Rezension

Cover: Bullet Train

Bullet Train

Erscheinungstermin:

Rezension von

Sebastian B, Rezensent*in

Wer sich als regelmäßiger Passagier der Deutschen Bahn oft mit Verspätungen, Zugausfällen, überfüllten Waggons und zu lauten Ruheabteilen herumärgert, der blickt häufig etwas neidisch nach Japan, schließlich gilt das dortige Zugnetz mit seinen Hochgeschwindigkeitszügen, perfekt getakteten Verbindungen und dem hohen Komfort als der feuchte Traum fast jedes bzw. jeder Bahnreisenden.

Kōtarō Isakas Roman “Bullet Train” spielt fast vollständig in einem dieser “Shinkansen”-Züge, von einer komfortablen Bahnfahrt kann für seine Charaktere und sein Publikum hier aber kaum die Rede sein, denn im Schnellzug von Tokyo nach Morioka halten sich hier gleich fünf Auftragsmörder zugleich auf, die es ohne voneinander zu wissen alle mehr oder weniger auf das gleiche Ziel abgesehen haben.

Gleich eine ganze Handvoll professioneller Killer auf einem arg begrenzten Raum, das scheint geradezu ein Garant für einen rasanten Thriller zu sein, der es in Sachen Erzähltempo mühelos mit der hohen Geschwindigkeit seines Schauplatzes aufnehmen können müsste. Allerdings stellt sich beim Lesen von “Bullet Train” schon auf den ersten Seiten ein leichtes Gefühl der Befremdung ein, denn wer hier – trotz des zugegeben etwas aberwitzigen Ausgangsszenarios – einen zumindest halbwegs seriösen Thriller erwartet hat, wird sich schon recht früh verwundert die Augen reiben.

Denn die fünf Profis, die angeblich zur absoluten Elite ihrer Zunft gehören, tragen nicht nur alberne Tarnnamen wie “Maikäfer”, “Der Prinz”, “Die Wespe” oder “Die Zitrusfrüchte”, sondern agieren teilweise auch so als hätten sie gerade einmal halbwegs erfolgreich die Grundschule absolviert. Nun merkt man zwar recht schnell, dass dieser Thriller sich bewusst nicht ganz ernst nimmt und Nervenkitzel mit Humor kombinieren will, wenn sich aber einer der Protagonisten wie ein Vierjähriger nur durch Elemente aus der Kinderserie “Thomas, die kleine Lokomotive” auszudrücken weiß, dann ist das schon nach der dritten Wiederholung nicht mehr amüsant, sondern einfach nur noch nervtötend. Auch sonst wirkt ein Großteil der Dialoge eher dümmlich und nur zu gewollt komisch, was man in dieser Häufung auch nicht etwa auf eine missratene Übersetzung aus dem Japanischen schieben kann.

Auch die Handlung erweist sich früh als wenig originell, denn letztlich geht es (wortwörtlich) über weite Strecken überwiegend darum, dass die Protagonisten irgendwelchen Gegenständen oder sich gegenseitig in den Zugabteilen hinterher jagen, wobei als Begründung allein ihre jeweiligen Missionen herhalten müssen. Dabei wirkt die Kulisse ebenfalls seltsam steril, denn das absurde Treiben geht meist unbemerkt von anderen Passagieren vonstatten, wodurch das Setting ebenso wenig glaubwürdig wirkt wie die Geschichte selbst. Denn abgesehen davon, dass hier der Zug tatsächlich absolut pünktlich ist, könnte sich die Story genau so auch im Regionalexpress von Dortmund nach Castrop-Rauxel ereignen – was auch eher zum niedrigen Niveau der Dialoge passen würde.

Es ist aber auch nicht alles schlecht in “Bullet Train”, denn immerhin hat der Roman ein durchaus hohes Tempo und die vielen (wenn auch oft eher absurden) Wendungen sorgen wenigstens dafür, dass man mit einer gewissen Neugier am Ball bleibt. Zudem baut man irgendwann doch noch eine emotionale Nähe zu einem Teil der skurrilen Figuren auf und fiebert vor allem im Schlussdrittel mit ihnen mit. Dennoch hat man häufig das Gefühl, dass diese Geschichte als Film besser funktionieren würde denn als mehrstündige Lektüre, denn dafür ist die Handlung insgesamt einfach zu dünn.

Bestellen oder kaufen Sie dieses Buch in der Verkaufsstelle Ihrer Wahl. Buchhandlung finden.