Drei Tage und ein Leben

Roman

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Erscheinungstermin 20.12.2017 | Archivierungsdatum 06.02.2018

Zum Inhalt

Der neue Bestseller des Goncourt-Preisträgers Pierre Lemaitre »Innerhalb weniger Minuten hat sein Leben die Richtung geändert. Er ist ein Mörder. Doch die beiden Bilder passen nicht zusammen, man kann nicht zwölf Jahre alt und ein Mörder sein.« Ende Dezember 1999 verschwindet im französischen Ort Beauval ein sechsjähriger Junge. Eine großangelegte Suchaktion wird gestartet, Nachbarn und Freunde durchkämmen den angrenzenden Wald nach Spuren des vermissten Rémi. Doch am dritten Tag fegt ein Jahrhundertsturm über das kleine Dorf hinweg und zwingt die Einwohner von Beauval zurück in ihre Häuser. Während dieser drei Tage bangt der zwölfjährige Antoine darum, entdeckt zu werden. Denn nur er weiß, was an jenem Tag wirklich geschah. Und nur er könnte davon erzählen. Mit großer Sensibilität spürt Pierre Lemaitre dem grausamen Schicksal seines jungen Protagonisten nach und stellt die Frage, wie es sich mit einer lebenslangen Schuld leben lässt. »Mit seinem ausgeprägten Gespür für Tempo und Gefühl rollt Pierre Lemaitre den Schicksalsfaden einer Tragödie ab.« LIRE

Der neue Bestseller des Goncourt-Preisträgers Pierre Lemaitre »Innerhalb weniger Minuten hat sein Leben die Richtung geändert. Er ist ein Mörder. Doch die beiden Bilder passen nicht zusammen, man...


Verfügbare Ausgaben

AUSGABE Anderes Format
ISBN 9783608981063
PREIS 20,60 € (EUR)
SEITEN 270

Rezensionen der NetGalley-Mitglieder

Traurig und berührend
Man ist hin- und hergerissen und leidet mit Antoine und versteht seine Ängste und das Chaos, in das er rutscht. Eine Lüge zieht die nächste nach sich, sein Leben wird immer mehr von Verzweiflung geprägt...
Ein sehr feinfühlig geschriebenes Buch, das beschreibt, wie schnell ein Schritt in die falsche Richtung das ganze Leben beeinflußen kann.
Dennoch gute Leseunterhaltung, man mag das Buch nur ungern aus der Hand legen

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Das Cover des Buches zeigt einen Jungen der zusammengesunken da sitzt. Ich nehme der Junge soll Antoine darstellen. Es würde auf jeden Fall zum Inhalt passen.

Inhalt: Der zwölfjährige Antoine führt eigentlich ein ganz normales Leben. Doch eine Playstation und ein Mord verändern sein ganzes Leben. Nachdem er von seiner äußerst strengen Mutter das Verbot erhalten hat, sich mit seinen Freunden zum Playstation spielen zu treffen, verbringt er immer mehr Zeit alleine in seinem Baumhaus. Sein einziger verbliebener Freund ist Osysseus, der Hund der Nachbarn. Doch dann wird dieser von seinem Herrchen erschossen und Antoine muß das ganze mit ansehen. Aus blanker Wut und Trauer schlägt er dem sechsjährigen Remi einen Stock vor den Kopf. Antoine verlässt Beauval.
12 Jahre später, Antoines Leben hat sich insgesamt sehr positiv entwickelt, kehrt er nach Beauval zurück. Dort suchen ihn Schuldgefühle und Alpträume erneut heim. Und dann passiert eine weitere Katastrophe.

