Der Reisende

Roman

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Erscheinungstermin 28.10.2018 | Archivierungsdatum 02.05.2018

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Zum Inhalt

Deutschland im November 1938. Otto Silbermanns Verwandte und Freunde sind verhaftet oder verschwunden. Er selbst versucht, unsichtbar zu bleiben, nimmt Zug um Zug, reist quer durchs Land. Inmitten des Ausnahmezustands. Er beobachtet die Gleichgültigkeit der Masse, das Mitleid einiger Weniger. Und auch die eigene Angst. »Ein wirklich bewegender, aber auch instruktiver Text. Ein großer Gewinn! Für einen Dreiundzwanzigjährigen ein ganz erstaunliches Werk.« Brigitte Kronauer Der jüdische Kaufmann Otto Silbermann, ein angesehenes Mitglied der Gesellschaft, wird in Folge der Novemberpogrome aus seiner Wohnung vertrieben und um sein Geschäft gebracht. Mit einer Aktentasche voll Geld, das er vor den Häschern des Naziregimes retten konnte, reist er ziellos umher. Zunächst glaubt er noch, ins Ausland fliehen zu können. Sein Versuch, illegal die Grenze zu überqueren, scheitert jedoch. Also nimmt er Zuflucht in der Reichsbahn, verbringt seine Tage in Zügen, auf Bahnsteigen, in Bahnhofsrestaurants. Er trifft auf Flüchtlinge und Nazis, auf gute wie auf schlechte Menschen. Noch nie hat man die Atmosphäre im Deutschland dieser Zeit auf so unmittelbare Weise nachempfinden können. Denn in den Gesprächen, die Silbermann führt und mithört, spiegelt sich eindrücklich die schreckenerregende Lebenswirklichkeit jener Tage.

Deutschland im November 1938. Otto Silbermanns Verwandte und Freunde sind verhaftet oder verschwunden. Er selbst versucht, unsichtbar zu bleiben, nimmt Zug um Zug, reist quer durchs Land. Inmitten...


Verfügbare Ausgaben

AUSGABE Anderes Format
ISBN 9783608981230
PREIS 20,00 € (EUR)

Rezensionen der NetGalley-Mitglieder

„Ja, die Erde bebt, aber nur unter uns.“ (S. 77-78)
Wohin flüchtet man, wenn das ganze Land ein Gefängnis zu sein scheint? Vor dieser Frage steht Boschwitz‘ Protagonist Otto Silbermann, ein Jude in der Zeit der ersten großen Verhaftungswelle Ende der dreißiger Jahre. Auf seiner Flucht durch Deutschland werden erschütternde menschliche Abgründe deutlich.
Etwas schmerzhaft ist es immer, Romane aus der Zeit der Judenverfolgung zu lesen. Man weiß nicht, wie man sich selbst verhalten hätte, man weiß unter Umständen nicht, wie Familienmitglieder sich verhalten haben, aber vor allem sind die Geschehnisse von damals so unsagbar furchtbar. Jedes Mal, auch bei diesem Buch, schnürt sich mir die Kehle zu, wenn ich von den Ungerechtigkeiten lese, die unschuldigen Menschen widerfahren sind; wenn ich lese, wie „ganz normale“ Leute geredet haben; wie diese ganz normalen Leute plötzlich all ihre Hemmungen verloren haben und sich tatsächlich – wie unglaublich! – im Recht gesehen haben. Machen ja alle.
„Was ich tue, das tun andere auch.“ (S. 59)
Besonders beeindruckend und erschütternd fand ich die Selbsterkenntnis Silbermanns, dass auch er nicht besser ist: Ausgestattet mit dem Glück, zumindest optisch nicht gleich als Jude verdächtigt zu werden, ertappt er sich wiederholt dabei, die Gesellschaft anderer Juden zu meiden, um nicht selbst „kompromittiert“ zu werden. Das verdeutlicht vielleicht mehr als alles andere, wie verlockend es gewesen sein muss, sich unsichtbar zu machen und einfach der Mehrheit anzuschließen – aus welchen Gründen auch immer und so falsch das auch ist. Wer von uns weiß wirklich, was er getan hätte?
Die autobiografischen Einschläge, die dieser Roman sicherlich hat (immerhin ist Boschwitz selbst jüdischer Emigrant aus der Zeit gewesen), sind vermutlich erhebliche Faktoren, die zur Glaubwürdigkeit und zur Intensität beigetragen haben. In jedem Fall: Ziemlich erschütternd und ziemlich lesenswert.

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Zug um Zug

Otto Silbermann führt ein gutbürgerliches Leben, wohnt mit seiner Frau in einer feudalen Wohnung, ist ein erfolgreicher Kaufmann. Doch nach der Reichsprogromnacht ändert sich für ihn endgültig alles, gerade noch rechtzeitig kann er aus der Wohnung fliehen bevor er von Nazischergen verhaftet wird. Seine Flucht führt ihn zum Bahnhof und von dort aus überall hin.

Schon die Geschichte des Autors, die hinter diesem Roman steht, wäre eigentlich ein eigenes Buch wert gewesen. Man merkt dem Reisenden die persönlichen Erfahrungen des Autors immer wieder an, die Angst, die Ohnmacht, aber auch die Wut und Verzweiflung. Silbermann steckt voller Gefühle, auch wenn er die unauffällige Fassade sehr gut aufrechterhalten kann. Er ist keine durchweg sympathische Figur, was ihn wiederum umso authentischer macht. Seine Irrfahrt durch Deutschland wirkt auf den Leser zunehmend beklemmend, immer wieder lässt der Autor kleine Szenen entstehen, die für uns heute absolut erschreckend, aber leider sehr real gewesen sind. Boschwitz wollte sein Manuskript ursprünglich überarbeiten, dies gelang ihm jedoch nicht mehr. Peter Graf hat hier in meinen Augen sehr gute Arbeit geleistet und diesem sehr mutigen und sehr wichtigen Buch zu neuem Leben verholfen.

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Der Reisende von Ulrich Alexander Boschwitz wurde erst jetzt 80 Jahre nach dem Entstehen des Romans in Deutschland veröffentlicht. Wenn ich dann noch von dem Schicksal dieses Autors lese, bin ich erschüttert.

Der Roman fängt im November 1938 in Deutschland an. Der jüdische Kaufmann Otto Silbermann hat seinen Prokurist als Sozius eingesetzt. Aus der Geschichte wissen wir, das das nichts rettet.
Der Autor lässt die Gedankengänge des Mannes bildhaft werden. Aus seinen eigenen Erfahrungen kann er alles so intensiv beschreiben. Er zeichnet eindrucksvoll das Ergehen Otto Silbernanns, besonders treffend hat er das Wesen eines etwa 60jährigen Mannes getroffen. Dessen Gespräche im Zug sind manchmal erschreckend und dann mal humorvoll. Mit der Zeit verliert Silbermann immer mehr von seiner Persönlichkeit. Mit dieser bedrückenden Ungewissheit und der ewigen Angst vor Entdeckung kann keiner leben. Die Konflikte mit anderen Personen sind geprägt von dem politischen Klima.

Dieser Roman ist ein wichtiger Klassiker, den man lesen sollte, damit nichts in Vergessenheit gerät.

