja von der Recherche überzeugt. Was soll es bringen, nach so langer Zeit eventuell mögliche Verwandte ausfindig zu machen?

Erst nachdem die Autorin einige handfeste Beweise, die sich auf Grund der Verschleierung (falsches Geburtsdatum etc.) nur aufwändig und schwer beschaffen lassen, stimmt Klaus B. einer intensiven Forschung nach seiner Herkunftsfamilie zu. Und das Unglaublich tritt zu Tage: Es gibt sie, seine Familie in Polen. Und nicht nur das! Sie hat mehrmals nach ihm suchen lassen, ohne Erfolg, weil ja Namen und behördliche Angaben verfälscht wurden.

Die polnische Verwandtschaft kommt Klaus in Deutschland besuchen. Die Verständigung ist schwierig, da nur ein Familienmitglied deutsch spricht. Zu einem Gegenbesuch kann sich Klaus B. nicht aufraffen, da er seit langem herzkrank und sich einer solchen emotionalen Strapaze, die Orte seiner frühen Kindheit wieder zu sehen, nicht aussetzen will und kann.

Meine Meinung:

Der Autorin ist ein packendes Dokument eines Unrechts gelungen. Klaus ist, wie wir erfahren nicht das einzige „Raubkind“. Es gibt einige belegte (sehr ähnliche) Fälle und eine nicht abschätzbare Dunkelziffer.

Sehr eindrücklich schildert die Autorin wie sie das Schicksal von Klaus B. minutiös aufrollen kann. Allerdings, habe ich persönlich den Eindruck, verbeißt sie sich dermaßen in die Recherche, dass das eigentliche Ziel, das Schicksal von Klaus zu erforschen, ins Hintertreffen gerät. Hin und wieder klingt auch von ihre Seite, Zweifel an ihrer Mission an. Doch ohne diese Hartnäckigkeit, die manchmal sehr fordernd ist, wäre es nicht gelungen, Klaus‘ Familie ausfindig zu machen.
Unglaublich auch, welche Urkunden in welchen Archiven nach wie vor schlummern und nur durch persönlichen Engagement (manchmal auch unter Umgehung des offiziellen Dienstweges) ans Tageslicht kommen.

Erschütternd ist auch der Umgang der (aktuellen) Behörden, wenn es darum geht, diesen „Raubkindern“ Renten zu gewähren. Man hat hier nach wie vor das Gefühl, dass solche Ansprüche „ausgesessen“ werden sollten.

Berührend und für mich verständlich ist das Verhalten von Klaus. Dass er ein Pflegekind in einer Nazi-Familie war, ist ihm ja bekannt, die Umstände nicht. Ich kann seine Vorbehalte seiner plötzlich aufgetauchten Familie gegenüber, gut verstehen. Jahrzehntelang im Glauben, ein Waisenkind zu sein, aufgewachsen zu sein und dann plötzlich eine vielköpfige Familie zu haben, das würde wohl viele aus der Bahn werfen. Dazu kommt, dass er ja mit der Propaganda, Polen wären minderwertig, groß geworden ist. Und nun ist er selbst einer? Die Gedanken, welcher Staatsbürger er nun sei, lassen sich gut nachvollziehen.
Ich kann verstehen, dass er sich nicht in das emotionale Chaos stürzen möchte, wenn er die Orte seiner Kindheit besuchen würde.

Der Schreibstil ist sehr sachlich. Trotzdem weckt er beim Lesen Emotionen, die zwischen Trauer, Wut und Freude hin und her gerissen sind. Die abgebildeten Fotos und Dokumente, die teils aus den Archiven und teils von der Familie stammen, ergänzen diese penibel recherchierte Biografie.

Fazit:

Die Geschichte von Klaus B. steht stellvertretend und exemplarisch für die Geschichte jener Kinder, die ihren Eltern gewaltsam entrissen wurden. Vielleicht gelingt es ja noch, die eine oder andere Familie zusammenzuführen.