Meine Meinung: Dem Autor ist es gelungen mit seinem etwas außergewöhnlichen Schreibstil, das man als Leser tief in die Gefühle von Antoine sehen konnte. Alles was Antoine erlebt, fühlt man als Leser ganz deutlich mit. Auch die Wandlung von Antoine wird sehr deutlich dargestellt. Gelungen ist dem Autor auch die Darstellung, das ein falscher Schritt, ein ganzes Leben verändern kann. Schockiert war ich allerdings von dem Hass, den Antoine entwickelt hat. Aber leider ist es ja wirklich so, das bereits 12 jährige solche Taten ausüben. Doch diese Kaltschnäuzigkeit die Leiche dann auch noch verschwinden zu lassen, ist echt heavy.
Insgesamt ein sehr gelungenes Werk, das ich gerne weiterempfehle.

Mein Fazit: Grausam und mitreisend. Meine absolute Leseempfehlung.

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Auf nur 270 Seiten erzählt Pierre Lemaitre eine Geschichte, die mich von der ersten Seite an in Bann zog. Fast sein ganzes Leben begleiten wir Antoine und erleben, wie er mit der Tragödie zurecht kommt - oder nicht.
Leicht und einfühlend ist der Schreibstil, der sein übriges dazu tat, dass ich dieses kleine Meisterwerk an zwei Tagen ausgelesen habe.

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An einem Tag im Dezember 1999 verschwindet im französischen Dorf Beauval der sechsjährige Rémi. Mit einer großen Aktion wird nach dem vermissten Jungen gesucht. Am dritten Tag zwingt ein schwerer Sturm die Einwohner des Ortes in ihre Häuser. Nur der zwölfjährige Antoine, der mit seiner Mutter in der Gemeinde lebt, weiß, was wirklich passiert ist: Er hat das Kind im Affekt durch den Schlag mit einem Stock getötet, weil er wegen des plötzlichen Todes eines geliebten Hundes außer sich war. Antoine entschließt sich, zu schweigen und die Tat zu vertuschen. Er hat Angst davor, entdeckt zu werden. Doch wie lässt es sich mit dieser schweren Schuld leben? Und wird man ihm auf die Schliche kommen?

Mit „Drei Tage und ein Leben“ schildert Pierre Lemaitre eine beklemmende und tiefgründige Geschichte eines sehr jungen Mörders.

Meine Meinung:
Die Handlung spielt in drei unterschiedlichen Jahren. Erzählt wird mit Zeitsprüngen erst aus dem Jahr der Tat, also 1999, und später aus den Jahren 2011 und 2015. Die Geschichte beginnt mit einem langsamen Erzähltempo. Die Spannung steigert sich aber allmählich, als es zu dem tragischen Ereignis kommt.

Mir hat der leise, aber dennoch eindringliche Schreibstil des Romans sehr gut gefallen. Dem Autor gelingt es, eine intensive, etwas düstere Atmosphäre zu schaffen. Berühren konnte mich das Buch aber nicht zuletzt wegen des Inhalts. Trotz der grausamen Tat schaffte der Autor es, dass ich – vor allem anfangs - Mitgefühl für Antoine entwickeln konnte. Auch die übrigen Personen des Buches wie die Bewohner des Dorfes werden authentisch geschildert.

Obwohl der Täter schon vom ersten Kapitel an klar ist, ist der Roman fesselnd und besonders aus psychologischer Sicht sehr interessant. Daher habe ich gespannt weitergelesen, obwohl der Inhalt nur schwer aufzunehmen und zu verdauen war. Gut gefallen haben mir auch die unerwarteten Wendungen.

Gestört haben mich letztlich nur einige Kleinigkeiten. Die Übersetzung ins Deutsche wirkte auf mich an einigen Stellen holprig bis leicht fehlerhaft. Meinen Lesefluss ein wenig ausgebremst hat außerdem der Tempuswechsel zwischen dem ersten und zweiten Kapitel.

Mein Fazit:
Es handelt sich um ein ungewöhnliches Buch, das aufwühlt und nachdenklich macht. Obwohl oder gerade weil es keine leichte Kost ist, ist die Geschichte lesenswert. Ein Roman, der sicher noch eine Weile bei mir nachhallen wird.