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„Ich bin überhaupt schon ausgewandert. Ich bin in die Deutsche Reichsbahn emigriert.“

Der erfolgreiche, gut situierte jüdische Kaufmann Otto Silbermann, ein angesehenes Mitglied der Gesellschaft, im Ersten Weltkrieg das Eiserne Kreuz erkämpft, hat die Gefahr wohl unterschätzt, zumindest war er ein halbes Jahr zuvor noch nicht dazu bereit Deutschland zu verlassen. Er spürt dass es eng wird, versucht sein Haus zu verkaufen, hat seiner Firma einen deutschen Namen gegeben, seinen arischen Prokuristen zum Geschäftspartner gemacht und seinen bereits nach Frankreich umgesiedelten, Sohn damit beauftragt eine Einreisegenehmigung zu erwirken. Doch für seine Bemühungen ist es über Nacht zu spät. Die Nazis kommen und wollen ihn verhaften. Eine überstürzte Flucht gelingt, zumindest auf den ersten Blick. Allerdings muss er schon schnell resigniert feststellen, dass alle Grenzen geschlossen sind und für ihn gilt: „Nun bin ich frei geblieben, habe einen Teil meines Vermögens behalten, und trotzdem weiß ich mir nicht zu helfen. Ich bin trotz allem gefangen. Für einen Juden ist eben das ganze Reich ein erweitertes Konzentrationslager."

Die Buchbeschreibung auf dem Klappentext fasst eigentlich die gesamte Handlung mit wenigen Worten exakt wieder, was ich ein bisschen schade finde. So gibt es kaum überraschende Wendungen und stellenweise empfand ich dadurch fast die eine oder andere Länge. Nichtsdestotrotz erhält man durch diesen Roman eine ganz hervorragende Gesellschaftstudie. Vermeintliche Freunde, die sich nur noch um ihren eigenen Vorteil kümmern, ehemals Untergebene, die die Chance ergreifen und ganz getreu dem Motto „Das ist der Lauf der Welt. Die einen, die gerade dran sind, fallieren und die anderen reüssieren.“ die Hilflosigkeit hoffnungslos ausnutzen, Verwandte, die einem schonungslos mitteilen, dass die eigene Anwesenheit kompromittieren würde, Menschen, denen der Antisemitismus bereits das Herz zerfressen hat, solche, die alles von der lockeren Seite nehmen und meinen, man müsste einfach jeden Tag genießen, als sei es der letzte, aber auch solche, die den Mensch und nicht den Juden sehen und ihre Hilfe anbieten, sind Wegbegleiter des Reisenden und werden hier ganz großartig porträtiert. Ein grandioser Einblick in die Köpfe der damaligen Zeit, den ich interessiert gelesen habe.

Zeitgleich wird man als Leser Zeuge der Veränderung, die mit Silbermann durch die Umstände vor sich geht. So sehr er sich auch dagegen wehrt, passt er sich zunehmend an die Bedingungen an. Stellvertretend für viele wird so die ausweglose Situation der jüdischen Bevölkerung zu dieser Zeit auf dramatische Art und Weise deutlich. „Eduard ist gewöhnt, dass ich ihm helfe, und nun verlange ich Hilfe von ihm. Diese neue Einteilung behagt ihm nicht.“, böse Gedanken seinem Sohn gegenüber, weil es ihm nicht möglich ist, eine Einreisegenehmigung zu bekommen, anstatt auf die wirklich Schuldigen zu schimpfen, sind ein Beispiel dafür. Oder eben noch vom Schwager abgewiesen, verhält er sich wenig später selbst kaum anders. „Silbermann wies keines jener Merkmale aus, an denen man, nach der Lehre der Rassenforscher, den Juden erkennt.“. Das erleichtert ihm die Flucht. Er will es sich daher am besten nicht mit dem Juden einlassen, der sich ihm anschließen möchte, dem man es auf den ersten Blick ansieht. Die zunehmende Hoffnungslosigkeit wird an Aussprüchen wie, „Aber was hat´s für einen Zweck, sich aufzuregen? Man muss aus Deutschland raus! Aber man kann nirgends hinein! Hier soll man das Geld lassen, da soll man es vorzeigen. Er ist zu Verrücktwerden! Unternimmt man etwas, macht man sich strafbar, unternimmt man nichts, so wird man erst recht bestraft.“, gekonnt deutlich. Sehr gut hat mir gefallen, dass Silbermann bis zum Ende versucht aufrecht zu bleiben.

Authentischer und besser in die Zeit versetzen könnte ein Roman wohl kaum, schließlich ist er, auch wenn er erst jetzt erstmalig auf dem deutschen Markt erscheint, von Alexander Borschwitz bereits im Jahr 1939 verfasst worden. Der Autor, 1935 nach Verkündung der Nürnberger Rassegesetze aus Deutschland emigriert, hat mit damit sicher versucht die schrecklichen Ereignisse der Novemberprognome und der Judenverfolgung, die auch seine Familie betroffen haben, zu verarbeiten.

Der Schreibstil liest sich fließend und leicht, auch wenn die Sprache dieser Zeit entspringt. Der Roman besteht zu großen Teilen aus Dialogen, die der Jude Silbermann mit Geschäftspartnern, Verwandten und „Reisebekanntschaften“ führt. Teilweise war ich entsetzt, stellenweise gerührt und oft konnte ich auch schmunzeln über pointierte Formulierungen wie z.B. „Nein, was bin ich? Was bin ich eigentlich? Ein Schimpfwort auf beiden Beinen, dem man es nicht ansieht, dass es ein Schimpfwort ist.“

Alles in allem ein beeindruckendes Zeitdokument, das von mir trotz der einen oder anderen Länge noch fünf Sterne bekommt.

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Der Kaufmann Otto Silbermann hat die Gefahr nicht kommen sehen, denn er fühlte sich in erster Linie als Deutscher und nicht als Jude. Im Ersten Weltkrieg hat er für die Deutschen gekämpft und bekam sogar das Eiserne Kreuz. Doch als er endlich begriffen hat, was da auf ihn zukommt, versucht er sein Haus zu verkaufen und er macht seinen arischen Prokuristen zum Teilhaber. Sein Sohn ist bereits in Frankreich und soll sich um eine Einreisegenehmigung kümmern. Doch von jetzt auf gleich muss er fliehen, denn die Nazis wollen ihn verhaften. Aber er ist nicht gerettet, denn die Grenzen sind verschlossen und er kann auch nirgendwo unterkommen. Da er eine Aktentasche voll Geld bei sich hat, reist mit der Bahn durchs Land – in immer neuen Zügen. Dabei bleibt ihm nichts anderes, als zu beobachten, was um ihn herum geschieht. Die Angst begleitet ihn Tag für Tag.
Der Autor Ulrich Alexander Boschwitz ist bereits im Jahr 1942 verstorben. Diese Ausgabe basiert auf der Erstausgabe von 1938.
Was mit Otto Silbermann passiert ist dramatisch. Er hat die Lage vollkommen falsch eingeschätzt, denn wie kann ein angesehener Kaufmann, der sich um Deutschland so verdient gemacht hat, plötzlich verfolgt werden? Dann geht alles sehr schnell. Niemand will sich kompromittieren und sein ehemaliger Angestellt weiß die Gunst der Stunde für seine eigenen Interessen zu nutzen. Auf seiner Reise trifft Silbermann dann auf die unterschiedlichsten Menschen: Nazis und Menschen, die wie er auf der Flucht sind. Er trifft auf schlechte und gute Menschen. Er erlebt also die gesamte Bandbreite der Gesellschaft in der damaligen Zeit.
Dass er keine Chance hat, aus Deutschland herauszukommen und immer aufpassen muss, dass er nicht enttarnt wird, verändert ihn. Er versucht er unter dem Radar der Nazis zu bleiben und passt sich seiner Umgebung immer mehr an.
Das Buch bietet keine überraschenden Wendungen, da der Klappentext alles Wesentliche bereits verraten hat. Auch wenn das Buch einige Längen hatte, hat mich die Geschichte des Otto Silbermann dennoch gepackt. Es ist ein verstörendes Zeitdokument – sehr authentisch und überaus beklemmend.

