Rezension
Rezension von
RoXXie S, Rezensent*in
Große Erwartungen, große Ernüchterung – Das Lied des Dionysos bleibt hinter seinem Potenzial zurück
Zunächst einmal möchte ich sagen, dass ich mich wirklich sehr gefreut habe, als ich Das Lied des Dionysos als ARC vom Verlag über NetGalley erhalten habe. Ich hatte zuvor schon viel Positives über Natasha Pulley gehört, ihre anderen Werke wurden von vielen Leser:innen hochgelobt, und dementsprechend hoch war meine Vorfreude auf dieses Retelling. Besonders der Klappentext versprach eine spannende Mischung aus Mythologie, Geschichte und einem Hauch von Fantasy. Leider musste ich schon nach den ersten Kapiteln feststellen, dass Das Lied des Dionysos für mich persönlich eine große Enttäuschung war.
Das Lied des Dionysos ♦ Natasha Pulley — Eine Rezension
Meinung
Eines der größten Probleme, die ich beim Lesen hatte, war der Schreibstil. Vielleicht liegt es teilweise an der deutschen Übersetzung, vielleicht aber auch am Original – auf jeden Fall fühlte sich die Sprache unglaublich zäh an. Flüssiges, mitreißendes Lesen war kaum möglich. Stattdessen hatte ich das Gefühl, mich durch dickes Leder zu arbeiten, das sich nicht geschmeidig formen lässt – eine passende Assoziation, wenn man an die thematische Nähe zur Bronzezeit denkt, aber bedauerlicherweise alles andere als angenehm. Pulley versucht zwar, atmosphärisch dicht zu schreiben, doch für mich verfehlte sie ihr Ziel: Anstatt episch oder poetisch zu wirken, stolperte ich von Satz zu Satz und verlor irgendwann schlicht die Lust, mich weiter durch den Text zu quälen.
Ein weiterer großer Kritikpunkt ist die Darstellung von Dionysos und der Mythologie. Wenn schon ein so prägnanter Gott der griechischen Weltgeschichte und -mythologie im Zentrum eines Romans steht, dann erwarte ich, dass zumindest ein gewisser Respekt gegenüber den überlieferten Mythen und Figuren gewahrt bleibt. Doch hier hatte ich eher den Eindruck, dass mythologische Elemente nach Belieben neu erfunden oder umgedeutet wurden, ohne Rücksicht auf die Kohärenz. Natürlich erlaube ich Autor:innen in diesem Genre künstlerische Freiheit, aber hier war das Maß für mich überschritten. Dionysos wirkt mehr wie eine blasse Projektionsfläche, die abwechselnd skurril, unheimlich oder völlig unpassend agiert. Der Reiz des vielschichtigen, widersprüchlichen Gottes geht dadurch völlig verloren.
Darüber hinaus störte mich massiv, dass Pulley scheinbar beliebig mit verschiedenen Zeitaltern der griechischen Kultur jonglierte. Mal gibt es Anspielungen auf archaische Bräuche, dann wieder Elemente, die klar ins klassische oder gar hellenistische Griechenland gehören. All das wird in einem Topf verrührt, sodass am Ende ein anachronistischer Mischmasch entsteht, der wenig mit der Bronzezeit in Theben zu tun hat. Und genau das ist der Punkt: Wenn ich ein Buch lese, das einen Krieger aus der Bronzezeit in Theben als Hauptfigur hat, dann möchte ich mich auch in dieser Zeit und diesem Ort verankert fühlen. Stattdessen hatte ich ständig das Gefühl, mich in einer Art zeitloser Fantasieversion Griechenlands zu bewegen, die mehr Unschärfe als historische Dichte bietet. Das hat mich immer wieder aus der Geschichte herausgerissen.
Die Handlung selbst ließ mich leider ebenso ratlos zurück. Sie mäandert von Episode zu Episode, ohne dass ein klarer roter Faden erkennbar wäre. Unwichtige Ereignisse um Dionysos werden breit ausgewalzt, während die eigentliche Haupthandlung nur mühsam vorankommt. Schon nach etwa 45 % des Buches habe ich nur noch quer gelesen, weil mich weder Figuren noch Plot wirklich packten. Und das ist für mich ein klares Zeichen, dass ein Roman sein Ziel verfehlt hat: Ich hatte am Ende nicht einmal das Gefühl, dass ich etwas Entscheidendes verpasst hätte. Der Spannungsbogen blieb flach, die Figuren wirkten austauschbar, und die eigentliche Tragik, die eine Geschichte um Dionysos so kraftvoll machen könnte, kam nie richtig zum Tragen.
Besonders schade finde ich, dass hier eine großartige Idee verschenkt wurde. Das Lied des Dionysos hätte mit sorgfältiger Recherche, mehr Respekt vor der Mythologie und einem klareren Fokus auf die Handlung ein wirklich beeindruckendes Werk werden können. Das Potenzial war da: Ein Findelkind, ein mythischer Gott, Theben als Schauplatz, dazu die Folgen von Hybris, Wahnsinn und göttlicher Rache – alles Zutaten für ein packendes, düsteres Epos. Doch was ich stattdessen bekam, war ein schwerfälliger Text, der historische, mythologische und narrative Elemente lieblos zusammenwürfelt, ohne sie zu einem stimmigen Ganzen zu verweben.
Fazit
Leider keine Empfehlung. Wer sich für die griechische Mythologie interessiert und Wert auf historische Genauigkeit legt, wird hier wahrscheinlich genauso wie ich enttäuscht sein. Für mich ist es bei 2 Sternen geblieben – einer für die Grundidee, einer für die durchaus interessante Ausgangssituation im Klappentext. Aber mehr ist es enttäuschenderweise nicht geworden.