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Ein Leben in Angst
Die Handlung des neuen Romans von Pierre Lemaitre "Drei Tage und ein Leben" beginnt 1999, einen Tag vor Weihnachten. Der zwölfjährige unauffällige Schüler Antoine Courtin lebt mit seiner strengen Mutter Blanche in Beauval, einem kleinen Ort in der Provinz. Sein Vater hat die Familie vor sechs Jahren verlassen. Blanche arbeitet bei dem Fleischer Andrei Kowalski, der einen Laden in Marmont besitzt. Den Hund der Nachbarn Desmedt, Odysseus, liebt Antoine über alles. Mit ihm und dem sechsjährigen Rémi Desmedt geht er am liebsten in den Wald von Saint-Eustache. Dort baut Antoine heimlich ein Baumhaus, denn die anderen Kinder spielen mittwochs und samstags lieber mit der PlayStation. Eines Tages wird Odysseus von einem flüchtigen Autofahrer angefahren und schwer verletzt, und statt ihn zu einem Tierarzt zu bringen, erschießt Roger Desmedt das Tier vor Antoines Augen und wirft ihn in einen Müllsack. Für Antoine bricht eine Welt zusammen. Aus Wut zerstört er das Baumhaus. Da taucht Rémi im Wald auf. Ihm hatte man nur erzählt, dass der Hund weggelaufen sei, er versteht Antoines Wut nicht. Plötzlich schlägt Antoine mit einem Ast auf Rémi ein und trifft ihn an der rechten Schläfe. Rémi ist sofort tot. Wie in Trance versteckt Antoine das tote Kind in der Höhle eines Baumstumpfes und geht nach Hause. Nach einer großangelegten Suchaktion, an der sich alle aus dem Ort beteiligen, fegt am dritten Tag ein Jahrhundertsturm mit sintflutartigem Regen über das kleine Dorf hinweg. Rémi scheint vergessen worden zu sein, doch nicht von Antoine. Sein Leben hat sich in wenigen Minuten für immer verändert. Er allein kennt die ganze Wahrheit. Wird er erwischt und verhaftet, oder hat das Unwetter alle Spuren des Mordes verwischt, so dass er unentdeckt bleibt?
Pierre Lemaitre beginnt seinen tragischen Gesellschaftsroman im Jahr der Tat und geht später weiter in das Jahr 2011 und 2015. Der Protagonist kann mit niemandem, nicht einmal mit seiner Mutter, über die Tat reden. Er wird von unendlichen Schuldgefühlen geplagt. Der Autor geht der Frage nach, ob man als 12jähriger mit der Schuld leben kann, ein kleines Kind, das man lieb gewonnen hat, getötet zu haben. Was für ein Leben ist mit einer solchen Schuld überhaupt möglich? Angst, Albträume, Lügen und die Frage, ob es außer ihm jemand gibt, der die Wahrheit kennt, bestimmen fortan sein Leben. Der Roman ist hervorragend konstruiert, spannungsgeladen, dialogreich und enthält viele überraschende Wendungen und ein Ende, das man nicht vorhersieht. Für mich eins der besten Bücher dieses Jahres und absolut empfehlenswert.

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Dieses Buch von Pierre Lemaitre handelt von einer grausamen Tat, die der Sechstklässler Antoine an dem deutlich jüngeren Remi begeht und den daraus resultierenden Konsequenzen.

Sicherlich ist dieses begangene Verbrechen sehr verachtenswert, und dennoch leidet man mit dem Täter mit, fühlt die Erlebnisse auf ein intensive, direkte Art nach. Man kennt dabei stets den Stand der Dinge, hat also ein klares Bild der Situation vor Augen, wird aber doch von der Frage umgetrieben, ob der Täter nun endlich geschnappt wird bzw. ob er sich zu dem Verbrechen bekennt - was den Spannungslevel über weite Strecken des Buches hochhält. Als bereichernd habe ich es empfunden, dass dabei immer wieder auch kindliche Ansichten und Vorstellungen in die Schilderungen mit einfließen.