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Erzählt wird in „Der Reisende“ die tragische Flucht des jüdischen Kaufmanns Otto Silbermann im Nazi-Deutschland des Jahres 1938. Packend, düster und unglaublich authentisch beschreibt Ulrich Alexander Boschwitz dabei die Verläufe und zieht den Leser gleich mit in einen Sog aus Angst, Misstrauen und Verunsicherung. Wohin nur? Wem kann man noch trauen?! Und was macht letztlich die eigene Persönlichkeit aus, die einem permanent vorgehalten wird und ärgste Konsequenzen haben kann?
Ulrich Alexander Boschwitz, dessen Roman „Der Reisende“ zwar schon 1939 verfasst wurde, aber in diesem Jahr erstmals in Deutschland verlegt wurde, wusste um die Umstände, in denen sich sein Protagonist Otto Silbermann befindet und kannte auch die Zustände, die mit dem Sich-Verstecken-Müssen und der Angst vor Entdeckung einher gingen – war er doch selber Jude. Die Inhalte des Romans sollen teilweise familien-, bzw. autobiografischer Art sein und beziehen sich damit wohl auf die eigene Flucht vor den Nazis, durch diverse europäische Staaten und die persönliche Vater-Sohn-Situation. Das machte den Roman für mich denn umso tragischer, ist doch auch Boschwitz während seiner Flucht durch Torpedos der Nazi auf einem Schiff gestorben.
Durch den eingängigen Schreibstil kommt man sehr gut in die Erzählung hinein und fühlt sich auch sogleich in die vergangene Zeit zurückversetzt. Sprache und Figuren entsprechen natürlich recht stark der damaligen Zeit, was sich vor allem in den Dialogen bemerkbar macht, die Inhalte aber auch umso greifbarer werden lässt. Alle Protagonisten wirken authentisch und nur allzu reell. Otto Silbermann ist zunächst als Hauptprotagonist nicht einmal ein sympathischer Geselle. Doch je mehr sich die Schlinge um ihn herum zuzieht, desto stärker hofft, zittert und bangt man mit und um ihn. Boschwitz entwickelt eine unfassbar packende, intensive und atmosphärische Dichte, der man sich kaum entziehen kann. Es ist wohl denn auch nicht verwunderlich, dass Silbermann nach und nach den Verstand zu verlieren scheint und unter dem Druck der Nazis förmlich zusammenbricht. Eben dieser Prozess des Nachgebens und der Verlust der eigenen Persönlichkeit, bzw. Identität, was man emotional mehr oder minder stellvertretend für so viele verfolgte Menschen des Dritten Reiches im Geiste durch das beschriebene Szenario mit durchlebt, hat mich wahnsinnig ergriffen. Viele Passagen, Fragmente und Sätze sind leider zudem aus heutiger politischer Sicht aktueller denn je. Mich hat der lange verstorbene Boschwitz mit seinem Roman definitiv erreicht und mir sogar die Tränen in die Augen getrieben – nicht nur zum Schluss.
Das Buch klingt bei mir noch sehr nach, obwohl ich es schon vor einiger Zeit beendet habe. Es ist einfach verstörend und tragisch traurig. Ein Buch, das durch die reellen geschichtlichen Inhalte und den ganz besonderen Ton der Erzählung unter die Haut geht und mitnimmt. Ich kann es nur uneingeschränkt weiterempfehlen. Deshalb ganz klar 5 Sterne!

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Beeindruckender Roman von einem Zeitzeugen der Reichskristallnacht
„Aber wenn man geköpft werden soll und weiß nicht warum, dann verliert man wohl die Ruhe und die Nüchternheit der Betrachtung.“ (S.140)
Wir schreiben November 1938, die Zeit der Novemberpogrome. Der wohlhabende jüdische Kaufmann Otto Silbermann wird in seiner Wohnung überfallen. Mit viel Glück schafft er es, zu entkommen. Er hat jedoch keine Informationen über den Verbleib seiner Ehefrau oder seiner Bekannten. Fortan ist er auf der Flucht, mit lediglich einem Koffer voller Geld. Doch er hat kein Ziel, er kann nirgends hin. Er versucht, nach Belgien zu fliehen, wird aber an der Grenze aufgegriffen und zurück nach Deutschland gebracht. An einem Ort zu bleiben scheint ihm zu gefährlich. Und so fährt er mit dem Zug von einer deutschen Stadt in die nächste. „Ich bin jetzt Reisender, ein immer weiter Reisender. Ich bin überhaupt schon ausgewandert. Ich bin in die Deutsche Reichsbahn emigriert.“, so Silbermann.
Ulrich Alexander Boschwitz hat diesen Roman bereits 1938 verfasst. Er wurde 1939 in England und 1940 in den USA publiziert, jedoch sollte es noch bis 2018 dauern, bis das Buch auf Deutsch verlegt wird. Das Buch ist sehr philosophisch. Der Schreibstil ist sehr interessant und sicher der damaligen Zeit entsprechend. Die Sprache ist sehr ausdrucksvoll. Der Roman umspannt eine Zeit von nur wenigen Tagen und die meisten Szenen handeln von Silbermann allein, was etwas ungewohnt ist. Boschwitz lässt den Intellektuellen Silbermann auf seiner Reise über seine Situation philosophieren, wobei diesem immer mehr klar wird, wie aussichtslos seine Situation ist. Er ist gefangen in Deutschland, und bis auf einen Koffer mit Geld hat er sein gesamtes Hab und Gut verloren. Es ist zu gefährlich, sich anderen Menschen anzuvertrauen. Dennoch lernt er auf seiner Reise eine Reihe verschiedener Menschen aus allen gesellschaftlichen Schichten kennen, mit denen er sich austauscht. Dieses Buch ist wohl das früheste literarische Dokument über die Zeit zwischen dem 7. und 13. November 1938. Fazit: Ein wirklich interessanter und sehr spannender Roman, der von einem Zeitzeugen verfasst wurde.

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Nirgends in Sicherheit

Dieses Buch begleitet den jüdischen Kaufmann, Otto Silbermann, auf eine Reise ohne Ziel. Er hat im ersten Weltkrieg treu gedient, sich anschließend ein ansehnliches Vermögen erarbeitet. Er ist angesehen, und er hat viele Freunde. Dann aber kommt der November 1938. Bis vor kurzem waren Juden ebenso Teil der Gesellschaft wie alle anderen, aber nun sind sie zu Verfolgten geworden. Otto Silbermann erfährt von Freunden und Verwandten, die einfach ohne Grund abgeführt wurden. Als die Staatspolizei kommt um ihn zu holen, kann er im letzten Moment fliehen. Aber wohin? Als Jude ist er nicht mehr erwünscht, weder bei Verwandten, im Hotel oder in seiner eigenen Firma.