Zunächst einmal möchte ich sagen, dass ich mich wirklich sehr gefreut habe, als ich Das Lied des Dionysos als ARC vom Verlag über NetGalley erhalten habe. Ich hatte zuvor schon viel Positives über Natasha Pulley gehört, ihre anderen Werke wurden von vielen Leser:innen hochgelobt, und dementsprechend hoch war meine Vorfreude auf dieses Retelling. Besonders der Klappentext versprach eine spannende Mischung aus Mythologie, Geschichte und einem Hauch von Fantasy. Leider musste ich schon nach den ersten Kapiteln feststellen, dass Das Lied des Dionysos für mich persönlich eine große Enttäuschung war.
Das Lied des Dionysos ♦ Natasha Pulley — Eine Rezension
Meinung
Eines der größten Probleme, die ich beim Lesen hatte, war der Schreibstil. Vielleicht liegt es teilweise an der deutschen Übersetzung, vielleicht aber auch am Original – auf jeden Fall fühlte sich die Sprache unglaublich zäh an. Flüssiges, mitreißendes Lesen war kaum möglich. Stattdessen hatte ich das Gefühl, mich durch dickes Leder zu arbeiten, das sich nicht geschmeidig formen lässt – eine passende Assoziation, wenn man an die thematische Nähe zur Bronzezeit denkt, aber bedauerlicherweise alles andere als angenehm. Pulley versucht zwar, atmosphärisch dicht zu schreiben, doch für mich verfehlte sie ihr Ziel: Anstatt episch oder poetisch zu wirken, stolperte ich von Satz zu Satz und verlor irgendwann schlicht die Lust, mich weiter durch den Text zu quälen.
Ein weiterer großer Kritikpunkt ist die Darstellung von Dionysos und der Mythologie. Wenn schon ein so prägnanter Gott der griechischen Weltgeschichte und -mythologie im Zentrum eines Romans steht, dann erwarte ich, dass zumindest ein gewisser Respekt gegenüber den überlieferten Mythen und Figuren gewahrt bleibt. Doch hier hatte ich eher den Eindruck, dass mythologische Elemente nach Belieben neu erfunden oder umgedeutet wurden, ohne Rücksicht auf die Kohärenz. Natürlich erlaube ich Autor:innen in diesem Genre künstlerische Freiheit, aber hier war das Maß für mich überschritten. Dionysos wirkt mehr wie eine blasse Projektionsfläche, die abwechselnd skurril, unheimlich oder völlig unpassend agiert. Der Reiz des vielschichtigen, widersprüchlichen Gottes geht dadurch völlig verloren.
Darüber hinaus störte mich massiv, dass Pulley scheinbar beliebig mit verschiedenen Zeitaltern der griechischen Kultur jonglierte. Mal gibt es Anspielungen auf archaische Bräuche, dann wieder Elemente, die klar ins klassische oder gar hellenistische Griechenland gehören. All das wird in einem Topf verrührt, sodass am Ende ein anachronistischer Mischmasch entsteht, der wenig mit der Bronzezeit in Theben zu tun hat. Und genau das ist der Punkt: Wenn ich ein Buch lese, das einen Krieger aus der Bronzezeit in Theben als Hauptfigur hat, dann möchte ich mich auch in dieser Zeit und diesem Ort verankert fühlen. Stattdessen hatte ich ständig das Gefühl, mich in einer Art zeitloser Fantasieversion Griechenlands zu bewegen, die mehr Unschärfe als historische Dichte bietet. Das hat mich immer wieder aus der Geschichte herausgerissen.
Die Handlung selbst ließ mich leider ebenso ratlos zurück. Sie mäandert von Episode zu Episode, ohne dass ein klarer roter Faden erkennbar wäre. Unwichtige Ereignisse um Dionysos werden breit ausgewalzt, während die eigentliche Haupthandlung nur mühsam vorankommt. Schon nach etwa 45 % des Buches habe ich nur noch quer gelesen, weil mich weder Figuren noch Plot wirklich packten. Und das ist für mich ein klares Zeichen, dass ein Roman sein Ziel verfehlt hat: Ich hatte am Ende nicht einmal das Gefühl, dass ich etwas Entscheidendes verpasst hätte. Der Spannungsbogen blieb flach, die Figuren wirkten austauschbar, und die eigentliche Tragik, die eine Geschichte um Dionysos so kraftvoll machen könnte, kam nie richtig zum Tragen.
Besonders schade finde ich, dass hier eine großartige Idee verschenkt wurde. Das Lied des Dionysos hätte mit sorgfältiger Recherche, mehr Respekt vor der Mythologie und einem klareren Fokus auf die Handlung ein wirklich beeindruckendes Werk werden können. Das Potenzial war da: Ein Findelkind, ein mythischer Gott, Theben als Schauplatz, dazu die Folgen von Hybris, Wahnsinn und göttlicher Rache – alles Zutaten für ein packendes, düsteres Epos. Doch was ich stattdessen bekam, war ein schwerfälliger Text, der historische, mythologische und narrative Elemente lieblos zusammenwürfelt, ohne sie zu einem stimmigen Ganzen zu verweben.
Fazit
Leider keine Empfehlung. Wer sich für die griechische Mythologie interessiert und Wert auf historische Genauigkeit legt, wird hier wahrscheinlich genauso wie ich enttäuscht sein. Für mich ist es bei 2 Sternen geblieben – einer für die Grundidee, einer für die durchaus interessante Ausgangssituation im Klappentext. Aber mehr ist es enttäuschenderweise nicht geworden.