Pierre Lemaitre versteht es den Leser mitzunehmen, und das moralische Dilemma des heranwachsenden Antoine im ganzen Umfang zu vermitteln. Sprachlich ist der Text relativ leicht lesbar und gut verständlich, ohne dabei flach zu wirken, und kommt mit wenigen Fremdworten aus. Die Seiten fliegen getragen von der Gefühlswelt des Protagonisten nur so dahin.

Fazit: Ein spannendes, eindringliches Buch, das unterhaltsam ist, aber auch nachdenklich stimmt. Den Namen Lemaitre muss ich mir merken.

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Eine traurige und berührende Geschichte darüber wie man mit Schuld leben kann und wie sehr man sich durch Schuld einschränken lässt und doch weiterlebt. Man leidet mit den Protgonisten und möchte ihm einerseits zurufen befrei dich und ihn andererseits schützen. Ein sehr beeindruckendes Buch

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Das Buch hat mir gut gefallen.. Kein Mord ohne Reue. Durch die Tat im Affekt wird das ganze Leben von Antoine auf den Kopf gestellt. Ein gutes Buch über eine lebenslange Schuld.

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"Innerhalb weniger Minuten hat sein Leben die Richtung geändert. Er ist ein Mörder. Doch die beiden Bilder passen nicht zusammen, man kann nicht zwölf Jahre alt und ein Mörder sein."
(Zitat)

Ein einziger Moment der Wut. Ein Schlag, der unglücklich trifft. Schon ist ein junges Leben beendet, ein anderes wird nie wieder dasselbe sein.

Das Lesen dieses Buches schmerzt, auch wenn der Autor sich weder zu rührseliger Effekthascherei noch Überdramatisierung hinreißen lässt. Es schmerzt, weil man die Geschehnisse durch die Augen des 12-jährigen Antoine sieht, der in jeglicher Hinsicht ein guter Junge ist: er liebt seine Mutter, der Nachbarshund ist sein allerbester Freund und er lässt es sich gutmütig gefallen, dass der 6-jährige Rémi ihm ständig hinterherläuft. Man möchte diese Unschuld bewahren und ahnt doch, dass es damit bald vorbei sein wird.

Oder?

Das ist eine der großen ethischen Fragen des Buches: hat seine Tat Antoine von einem Moment zum anderen zu einem bösen Menschen gemacht, unwiderruflich? Für ihn selber gibt es da gar keinen Zweifel. Seine Angst treibt ihn dazu, die Tat zu vertuschen, und dennoch sehnt er sich verzweifelt danach, erwischt zu werden. Seine innere Zerrissenheit und seine emotionale Qual sind schwer zu lesen, denn Antoine ist so furchbar allein damit und doch selber noch ein Kind.
Kindermörder. Mörderkind.
Das Verschwinden des kleinen Rémi mobilisiert im Dorf einiges an Hilfsbereitschaft, bringt aber auch schwelende Konflikte zum Vorschein – und diese Erschütterung des Status Quo ist erst der Anfang.

Der Autor zeichnet seine Charaktere mit leichtem Pinselstrich und doch treffend. Am bestechendsten fand ich die Charakterisierung von Antoines Mutter, die ihrem Sohn vorlebt, dass man Konflikte am besten einfach totschweigt. Und nicht nur das: sie verbiegt sich die Wirklichkeit, bis sie zu dem passt, was sie glauben will, und das zum Teil bis ins Extrem. Da wundert es wenig, dass Antoines Lösungsstrategie hauptsächlich daraus besteht, abzuwarten und im Stillen zu erdulden.

Antoine selber ist herzzerreißend in seiner Not, deswegen konnte ich das Buch buchstäblich nicht weglegen, ohne zu wissen, wie es nach diesen drei dramatischen Tagen mit seinem Leben weitergehen würde. Um kurz nach 3 Uhr morgens habe ich das Buch schließlich beendet, nicht nur müde, sondern auch emotional erschöpft.