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Ein Leben lang hat Klaus B. das geglaubt, was ihm über seine Kindheit erzählt wurde. Erst mit über siebzig Jahren erfährt er durch die Recherche der Journalistin und Autorin Dorothee Schmitz-Köster die Wahrheit über seine Herkunft. Er wurde im Jahr 1943 von Deutschen, vermutlich der SS, aus seiner Familie gerissen und beim »Lebensborn« untergebracht. Dort verschaffte man ihm eine neue germanisierte Identität und gab ihn 1944 zu linientreuen deutschen Eltern, den Schäfers.
Bei den Recherchen kommt heraus, dass sehr viele Kinder aus Polen und weiteren Gebieten im Osten das gleiche Schicksal erlitten haben wie Klaus B. Es fällt Klaus bestimmt nicht leicht, aber er entschließt sich nach einigem Zögern, die Arbeit der Journalistin zu unterstützen. Viele der geraubten Kinder wissen bis heute nicht, dass sie geraubt wurden. Aber Klaus B. findet tatsächlich seine wirkliche Familie.
Obwohl der Schreibstil recht sachlich ist, erzählt dieses Buch eine sehr berührende Geschichte über ein Schicksal, das wirklich so verlaufen ist. Da man weiß, dass es keine Fiktion ist, ist man umso betroffener. Wie konnte ein Regime nur so menschenverachtend handeln?
Ergänzt wird diese Geschichte durch eine ganze Reihe von Dokumenten und Fotos.
Es ist kein Wunder, dass das Leben von Klaus B. aus den Fugen gerät, als er erfährt was damals wirklich geschehen ist. Man kann seine Zweifel aufgrund der neuen Erkenntnisse gut nachvollziehen. Er war bereits neunzehn Jahre alt, als er aus einem Brief seiner Stiefeltern erfahren hat, dass sie ihn aus einem Lebensborn-Heim geholt haben. Ihnen hat wohl der Mut gefehlt, ihm die Wahrheit persönlich zu sagen. Angeblich sei sein Vater gefallen und seine Mutter kurz nach der Geburt gestorben. Klaus hatte schon Zweifel, ist diesen aber nicht nachgegangen. Ein Buch, welches seine Stiefschwester Inge über die Familie geschrieben hat, muss er nun mit ganz anderen Augen betrachten. Woher wusste Inge das Alles, obwohl die Mutter doch schon tot war, als Inge das Buch geschrieben hat? Wieso fehlte nur seine Geburtsurkunde?
Aber nicht nur Klaus hat schwer an seinem Schicksal zu tragen, auch seine Familie in Polen konnte ja nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Immer wieder haben sie versucht, den verschwundenen Jungen zu finden, doch ohne Erfolg. Wie sollte das auch möglich sein, wo man ihm eine andere Identität verschafft hat. Doch nun ist es möglich, sich zu sehen, aber die Verständigung ist schwierig. Die Begegnung mit seinen Verwandten nimmt Klaus sehr mit.
Die Autorin behandelt ein Thema, dass nicht so geläufig ist. Aber es ist ein wichtiges Thema, denn es ist ein großes Unrecht, dass diesen geraubten Kindern widerfahren ist.

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Hier wird die Geschichte von einem Jungen erzählt, der stellvertretend für alle Kinder steht, die dasselbe oder ähnliches, wie Klaus erleben mussten. Ich kann sagen, das ist kein Buch, welches man mal so liest. Das Buch habe ich nur in Etappen lesen können, weil mir die Thematik sehr nahe gegangen ist und mich sehr nachdenklich gemacht hat. Ich kann und will hier auch nicht viel zum Inhalt sagen, der Klappentext spricht hier für sich. Geraubte Kinder, die zu anderen Familien in ein fremdes Land gegeben wurden zur Germanisierung und vielem mehr... Unglaublich...

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