"Das Lied von Storch und Dromedar" ist ein Roman, der von Anfang an mit einer außergewöhnlichen Prämisse fesselt: Die Hauptfigur, Eliza May Drayden, ist bereits tot, wenn die Geschichte im Jahr 1847 im malerischen Dorf Bridge Fowling in Yorkshire beginnt. Anstatt ihr Leben zu erzählen, entführt der Roman den Leser in ihr turbulentes Leben nach dem Tod.
Die Autorin Anjet Daanje ließ sich für dieses Werk spürbar vom Leben und Schaffen der bedeutenden Schriftstellerin Emily Brontë aus dem 19. Jahrhundert inspirieren. Insbesondere baut "Das Lied von Storch und Dromedar" auf der erfindungsreichen Erzählstruktur von Brontës "Die Sturmhöhe" auf. Doch wo "Die Sturmhöhe" mit zwei Erzählern zwei Generationen umspannt, erweitert Anjet Daanje dieses Konzept auf beeindruckende Weise: Ihr Roman präsentiert die Geschichte durch elf Erzähler, die den Leser auf eine Zeitreise über ganze drei Jahrhunderte mitnehmen.
Eliza May Drayden wird dem Leser nicht direkt, sondern durch die Biografien und Abhandlungen anderer Charaktere nähergebracht. Sie war die Autorin eines einzigartigen Romans, der zu ihren Lebzeiten zunächst auf Ablehnung stieß, aber im Laufe von einhundertsiebzig Jahren zunehmend als Meisterwerk erkannt wird. Über ihr persönliches Leben ist kaum etwas bekannt, und die Umstände ihres Todes sind von Geheimnissen umgeben. Ein geheimnisvolles Notizbuch, gefüllt mit Zeichnungen, Gedichten und Tabellen, ist neben ihrem Roman der einzige erhaltene Text von ihrer Hand.
Die raue und oft unwirtliche Landschaft Yorkshires spielt eine entscheidende Rolle für die Atmosphäre des Romans. Sie prägt die Charaktere, Emotionen und Handlungsstränge auf eine Weise, die das Buch tief in seinem Schauplatz verwurzelt.
"Das Lied von Storch und Dromedar" ist ein Werk, das die Grenzen des traditionellen Erzählens aufbricht und den Leser dazu einlädt, sich einem vielschichtigen Mysterium zu stellen. Es ist eine Geschichte über das Vermächtnis, die Macht der Literatur und die Art und Weise, wie ein Leben – selbst nach dem Tod – die nachfolgenden Generationen beeinflussen kann. Ohne die Handlung vorwegzunehmen, kann man sagen, dass der Roman ein unvergessliches Leseerlebnis verspricht, das zum Nachdenken anregt und eine ganz eigene Welt erschafft