Spannend ist die Geschichte, gar keine Frage. Aber es gibt einen deutlichen Bruch zwischen den besagten drei Tagen und dem Rest von Antoines Leben, und nach diesem Bruch ist das Buch in meinen Augen deutlich schwächer als davor.

Für mich liegt das vor allen an Antoine. Als Kind war er ein starker, wenn auch tragischer Charakter, aber ich hatte im zweiten Teil den Eindruck, dass seine Tat ihn in gewisser Weise in seiner charakterlichen Entwicklung gehemmt hat. Als Erwachsener kam er mir schwach vor, selbstsüchtig, unentschlossen, und das machte es schwer für mich, weiter so viele Emotionen in seine Geschichte zu investieren wie zuvor. Auch das Ende hatte für mich einen mehr als bitteren Beigeschmack – nicht so sehr wegen dem, was geschieht, sondern wegen dem, was stattdessen hätte geschehen sollen.

Der Schreibstil hat mir überwiegend gut gefallen, auch wenn mir die Gedanken des 12-jährigen Antoine manchmal zu erwachsen für sein Alter schienen. Pierre Lemaitre schreibt meist ruhig, gelegentlich nüchtern, manchmal poetisch, aber er bleibt immer ganz nahe dran an seinem Protagonisten, so dass man auch aus eher schlichten Worten die Emotionen herauslesen kann.

Fazit:
Ein kurzer Moment der Wut führt zur Tragödie, und der 12-jährige Täter schweigt. Und schweigt. Und in diesem Schweigen verfolgt der Leser, was weiter geschieht. Pierre Lemaitre erzählt weder reißerisch noch sensationsheischend, und dennoch entwickelt die Geschichte eine dramatische Sogwirkung.

Der erste Teil des Buches ist dicht geschrieben, wirft viele ethische Fragen auf und durchleuchtet ganz nebenher die sozialen Strukturen eines kleinen Ortes. Aber vor allem wird dieser Teil getragen von seinem überzeugenden Protagonisten, dem 12-jährigen Antoine. Der zweite Teil ist für mich deutlich schwächer, denn der erwachsene Antoine ist in gewissem Sinne nur noch ein Schatten seiner selbst.

Zusammenfassend würde ich sagen, dass ich es auf keinen Fall bereue, das Buch gelesen zu haben, dass aber der zweite Teil nicht ganz halten kann, was der erste verspricht.

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"Innerhalb weniger Minuten hat sein Leben die Richtung geändert. Er ist ein Mörder. Die beiden Bilder passen nicht zusammen, man kann nicht zwölf Jahre alt und ein Mörder sein..."

In einem wirklich tollen Stil erzählt Lemaitre wie der zwölfjährige Antoine in einem Anfall von Rage den kleinen Remi, den Nachbarsjungen, mit einem Stock schlägt. Dieser stirbt, und Antoine versteckt seine Leiche. Fortan wird er von Schuld und Angst verfolgt, die ihn sein ganzes Leben begleiten sollen...

Der Grossteil des Buches handelt von den drei Tagen nach dem Mord. Ich liebe den Schreibstil Lemaitres, er schreibt in seiner speziellen Art, was die Erzählung wirklich interessant macht. Am Ende des Buches springt Lemaitre noch 12 Jahre in die Zukunft, der vierundzwanzigjährige Antoine studiert inzwischen Medizin und ist nach wie vor von Panikattacken geplagt. Sein ganzes Leben wird durch die wenige Minuten im Wald von Beauval definiert, und alle Entscheidungen werden sich dadurch verändern.

Ein sehr schönes Buch über das Leben, über Schuld und Sühne, und über Schicksalsschläge. Ich kann es jedem nur empfehlen.

