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Rezension

Rezension von

RoXXie S, Rezensent*in

3 stars
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Atmosphärisch dicht, humorvoll, aber mit zu viel Pilzgrusel – 3,5 Sterne

Was die Toten bewegt von T. Kingfisher ist eine atmosphärisch dichte, moderne Nacherzählung von Edgar Allan Poes Der Untergang des Hauses Usher. Ich muss direkt vorwegschicken: Das Original habe ich nie gelesen – und ehrlich gesagt, wenn es dort thematisch ebenfalls stark um Pilze geht, werde ich es vermutlich auch nicht mehr nachholen. Denn so sehr mich Geschichten mit einem gewissen Gruselfaktor anziehen, Pilze als Ursprung des Unheils haben für mich eine ganz besondere Abstoßungskraft. Vielleicht gerade, weil ihre Sporen unsichtbar und allgegenwärtig sind, während sie gleichzeitig unkontrollierbar in jede Ritze vordringen können. Genau das erzeugt in mir einen sehr unangenehmen Schauer, und Kingfisher versteht es meisterhaft, diese Eigenschaft in Worte zu fassen.

Was die Toten bewegt ♦ T. Kingfisher — Eine Rezension

Meinung
Von der ersten Beschreibung des alten Usher-Anwesens war mir klar: Hier wimmelt es nur so von Pilzbefall – in allen erdenklichen Formen und Stadien. Schon beim Lesen der Umgebungsbilder lief es mir kalt den Rücken hinunter. Dass sich die Entwicklung der Pilze im Verlauf der Geschichte in so extreme Richtungen steigert (ohne hier zu spoilern), hat mich gleichermaßen fasziniert wie verstört. Der Ekel ist dabei ein zentraler Motor der Leseerfahrung – wer also wie ich auf dieses Thema empfindlich reagiert, sollte sich im Klaren sein, dass Pilze hier nicht bloß dekorativer Hintergrund, sondern Dreh- und Angelpunkt des Grauens sind.

Trotz dieser persönlichen Abneigung muss ich zugeben: Die Geschichte insgesamt hat mir gut gefallen. Vor allem lebt sie von ihren Charakteren und den pointierten Dialogen. Der Hauptprotagonist Alex Easton – ein ehemaliger Soldat – wird von einem ganz besonderen Nebencharakter begleitet: Angus, der als „Adjudant“ sowohl durch seine Loyalität als auch durch seinen trockenen Humor überzeugt. Die Gespräche zwischen den beiden haben mich mehrfach zum Schmunzeln gebracht und sorgen für wohltuende Auflockerungen inmitten der düsteren Grundstimmung. Besonders hervorheben möchte ich aber auch Mrs. Potter, die britische Mykologin. Obwohl sie thematisch diejenige ist, die das Pilzthema überhaupt erst wissenschaftlich einordnet, glänzt sie gleichzeitig mit scharfzüngigem Witz und britischer Gelassenheit. Ihre Auftritte sind ein echtes Highlight und balancieren die Schwere der Handlung hervorragend aus.

Stilistisch gelingt es Kingfisher, eine beklemmende, fast greifbare Atmosphäre zu schaffen. Die Landschaftsbeschreibungen, der pulsierende See, die geheimnisvollen Tiere – all das wirkt so lebendig, dass man fast meint, selbst dort zu stehen. Gerade dieser Detailreichtum macht das Buch aber auch stellenweise anstrengend. Wer schnelle Wendungen erwartet, könnte enttäuscht werden. Das Grauen entfaltet sich langsam, schleichend, wie ein Pilz, der sich heimlich unter der Oberfläche ausbreitet. Dieses Stilmittel passt hervorragend zum Thema, verlangt aber Geduld.

Was mich letztlich davon abhält, eine höhere Wertung zu geben, ist mein persönliches Unbehagen mit Pilzen als Horrormotiv. Während Vampire, Geister oder auch ein klassischer Fluch für mich einen reizvollen Schrecken darstellen, löst der Gedanke an Sporen, die unsichtbar überall lauern, nur schwer erträgliches Unbehagen aus. Natürlich ist genau das eine Stärke des Buches – denn es zeigt, wie effektiv Kingfisher Gefühle beim Lesen hervorrufen kann. Für mich jedoch kippt diese Stärke zu sehr ins Negative.


Fazit
Was die Toten bewegt ist eine gekonnte, atmosphärische Horror-Novelle mit gelungenen Charakteren, einigen humorvollen Zwischentönen und einer beklemmenden Grundstimmung, die lange nachhallt. Wer Pilz-Horror als Motiv spannend findet, wird hier sicher eine volle Empfehlung aussprechen. Für mich persönlich war es trotz vieler positiver Eindrücke eher eine Gratwanderung zwischen Faszination und Ekel. Deshalb vergebe ich 3,5 Sterne – solide, lesenswert, aber nicht uneingeschränkt zu empfehlen.

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