Es gelingt ihm einen Teil seines Vermögens in einer Aktentasche mitzunehmen, und nun reist er kreuz und quer durch Deutschland, immer auf der Suche nach einem sicheren Ort. Die Angst ist sein ständiger Begleiter. Unterwegs ist er mit vielen Menschen im Gespräch; freundliche, aber auch gleichgültige oder gar feindselige Menschen. Ein Versuch über die Grenze zu flüchten scheitert. Wird es Otto Silbermann gelingen sich in Sicherheit zu bringen?

„Der Reisende“ wurde bereits im Jahr 1939 geschrieben, und das ist das Besondere und Außergewöhnliche an diesem Buch. Der Autor, Ulrich Alexander Boschwitz, war selbst Jude, aber im Gegensatz zu Otto Silbermann konnte er Deutschland schon 1935 verlassen.

Die authentischen Einblicke eines Zeitzeugens in diese grauenhafte Zeit trösten über manche Längen in den Dialogen oder Ausflügen in Silbermanns innere Gedankenwelt hinweg. Für Menschen, die diese Zeit besser verstehen möchten, ist dieses Buch sehr zu empfehlen!

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Sehr guter Roman über einen jüdischen Kaufmann, der während des NS-Regimes seine Wohnung, seine Familie und sein Geschäft verliert und mit einer Tasche voller Geld per Bahn fortan durch Deutschland reist. Was mich besonders fasziniert hat, waren die Darstellung der ganz normalen Leute und wie sie sich dem Juden Silbermann gegenüber verhalten. Ein bemerkenswertes Porträt der NS-Gesellschaft, dass einem eine neue Sichtweise auf diese Zeit eröffnet. Volle Sternchenzahl!

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Selbst 80 Jahre nach der seiner Ersterscheinung in englischer Sprache hat das Buch nicht an Aktualität verloren. Leider. Auf knapp 200 Seiten vollzieht sich eindrucksvoll, wie der Romanheld Otto Silbermann durch die äußeren Umstände der gesellschaftlichen Veränderungen im Deutschland der 30er Jahre - zu Beginn des Romans befinden wir uns in der Zeit der Novemberpogrome von 1938 - und seine eigenen, dadurch geschürten und sich potenzierenden inneren Ängste und Befürchtungen geradezu in den Wahnsinn getrieben wird. Ein sehr eindrückliches Buch, das durch seine direkte und ungeschminkte Sicht auf die Dinge besticht.

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Das Buch hat mich richtig mitgenommen. Es geht um einen Juden 1938, direkt nach den Novemberpogromen. Er flieht, kommt aber nicht über die Grenze und reist deswegen im Zug von Ort zu Ort.
Absolut einfühlsam geschrieben. Der Roman erschließt sich aus vielen Dialogen mit den unterschiedlichsten Menschen und ist dabei erschreckend nah am Geschehen und lässt den Leser in eine Welt eintauchen, die immer weniger Luft zum Atmen lässt. Eine beklemmende Atmosphäre, die der Autor eindringlich beschreibt.

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Eine Woche im Leben des Otto Silbermann. Zu Beginn ist er erfolgreicher Geschäftsmann, hat Familie und ein geregeltes Leben. Am Ende ist ihm nichts geblieben davon. Aber wen wundert‘s, es ist 1938 in Deutschland und Silbermann ist Jude. Nachdem ihn sein Geschäftspartner betrogen hat und seine Wohnung verwüstet wurde, versucht Silbermann mit dem Geld, das ihm noch geblieben ist, zu seinem Sohn nach Paris zu fliehen. Doch da dieser kein Visum beschaffen kann, reist Silbermann quer durch Deutschland. Von Berlin nach Aachen. Von Aachen nach Dortmund. Wieder nach Berlin. Nach München. Immer vor der Angst als Jude erkannt und verhaftet zu werden. Nach Tagen fast ohne Schlaf, gezeichnet voller Panik und Sorge, kommt es schließlich wie es kommen musste: das Ende ist nah und gar nicht mehr schlimm, sondern fast eine Erlösung.

Ulrich Alexander Boschwitz hat in seinem Roman „Der Reisende“ viel autobiografisches Material untergebracht. Auch er floh vor der immer schlimmer werdenden nationalsozialistischen Verfolgung quer durch Europa, hat Internierung und Camps miterlebt und hielt dennoch an seinem Wunsch, seinen Erlebnissen literarischen Ausdruck zu verleihen, fest.

Der Roman nimmt einem unmittelbar gefangen. Die Ereignisse, die der unheilvollen Woche im November 1938 zugrunde liegt, sind historisch gut belegt und bekannt – aber was man mehr als Abfolge von Ereignissen im Geschichtsunterricht erlernt, bekommt durch die Erlebnisse von Boschwitz‘ Protagonisten eine ganz andere Note. Es sind vor allem die grotesken Alltagserlebnisse und die unsäglichen Ausflüchte der Menschen, die einem beim Lesen fast verzweifeln lassen ob der unglaublichen Absurdität. Zunächst die Beschwichtigungen, Silbermann ist Jude, ja, aber er sieht ja nicht so aus und er solle doch dankbar sein, dass man sich nicht gleich ganz gegen ihn wende. Man habe ihn immer gemocht, aber er müsse doch verstehen, die Zeiten und man könne ja nicht anders. Immer haben die Juden profitiert, jetzt müssten doch endlich mal die anderen dran sein. Die ganze Palette an Ausflüchten, lächerlichen Gründen und vorgeschobenen Argumenten bietet Boschwitz auf, um seinen Protagonisten langsam verzweifeln zu lassen. Die immer schnellere Abfolge von Zügen, mit denen er flüchtet, spiegeln seine steigende Verzweiflung wieder, da wundert sein Gedankengang am Bahnsteig nicht:

„Eigentlich brauche ich nur nach vorne zu springen, mich einfach fallen zu lassen, vor den Zug, dachte er. Alles ist dann vorbei und gänzlich unwichtig.“

Viele der Figuren verkörpern das typische Verhalten der damaligen Zeit. Silbermanns Schwager, der sich von ihm nicht ruinieren lassen will, obwohl Silbermann ihm stets geholfen hatte, und der eine Beherbergung auch nur für wenige Tage kategorisch ablehnt. Sein Ex-Geschäftspartner, der die Propaganda der Partei glaubt und die Ermordung des Botschaftssekretärs als legitimen Grund für die Vernichtung der Juden ansieht. Der Kommissar, bei dem er einen Diebstahl anzeigen will und der ihn schon vorab der Lüge bezichtigt, rein auf Basis seines Glaubens.

Boschwitz muss es so gegangen sein wie Silbermann, als dieser gegen Ende des Romans feststellt:

„Ich habe jetzt oft das Gefühl...die Welt ist verrückt...das heißt, ich weiß nichts mehr mit ihr anzufangen...“

Mehr kann man zu den realen Geschehnissen nicht sagen. Und viel besser lassen sie sich auch kaum einfangen als es Boschwitz mit seinem Roman getan hat. Ein Zeitzeugnis, das vermutlich, obwohl rein literarisch, mehr Realität beinhaltet, als man sich vorstellen konnte.

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Die Wucht der Worte wird erst richtig deutlich, wenn man bedenkt, daß dies hier kein Roamn ist, sondern ein Stück deutscher Geschichte. Quälend authentisch.

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1938 Deutschland. Der jüdische Kaufmann Otto Silbermann ist auf der Flucht, nachdem seine Wohnung gestürmt und seine Freunde verhaftet wurden. Ziellos fährt er mit den Zügen durch Deutschland und lernt, dass
Loyalität und Freundschaft in dieser Welt nicht mehr existieren. Der Roman ist beeindruckend in seiner Authentizität und seinem eindringlicchen Schreibstil, der die Geschichte noch einmal auf bedrückende Weise zum Leben erweckt. Sehr zu empfehlen..