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Schuld und Sühne in der französischen Provinz
Alles nahm seinen Anfang mit dem Tod des Hundes. Dem Nachbarhund, der ihm, zum treuen Freund geworden war, zum einzigen Mitwisser seines Geheimnisses, dem Bau dieses ausgeklügelt konstruierten Hauses in den Wipfeln der alten Bäume im verwunschenen Wald von Saint Eustache, etwas außerhalb des Dorfes gelegen. Dieser Bau, in den er so viel Zeit und Mühe gesteckt hatte, damit es perfekt würde, sollte eine Überraschung werden für die Anderen, die sich ihre Nachmittag seit kurzem lieber mit einem Computerspiel im abgedunkelten Haus vertrieben, was ihm seine allein erziehende Mutter aus pädagogischen Gründer untersagt hatte. Doch er nahm an, dass sie es bald leid wären, und dass sie dann zu den üblichen Unternehmungen, zu ihm und dem Baumhaus, zurückkehren würden.

Zu ihm, Antoine, dem eher unauffälligen Jungen von nebenan, der kreativ ist, ein begabter Schüler, sich manchmal recht allein fühlt, ohne seinen Vater, der seine etwas verschrobene Mutter liebt, in die Kirche geht, eher ein Mitläufer, als ein Anführer, ein ganz normaler 12-Jähriger, wie wir vielleicht selber einer waren oder unser bester Freund.

Als dieser Hund kurz vor Heiligabend angefahren und dann von seinem mitleidlosen Besitzer, Monsieur Desmedt, vor Antoines Augen erschossen wird, sein lebloser Kadaver in einen blauen Müllsack entsorgt, wie der übrige Schutt des Hauses, ist der Junge entsetzt und schier verzweifelt über den Verlust seines Vertrauten. Sein Blick auf die Welt wird eine andere, sein liebevoll konstruiertes Werk im Wald, ist nur noch eine Bretterbude, die er in größtem Zorn dem Erdboden gleich macht.

In diesem Moment des inneren Gefühlssturmes, der sich seinen Weg nach außen bahnt, taucht, wie schon viele Male beim Spielen im Dorf zuvor, der kleine Nachbarjunge Rémy Desmedt bei ihm auf, der ihn bewundert, zu hm aufsieht. Er steht da, im Auge des Orkans, unschuldig, ohne die Gefahr auch nur zu ahnen. Für Antoine, der Antworten sucht, anklagen will, wird der 6-Jährige zum Stellvertreter seines brutalen Vaters, des Hundekiller. Antoine ergreift einen herumliegenden Ast und schlägt zu. Rémy ist tot. Erschlagen von Antoine. Eine Tat im Affekt. Eine Tat in größter seelischer Not, in größter Wut, die nicht einmal dem unschuldigen Jungen selbst galt. Ein Kind, das nie erwachsen werden wird und ein Kind, dessen Kindheit mit einem Schlag beendet ist.

Unter Schock verscharrt Antoine den kleinen, leblosen Körper und flieht vom Tatort.

Nun beginnt eine Geschichte von Schuld und Sühne, an der auch Dostojewski seine Freude gehabt hätte.

Der erfolgreiche und 2013 mit dem bedeutendsten französischen Literaturpreis, dem Prix Goncourt, ausgezeichnete Autor, Pierre Lemaitre, Jahrgang 1951, macht in seinem neusten Roman aus dieser Vorlage kein reißerisches Kriminalstück, und das, obwohl er seine Karriere mit diesem Genre begonnen hat, sondern fokussiert sich ganz auf Antoines Innenleben. Ihn interessiert vielmehr die Frage:

„Was passiert mit einem Kind, das mit einer Schuld leben muss, die es überfordert und das immer Angst vor Entdeckung haben wird.“ P. Lemaitre

Während im Nachbarhaus in Beauval, dem „schönen Tal“, eine dieser typischen Gemeinden jenseits der großen Städte, in der jeder über jeden wacht, die Dorfgemeinschaft, angeführt vom Bürgermeister, dem auch die einzige Fabrik des Ortes gehört, zusammen mit der Polizei damit beginnt, die Suche nach dem kleinen Rémy zu koordinieren, beginnt auch die Schuld sich in Antoine für ein Leben mit ihr einzunisten.

