Rezension

Cover: 1979 - Jägerin und Gejagte

1979 - Jägerin und Gejagte

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Rezension von

Sebastian B, Rezensent*in

Es ist ein ambitioniertes Projekt, welches sich die schottische Bestsellerautorin Val McDermid für ihre neue Romanreihe vorgenommen hat, denn diese soll sich über insgesamt 40 Jahre erstrecken und die Journalistin Allie Burns praktisch während ihrer gesamten beruflichen Laufbahn begleiten – und das mit fünf Büchern, angesiedelt im Abstand von jeweils einer Dekade.

Los geht es im Winter des Jahres 1979 mit dem Auftaktband “Jägerin und Gejagte”, in der die junge Reporterin gerade beim Glasgower Boulevardblatt “Daily Clarion” angefangen hat und sich dort auf die harte Tour ihre ersten Sporen verdienen muss. Denn Allie ist nicht nur jung und unerfahren, sondern eben auch eine Frau, was in einer Zeitungsredaktion im noch recht rauen und schroffen Schottland der 1970er-Jahre eine eher unwillkommene Ausnahme ist – und dementsprechend wird Burns auch vorrangig mit belanglosen Frauenthemen abgespeist und soll den “richtigen” Reportern nicht groß in die Quere kommen.

Allerdings sind ihr nicht alle Mitglieder des “Boys’ Club” des Clarion feindlich gesinnt, denn der ebenfalls aufstrebende Danny Sullivan braucht kompetente Unterstützung bei seiner Investigativ-Reportage über einen groß angelegten Steuerbetrug – in den ausgerechnet sein ungeliebter Bruder verwickelt ist. Für Allie bietet sich dadurch endlich die Chance, ihr journalistisches Talent unter Beweis zu stellen und sich in der Männerdomäne Respekt zu verschaffen – und für Danny die Möglichkeit, den wahren Charakter seines zwielichtigen Bruders ans Tageslicht zu bringen…

“1979” bietet mit Allie Burns und Danny Sullivan zwei sympathische Hauptfiguren mit einem ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit, was die beiden im Umfeld der zu dieser Zeit meist chauvinistischen, egoistischen und mitunter sogar skrupellosen Reporterbranche zu einer angenehmen Ausnahme macht. Zudem ist das Setting interessant, denn das Jahr 1979 ist ein äußerst bewegtes in der jüngeren schottischen Geschichte, das vor allem von den Debatten und auch Protesten rund um das Referendum zur Dezentralisierung Schottlands geprägt war – also der Frage, ob die Schotten ein eigenes Regionalparlament im Vereinigten Königreich erhalten sollten und damit ein Stück mehr Unabhängigkeit vom großen und oft erdrückenden Nachbarn England.

McDermid ist hier spürbar bemüht um einen fesselnden Auftakt zu ihrem längerfristigen Großprojekt, allerdings wirkt der Roman trotz der großen Erfahrung und unbestrittenen Klasse der erfolgreichen Autorin häufig seltsam plump und fühlt sich nur selten authentisch und glaubwürdig an. Das beginnt beim etwas erzwungenen Einstieg in die Geschichte und zieht sich durch die oberflächlich zwar interessant klingenden, in der Praxis aber sehr unspektakulär erzählten Ermittlungen von Burns und Sullivan bis zum etwas unfertig erscheinenden Ende, bei dem die Auflösung eher lieblos im Abspann nachgereicht wird. Auch die gelegentlich eingestreuten fiktiven Zeitungsartikel der beiden Journalisten lesen sich wie Berichte aus einer ambitionierten Schülerzeitung, jedoch nicht wie aus der Feder einer langjährigen Journalistin wie eben Val McDermid. So bietet “1979” zwar insgesamt durchaus gefällige Unterhaltung, liefert aber bisher kaum überzeugende Argumente, warum man der Reihe gleich für vier weitere Bände die Treue halten sollte.

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