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Boschwitz beschreibt in seinem Roman emotionsstark und sehr lebendig von den Anfängen der Judenverfolgung in Deutschland. Man erlebt mit, wie unmächtig und verloren sich Verfolgte gefühlt haben müssen. Trotz des Wissens über den Ausgang der Judenverfolgung bleibt der Roman bis zuletzt spannend.

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„Der Reisende“ von Ulrich Alexander Boschwitsch ist ein zu Herzen gehendes Buch, das zugleich den Verstand erreicht. Es ist ein Appell für mehr Menschlichkeit und Vernunft in der Welt. Ein Buch, das gerade in der heutigen Zeit wichtig ist. Umso größer ist der Verdienst von Peter Graf zu werten, das 1938 nach der Pogromnacht in vier Wochen von Boschwitz wie im Fieberrausch niedergeschriebene Manuskripts zu überarbeiten und dafür zu sorgen, dass es endlich auf Deutsch im Verlag „Klett Cotta“ erscheinen konnte. Einen vergeblichen Versuch, das Manuskript zu veröffentlichen, unternahm schon Heinrich Böll, wie wir im Anhang des Buches erfahren. „Der Reisende“ erschien bereits im Frühjahr 1939 beim Londoner Verlag Hamish Hamilton unter dem Titel „The man who took trains“ und 1940 in den USA als „The Fugitive“ bei Harper, New York. Jetzt endlich also auch bei uns. Unbedingt lesenswert!
Die schier aussichtslose Situation des jüdischen Kaufmanns Otto Silbermann, der seine Familie, sein Vermögen und letztendlich den Verstand verliert, zwingt den Leser zur Anteilnahme, aber auch zum Überdenken eigener Positionen und Verhaltensweisen. Der Roman ist in Teilen auto- und familienbiografischer Natur. Denn der Held des Romans, Otto Silbermann, spiegelt auch Ulrich Boschwitz’ eigene Zerrissenheit. Dabei ist Otto Silbermann durchaus kein durch und durch sympathischer Mensch. Manchmal verachtet er sogar seine jüdischen Leidensgenossen und reagiert wie ein Antisemit.
Auf seiner sinnlosen Reise mit der deutschen Bahn begegnet Otto Silbermann den unterschiedlichsten Typen: Menschen, die aktiv Schuld auf sich laden, aber auch Mitläufern. Menschen, die verängstigt sind, aber auch mutigen, die voller Empathie sind und helfen möchten. Letztendlich jedoch ist und bleibt Silbermann hilflos und allein. Seine panischen Bahnreisen quer durch Deutschland, sein vereitelter Fluchtversuch über die Grenze – all diese verzweifelten Taten sind schlussendlich sinnlos. Silbermann landet in der Irrenanstalt. Ein trauriges, trostloses Ende. Die alleinige Hoffnung liegt in der Zukunft, in uns und unseren Nachkommen.

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Dieses Buch ist einfach großartig und geht sehr, sehr nahe. Man erfährt, wie ein Mensch Stück für Stück alles verliert und auch wenn es um 1938 spielt kann man es leicht parallele zu uns ziehen. Zu dem was passiert, wenn man Menschen wegen so wahnsinnig dummen Gründen wie Glauben oder ähnliches ausgrenzt. Man leidet mit, ist dabei und hofft einfach das sich alles zum besseren Wendet.

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Ulrich Alexander Boschwitz verfasste mit "Der Reisende" eines der ersten Romandokumente über die Judenverfolgung, unmittelbar nach den Pogromen im Jahre 1938. Wenn man das liest mag man es zunächst nicht glauben. So hellsichtig erscheint einem der Text. Es ist nicht von außen geschrieben, sondern der Autor hat die Verfolgung am eigenen Leib erfahren und mit seinem Protagonisten, dem Kaufmann Silbermann, einen tragischen Helden geschaffen, der dem Wahnsinn nur im Wahnsinn entkommen kann.

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Zum Inhalt wurde in den vorangegangenen Rezensionen genug geschrieben. Deshalb hier nur mein Feedback zu dem Buch: Der Text hat Sogwirkung, man kann gar nicht aufhören zu lesen. Das Buch hat mich eine schlaflose Nacht gekostet. Ein ungeheuer wichtiges Buch wider dem Vergessen. Ich wünsche mir diesen Titel sehr als Schullektüre und hoffe auf zahlreiche LeserInnen. Eine Perle auf dem Buchmarkt im Frühjahr 2018.

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Klappentext:
Deutschland im November 1938. Otto Silbermanns Verwandte und Freunde sind verhaftet oder verschwunden. Er selbst versucht, unsichtbar zu bleiben, nimmt Zug um Zug, reist quer durchs Land. Inmitten des Ausnahmezustands. Er beobachtet die Gleichgültigkeit der Masse, das Mitleid einiger Weniger. Und auch die eigene Angst.

Autor:
Ulrich Alexander Boschwitz, geboren am 19. April 1915 in Berlin, emigrierte 1935 gemeinsam mit seiner Mutter zunächst nach Skandinavien, wo sein erster Roman erschien. Der Erfolg ermöglichte ihm ein Studium an der Pariser Sorbonne. Während längerer Aufenthalte in Belgien und Luxemburg entstand »Der Reisende«, der 1939 in England und wenig später in den USA und in Frankreich veröffentlicht wurde. Kurz vor Kriegsbeginn wurde Boschwitz in England trotz seines jüdischen Hintergrunds als »enemy alien« interniert und nach Australien gebracht, wo er bis 1942 in einem Camp lebte. Auf der Rückreise wurde sein Schiff von einem deutschen U-Boot torpediert und ging unter. Boschwitz starb im Alter von 27 Jahren, sein letztes Manuskript sank wohl mit ihm.

Allgemeines:
Erscheinungsdatum:
Seitenanzahl: 303
Verlag: Klett-Cotta

Eigene Meinung:
Was an diesem Buch beeindruckt ist meiner Meinung nach die Intensität der Erzählung. Der Autor selber verarbeitet wohl seine Erfahrungen in diesem Roman und man spürt es ihm an. Die Bedrängnis, die Verzweiflung und die Gefahr, die der Protagonist Otto Silbermann verspürt, übertragen sich beim Lesen auf den Leser. Was ich besonders erschreckend fand war, wie seine Gedanken sich änderten je mehr Verzweiflung er spürte. Er fing selber an gegen sein Volk zu denken.
Ein wenig störend waren einige Wiederholungen, aber dieses Buch weiß zu fesseln und versteht auch den Leser zum Nachdenken anzuregen. Denn auch der Schluss lässt den Leser nicht los und hallt noch nach.

Fazit: Ein Buch, dass davon lebt, wie nah der Protagonist den Leser an das damalige Geschehen führt

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„Der Reisende“ lässt meinen Puls höher Schlagen. Ständig auf der Flucht und Misstrauen jedem gegenüber. Dieses gehetzt sein spürt man beim Lesen. Ich las immer schneller und schneller und musste mich zu Pausen zwingen. Dies zeigt wie perfekt Ulrich Alexander Boschwitz die Stimmung von Otto Silbermann auf den Leser überträgt.