Er ist hin und her gerissen zwischen der Angst vor der Aufdeckung seiner Tat und dem, was das für seine Mutter bedeuten würde, und dem Mitleid mit Rémys Mutter, die zwischen der Hoffnung ihr Sohn käme gleich zur Tür herein, und der Verzweiflung über das Unaussprechliche schwankt, und dem Bedürfnis sie zu erlösen. In ihm kämpft das Verlangen zu gestehen, damit es endlich vorbei ist, gegen die albtraumhafte Phantasie über einen brutalen Gefängnisaufenthalt. Er trifft heimliche Fluchtvorbereitungen und beteiligt sich an der Suche nach einem Toten. Er hofft auf die winzigen Möglichkeit unentdeckt zu bleiben und begeht doch einem Suizidversuch.

In Lemaitres neustem Roman „Drei Tage und ein Leben“ schildert der Erzähler diesen Sturm der Gefühle des Kindes, das ungewollt ein Kind tötet, so eindrucksvoll, dass dies noch lange nachhallt im Leser.

Drei Tage dauert die Suche, dauert der innere Konflikt des jungen Protagonisten, dann folgt auf den Gefühlsturm ein meteorologischer, in Form des Jahrhundertunwetters „Lothar“, das 1999 über Mitteleuropa fegte. Ein geschickter Kunstgriff Lemaitres, der populäre und gleichzeitig hoch gelobte und für ein früheres Werk sogar mit dem Prix Goncourt, dem höchsten französischem Literaturpreis, ausgezeichnete, Autor.

„Es hat mich interessiert, mit diesem Unwetter ein Ereignis zu schaffen, nach dem die Karten ganz neu gemischt sein würden. Alle, bis auf eine. Das ganze Dorfleben fängt quasi bei null wieder an, aber die Tragödie, die bleibt und die Gewissheit, dass die Wahrheit früher oder später ans Licht kommen wird.“

Danach ist nichts mehr wie es war.

Auf jeden Fall nicht äußerlich, Die Wassermassen, die fast alles, was den Ort ausmachte, fortgerissen haben, die in den Häusern bis auf die Höhe eines Grundschulkindes angestiegen sind, und nun alles unter Schlammmassen bedeckt haben. Die Priorität der Gemeinschaft verschiebt sich von der Suche nach einem Kind, dass nach 3 Tagen entweder längst tot, oder doch nur in den Händen von Entführern ist, hin zu einer Solidarität mit denen, die nach dem Ausbruch des Sturms ohne Dach über dem Kopf, ohne Strom und Telefon zurück geblieben sind. Und innerlich?

„Im Alltag vergaß er. Der Tod von Rémi Desmedt war eine alte Begebenheit, eine schmerzliche Kindheitserinnerung, Wochen vergingen ohne Unbehagen. Antoine war nicht gefühllos: Sein Verbrechen existierte einfach nicht mehr. Dann lösten ein kleiner Junge auf der Straße, eine Szene im Kino, der Anblick eines Gendarms plötzlich eine nicht zu unterdrückende Angst in ihm aus.“

Diesen Alltag, allen voran den in Beauval, das dortige Beziehungsgeflecht der Einwohner und möglicherweise sogar schon deren Vorfahren, die seit Jahren am selben Ort leben und miteinander agieren, in vorgegebenen , recht engen Grenzen, die nicht frei sind, zu wählen, in ihre Rollen hineingeboren werden, sie erben, sie dann, wenn sie Glück haben, vielleicht etwas moderner interpretieren können, versteht Lemaitre gekonnt und bildreich zu schildern.

Mir manchmal etwas zu sehr durch die Brille des Parisers auf die Provinz. Die gezeichneten Lebensweg zu fatalistisch, zu sehr Camus. Ich will einfach nicht glauben, dass jede brave, katholische Dorfschönheit, eine heimliche Nymphomanin ist, jeder Sohn eines königlich regierenden Bürgermeisters auf Lebenszeit tumb und dreist ist, und jede jugendliche Lolita in zu engen Jeans, vor ihrem 25. Geburtstag mit 3 Bälgern in einem Wohnmobilpark endet.