Diese ständige Verfolgung ist schrecklich. Während Otto noch zu den Glücklichen gehört, die über ein gewisses Vermögen verfügen, stellt er schnell fest, dass man mit Geld keine Sicherheit kaufen kann.

Die Menschen haben Angst. Angst vor Juden. Aber noch viel mehr Angst davor was passiert, wenn sie helfen. Welche Auswirkungen hat es wenn sie erwischt werden, wie sie einem Juden helfen?

Die Situation ist aussichtslos. Menschen werden verfolgt nur weil sie aufgrund einer zu großen Nase als Juden identifiziert werden. Menschen werden verfolgt weil sie Juden sind. Die Schwachsinnigkeit dahinter schreit zum Himmel.

Gleichzeitig spürt man diese Hoffnungslosigkeit. Wie hätte man selbst reagiert? Alles riskieren, um einen Fremden zu schützen?

Deshalb lasst uns unsere Stimme erheben bevor es zu spät ist. Jeden Tag auf Ungerechtigkeiten hinweisen, damit diese nicht zur Normalität werden.

Selten hat sich die Stimmung eines Charakters so gut auf mich übertragen. Wenngleich es vermessen wäre zu behaupten, diese schrecklichen Gefühle in all ihrer Grausamkeit nachvollziehen zu können. Die Anspannung von Otto Silbermann ging auf mich über. Beinahe ist man froh wenn die Reise bzw. das Buch zu Ende ist und man als Leser endlich wieder durchatmen kann.

Eine mitreißende Geschichte über einen Juden, der sich seinem Schicksal nicht beugen will. Die verzweifelte Suche nach einem Ausweg und das Packen des letzten Funken Hoffnung. Für „Der Reisende“ gibt es von mir eine absolute Leseempfehlung.

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Nachhaltig beeindruckend und in jeder Weise ungewöhnlich ist der erst kürzlich als Manuskript von 1938 wiederentdeckte und nun 80 Jahre später von Peter Graf in deutscher Erstausgabe überarbeitete, im März beim Verlag Klett-Cotta erschienene Roman „Der Reisende“ von Ulrich Alexander Boschwitz (1915-1942). Ungewöhnlich deshalb, weil Boschwitz, als Halbjude schon seit 1935 im Exil auf der Flucht, diesen eindrucksvollen Roman als 23-Jähriger schrieb. Ungewöhnlich auch, dass dieser Roman schon 1938 direkt nach den Novemberpogromen geschrieben wurde, als noch niemand den Holocaust ahnte. Ungewöhnlich schließlich die Geschichte dieses tiefgründigen Romans, der in England bereits 1939 als „The man who took trains“ veröffentlicht wurde, aber noch nie in Deutschland, obwohl sich bereits Heinrich Böll frühzeitig dafür eingesetzt hatte. Doch in den Fünfzigern wurden Themen wie Judenpogrom und Holocaust abgelehnt. So geriet der Roman in Vergessenheit. Deshalb ist es ein unschätzbarer Verdienst des Herausgebers Peter Graf, sich dieses Textes jetzt angenommen zu haben. Nachhaltig beeindruckend ist dieser Roman deshalb, da der Autor die wenigen Tage der ziellosen Flucht des jüdischen Kaufmanns Otto Silbermann minutiös schildert, dabei auf bedrückende Weise den Alltag und die Gefühlswelt seiner unterschiedlichen Figuren uns miterleben lässt. Während eines Nazi-Überfalls in seiner Berliner Wohnung gelingt es Otto Silbermann zu fliehen, wobei er seine arische Ehefrau zurücklässt, die bei ihrem Bruder in Küstrin Schutz findet. Silbermann steht unvermittelt auf der Straße – ohne Plan, ohne Ziel, mit wenig Geld in der Tasche. Als sich vermeintliche Freunde und Geschäftspartner von ihm abwenden, um ihr eigenes Leben, ihre eigene Karriere nicht zu gefährden oder – noch schlimmer – persönlichen Nutzen aus Silbermanns Notstand zu ziehen, und er sich ängstigt, in Hotels zu nächtigen, kauft er sich das erste Bahnticket. Eine Bahnfahrt folgt auf die andere, kreuz und quer zwischen Hamburg und München, Dortmund und Berlin. Silbermann versucht, als Bahnreisender für die Nazi-Schergen unauffindbar zu sein. Das wirklich Beeindruckende an dem Roman des 23-jährigen Autors sind die Gespräche Silbermanns mit seinen Mitreisenden, früheren Freunden und Geschäftspartnern. Er trifft auf Flüchtlinge und Nazis, auf gute wie auf schlechte Menschen. In diesen Dialogen und vor allem in Silbermanns Selbstgesprächen lässt der Autor uns die Atmosphäre im damaligen Deutschland authentisch nachempfinden. Tragisch wird Silbermanns Situation vor allem, als er in seiner Verzweiflung nicht nur den Nazis, sondern allen anderen Juden die Schuld an seinem Unglück gibt und selbst wie ein Nazi argumentiert: „Ich unterscheide mich durch nichts von anderen Menschen, aber vielleicht seid ihr [Juden] wirklich anders und ich gehöre nicht zu euch. Ja, wenn ihr nicht wärt, würde man mich nicht verfolgen. Dann könnte ich ein normaler Bürger bleiben. Weil ihr existiert, werde ich mit ausgerottet. Dabei haben wir eigentlich gar nichts miteinander zu tun.“

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Ein beeindruckendes Buch mit einer Geschichte, die mich nach dem Lesen sicherlich noch lange beschäftigen wird. Der Reisende, das ist hier der Protagonist des Buches. Wir schreiben das Jahr 1938, die Herrschaft der Nationalsozialisten wird immer extremer, im November finden die Pogrome statt und für Juden wird es immer gefährlicher. So auch für Otto Silbermann, einen Geschäftsmann. Er flüchtet mit einer Tasche voller Geld vor den Nazis; sein Plan, sich ins Ausland abzusetzen, scheitert jedoch und so reist er durch Deutschland und der Leser erfährt von seinen Begegnungen mit anderen Menschen, seien es nun andere Flüchtlinge oder gar Nazis.
Ein ungewöhnliches, beeindruckendes Buch. Die Gehetztheit hat sich bei der Lektüre auf mich übertragen, ich war wie in einem Sog und musste immer weiterlesen. Eine sehr differenzierte und authentische Momentaufnahme.

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"Man muss laufen, und es sagt einem niemand den Weg."

Eben noch ein unbescholtener Bürger und wohlhabender Geschäftsmann steht Otto Silbermann plötzlich auf der Straße und weiß nicht wohin. Die Welt um ihn scheint verrückt geworden. Plötzlich ist er ein von allen verhasstes Freiwild, auf das Jagd gemacht wird. Hat er sich etwas zuschulden kommen lassen? Aber nein. Sein einziger "Fehler" besteht darin, ein Jude zu sein. Und Juden sind von Natur aus schlecht und haben kein gutes Leben verdient. Eigentlich haben sie sogar überhaupt kein Leben verdient. So wurde es von einer Partei beschlossen und rasend schnell wurde scheinbar einem ganzen Volk dieses verquere Feindbild eingeimpft.

So gut kann man sich in Silbermanns anfängliche Fassungslosigkeit und wachsende Verzweiflung und Ohnmacht im Verlauf des Buchs hineinversetzen, dass man am Ende erschüttert und bewegt zurückbleibt.