Geschickt ist die Aufteilung des Romans in drei unterschiedliche große Teile: der erste und längste, die drei Tage um Weihnachten 1999 herum, der zweite, ein paar Tage 10 Jahre später, die Vergangenheit holt Antoine ein, und der kürzeste, letzte und für mich auch schwächste Teil, erneut 3 Jahre später.

„Tatsächlich ließ ihn die Angst nie los. Sie döste, schlief ein und kam wieder. Antoine lebte in der Überzeugung, dass der Mord ihn früher oder später einholen und sein Leben ruinieren würde.“

Trotz meiner Begeisterung für Lemaitres Vermögen als sehr begabter Plotkonstrukteur und gleichzeitig überaus berührender Erzähler, die Idee, dass ein begangenes Unrecht, kein Mord, weder juristisch, noch moralisch, dass also ein jemandem zugefügtes Unglück mit dem, wenn auch selbstgewählte, Unglück des Verursachers aufgewogen wird, ist mir zu banal und zu gestrig.

Dostojewskis Schuld und Sühne war schließlich schon 1866 für 2012 hätte ich mir ein zeitgemäßeres Ende gewünscht.

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Antoine ist 12 Jahre alt, als er den 6-jähringen Rémi umbringt. Er tut dies ohne böse Absichten und steht auf einmal vor der Leiche des Jungen. Die Leiche muss verschwinden, da ist Antoine sich sicher und versteckt den kleinen Körper im dicht bewachsenen Wald.
Im Dorf machen sich die Ersten Sorgen, wegen dem kleinen Jungen. Eine große Suche wird eingeleitet, aber ein Jahrhundertsturm hindert die Menschen weiter zu suchen. Antonie lebt mit der ständigen Angst der Entdeckung im Nacken.

Das Cover ist eher unauffällig. Dank des Titels habe ich mir dieses Buch genauer angeschaut und den Klappentext gelesen. Ein 12-jähriger als Mörder ist für mich eine recht neue Idee.

Der Autor schafft es, dass man sich in Antoine hineinversetzten kann.
Er beschreibt mit viel Einfühlungsvermögen die Gedankenwelt von Antoine.
Man merkt, wie seine kindliche Welt Risse bekommt und anfängt zu bröckeln.
Man merkt seine Wut, seine Angst, die Verzweiflung. Er spielt mit dem Gedanken zu fliehen oder sich umzubringen.

Es ist die ganze Zeit über spannend, denn man weiß immer nicht, ob herrausgefunden wird, wer der Mörder von Rémi ist.

Mich hat das Buch in eine moralische Zwickmühle gebracht.
Meiner Meinung nach sollte jeder Mörder seine Strafe bekommen, aber Antione bestraft sich mit seinen Gedanken und er tat mir so Leid. Beim Lesen habe ich ständig gehofft, dass seine Straftat unentdeckt bleibt.

Der Roman ist eine absolut spannende und auch grausam.
Er beschreibt die Gedankenwelt eines 12-jährigen Mörders mit Gänsehauteffekt.

Absolute Leseempfehlung

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Ein spannendes Buch!

Mir hat dieses Buch sehr gut gefallen und da es so richtig spannend war, konnte ich es kaum aus der Hand legen. Die Geschichte hat mich total berührt und auch nachdenklich gestimmt. Es geht um Schuld, Lügen, Missgunst und um Geheimnisse und es ist ein Wettlauf mit der Zeit. Mir haben Antoine und auch Remi oft sehr leid getan und ich habe richtig mitgefühlt. Es gab in der Geschichte viele Wendungen und ich war bis zum Schluss regelrecht gefesselt, da der Autor alles sehr intensiv beschrieben hat.

Gerne möchte ich dieses Buch weiterempfehlen und mich recht herzlich bei dem Verlag und auch bei NetGalley für das Rezensionsexemplar bedanken!

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