Das Erschreckende an Boschwitz' Roman, immer wieder: Wir lesen hier keine Dystopie. So ist es gewesen... hier, in Deutschland, vor gerade mal 80 Jahren. Immer wieder zutiefst verstörend.

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Otto Silbermann, ein jüdischer Kaufmann, hat alles verloren. Seine Frau, die arisch ist und die er zurücklassen musste, Freunde, Verwandte, einfach alles. Er ist nirgends mehr sicher, kann niemandem mehr trauen. Er setzt sich mit seinem letzten Geld in die Reichsbahn und fährt, versucht über die Grenze zu kommen, doch der Versuch scheitert. Dann wird ihm auch noch sein letztes Geld gestohlen, nun hat er nichts mehr außer seinen Verstand, doch auch den verliert er am Ende...
Die Geschichte ist sehr berührend. Man spürt beim Lesen, dass der Autor in die Situation involviert gewesen ist, war er doch selber ein Verfolgter. Der Schreibstil ist flüssig und sehr reif für das damalige Alter des Autoren. Mir hat das Buch sehr gut gefallen und ich kann es nur jedem empfehlen. Ein absolutes Juwel.

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Unbedingt lesen! Ein toller Roman, man liest das Buch an einem Nachmittag weg. Die Geschichte geht unter die Haut. Sehr empfehlenswert!

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Dieses Buch hab ich in Etappen lesen müssen😓 Es hat mich so fertig gemacht und ich habe mich noch nie so unwohl und beklemmend gefühlt während ich ein Buch gelesen haben. Man ist in einem Sog und fühlt die Angst, das Misstrauen und die Verunsicherung. Der Inhalt ist teilweise Autobiografisch was es für mich noch mal tragischer und bedrückender machte. Dieses Buch wird mir noch lange im Gedächtnis bleiben. Es ist verstörend und tragisch traurig.

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Ein absolutes Lesehighlight für mich im Jahr 2018!

Allein die Veröffenrlichungshistorie des Romans ist schon eine gute Geschichte für sich. Unter dem unmittelbaren Eindruck der Judenprogrome im November 1938 entstanden und noch nie bisher in deutscher Sprache veröffentlicht ....

Der Kaufmann Otto Silbermann rettet sein Leben und ein kleines Vermögen in der Aktentasche vor den Nachstellungen der Nazis. Er hat zu lange gezögert, der Weg ins Ausland bleibt ihm versperrt. Er fährt - ziemlich planlos - mit dem Zug durch Deutschland. Allein die Beschreibung des Zugfahrens ist wunderbar: Erste zweite, dritte Klasse, Schlafwagen, Speisewagen, Raucherabteile, Bahnsteigkarten ....
Die Zugfahrt ist das Symbol für die Ausweglosigkeit seiner Existenz und für die rasante Fahrt in den Abgrund!

Ungemein hellsichtig, was das Schicksal der Juden in Europa angeht und präzis in der Beobachtung der Mechanismen des ganz alltäglichen Faschismus. Dabei durchaus leicht und beschwingt im Ton ...

Auch für Jugendliche absolut empfehlenswert

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"Ich habe keine Rechte mehr, nur aus Anstand oder aus Gewohnheit tun viele so, als hätte ich noch welche."

Otto Silbermann, ein in Berlin lebender, wohlhabender Kaufmann jüdischer Herkunft, der sich voll und ganz deutsch fühlt und im Ersten Weltkrieg für sein Land gekämpft hat, versucht im November 1938 verzweifelt, Deutschland zu verlassen, doch die Grenzen sind mittlerweile dicht und die Ausreise in ein (noch) sicheres Nachbarland nahezu unmöglich.

Silbermann, der selbst nicht jüdisch aussieht, ergeht es noch etwas besser als anderen Juden, die offen angefeindet, beschimpft und inhaftiert werden, doch auch Silbermann erlebt mehr und mehr Ausgrenzung und Entrechtung. So muss er erkennen, dass sich (falsche) Freunde bereichern, indem sie sein Hab und Gut billig aufkaufen, er lebt in Angst und Schrecken, wird zu einem Reisenden, der quer durchs Land reist, nirgends zur Ruhe kommt und einen Weg ins Ausland sucht. Silbermann verliert schließlich alles, was ihm lieb und teuer war: sein Geschäft, sein Haus, den Kontakt zu seiner Frau, das Vertrauen in seine Freunde, das Gefühl von Sicherheit und letztendlich auch seine Würde.

Der Autor Ulrich Alexander Boschwitz hat seinen Roman ab November 1938 verfasst. Er war damals gerade einmal 23 Jahre alt und ist selbst aus dem nationalsozialistischen Deutschland geflohen. Boschwitz starb 1942, als das Passierschiff, auf dem er sich befand und mit dem er sich auf der Rückreise aus einem australischen Camp befand, von einem deutschen U-Boot torpediert wurde.

Sein Roman ‚Der Reisende‘, der starke auto- bzw. familienbiografische Züge aufweist, ist bereits 1939 auf Englisch erschienen, wurde 2018 erstmals in deutscher Sprache veröffentlicht und stellt ein bedeutendes Zeitdokument der Ereignisse im November 1938 dar, als in Deutschland die Entrechtung der Juden und ihre systematische Verfolgung begann.

Boschwitz erzählt seine Geschichte in einfacher Sprache, doch auf eingängliche und berührende Weise. Dabei fängt er die Stimmung im Deutschland des Jahres 1938 perfekt ein, lässt den Leser an den Novemberpogromen teilhaben und zeigt auf authentische Weise, wie der Antisemitismus im Land immer expliziter und wie er gesellschaftsfähig wurde. Zudem macht der Autor deutlich, wie ausweglos die Situation für Silbermann war, der stellvertretend für alle Juden im Land ist, denen die Ausreise nicht rechtzeitig geglückt ist bzw. die glaubten, diese wäre unnötig, weil sich die Lage im Land sicher wieder beruhigen wird.

Der Leser kann diese düstere Stimmung im Land förmlich spüren, nimmt die Ratlosigkeit und das Gefühl des Verlorenseins wahr, das Silbermann auf seiner Reise durch Deutschland begleitet.

‚Der Reisende‘ ist eine eindringlich erzählte Geschichte, die faszinierende Einblicke in eine dunkle Epoche deutscher/europäischer Geschichte bietet, die heute leider eine Art Renaissance erlebt, was das Buch zudem sehr aktuell und umso verstörender macht.

Ulrich Alexander Boschwitz: Der Reisende. Klett-Cotta, 2018, 303 Seiten; 20 Euro (gebundene Ausgabe) bzw. 15,99 Euro (Kindle Edition).

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"Der Reisende" wurde als Wiederentdeckung des Jahres von den großen Feuilletons gefeiert und man kann ihnen nur Recht geben.

Der Protagonist entwischt seiner Verhaftung und befindet sich danach auf der Flucht durch Nazideutschland. Er reist mit der Bahn an verschiedene Orte und trifft unterwegs immer wieder Bekannte, die ihn entweder abweisen, angreifen und ihn in der Öffentlichkeit diffamieren. Es ist ein sehr bedrückender Roman, der sehr eindrucksvoll zeigt, was mit Menschen in einer Diktatur machen kann und zu was auch Freunde und Familie fähig sind.

Der Schreibstil wurde gut vom Editor bearbeitet und übernommen, sodass man keinen Bruch zwischen den beiden Autoren merkt. Insgesamt kann ich den Roman nur jedem empfehlen!

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Was für ein Buch. Schon lange hat mich ein Buch nicht mehr in meine Träume begleitet. "Der Reisende" hat das geschafft. Das Buch schafft es dasGrauen der Progrome im 3.Reich präsent zu machen, man spürt, wie sich die Schlinge immer weiter zusieht, wie alle Hoffnung schwindet und das bekannte Leben sich in Nichts auflöst. Das Alles ist so lebendig beschrieben, man kann sich dieser erdrückenden Stimmung nicht entziehen. Das Buch hat mich sehr traurig zurückgelassen.
Wer nur ein Buch über Antisemitismus lesen will, dann dieses.

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Der Reisende ist ein Buch, das man unbedingt lesen muss. Man spürt die Verzweiflung und Verlorenheit des Kaufmanns Silbermann. Ein wirklich gut geschriebener kleiner Roman.
Silbermann, ein reicher (jüdischer) Kaufmann, fühlte sich eine Zeitlang recht sicher, in der Zeit, als Hitler seinen Spießgesellen die Freiheit gab, mit den Juden machen zu dürfen, was sie wollten. An dem Tag, als Silbermann sein Wohnhaus verkaufen wollte, schlug die SS an seine Tür. Alle Juden wurden verhaftet und in Lager oder Gefängnisse verbracht. Silbermann's Frau, die nicht jüdisch war, scheuchte ihn aus dem Hinterausgang auf die Strasse. Nur seiner ruhigen und gesetzten Art, hatte es Silbermann zu verdanken, den Schurken durchs Netz zu gehen, ihnen zu entwischen. Aber wohin nun? Ohne Ausreisepapiere war er aufgeschmissen. Sein Kompagnon konnte ihm einiges an Geld geben, das er in einer Ledertasche bei sich trug. Aber ohne wirkliches Ziel und Möglichkeiten, kam er nicht aus Nazideutschland heraus. So fuhr er als der Reisende mit dem Zug durch Deutschland.

Silbermann, einst Chef eines gut laufenden Kontors, war plötzlich ein Nichts, ein Jude ohne Rechte, ohne Handhabe. Abhängig von Menschen, mit denen er gestern noch Geschäfte getätigt hat, denen er Anweisungen gab und vertraut hat. Unsicher sucht er nach Vertrauten, nach Menschen, die ihm zur Seite stehen würden. Doch oft genug traf er auf Verräter. Ständig kreisten seine Gedanken um Dinge, die er machen könnte und verwirft sie sofort wieder, weil er sich sicher ist, dass er dann einen Fehler machen würde. Er musste einen Weg finden, ins Ausland zu gelangen. So stieg er in einen Zug und begann eine seltsame Reise. Er wurde der Reisende.

Was ich gelesen habe
Silbermann, der Kaufmann, erzählt seine eigene Geschichte. Die Gedanken sind unermüdlich am Rotieren. Wohin nur? Und wie? Wem kann er noch vertrauen? Dinge, die einem sicherlich in einer solch brenzligen Situation durch den Kopf gehen. Von der ersten Seite an habe ich mit dem Mann mitgegrübelt. Wie würde ihm geholfen. Der Roman hat sich sehr zügig gelesen. Bewundernswert dafür, dass der Schriftsteller selber noch nicht besonders alt war. Ulrich Alexander Boschwitz schrieb diesen Roman mit 24 Jahren. 1915 in Berlin geboren war er mit seiner Mutter nach Skandinavien emigriert. Dort schrieb er seinen ersten Roman, der ihm ein Studium ermöglichte. 1939 schrieb er dann „Der Reisende“ in England. 1942 wurde er dann nach Australien, als enemy alien interniert.
Auf seiner Rückreise, nach England, wurde Boschwitz‘s Schiff, von einem deutschen U-Boot torpediert. Sein letztes Manuskript ging (wahrscheinlich) mit dem talentierten Schriftsteller unter.

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Ein faszinierendes Buch, welches ich in einem Rutsch durchgelesen habe! Man spürt förmlich die wachsende Verzweiflung Silbermanns im Laufe des Romans und dessen steigende Unruhe. Ein unvergesslicher und geschichtlich wertvoller Roman über einen jüdischen Kaufmann und die Judenverfolgung zur Zeit der Progrome 1938.

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Otto Silbermann, ein gut situierter jüdischer Geschäftsmann, hat den Zeitpunkt, Deutschland nach seinen Bedingungen zu verlassen, verpasst. Das wird ihm schmerzlich bewusst, als im November 1938 die Nazis seine Wohnung stürmen und er Hals über Kopf fliehen muss. Er rettet sich in einen Zug und von nun an reist er kreuz und quer durch Deutschland, immer mit der Angst im Nacken, entdeckt zu werden. Er führt viele interessante, aber auch verstörende Gespräche auf diesen Zugfahrten und er muss einsehen, dass er völlig auf sich allein gestellt ist…

80 Jahre nach seinem Entstehen ist das Buch zum ersten Mal auf deutsch erschienen. Genau zum richtigen Zeitpunkt, führt es uns doch vor Augen, wohin Hass und aber auch Gleichgültigkeit führen können. Ein eindringliches Werk gegen das Vergessen, unbedingt lesenswert!

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Ich nutze Netgalley für einen ersten Lesedruck, dann, im besten Fall, das Buch ganz zu lesen und anschließend zu besprechen!
Nicht immer beeindrucken mich die Bücher positiv.
Dann nehme ich von einer Beurteilung Abstand.
Mein Credo ist eben #liesdichglücklich.
Ein grundsätzliches Dankeschön an den Verlag und Netgalley!

Alle positiven Besprechungen finden sich als Buchempfehlung
bei Instagram #fraumitzopf

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Der wohlhabende jüdische Kaufmann Otto Silbermann will den Ernst seiner Lage Ende 1938 noch nicht richtig wahrhaben, bis er seine Wohnung verliert, sich die Geschäftsbeziehungen in Luft auflösen und er schließlich durchs Land fährt - mit dem einzigen Ziel, nicht aufzufallen. Erschreckend und unbedingt lesenswert!

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Eine sehr eindringliche Geschichte, die Otto Silbermann hier erlebt. Als Jude in Berlin verfolgt, setzt er sich in einen Zug und reist. Und kommt so gar nicht zur Ruhe. Die nächste Zeit bestimmen Züge sein Leben. Und die Mitreisenden, die er trifft.

Teilweise fand ich es schon sehr anstrengend zu lesen, wie Otto Silbermann von Ort zu Ort hetzt, ich fühlte mich auch etwas gehetzt. Allerdings fand ich die Storys in der Story sehr nett: die Grenzübertretung, seine Bekanntschaft zu Ursula oder auch der Verlust seiner Tasche. Schnell ist man in der Geschichte drin und fühlt mit.
Der Autor versetzt uns mit wenigen Sätzen ins Reich des Jahres 1938. Die Stimmung im Buch ist durchwegs beklemmend, ohne große Hoffnung und doch erhofft man sich als Leser ein Happy End.
Gefühlt ist der Protagonist ewig auf dem Weg. Tatsächlich sind es nur wenige Tage, aber was er da erlebt reicht auch für ein halbes Leben. Teilweise stecken wohl auch autobiographische Züge in dem Roman, denn auch der Autor war Jude. Auch seine Geschichte, die im Anhang erzählt wird, ist lesenswert und interessant. War er doch bei seinem Tod erst 27 Jahre alt und hätte sicher gerne noch selbst seine Erlebnisse aufgeschrieben.

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